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Bei Diabetikern hat Churchill doch nicht recht

Fitness korreliert mit Verbesserung des Risikofaktorprofils

Auch in den soeben freigegebenen Schweizer Richtlinien zur Behandlung des Diabetes Typ 2 sind Änderungen des Lifestyles als Basis jeglicher Therapie empfohlen. Von Patientenseite kommt jedoch oft die Frage, ob das auch sinnvoll sei.



Um die Frage zu klären, ob eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Trainingsumfang und Abbruch der Behandlung mit glukosesenkenden Medikamenten bei gut behandelten Patienten mit Typ-2-Diabetes von weniger als 10 Jahren Dauer bestehe, wurde in Dänemark eine sekundäre Analyse einer randomisierten, kontrollierten, bewegungsbasierten Lifestyle-Interventionsstudie vorgenommen. Patienten mit nicht-insulinabhängigem Typ-2-Diabetes wurden randomisiert einer intensiven Lifestyle-Intervention (A, n=61) oder einer Standardbehandlung (B, n=31) zugeordnet. Beide Gruppen erhielten Lifestyleberatung und eine zielgerichtete medizinische Therapie. Zusätzlich erhielt Gruppe A ein beaufsichtigtes Training und individuelle Ernährungsberatung.
Die medianen Trainingszeiten lagen bei 178, 296 und 380 Min. pro Woche und waren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit verbunden, dass die Behandlung mit glukosesenkenden Medikamenten unterbrochen werden konnte, mit entsprechenden Quotenverhältnissen von 12.1 resp. 30.2 und 34.4, jeweils im Vergleich zur Standardbehandlung. Die kardiovaskulären Risikofaktoren wie der Gehalt an HbA1c, Fitness, 2-Stunden-Glukosespiegel und Triglyzeridspiegel waren im Vergleich zur Gruppe B im mittleren und oberen, nicht aber im unteren Tertil signifikant verbessert.
Damit wird einmal mehr belegt, dass Churchill nicht recht hat: Sport ist nicht nur nicht ungesund, sondern gerade bei Diabetes von ausschlaggebender Bedeutung, indem nicht nur das Risikofaktorprofil verbessert wird, sondern oft auch eine derartige Verbesserung der Stoffwechsellage erreicht werden kann, dass bei einem relevanten Prozentsatz die antidiabetische Medikation abgesetzt werden konnte. Dies allerdings nur bei einem Trainingsvolumen ab rund 290 Minuten pro Woche. Die ärztliche Kunst besteht darin, bisherige Bewegungsmuffel mit Lifestyle-Empfehlungen nicht abzuschrecken und gleichzeitig mit Empathie, aber konsequent, zum gesundheitlich notwendigen Trainingsvolumen zu führen.

Quelle: Dose-Response Effects of Exercise on Glucose-Lowering Medications for Type 2 Diabetes: A Secondary Analysis of a Randomized Clinical Trial. MacDonald CS et al: Mayo Clin Proc. 2020 Jan 29. doi: 10.1016/j.mayocp.2019.09.005. [Epub ahead of print]

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

der informierte @rzt

  • Vol. 10
  • Ausgabe 2
  • Februar 2020