- Mehrlingsschwangerschaften
In den letzten 40 Jahren hat sich die Anzahl der Mehrlingsschwangerschaften in der Schweiz praktisch verdoppelt. Während 1979 insgesamt 20 Mehrlingsgeburten pro 1000 Lebendgeburten registriert wurden, waren es 2018 35.5 Zwillings- und 1.1 Drillingsgeburten pro 1000 Lebendgeburten (1). Diese Entwicklung erklärt sich durch das gestiegene mütterliche Alter und die Verbreitung der Fortpflanzungsmedizin (ART). Da Mehrlingsschwangerschaften mit einem deutlich erhöhten Risiko für mütterliche und fetale Komplikationen einhergehen, ist deren rechtzeitige Diagnose essentiell für die weitere Schwangerschaftsbetreuung (2). Oft ist eine Mehrlingsbetreuung in Zusammenarbeit mit oder an einem Perinatalzentrum sinnvoll.
En Suisse, depuis 40 ans, le nombre de grossesses multiples a quasiment doublé. En 1979 on enregistrait 20 grossesses multiples par 1000 naissances avec enfant vivant, en 2018 on comptait 35,5 grossesses gémellaires et 1,1 triplés par 1000 naissances avec enfant vivant (1). Cette évolution s’explique par l’âge maternel croissant et le recours de plus en plus fréquent à la procréation médicalement assistée (PMA). Vu que les grossesses multiples ont un risque maternel et fœtal nettement augmenté, le diagnostic précoce est essentiel pour la prise en charge ultérieure (2). Un suivi en collaboration avec ou primairement dans un centre de périnatologie est conseillé.
Ultraschall im ersten Trimester
Die Ersttrimester-Sonographie ist ein integraler Bestandteil der Schwangerschaftsbetreuung, nicht zuletzt, um Mehrlingsschwangerschaften frühzeitig zu erkennen. Die sorgfältige Diagnose der Mehrlingsschwangerschaft, die Bestimmung des Schwangerschaftsalters sowie das Festlegen der Chorionizität/Amnionizität sind für die weitere Schwangerschaftsbetreuung von zentraler Bedeutung (3).
Diagnose
Die Anzahl der Feten lässt sich sonographisch ab der 7. SSW darstellen, indem die Fruchtsäcke gezählt werden (Abb. 1a). Ist mehr als 1 Dottersack zu sehen, muss immer an eine Mehrlingsschwangerschaft gedacht werden (Abb. 1b).
Bestimmung des Schwangerschaftsalters
Wenn keine durch ART entstandene Schwangerschaft vorliegt, wird auch bei Mehrlingen das Schwangerschaftsalter mittels Messung der Scheitelsteisslänge (SSL) zwischen 11 und 14 Schwangerschaftswochen (SSW) bestimmt (4, 5). Eine ungleiche plazentare Verteilung, Anomalien oder ein auffälliger Karyotyp eines Feten, können schon im ersten Trimester zu diskordantem Wachstum führen (6). Zur Bestimmung des Schwangerschaftsalters soll bei Mehrlingen die SSL des grösseren Fetus verwendet werden (7).
Chorionizität/Amnionizität
Die Chorionizität lässt sich schon ab der 7. SSW bestimmen, muss aber spätestens bis 14 SSW festgelegt, dokumentiert und mit Bild in der Patientenakte hinterlegt worden sein. Hintergrund ist, dass mit jeder weiteren SSW das Risiko der Fehlklassifikation um 10% ansteigt (8). Beim geringsten Zweifel, sollte deshalb rechtzeitig eine Zuweisung an ein Perinatalzentrum erfolgen. Dadurch kann beispielsweise die richtige Klassifikation einer Zwilllingsschwangerschaft um über 50% auf 95% gesteigert werden (9).
Sieht man sonographisch zwei klar getrennte, von Throphoblast umgebene Fruchthöhlen, liegt eine dichoriale diamniote Schwangerschaft vor. Um 12-14 SSW entwickelt sich daraus das typische «Lambda»-Zeichen (Abb. 2a), da nur noch plazentaseitig ein Choriondreieck zwischen die beiden Amnionblätter zieht. In 7% verschwindet das Lambda-Zeichen nach 20 SSW (10).
Findet sich nur eine Fruchthöhle mit zwei Embryonen, liegt eine monochoriale Zwillingsschwangerschaft vor. Bei monochorialen diamnioten Zwillingen liegen die beiden Amnionblätter glatt aufeinander und bilden so eine feine Trennwand zwischen den Feten. Bei 8-10 SSW sind die beiden Amnionblätter meist noch etwas vom Chorionblatt abgelöst, wodurch sonographisch der Eindruck eines leeren «Lambda»-Zeichens oder auch das typische Bild eines «Mercedesstern»-Zeichens erscheint (Abb. 2b). Sobald die Amnion- und Chorionblätter vollständig verschmelzen bildet sich das «T»-Zeichen.
Vor 8-10 SSW ist die Amniozität oft noch schwierig zu beurteilen. Die Dottersackdiagnostik hilft hierbei auch nicht weiter. Bei einer Monoamnionizität, ca. 4% aller monochorialen Schwangerschaften, lässt sich auch bei 10-14 SSW keine Trennwand zwischen den Embryonen darstellen. Typischerweise zeigt sich eine Amnionhöhle mit zwei eng zusammenliegenden Nabelschnuransätzen oder einer Nabelschnurverdrillung (Abb. 2c). Die Messung der Membrandicke und das Zählen der Membranschichten zwischen den Feten sind keine zuverlässigen Diagnosekriterien (10).
Siamesische Zwillinge und TRAP (twin reversed arterial perfusion) -Sequenz
Teilt sich die Zygote erst nach dem 13. Tag post conceptionem, resultieren siamesische Zwillinge (Abb. 3a). Art und Ausmass der Verbindung kann sehr variieren und geht entsprechend mit unterschiedlichsten Prognosen einher. Wichtig sind eine frühzeitige Diagnose und eine entsprechende Beratung des Paares.
Eine weitere für monochoriale Zwillingsschwangerschaften spezifische Diagnose des ersten Trimesters ist die TRAP (twin reversed arterial perfusion)-Sequenz. Typischerweise fehlt hier bei einem Zwilling das Herz und die obere Extremität (=Akardius acranius). Eine arterio-arterielle Anastomose, vom zweiten, ‘pumpenden Zwilling’ kommend, gewährleistet die Durchblutung des Akardius acranius. Mit dem Farbdoppler lässt sich dieser umgekehrte Blutfluss gut darstellen (Abb.3 b). Die Mortalität für den pumpenden Zwilling liegt bei >50 %. Eine rechtzeitige Trennung der beiden Kreisläufe, meist mittels Lasertherapie, kann rettend sein (11).
Höhergradige Mehrlingsschwangerschaften
Wird eine höhergradige Mehrlingsschwangerschaft diagnostiziert, gelten dieselben Regeln zur Bestimmung der Chorionizität/Amnionizität wie bei Zwillingsschwangerschaften (Abb. 1a). Da diese Schwangerschaften mit noch höheren Komplikationsraten und grosser psychosozialen Belastungen einhergehen können, kann sich die Frage nach einer fetalen Reduktion stellen. Die Reduktion einer Drillingsschwangerschaft auf Zwillinge, kann zu einer Schwangerschaftsverlängerung von ca. 3 Wochen führen (12), geht gleichzeitig aber mit einer Abortrate von 5-7% einher (13, 14). Es empfiehlt sich vorgängig ein umfassendes Aneuploidie-Screening durchzuführen. Die Entscheidungsfindung des Paares kann selbstverständlich sehr unterschiedlich sein und hängt vom sozialen Hintergrund und deren Glaubenseinstellungen ab (15).
Aneuploidie-Screening
Fürs Aneuploidie-Screening stehen heutzutage verschiedene Optionen zur Verfügung, welche mit der Patientin umfassend besprochen werden müssen. Bei dizygoten Zwillingen ist das Risiko einer Chromosomenstörung für jeden Fetus gleich gross wie bei einer Einlingsschwangerschaft, für die Schwangerschaft ergibt sich somit ein zweifach erhöhtes Risiko. Monozygote Zwillingen haben, bis auf wenige Ausnahmen, den gleichen Karyotyp (16). Das Risiko einer Chromosomenstörung entspricht somit dem von Einlingsschwangerschaften.
Ersttrimestertest (ETT)
Seit dem Aufkommen des ETT‘s in den 1980-90er Jahren basierte die Aneuploidie-Risikoberechnung bei Mehrlingschwangerschaften, neben dem mütterlichen Alter, auf der Messung der Nackentransparenz (NT) bei einer SSL zwischen 45-84mm. Hierbei soll bei monochorialer Zwillingsschwangerschaft der Durchschnittswert der NT-Messung beider Zwillinge herangezogen werden (17). Eine diskordant erhöhte NT (>20%) oder eine SSL-Differenz >10% bei monochorialen werden als Frühmarker für das Entwickeln eines feto-fetalen Transfusionssyndroms (FFTS) oder einer schweren Wachstumsretardierung im weiteren Schwangerschaftsverlauf diskutiert (17-19).
Nicht-invasiver pränataler Test (NIPT)
Eine weitere Aneuploidie-Screeningmethode für Zwillinge ist der NIPT. Hierbei werden freie ‚fetale‘ DNA-Bruchstücke (ffDNA) aus dem mütterlichem Blut vervielfältigt und für die häufigsten numerischen Chromosomenanomalien getestet. Entscheidend für die Durchführbarkeit des NIPT‘s, analog wie bei den Einlingsschwangerschaften, ist eine ffDNA Fraktion > 4% pro Kind. Bei Zwillingen sollte diese idealerweise über 8% liegen (20). Eine 2017 publizierte Metaanalyse zu ffDNA-Tests bei Zwillingsschwangerschaften zeigte Entdeckungsraten für die Trisomie 21 (T21) von 100% (95% CI, 95.2-100%) bei einer falsch-positiven Rate von 0.0% (95% CI, 0.00-0.003%) (21) . Die T21-Detektionsrate des NIPT’s ist heute für Zwillings- und Einlingsschwangerschaften vergleichbar. Bei höhergradigen Mehrlingen kann der NIPT bisher nicht standardmässig angeboten werden.
In der Schweiz sind die Bedingungen zur Kostenübernahme eines NIPT’s für T21, 18 und 13 durch die obligatorische Krankenversicherung nach einer Risikoberechnung für T21, 18, und 13 ≥ 1:1000 gegeben (22). Bei einem NIPT-Resultat mit Hinweis auf eine Chromosomenanomalie gilt es, diesen mittels invasiver Diagnostik zu bestätigen, um den Ursprung (fetal, plazentar oder mütterlich) zu identifizieren (22).
Invasive Diagnostik
Obwohl in den vergangenen Jahren etwas in den Hintergrund gerückt, gilt die invasive Diagnostik bis heute als ‚Goldstandard‘ des pränatalen, genetischen Screenings. Wünschen die Eltern eine maximale Abklärung kann nach entsprechender Aufklärung über die Risiken und Kosten eine Chorionzottenbiopsie (CVS) oder Amniozentese (AC) angeboten werden. Bei sonographischen Auffälligkeiten (Fehlbildungen oder NT >95. Perzentile) soll über die medizinische Indikation einer invasiven Abklärung zur fetalen Chromosomenuntersuchung inklusive einer Microarray-Analyse aufgeklärt werden.
Klinik für Geburtshilfe
UniversitätsSpital Zürich
Frauenklinikstrasse 10
8091 Zürich
ladina.vonzun@usz.ch
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Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
- Mehrlingsschwangerschaften lassen sich zuverlässig ab der 7. SSW darstellen
- Die sorgfältige Bestimmung des Schwangerschaftsalters, die Festlegung der Anzahl Feten und der Chorionizität/Amnionizität vor 14 SSW ist essentiell für ein adäquates Management der Mehrlingsschwangerschaft.
- Als pränatales Aneuploidie-Screening kann Zwillingseltern neben der NT-Messung auch ein NIPT angeboten werden, wobei auffällige Resultate durch eine invasive Diagnostik abgeklärt werden sollen.
- Auch bei Mehrlingsschwangerschaften soll bei sonographischen Auffälligkeiten direkt eine invasive Diagnostik angeboten werden.
- Die Mehrlingsbetreuung sollte in Zusammenarbeit mit oder am Perinatalzentrum geschehen.
Messages à retenir
- L’échographie permet de découvrir de manière fiable une grossesse multiple dès 7 semaines de grossesse (SA, semaines d’aménorrhée corrigée).
- La détermination précise de l’âge gestationnel, du nombre de foetus et de la chorionicité/amnionicité avant 14 SA est essentiel pour une prise en charge adéquate d’une grossesse multiple.
- Comme dépistage prénatal d’une aneuploïdie on peut offrir d’une part la mesure de la clarté nucale (NT), mais aussi le DPNI (dépistage prénatal non-invasif) avec recours au diagnostic invasif en cas de résultat suspect.
- Comme lors de toute grossesse, en cas d’images ultrasonores suspectes dans une grossesse multiple, un diagnostic invasif devrait être envisagé d’emblée.
- Le suivi d’une grossesse multiple devrait se faire en collaboration étroite avec ou primairement dans un centre de périnatologie.
1. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitszustand/gesundheit-neugeborenen.html.
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22. N. Ochsenbein TB, L. Raio, Y. Vial, D. Surbek, S. Tercanli, A. Rauch, I. Filges, S. Fokstuen. Pränatale nicht-invasive Risikoabschätzung fetaler Aneupoidien. SGGG Expertenbrief No 52. Update vom März 2018:https://www.sggg.ch.
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- Vol. 10
- Ausgabe 1
- Februar 2020