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Ausgewählte Studien aus der Hämato-Onkologie

Ruxolitinib bei glukokortikoidrefraktärer akuter Graft-versus-Host-Krankheit



Ruxolitinib bei glukokortikoidrefraktärer akuter Graft-versus-Host-Krankheit

Quelle: Zeiser R et al. Ruxolitinib for Glucocorticoid-Refractory Acute Graft-versus-Host Disease. New Engl J Med 2020 22. April; DOI: 10.1056/NEJMoa1917635

Hintergrund

Die akute Graft-versus-Host-Krankheit (GVHD) stellt nach wie vor eine wesentliche Komplikation der allogenen hämatopoietischen Stammzelltransplantation (allo-HSZT) dar; nicht alle Patienten sprechen auf die Standardbehandlung mit Glukokortikoiden an. In einer Phase 2-Studie (REACH1) zeigte Ruxolitinib (Rux), ein selektiver Januskinase-Inhibitor (JAK1 und JAK2), potenzielle Wirksamkeit bei Patienten mit glukokortikoid-refraktärer akuter GVHD.

Methoden

REACH2 ist eine multizentrische, randomisierte, offene Phase-3-Studie, in der die Wirksamkeit und die Sicherheit von oralem Rux (10 mg zweimal täglich) mit der Therapiewahl des Prüfarztes aus einer Liste von neun häufig verwendeten Optionen (Kontrolle) geprüft wurde. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter von 12 Jahren oder älter, die unter einer Glukokortikoid-refraktären akuten GVHD nach allo-HSZT litten. Der primäre Endpunkt war das Gesamtansprechen (vollständiges Ansprechen oder Teilansprechen) am Tag 28. Der wichtigste sekundäre Endpunkt war ein dauerhaftes Gesamtansprechen am Tag 56.

Resultate

Insgesamt wurden 309 Patienten randomisiert; 154 Patienten wurden der Rux-Gruppe und 155 der Kontrollgruppe zugeordnet. Das Gesamtansprechen am Tag 28 war in der Rux-Gruppe höher als in der Kontrollgruppe (62% [96 Patienten] vs. 39% [61Patienten]; Odds Ratio, 2,64; 95% Konfidenzintervall [CI], 1,65 bis 4,22; P<0,001). Auch das dauerhafte Gesamtansprechen an Tag 56 war in der Rux-Gruppe höher als in der Kontrollgruppe (40% [61 Patienten] vs. 22% [34 Patienten]; Odds Ratio, 2,38; 95% CI, 1,43 bis 3,94; P<0.001). Die geschätzte kumulative Inzidenz des Ansprechverlustes nach 6 Monaten betrug 10% in der Rux-Gruppe und 39% in der Kontrollgruppe. Das mediane «versagensfreie» Überleben (failure-free survival) war mit Rux deutlich länger als in der Kontrolltherapie (5.0 Monate vs. 1.0 Monate; Hazard Ratio für ein Rezidiv oder Fortschreiten der hämatologischen Erkrankung, nicht rückfallbedingten Tod oder Zugabe einer neuen systemischen Therapie bei akuter GVHD, 0,46; 95% CI, 0,35 bis 0,60). Das mediane Gesamtüberleben betrug 11.1 Monate in der Rux-Gruppe und 6.5 Monate in der Kontrollgruppe (Hazard Ratio für Tod, 0,83; 95% CI, 0,60 bis 1,15). Die häufigsten unerwünschten Ereignisse bis zum Tag 28 waren Thrombozytopenie (bei 50 von 152 Patienten [33%] in der Rux-Gruppe und 27 von 150 [18%] in der Kontrollgruppe), Anämie (bei 46 Patienten [30%] bzw. 42 Patienten [28%]) und Zytomegalievirus-Infektion (bei 39 Patienten [26%] und 31 Patienten [21%]).

Schlussfolgerungen

Die Rux-Therapie zeigte eine signifikant bessere Wirksamkeit mit einer höheren Inzidenz von Thrombozytopenie im Vergleich zur Kontrolltherapie.

ICARIA-MM: eine randomisierte, multizentrische, open label, Phase-3-Studie mit Isatuximab plus Pomalidomid und niedrig dosiertem Dexamethason vs. Pomalidomid und niedrig dosiertem Dexamethason bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom

Quelle: Attal M et al.Isatuximab plus pomalidomide and low-dose dexamethasone versus pomalidomide and low-dose dexamethasone in patients with relapsed and refractory multiple myeloma (ICARIA-MM): a randomised, multicentre, open-label, phase 3 study. Lancet. 201;394(10214):2096-2107.

Hintergrund

Isatuximab ist ein monoklonaler Antikörper, der an ein spezifisches Epitop auf dem menschlichen CD38-Rezeptor bindet und antitumorale Aktivität über multiple Wirkungsmechanismen aufweist. In einer früheren Phase-1b-Studie wurden bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplen Myelom mit einer Kombination von Isatuximab mit Pomalidomid und niedrig dosiertem Dexamethason ein Gesamtansprechen von ca. 65% erreicht. Das Ziel dieser Studie war die Bestimmung des progressionsfreien Überlebens von Isatuximab plus Pomalidomid und Dexamethason im Vergleich zu Pomalidomid und Dexamethason bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplen Myelom.

Methoden

ICARIA-MM ist eine randomisierte, multizentrische, open label Phase-3-Studie, welche an 102 Krankenhäusern in 24 Ländern Europas, Nordamerikas und dem asiatisch-pazifischen Raum durchgeführt wurde. Die Studienteilnehmer waren erwachsene Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom, die mindestens zwei vorangegangene Behandlungslinien erhalten hatten, darunter Lenalidomid und einen Proteasom-Inhibitor. Sie wurden 1:1 in die Isatuximab 10 mg/kg plus Pomalidomid 4 mg plus Dexamethason 40 mg (20 mg für Patienten im Alter von ≥ 75 Jahren) Gruppe, oder in die Pomalidomid 4 mg plus Dexamethason 40 mg Gruppe randomisiert. Die Randomisierung erfolgte mit Hilfe der Inter-active-Response-Technologie und stratifiziert nach der Anzahl der vorangegangenen Behandlungslinien (2-3 vs. > 3) und Alter (< 75 Jahre vs. ≥ 75 Jahre). Die Behandlungen erfolgten auf der Grundlage eines permutierten blockierten Randomisierungsschemas mit einer Blockgrösse von vier. Die Isatuximab-Pomalidomid-Dexamethason-Gruppe erhielt Isatuximab intravenös an den Tagen 1, 8, 15 und 22 im ersten 28-Tage-Zyklus, dann an den Tagen 1 und 15 in den nachfolgenden Zyklen. Beide Gruppen erhielten orales Pomalidomid an den Tagen 1 bis 21 in jedem Zyklus und orales oder intravenöses Dexamethason an den Tagen 1, 8, 15 und 22 von jedem Zyklus. Die Behandlung wurde bis zur Progression der Krankheit, nicht akzeptablen Toxizität oder zum Entzug der Einwilligung fortgesetzt. Dosisreduktionen bei unerwünschten Nebenwirkungen waren für Pomalidomid und Dexamethason, aber nicht für Isatuximab erlaubt. Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben, beurteilt durch ein unabhängiges Komitee in der ITT-Population. Die Sicherheit wurde bei allen Teilnehmern, die mindestens eine Dosis des Studienmedikaments erhielten evaluiert.

Ergebnisse

Zwischen dem 10. Januar 2017 und dem 2. Februar 2018 wurden 307 Patienten nach dem Zufallsprinzip einer Gruppe zugeteilt: 154 zu Isatuximab-Pomalidomid-Dexamethason und 153 zu Pomalidomid-Dexamethason. Bei einem medianen Follow-up von 11.6 Monaten (IQR 10.1-13.9) betrug das mediane progressionsfreie Überleben 11.5 Monate (95% CI 8-9-13-9) in der Isatuximab-Pomalidomid-Dexamethason-Gruppe gegenüber 6.5 Monaten (4.5- 8.3) in der Pomalidomid-Dexamethason-Gruppe; Hazard Ratio 0-596, 95% CI 0-44-0-81; p = 0-001 stratifizierter Log-Rank-Test. Die häufigsten behandlungsbedingten unerwünschten Ereignisse (jeder Grad; Isatuximab-Pomalidomid-Dexamethason vs. Pomalidomid-Dexamethason) waren Infusionsreaktionen (56 [38%] vs. 0), Infektionen der oberen Atemwege (43 [28%] vs. 26 [17%]) und Durchfall (39 [26%] gegenüber 29 [20%]). Unerwünschte Ereignisse mit tödlichem Ausgang wurden bei 12 Patienten (8%) in der Isatuximab-Pomalidomid-Dexamethason-Gruppe und 14 (9%) in der Pomalidomid-Dexamethason-Gruppe dokumentiert. Todesfälle aufgrund von behandlungsbedingten unerwünschten Ereignissen wurden bei einem Patienten (< 1%) in der Isatuximab-Pomalidomid-Dexamethason-Gruppe (Sepsis) und zwei (1%) in der Pomalidomid-Dexamethason-Gruppe (Pneumonie und Harnwegsinfektionen) registriert.

Interpretation

Die Zugabe von Isatuximab zu Pomalidomid-Dexamethason verbessert das progressionsfreie Überleben bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom. Isatuximab ist eine wichtige neue Option für die Behandlung des rezidivierten und refraktären Myeloms, insbesondere für Patienten, die refraktär auf Lenalidomid und einen Proteasom-Inhibitor sind.

Belantamab-Mafodotin für das rezidivierte oder refraktäre Multiple Myelom (DREAMM-2): eine zweiarmige, randomisierte, open-label, Phase-2-Studie

Quelle: Lonial S et al. Belantamab mafodotin for relapsed or refractory multiple myeloma (DREAMM-2): a two-arm, randomised, open-label, phase 2 study. Lancet Oncol 2020: 21: 207–21

Hintergrund

Belantamab mafodotin (GSK2857916), ein Immunkonjugat, das gegen das B-Zell-Maturations-Antigen (BCMA) gerichtet ist, zeigte Monotherapieaktivität in der Phase-1-Studie DREAMM-1 bei stark vorbehandelten Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplem Myelom. In der DREAMM-2-Studie wurde die Sicherheit und die Aktivität von Belantamab mafodotin weiter untersucht.

Methoden

DREAMM-2 ist eine offene, zweiarmige Phase-2-Studie, die an 58 Spezialzentren für Multiples Myelom in acht Ländern, Patienten (Alter ≥18 Jahre) mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplem Myelom mit Progression der Erkrankung nach drei oder mehr Therapielinien rekrutierte. Die Patienten waren gegen immunmodulierende Medikamente und Proteasom-Inhibitoren refraktär, und refraktär oder intolerant (oder beides) gegenüber einem monoklonalen anti-CD38-Antikörper bei einem ECOG-Score von 0-2.
Sie wurden zentral nach dem Zufallsprinzip (1:1) mit permutierten Blöcken (Blockgrösse 4) randomisiert und stratifiziert nach vorherigen Therapielinien (≤4 vs >4) und zytogenetischen Merkmalen, zu Belantamab mafodotin 2-5 mg/kg oder 3-4 mg/kg über intravenöse Infusion alle 3 Wochen am Tag 1 jedes Zyklus bis zum Fortschreiten der Krankheit oder zu inakzeptabler Toxizität zugeteilt. Die Intention To Treat (ITT) Population umfasste alle randomisierten Patienten, unabhängig von der Behandlungsart. Die Sicherheitspopulation umfasste alle Patienten, die mindestens eine Dosis Belantamab mafodotin erhielten. Der primäre Endpunkt war das durch ein unabhängiges Komitee untersuchte Gesamtansprechen.

Ergebnisse

Zwischen dem 18. Juni 2018 und dem 2. Januar 2019 wurden 293 Patienten geprüft und 196 in die ITT Population aufgenommen (97 in der 2.5 mg/kg-Kohorte und 99 in der 3.4 mg/kg-Kohorte). Mit Stand 21. Juni 2019 (primärer Stichtag der Analysedaten) erreichten 30 (31%; 97-5% CI 20-8-42-6) von 97 Patienten in der 2.5 mg/kg-Kohorte und 34 (34%; 23.9-46.0) von 99 Patienten in der 3.4 mg/kg-Kohorte ein Gesamtansprechen. Die häufigste Nebenwirkung der Stufe 3-4 in der Sicherheitspopulation waren Keratopathie (bei 26 [27%] von 95 Patienten in der 2.5 mg/kg-Kohorte und 21 [21%] von 99 Patienten in der 3.4 mg/kg-Kohorte), Thrombozytopenie (19 [20%] und 33 [33%]) und Anämie (19 [20%]) und 25 [25%]); 38 (40%) von 95 Patienten in der 2.5 mg/kg-Kohorte und 47 (47%) von 99 in der 3.4 mg/kg-Kohorte berichteten über schwerwiegende unerwünschte Ereignisse. Zwei Todesfälle waren potenziell behandlungsbedingt (ein Fall von Sepsis in der 2.5 mg/kg-Kohorte und ein Fall von hämophagozytischer Lymphohistiozytose in der 3.4 mg/kg-Kohorte).

Interpretation

Belantamab mafodotin zeigt als Einzelwirkstoff eine Anti-Myelom-Aktivität mit einem beherrschbaren Sicherheitsprofil bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplen Myelom.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. Dr. med.Markus G. Manz

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

PD Dr. med. Alexandre Theocharides

Zentrum für Hämatologie und Onkologie
UniversitätsSpital Zürich

Alexandre.Theocharides@usz.ch