Im Fokus

Evaluation und Therapeutische Optionen

Blähungen und abdominale Distension

Funktionelle Blähungen und Distension des Abdomens (FABD) sind häufige gastrointestinale Beschwerden, mit denen Gastroenterologen und Hausärzte täglich konfrontiert werden. Funktionelle abdominale Blähungen sind ein subjektives Gefühl, das häufig mit einer objektiven abdominellen Distension assoziiert wird. FABD kann als eine einzige Einheit (als einzige oder kardinale Beschwerde) diagnostiziert werden oder sich mit anderen funktionellen gastrointestinalen Störungen wie funktioneller Obstipation, Reizdarmsyndrom und funktioneller Dyspepsie überschneiden.



Die Pathophysiologie der FABD ist nicht vollständig verstanden. Zu den vorgeschlagenen Mechanismen gehören viszerale Überempfindlichkeit, verhaltensinduzierte abnorme Bauchwand-Zwerchfellreflexe, die Wirkung schlecht resorbierter fermentierbarer Kohlenhydrate und Mikrobiomveränderungen.
Im 2016 überarbeitete die Arbeitsgruppe Rom IV die diagnostischen Kriterien für Rom III und aktualisierte die klinische Bewertung und Behandlung von funktionellen Blähungen und Dehnungen des Abdomens (FABD) (1). Gemäss Rom IV ist die FABD durch (subjektive) Symptome eines rezidivierenden abdominalen Völlegefühls, Druck oder ein Gefühl von Gaseinschlüssen (Blähungen) und/oder messbare (objektive) Zunahme des Bauch-umfangs (Distension) gekennzeichnet (1). Die primäre FABD sollte als eine Einheit diagnostiziert werden, die sich nicht mit anderen funktionellen gastrointestinalen Störungen (FGID) wie funktioneller Obstipation (FC), Reizdarmsyndrom (IBS) und funktioneller Dyspepsie (FD) überschneidet.

Evaluation

Zunächst sollten jegliche organische Ursachen für Blähungen und Völlegefühl ausgeschlossen werden, einschliesslich Zöliakie oder andere malabsorptive Störungen, Darmstörungen und chronische Darmpseudoobstruktionen. Darüber hinaus sollte das Vorliegen von Alarmzeichen, wie Gewichtsverlust, rektale Blutungen oder Anämie, sofort untersucht werden. Die Anamnese sollte sich auf tageszeitliche Veränderungen, die Beziehung zu bestimmten Nahrungsmitteln oder Nahrungsmittelkomponenten (Milchprodukte, Weizen, Fruktane, Fett, Ballaststoffe, schlecht verdaute und absorbierte Kohlenhydrate) und veränderte Darmgewohnheiten konzentrieren.
Für die Beurteilung von FABD empfiehlt die Arbeitsgruppe Rom IV 2016 grundlegende diagnostische Tests wie ein vollständiges Blutbild (CBC) bei Verdacht auf Anämie, Zöliakieserologie (und bei positivem Befund sollten Zwölffingerdarmbiopsien hinzugefügt werden), abdominale Röntgenaufnahmen, um eine Obstruktion auszuschliessen, und einen Atemtest zur Diagnose von SIBO (2).

Therapeutische Optionen

Nach dem Ausschluss von Alarmzeichen, organischen Erkrankungen und Überschneidungen mit anderen FGID ist der nächste Schritt das Angebot einer schrittweisen, individualisierten Behandlung. Diese umfasst neben der symptomatischen Behandlung die diätetische Intervention, die Linderung der Konstipation und die Modulation des Mikrobioms zur Anwendung,
Eine weitere Option ist die Aufklärung der Patienten über den Gebrauch ihrer Bauch- und Zwerchfellmuskeln. Diese Biofeedback-Therapie verringerte sowohl die subjektive Blähung als auch den Bauchumfang (3). Die Modulation der Darm-Hirn-Achse durch Antidepressiva und selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer kommen bei Patienten mit Reizdarmsyndrom ebenfalls zur Anwendung.
Für die symptomatische Behandlung von FABD stehen mehrere Wirkstoffe zur Verfügung, die bei einigen Patienten einen gewissen klinischen Nutzen bei der Linderung der Symptome gezeigt haben (4). In einer Doppelblindstudie wurde festgestellt, dass Simethicon die Häufigkeit und den Schweregrad von Blähungen, Völlegefühl und Blähungen reduziert (5). In zwei weiteren kontrollierten Studien reduzierte Pfefferminzöl das Völlegefühl im Vergleich zu Placebo signifikant (6, 7). Trotz ihrer Beliebtheit fehlen Belege für andere häufig verwendete Mittel wie Aktivkohle, Iberogast und Magnesiumsalze.

Fazit

  • Funktionelle Blähungen und Völlegefühl im Abdomen sind eine weit verbreitete Erkrankung mit nachteiligen Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität.
  • Die Therapie kann auf Darmmotilität, Muskeltonus, Mikrobiota, viszerale Empfindlichkeit, Ernährung und/oder psychologische Komorbidität abzielen. Ein schrittweiser, multidisziplinärer, individualisierter Ansatz ist wünschenswert.
  • Neben der Mikrobiom-Modulation, der abdominellen Biofeedback-Therapie und der Modulation der Darm-Hirn-Achse empfehlen sich pflanzliche Heilmittel wie Pfefferminzöl oder die Pfefferminz/Kümmelölkombination (Carmenthin®) zur Behandlung.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Quelle: Mari A et al . Bloating and abdominal distension: clinical approach and management. Advances in Therapy 2019 ; 36,1075–1084(2019)

1. Lacy B, Mearin F, Chang L, et al. Bowel disorders. Gastroenterology. 2016;150(6):1393–407.
2. Dukowicz AC, Lacy BE, Levine GM. Small intestinal bacterial overgrowth:
a comprehensive review. Gastroenterol Hepatol. 2007;3:112–22.
3. Barba E, et al. Abdominothoracic mechanisms of functional abdominal distension and correction by biofeedback. Gastroenterology. 2015;148(4):732–9.
4. Malagelada J et al. . Bloating and abdominal distension: old misconceptions and current knowledge. Am J Gastroenterol. 2017;112(8):1221–31.
5. Bernstein J, Kasich A. A double-blind trial of simethicone in functional disease of the upper gastrointestinal tract. J Clin Pharmacol. 1974;14(11):617–23
6. Liu J, Chen G, et al. Enteric-coated peppermint-oil capsules in the treatment of irritable bowel syndrome: a prospective, randomized trial. J Gastroenterol. 1997;32(6):765–8.
7. Cappello G, et al. Peppermint oil (Mintoil®) in the treatment of irritable bowel
syndrome: a prospective double blind placebo-controlled randomized trial.
Dig Liver Dis. 2007;39(6):530–6.

der informierte @rzt

  • Vol. 10
  • Ausgabe 6
  • Juni 2020