Ultraschallserie

Veränderungen sind früh erkennbar

Ultraschallbasierte Trisomie 21- Organ­diagnostik im ersten Trimenon

Stetig besser werdende Möglichkeiten der pränatalen Dia­gnostik und ein steigendes Alter schwangerer Frauen führen dazu, dass im Ersttrimesterscreening (ETT), einem integralen Bestandteil der Schwangerenvorsorge, häufiger die Diagnose eines intermediären bis erhöhten Risikos für das Vorliegen einer Trisomie 21 beim Feten resultiert. Eine erneute Beurteilung der Morphologie kann in diesem Rahmen Hinweise für das Vorliegen einer Aneuploidie erhärten und teils auch relativieren, da etliche Veränderungen beim Vorliegen einer Trisomie 21 bereits im ersten Trimenon sichtbar sind. Daher lohnt es sich oftmals hier schon ein frühes Organscreening durchzuführen oder auch eine zweite Meinung einzuholen.



Ein erhöhtes Risiko im ETT bedeutet nicht, dass eine Störung vorliegen muss, sondern lediglich, dass ab einem kalkulierten Risiko von ≥ 1:1000 in einer ergebnisoffenen Beratung weitere Abklärungen angeboten werden. Dass das Vorliegen eines erhöhten Risikos im ETT für werdende Eltern eine grosse psychische Belastung darstellt, versteht sich von selbst. Spätestens dann stellt sich für sie die Frage, wie damit umgegangen werden soll.
Das Ersttrimesterscreening auf Trisomie 13, 18 und 21 basiert auf einer Risikoberechnung aufgrund des mütterlichen Alters, der Bestimmung der Weite der Nackentransparenz und der Messung der Hormone β-HCG und PAPP-A und hat eine Sensitivität von 90%. Die morphologische Beurteilung des Fetus basiert auf den aktuellen Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Ultraschall in Gynäkologie und Geburtshilfe (SGUMGG) von 2019, in welchen die notwendigen Standardebenen zur Durchführung des Schwangerschaftsultraschalls vorgegeben sind (1). Durch die zusätzliche Beurteilung der Morphologie des Fetus kann die Sensitivität der Detektion für die Trisomie 21 auf 95% erhöht werden (2). Dabei korreliert die Breite der Nackentransparenz stark mit dem Risiko einer genetischen Erkrankung, liegt bei einer Nackentransparenz über 4,5 mm bei über 30% und steigt mit zunehmender Breite weiterhin an (3).
Abhängig vom kalkulierten Risiko kann den Betroffenen – vorausgesetzt es besteht der Wunsch nach weiterer Abklärung – die Durchführung einer Nicht invasiven Pränataldiagnostik (NIPT) oder eine invasive Karyotypisierung durch eine Chorionzottenbiopsie, beziehungsweise Amniozentese angeboten werden.

Die Durchführung eines NIPT erscheint in Anbetracht eines Risikos für einen Abort von 0,5% im Rahmen einer invasiven Diagnostik zunächst als attraktive Alternative, zumal viele Schwangere den Schritt hin zu einer Punktion berechtigterweise scheuen. Zu bemerken ist, dass die Durchführung eines NIPT sich empfiehlt, wenn ein intermediäres Risiko im ETT von ≥1:1000 ohne Hinweise auf fetale Auffälligkeiten vorliegt. Klare Empfehlungen für das Vorgehen und die weitere Beratung der Betroffenen können im Algorithmus des Expertenbriefes der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) eingesehen werden (4). Falls es im ersten Ultraschallscreening Hinweise für das Vorliegen von Fehlbildungen gibt oder das Risiko im ETT mit ≥1:380 hoch ist, bietet es sich an, gezielt zu screenen. Zum einen, weil sich nicht selten charakteristische Veränderungen bei detaillierter Betrachtung des Feten finden, die auf das Vorliegen einer Trisomie 21 hinweisen. Zum anderen, weil die vorgängige Durchführung einer NIPT häufig zu einer Verzögerung der endgültigen Diagnosestellung führt. Zusätzlich muss jeder auffällige NIPT-Befund durch eine invasive Diagnostik bestätigt werden, bevor beispielsweise ein Schwangerschaftsabbruch mit dem Paar diskutiert wird. Diese Verzögerung von bis zu einer Woche führt für die Betroffenen durch die Zeit des wiederholten Wartens auf das Resultat zu einer erheblichen emotionalen Belastung und birgt nach 15 Schwangerschaftswochen erhöhte Risiken für die Durchführung eines späteren Schwangerschaftsabbruchs.
Die Erkennung einer Trisomie 21 im Ultraschall im ersten Trimenon ist häufig schwierig, bedarf einiger Übung und vernünftiger Ultraschallbedingungen. Sie gehören auch im hier beschriebenen Detail nicht zu den von der SGUMGG geforderten Standard­ebenen der Ersttrimesteruntersuchung. Dennoch gibt es jenseits der Nackenfaltenmessung wie bereits erwähnt eine ganze Reihe an sonographischen Hinweiszeichen, von denen die meisten Veränderungen aus den Ultraschalluntersuchungen im zweiten Trimenon bekannt sind, welche in der folgenden Tabelle aufgelistet sind (Tab. 1).
Teilweise ist die Prävalenz der oben aufgeführten Befunde bei Trisomie 21 gegenüber euploiden Feten nur geringfügig erhöht. Eine negative a-Welle im Ductus venosus, eine Trikuspidalklappeninsuffizienz oder ein hypoplastisches bzw. fehlendes Nasenbein in Kombination mit einem auffälligen Gesichtsprofil hingegen haben eine höhere Prävalenz. Wie so oft ist es die Summe der Befunde, die ähnlich bei den sonographischen Softmarkern im zweiten Trimenon, das Risiko mit zunehmender Anzahl der Stigmata erhöht. Die falsch-positiv-Rate für die Prädiktion der Trisomie 21 liegt auch in der Kombination von ETT mit Ductus venosus, Nasenbein und Fehlbildungsausschluss immerhin noch bei 2 % (5). Die Detektionsrate für Fehlbildungen beträgt nach einer deutschen Studie mit 6879 Schwangerschaften 44% zwischen 11-14 Schwangerschaftswochen. In einem Expertensetting betrug die Detektionsrate 83,7% (6). Die Rate an Fehlbildungen war 1% bei einer NT< 2.5 mm und 19.3 % für eine NT> 2,5 mm.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Carolin Blume

Chefärztin Geburtshilfe Kantonsspital Graubünden
Frauenklinik Fontana
Departement Gynäkologie und Geburtshilfe
Lürlibadstrasse 118
7000 Chur

carolin.blume@ksgr.ch

Die Autorin hat keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel.

  • Immer bessere Ultraschallgeräte und durch eine Vielzahl fundierter Fort- und Weiterbildungsangebote immer besser ausgebildeter Gynäkologen schärfen das Bewusstsein für die Durchführung und Beratung pränataler Untersuchungen.
  • Neben der routinemässigen Ersttrimesterdiagnostik nach SGUMGG gibt es eine Vielzahl an möglichen Auffälligkeiten, die beim Vorliegen einer Trisomie 21 im ersten Trimenon sichtbar sein können. Diese Untersuchungen gehören nicht zum Standard der Ersttrimesterdia­gnostik. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Anforderungen mit dem besseren Geräte- und Ausbildungsstand stetig komplexer geworden und gestiegen sind.
  • Finden sich Ultraschallbefunde, die auf eine Chromosomenstörung Hinweiszeichen geben, ist eine frühzeitige Überweisung an einen Experten für pränatale Medizin empfehlenswert, um den Weg zur Diagnose möglichst kurz und schlank zu halten. Hier ist ein NIPT
    primär nicht indiziert, da ein erhöhtes Risiko für Chromosomenstörungen oder nicht chromosomale genetische Erkrankungen, welche nicht von einem NIPT erfasst werden, besteht.

1. Empfehlungen zur Ultraschalluntersuchung in der Schwangerschaft; 4. Aktualisierte Auflage; Standardkommission für Schwangerschaftsultraschall der Schweizerischen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (SGUM) 2019
2. Wagner P, Sonek J, Hoopmann M et al. First-trimester screening for trisomies 18 and 13, triploidy and Turner syndrome by detailed early anomaly scan. Ultrasound Obstet Gynecol 2016; 48: 446–451
3. Souka AP, Krampl E, Bakalis S, Heath V, Nicolaides KH. Outcome of pregnancy in chromosomally normal fetuses with increased nuchal translucency in the first trimester; Ultrasound Obstet Gynecol. 2001 Jul;18(1):9–17
4. SGGG Homepage, Expertenbrief No 52: Pränatale nicht-invasive Risikoabschätzung fetaler Aneuploidien; März 2018
5. Tekesin I: The Value of Detailed First-Trimester Ultrasound Anomaly Scan for the Detection of Chromosomal Abnormalities; Ultraschall Med 2019; 40(06): 743-748
6. Syngelaki A, Chelemen T, Dagklis T. et al. Challenges in the diagnosis of fetal
nonchromosomal abnormalities at 11–13 weeks. Prenatal diagnosis 2011; 31: 90-102

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  • Vol. 10
  • Ausgabe 4
  • August 2020