- Überlastungsbedingte Tendinopathien im Sport
Schmerzen an einer grossen Sehne (Achilles- und Patellarsehne) sind ein häufig geklagtes Symptom vor allem von Sportlern. Dabei muss eine Tendinopathie, die nicht entzündlich bedingt ist, zunächst von anderen ähnlichen Krankheitsbildern mit entzündlichen Prozessen in der Umgebung abgegrenzt werden. Therapeutisch wird vieles propagiert, aber nicht alles ist auch evidenzbasiert.
Unter einer Tendinopathie versteht man eine schmerzhafte Dysfunktion einer Sehne. «Tendinitis und Tendinose gelten als überholte Bezeichnungen», so Dr. Stefan Fröhlich, Oberarzt an der orthopädischen Universitätsklinik Balgrist in Zürich. Abzugrenzen von der eigentlichen Tendinopathie sind die Peritendinitis, Tendosynovitis und Tendovaginitis, die durch einen entzündlichen Prozess in der Umgebung charakterisiert sind. Und der Begriff Enthesiopathie bezeichnet das Problem des Sehnen-Knochen-Übergangs.
Keine Entzündung
Die Pathogenese der Tendinopathien ist nicht vollständig geklärt. «Früher hat man das Krankheitsbild als klassische Entzündungsreaktion verstanden, doch nach heutigem Verständnis handelt es sich um einen degenerativen Prozess», so Fröhlich. Intrinsische Risikofaktoren sind männliches Geschlecht, Alter, Diabetes, Autoimmunerkrankungen, Hyperlipidämie und Adipositas und der entscheidende extrinsische Risikofaktor ist die Überbelastung.
Das wichtigste Prinzip im Hinblick auf die Pathogenese und die Therapie ist: Die Sehnen reagieren auf eine Belastung mit strukturellen Mal-Adaptationen. So kommt es an der tendopathischen Sehne zu vielfältigen Veränderungen, nämlich zu einer Proliferation von Tenozyten, einem erhöhten Gehalt an Proteoglykanen und zu einem ungeordnet erhöhten Kollagengehalt. Dadurch verdickt sich die Sehne und es kommt zu einer verstärkten Neovaskularisation.
Ultraschall ist Goldstandard
Die Tendinopathie ist primär eine klinische Diagnose mit typischem Palpitationsbefund. Bei der Bildgebung ist der Ultraschall der Goldstandard. Ein MRI kann ergänzend zum Einsatz kommen, jedoch eher zum Ausschluss zusätzlicher Pathologien wie auch das konventionelle Röntgen.
Viele Therapieoptionen
Für die Therapie der Tendinopathien wird vieles propagiert. «Die beste Evidenz liegt für aktives Training vor», so Fröhlich. Eine vollständige Entlastung bzw. Schonung sei daher nicht empfehlenswert. Besonders kritisch zu bewerten sei der Wechsel zwischen kompletter Schonung und hochintensiver Belastung. Keine Evidenz gebe es für Orthesen/Bandagen bei einer Achillessehnen-Tendinopathie. Eine geringe Evidenz für Taping/Bandagen gebe es bei einer Patellasehnen-Tendinopathie bzgl. kurzfristiger Symptomlinderung. Eine mässige Evidenz besteht auch für die Stosswellentherapie der Patella- und Achillessehnen-Tendinopathie.
Und wie steht es mit der Injektion von plättchenreichem Plasma (PRP), einer besonderen Form der Eigenbluttherapie? Je nach Aufbereitung unterscheiden sich die verschiedenen PRP-Präparate deutlich, wobei zwischen Leukozyten-armen und Leukozyten-reichen Präparaten unterschieden wird. Die Evidenz ist gering, doch bei Tendinopathien wurden Vorteile der Leukozyten-reichen PRP-Präparate gezeigt.
Keine generelle Empfehlung für Kortikosteroid Infiltrationen
Sehr beliebt, aber auch umstritten sind Kortikosteroid Infiltrationen. «Es gibt zwar Evidenz für eine kurzfristige Wirksamkeit, jedoch nicht für eine langfristige Wirkung», so Fröhlich. Dem gegenüber stünden jedoch mögliche Nebenwirkungen wie Ruptur und Atrophie. Daher könne keine generelle Empfehlung für Kortikosteroid Infiltrationen an Körpergewicht-tragenden Sehnen gegeben werden. Auch was chirurgische Massnahmen bei der Tendinopathia patellae angeht, ist die Evidenz unsicher. Eine gute Evidenz gibt es nur für das chirurgische Debridement bei der Tendinopathie der Achillessehne.
Training ist wichtig
Das klassische exzentrische Training ist am besten erforscht und die Wirkung entsprechend belegt. Doch das Problem ist die Schmerzhaftigkeit, was die Compliance senkt. Auch ein isometrisches Training reduziert die Symptomatik bei einer Tendinopathie und die Wirkung tritt schnell ein. Deswegen kommt ein solches Training vor allem, jedoch nicht nur zu Beginn einer Therapie zum Einsatz. Diese Wirkung konnte auch für Athleten während der Wettkampfsaison gezeigt werden, für die eine Sport-Pause nicht in Frage kam.
Quelle: Dr. Stefan Fröhlich, MediDays 2020, 2.9.2020