- Kongressausgabe der info@onkologie
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EDITORIAL Best of ASH 2020 «Die Hämatoonkologie in Zeiten von COVID-19»
Die Pandemie hat die Hämatoonkologie in besonderer Weise getroffen. Nicht nur dass wissenschaftliche Aktivitäten ausgebremst wurden und der Kongress der American Society of Hematology (ASH) diesmal virtuell stattfinden musste, sondern Patienten mit einer hämatoonkologischen Erkrankung sind besonders gefährdet für eine Infektion mit dem COVID-19-Virus und auch der Verlauf ist schwerer und die Prognose schlechter. Dazu kommen Beeinträchtigungen und Engpässe bei der Versorgung, d.h. Patienten meiden aus Angst vor einer Infektion medizinische Einrichtungen, so dass Diagnosen verspätet gestellt werden oder die Therapie erst mit einer Verzögerung eingeleitet oder unterbrochen wird. Was dies für die Prognose betroffener Patienten bedeutet, ist im Moment noch nicht absehbar.
Doch auch unter erschwerten Bedingungen konnte der Kongress wieder einmal unter Beweis stellen, welche Dynamik diesem Fachgebiet inne ist und mit welchen innovativen Strategien man bei vielen hämatologischen und hämatoonkologischen Erkrankungen dem Ziel näher kommt, aus einer potentiell tödlichen eine zwar noch nicht heilbare aber chronische Erkrankung zu machen. Was waren die Höhepunkte des Kongresses?
Bei monogenetischen hämatologischen Erkrankungen wie Hämophilie, Thalassämie und Sichelzellkrankheit geben Ergebnisse erster Studien Anlass zur Hoffnung, dass mit einer Gentherapie mittels viraler Vektoren oder mittels mRNA solche Erkrankungen in Zukunft geheilt werden könnten.
Bzgl. COVID-19 konnte in einer experimentellen Studie eine günstige Wirkung von T-Zellen von Genesenen gezeigt werden. Ein anderer Ansatz ist die Hemmung von Komponenten des stark aktivierten Komplementsystems mit monoklonalen Antikörpern. Beim cGVH überzeugte der JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib in der Second line (REACH3-Studie). Was die CAR-T-Zelltherapie beim DLBCL betrifft, so stellt sich die Frage, warum nur jeder zweite dauerhaft anspricht. Ist es die im Verlauf nachlassenende Expression oder eine Mutation von CD19? Gibt es Patienten, bei denen andere Targets entscheidend sind? Neue CAR-T-Zellpräparate und bispezifische Antikörper könnten hier einen Fortschritt bringen. Auch hat die CAR-T-Zelltherapie beim MM Einzug in die Therapie gehalten und es gibt erste positive Daten bei der CLL.
Dass weniger mehr sein kann, zeigt eine Studie, bei der das bisher etablierte hochdosierte Methotrexat beim DLBCL nicht vor einem ZNS-Rezidiv schützt. Die HARMONY-Studie belegt erneut, dass Big-data-Plattformen das individualisierte Management bei hämatoonkologischen Erkrankungen wesentlich optimieren können. Im Rahmen der APOLLO-3-Studie konnte gezeigt werden, dass der monoklonale Anti-CD38-Antikörper Daratumumab (Darzalex®) s.c. zusätzlich gegeben zu Pomalidomid und Dexamethason bei Patienten mit einem rezidivierten oder refraktären MM die Prognose verbessert. Und auch für CML-Patienten gibt es Neues. Mit Asciminib steht der erste Vertreter einer ganz neuen Substanzklasse, nämlich der STAMP (Specifically Targeting the ABL Myristoyl Pocket) – Inhibitoren zur Verfügung, dessen Wirkmechanismen sich von den etablierten TKIs wesentlich unterscheidet. Im Vergleich mit dem TKI Bositinib erwies sich Asciminib bei Pateinten mit einer neu diagnostizierten CML oder bei solchen, die bereits mindestens zwei TKIs erhalten hatten, als überlegen.
Ein innovativer Therapieansatz sind auch die bispezifischen T-Zell-Antikörper wie Mosunetuzumab, Glofitamab und Cevostamab. In ersten Studien konnten mit Mosunetuzumab und Glofitamab CR-Raten von über 50% bei Patienten mit einem r/r DLBCL und r/r NHL dokumentiert werden. Und in der Fist line bei Patienten, die nicht für eine komplette Immunchemotherapie geeignet waren, lag die Erfolgsrate bei 45,5%. Und auch beim MM erwies sich Cevostamab bei intensiv vorbehandelten Patienten mit einer CR-Rate von über 50% als gut wirksam.
Diese kleine Auswahl möge Ihnen «Appetit» machen. Das Team von info-Onkologie hat den Kongress verfolgt und für Sie liebe Leserinnen und Leser die wichtigsten News in der vorliegenden Zeitung zusammengetragen.
Viel Spass bei der Lektüre wünscht Ihnen
Ihre Eleonore E. Droux
Verlegerin
HARMONY-Big-Data-Plattform
Eine Informationsquelle für die personalisierte Medizin bei Blutkrebs
Dank neuer Analysemethoden wurden wichtige neue Erkenntnisse generiert, die die Therapie von Patienten mit einer akuten myeloischen Leukämie und Multiplen Myelom i.S. einer Individualisierung optimieren können.
Die HARMONY-Alliance präsentierte neueste Daten einer Big-Data-Plattform von 12.000 AML- und MM-Patienten, die faszinierende Einblicke in die molekulare Landschaft dieser beiden Erkrankungen ermöglichen. Dadurch gelingen eine bessere Charakterisierung und ein besseres pathophysiologisches Verständnis dieser Malignome. Ausgehend von diesen Daten entwickelten die Forscher ein verbessertes Risikostratifizierungsmodell. Darüber hinaus hat diese Big Data das Potential, neue Wirkstoffziele zu identifizieren und somit auch neue zielgerichtete Wirkstoffe zu entwickeln.
Der klinische Verlauf von Patienten mit einer AML ist sehr unterschiedlich. Im Rahmen von HARMONY wurden die Genprofile von 4.986 Patienten mit einer AML analysiert. Dabei gelang auch ein Einblick in die Dynamik der Mutationen, d.h. welche Mutationen zuerst und welche erst später im Krankheitsverlauf auftreten.
Außerdem wurde auch der Zusammenhang von Mutationsmustern mit klinischen Ergebnissen wie Remissionen, Rückfall und Überleben untersucht. Die Analyse ergab, dass viele Patienten mit Hochrisiko-Mutationsmustern nur wenig von einer allogenen Stammzelltransplantation profitieren. Jetzt gelang es spezifische Hochrisiko-Genotyp-Kombinationen zu identifizieren, die mit diesem Therapie einen größeren Überlebensvorteil zeigen.
Auch beim MM sind die klinischen Ergebnisse sehr unterschiedlich, die Überlebenszeit reicht von wenigen Monaten bis zu mehr als
10 Jahren. Die Analyse der HARMONY-Daten von 7.077 MM-Patienten ergaben, dass Patienten, die bisher als mittleres Risiko eingestuft wurden, eine sehr heterogene Gruppe mit unterschiedlichem Risiko für Progression oder Tod darstellen. Es gelang jetzt eine Unterteilung dieser Patienten in vier verschiedene Risikogruppen. Die Hälfte konnte einem niedrigen oder niedrigen Zwischenrisiko zugeordnet werden, die andere Hälfte einem mittelhohen oder hohem Risiko. Mit dieser neuen Einteilung gelingt eine bessere Abschätzung der Prognose eine auf das individuelle Risiko jedes Patienten zugeschnittene Therapie.
PS
Quelle: ASH 2020, #1077 und #1329
DLBCL
Polatuzumab Vedotin bewährt sich auch in der Real World
Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Polatuzumab Vedotin hat in einer klinischen Studie in Kombination mit Bendamustin und Rituximab bei Patienten mit einem r/r DLBCL seine gute Wirksamkeit unter Beweis stellen können. Dass diese Ergebnisse auch in der Real World erreicht werden, das konnte jetzt in einer Registerstudie der German National Compassionate Use Program (CUP) gezeigt werden.
Dabei wurden die Daten von 97 Patienten mit einem r/r DLBCL ausgewertet und zwar bezüglich PFS und OS. Davon erhielten 49 Patienten Polatuzumab Vedotin als Bridging-Therapie und zwar 39 vor einer geplanten CAR-T-Zelltherapie, 9 vor einer allogenen Stammzelltherapie und 1 vor einer Therapie mit einem bispezifischen Antikörper. 48 Patienten erhielten Polatuzumab Vedotin in einem palliativen Setting, d.h. sie waren für eine Transplantation nicht geeignet. Alle Patienten waren maximal vorbehandelt. Dem behandelnden Arzt war freigestellt, ob Polatuzumab Vedotin als Monotherapie oder in Kombination mit Rituximab oder in Kombination mit einer Chemotherapie verabreicht wurde.
Die ORR betrug im Bridging-Kollektiv 33%, davon 1 Patient mit einer kompletten Remission und 9 Patienten mit einer partiellen Remission. Es zeigte sich ein Trend zugunsten der Kombination mit der Chemotherapie im Vergleich mit den beiden anderen Strategien (42% vs. 20%). 15 Patienten (24%) konnten einer CAR-T-Zelltherapie oder einer Stammzelltransplantation zugeführt werden. 4 Patienten (8%) zeigten eine rasche Progression und wurden dann nur palliativ behandelt.
Im Palliativ-Kollektiv erreichten unter der Therapie mit Polatuzumab Vedotin 19% eine komplette Remission und die ORR betrug 56%. Das PFS nach 6 Monaten lag bei 36% und das OS bei 51% bei einem medianen Follow up von 9,7 Monaten. Auch in diesem Setting schnitt die Kombination mit der Chemotherapie etwas besser ab. Je intensiver die Vorbehandlung umso schlechter das PFS.
Insgesamt waren die Ergebnisse der Registerstudie etwas schlechter als in der Zulassungsstudie, was damit zu erklären ist, dass bei Patienten in der Registerstudie die Erkrankung weiter fortgeschritten war.
PS
Quelle: ASH 2020, Poster #1206
Maligne Lymphome
Response-Beurteilung nach RECIL bewährt sich auch in der GALLIUM-Studie
Der bisherige Standard zur Beurteilung des Therapieerfolgs bei malignen Lymphomen sind die Lugano 2014-Kriterien. Dieses Assessment basiert vorwiegend auf dem PET-CT mit 18F Fludeoxyglukose (FDG). Doch nicht alle Lymphome sind FDG-avide und es steht nicht immer eine PET-CT zur Verfügung. Dann bedient man sich ausschliesslich des CTs, wobei bis zu sechs tumoröse Zielläsionen zweidimensional vermessen werden. In den letzten Jahren hat sich ein neuer Kriterienkatalog etabliert, nämlich „The Response Evaluation Criteria in Lymphoms (RECIL)“. Dieser basiert auf nur eindimensionalen Messungen von bis zu 3 Zielläsionen. Die Frage, ob RECIL eine ebenso zuverlässige Beurteilung des Therapieerfolgs erlaubt wie die Lugano 14-Kriterien, wurde jetzt anhand der Patienten der GALLIUM-Studie überprüft. Der Vergleich ergab eine hohe Konkordanz der beiden Kriterienkataloge im Hinblick auf das Vorliegen einer kompletten Remission und somit der Prognose (92,1%). Nur bei der Beurteilung des PFS (85,7%) war die Konkordanz schlechter. Somit ist RECIL beim FL eine gut praktikable und zuverlässige Alternative für Lugano 14.
Ein Update der GALLIUM-Studie verfestigt den Stellenwert von Obinutuzumab (Gazyva®) plus Chemotherapie beim unbehandelten Follikulären Lymphom. Dabei erwies sich der MRD-Status als zuverlässiger prädiktiver Marker und somit als wichtiger Schritt zu einer individualisierten Therapieentscheidung.
Der MRD (minimal residual disease)-Status nach einer Therapie sagt etwas über die Tiefe des Behandlungserfolges aus, mit anderen Worten, Patienten, die MRD-positiv sind, haben eine höhere Rezidivrate und somit eine schlechtere Prognose. In der GALLIUM-Studie erwies sich die Obinutuzumab -basierte Immunochemotherapie der Rituximab-basierten deutlich überlegen, d.h. die Rate an PFS-Events (Progression oder Tod) war um 28 Prozent niedriger. Auch der Anteil der Patienten, die MRD-negativ wurden, war höher (92 Prozent vs. 85 Prozent). Patienten, die eine MRD-Negativität erreichten, hatten insgesamt eine bessere Prognose, vor allem dann, wenn dieser Status früh erzielt wurde.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #1124
Obinutuzumab bewährt sich als Backbone auch ohne Chemotherapie
Die Therapie der CLL hat in den letzten Jahren durch die Einführung neuer Substanzen wie Acalabrutinib (BTKi A), Venetoclax (V) und Obinutuzumab (O) grosse Fortschritte gemacht. Jetzt konnte in einer Studie gezeigt werden, dass eine Triple-Therapie mit diesen Substanzen in der Frontline eine geringere Toxizität ausweist.
In früheren Studie konnte gezeigt werden, dass eine duale Therapie mit BTKi wie Ibrutinib (I) und V oder die Triple-Therapie mit I, V und O gut wirksam ist, aber mit kardialen und infektbedingten Komplikationen assoziiert ist, die die Anwendung limitieren. Im Rahmen dieser Studie wurde der Frage nachgegangen, ob eine zeitlich limitierte Triple-Therapie mit dem spezifischer wirkenden BTKi Acalabrutinib in der First line bei CLL-Patienten mit einem ungünstigen Risikoprofil besser verträglich ist. Eingeschlossen wurden 44 Patienten mit einer nicht vorbehandelten CLL. wobei 39% der Patienten eine TP53-Aberration oder -mutation aufwiesen. Die Daten von 36 Patienten mit einem mittleren Follow up von 16 Monaten konnten ausgewertet werden. Die ORR bei ihnen lag bei 100% (43% CR/CRi, 57% PR). Die BM-uMRD (bone marrow undetectable MRD) betrug nach Zyklus 16 31%. Bei einer ITT-Auswertung lag diese Zahl bei 78%. Eine Progression wurde nicht beobachtet. Diese Ergebnisse waren unabhängig vom TP53-Status.Die Verträglichkeit und Sicherheit war gut: Nur bei 2% trat eine ≥ Grad 3-Infektion auf. Die Daten belegen, dass Obinutuzumab sich als Backbone-Therapie auch bei einer Chemotherapie-freien Therapie der CLL in der First line bewährt.
PS
Quelle: ASH 2020 Abstract #2216
Allogene T-Zellen
Neuer Therapieansatz bei COVID-19?
Ca. 20% der Patienten mit COVID-19 entwickeln einen schweren Verlauf mit einem ARDS bzw. einem Multiorganversagen und die Gesamtmortalität beträgt 4%. Bei Patienten mit einem kompromittierten Immunsystem wie bei einer Hochdosis-Chemotherapie bzw. einer Transplantation steigt die Mortalität auf 20% an. Erste Daten sprechen dafür, dass T-Zellen von Genesenen einen protektiven Effekt entfalten könnten; denn Patienten mit einer geringeren Zahl an T-Zellen bzw. einer Dysregulation des zellulären Immunsystems zeigen einen schwereren Verlauf als solche mit einer normalen Zahl an T-Zellen.
In einer Studie wurde bei 30 genesenen COVID-19-Patienten mit einem milden Verlauf Virus-spezifische- aktive T-Lymphozyten gewonnen. Dabei handelt es sich um CD4+- und CD8+-T-Zellen. Diese wurden dann in vitro mit allogenen COVID-19-infizierten Zellen konfrontiert, die virale Antigene bilden. Die Patienten-Lymphozyten konnten in dieser experimentellen Studie die virale Antigen-Produktion stoppen. Jetzt soll dieser Therapieansatz bei Patienten mit einem schweren Verlauf im Rahmen einer klinischen Studie untersucht werden.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #703
DLBCL
Hochdosiertes Methotrexat verhindert nicht das ZNS-Rezidiv
Retrospektiv ausgewertet wurden die Daten von 906 Hochrisiko-Patienten mit einem DLBCL, die eine hochdosierte R-CHOP-Therapie und anschliessend zur Konsolidierung eine autologe Stammzell-Transplantation erhalten hatten. Ein Drittel (n=115; 35,3%) hatte zusätzlich Methotrexat in hoher Dosierung bekommen (im Median 2 Dosen).
Insgesamt entwickelten 6,1% einen ZNS-Relaps, wobei das Risiko mit dem CNS-IPI-Score zunahm. Das ZNS-Rezidiv entwickelte sich früh, im Durchschnitt nach 7,4 Monaten nach der Diagnosestellung. Die Prognose war bei den Patienten mit einem ZNS-Rezidiv mit einem OS von nur 7 Monaten sehr schlecht.
Was die Verhinderung eines ZNS-Relaps betrifft, so fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen der Methotrexat-Gruppe und der Gruppe ohne Methotrexat (11,2% vs. 12,2%; HR=0,92, p=0,82). Insgesamt hatten Patienten mit einer hochdosierten Immunchemotherapie oder einer konsolidierenden Stammzelltransplantation ein geringeres Risiko für einen ZNS-Relaps im Vergleich zu Patienten mit einer konventionellen R-CHOP-Therapie, aber der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Aber auch Patienten mit einer hochdosierten Immunchemotherapie profitierten nicht von einer zusätzlichen hochdosierten Methotrexat-Gabe. Die Rate an ZNS-Rezidiven, das PFS und das OS waren nicht unterschiedlich.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #477
Chronic Graft-Vs-Host Disease (cGVHD)
Ruxolitinib ist wirksamer als der bisherige Standard
Die First-line-Standardtherapie bei cGVHD ist ein Steroid. Aber über 50% der betroffenen Patienten sind Steroid-refraktär oder Steroid-abhängig (SR/D). Deshalb besteht dringender Bedarf an Strategien für eine Second-line.
Eine neue vielversprechende Substanz ist der oral verfügbare JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib. Im Rahmen der randomisierten REACH3-Studie wurde bei 329 Patienten mit einer cGVHD, die Steroid-abhängig oder –refraktär waren, die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ruxolitinib im Vergleich mit der besten zur Verfügung stehenden Therapie (Steroide mit oder ohne Calcineurin-Inhibitor) (BAT) verglichen. Der primäre Endpunkt der Studie war die ORR an Tag 1 nach 7 Zyklen.
Unter RUX wurde bei 7% eine komplette und bei 43% eine partielle Remission erzielt. Die ORR betrug bei RUX 50%, bei BAT nur 26%. Auch die Symptomkontrolle war unter RUX effektiver. Die Gesamtrate an Nebenwirkungen war vergleichbar (RUX 98% vs. BAT 92, Grad ≥ 3 3,57% vs. 3,58%).
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #732
Mantelzell-Lymphom
BTK-Inhibitor LOXO-305 wirkt bei vorbehandelten Patienten
Im Rahmen der Phase-1/2-BRUIN-Studie zeigte der hoch-selektive, nicht-kovalente Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor LOXO-305 eine hohe Response-Rate bei vorbehandelten Patienten mit einem Mantelzell-Lymphom.
Die Prognose von Patienten mit einem Mantelzell-Lymphom, die unter einem kovalenten BTK-Inhibitor ein Rezidiv bzw. eine Progression entwickeln, ist sehr schlecht. Bei LOXO-305 handelt es sich um einen hoch-selektiven und nicht-kovalenten BTK.
Im Rahmen der BRUIN-Studie wurde LOXO-305 bei 323 intensiv vorbehandelten Patienten (61 mit einem Mantelzell-Lymphom, 26 mit einem Morbus Waldenström und 66 mit einem anderen Non-Hodgkin-Lymphom) untersucht. Die Substanz wurde alle 28 Tage verabreicht. Die Gesamtansprechrate war sehr unterschiedlich in Abhängigkeit von der Art des Lymphoms. Beim Morbus Waldenström betrug sie 68%, beim Marginalzell-Lymphom aber nur 22%.
Die isolierte Auswertung von Patienten mit einem Mantelzell-Lymphom ergab eine ORR von 52%. 25% zeigten eine komplette Remission, 27% eine partielle und 17% eine Stabilisierung. Bei einem Follow-up von 6 Monaten zeigten 24 der 29 Patienten eine anhaltende Wirkung. Die Verträglichkeit war gut. 5 Patienten mussten die Therapie wegen Nebenwirkungen beenden.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #117
r/r Multiples Myelom
Zusätzliche Gabe von Daratumumab verbessert das PFD
Im Rahmen der APOLLO-3-Studie konnte gezeigt werden, dass der monoklonale Anti-CD38-Antikörper Daratumumab (Darzalex®) s.c. zusätzlich gegeben zu Pomalidomid und Dexamethason bei Patienten mit einem rezidivierten oder refraktären MM die Prognose verbessert.
Aufgenommen in diese Studie wurden 304 Patienten mit einem r/r MM. Sie erhielten randomisiert die Standardtherapie mit Pomalidomid plus Dexamethason (Pd) oder die Standardtherapie plus Daratumumab (DPd).
Mit DPd konnte das PFS um 37% reduziert werden im Vergleich zu Pd allein (HR 0,63; p=0,0018). Das mediane PFS lag unter DPd bei 12,4 Monaten gegenüber 6.9 Monaten im Pd-Arm. Auch die Ansprechraten waren bei DPd signifikant höher als bei Pd allein. Beim ORR betrug diese 69%, unter Pd 46%. Die Vergleichszahlen beim sehr guten partiellen Ansprechens (VGPR) waren 51% vs. 20%. Die Raten an vollständigen Remissionen war mehr als sechs Mal so hoch (25% vs. 4%).
Dir Rate der injektionsbedingten Reaktionen lag bei DPd bei 5% und 2% erlitten örtliche Reaktionen an der Einstichstelle. Die Rate an Abbrüchen wegen unerwünschter Reaktionen betrug bei DPd 2% und bei Pd 3%. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Pneumonie (13% vs. 7%) und Infektionen der unteren Atemwege (11% vs. 9%).
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #412
Multiples Myelom
Erste Daten für die CAR-T-Zelltherapie
Im Rahmen der CARTITUDE-1-Studie wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ciltacaptabene autoleucel (cilta-cell) bei intensiv vorbehandelten Patienten mit einem Multiplen Lymphom (MM) untersucht.
Ausgewertet wurden die Daten von 97 Patienten mit einem intensiv vorbehandelten MM. Sie hatten 3 oder mehr Vortherapien erhalten oder waren doppelt-resistent gegenüber einem Immunmodulator und einem Proteasom-Inhibitor. Sie erhielten einmal die CAR-T-Zellen und zusätzlich über drei Tage eine Lymphodepletion mit Cyclophosphamid und Fludarabin.
97% der Patienten zeigten ein Ansprechen, davon 67% eine komplette Remission, 26% eine sehr gute partielle und 4% ein partielle Remission. Beim Cutoff im September 2020 lag die Ansprechquote noch bei 72%. 93% der 57 Patienten, bei denen eine MRD-Negativität nachgewiesen werden konnte, waren weiterhin MRD-negativ. Bei einem medianen Follow-up von 12,4 Monaten lag die PFS-Rate nach einem Jahr bei 77%. 85% der Patienten mit einer kompletten Remission waren auch nach einem Jahr in der kompletten Remission, bei einer sehr guten partiellen Remission waren es noch 68%.
Was die Nebenwirkungen betrifft, so entwickelten 96% eine Neutropenie, 81% eine Anämie und 79% eine Thrombozytopenie ohne Komplikationen. Bei 95% trat ein CRS auf, 14 Patienten verstarben, davon aber nur 6 Patienten an Therapie-assoziierten Nebenwirkungen.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #177
Indolente Non-Hodgkin-Lymphome
Axicaptagene Ciloleucel zeigt gute Wirksamkeit
Nach dem DLBCL und dem MM scheint die CAR-T-Zelltherapie auch bei fortgeschrittenen indolenten Lymphomen (iNHL) wie dem follikulären Lymphom (FL) und dem Marginalzelllymphom (MZL) eine neue vielversprechende Therapieoption zu sein. Dafür sprechen die Ergebnisse der ZUMA-5-Studie mit Axicaptagene Ciloleucel (axi cel).
Axi cel ist eine autologe anti-CD 19 chimäre Antigen Rezeptor (CAR) –T-Zelltherapie. Bei Patienten mit einem refraktären oder rezidivierten DLBCL konnte dieses Präparat seine gute Wirksamkeit und Sicherheit unter Beweis stellen. Jetzt wurde diese Therapie im Rahmen einer Phase-2-Studie (ZUMA-5-Studie) erstmals bei Patienten mit einem refraktären bzw. rezidivierten iNHL wie FL und MZL untersucht. Alle diese Patienten hatten vorher mindestens zwei systemische Therapien erhalten. Eingeschlossen wurden 146 Patienten mit einem r/r iNHL (124 mit FL und 22 mit MZL). Das mediane Follow-up betrug 17,5 Monate.
Die ORR betrug 92%, wobei 76% eine komplette Remission aufwiesen. Beim FL lagen die ORR bei 94% und die Rate an kompletten Remissionen bei 80%. Beim MZL konnte eine ORR von 85% bei einer Rate an kompletten Remissionen von 60% dokumentiert werden. Diese überzeugende Wirksamkeit fand sich in allen Subgruppen und war unabhängig vom Risikoprofil. Beim letzten Cutoff zeigten noch 62% aller Patienten eine Response. Die medianen Werte für DOR, PFS und OS sind noch nicht erreicht. Die geschätzten Werte nach 12 Monaten sind 72% für DOR, 74% für PFS und 93% für OS.
Unerwünschte Nebenwirkungen Grad ≥ 3 wurden bei 86% der Patienten beobachtet (85% beim FL und 95% beim MZL). Ein CRS Grad ≥ 3 trat bei 7% auf (6% beim FL und 9% beim MZL). Die Rate an Neuropathien lag bei 19% im Gesamtkollektiv (15% beim FL und 41% beim MZL).
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #623
Thalassämie
Erste Erfolge mit der Gentherapie
Die Beta-Thalassämie ist eine Erberkrankung, die durch eine Mutation des HbB-Gens verursacht wird. BCL11A ist der zentrale Transcriptionsfaktor, der normalerweise die Produktion von fetalem Hb in den roten Blutzellen inhibiert. Dies führt dann zur Bildung des adulten Hb. Bei der Thalassämie ist das BCL11A-Gen defekt mit der Folge, dass zu wenig adultes Hb gebildet wird. Eine Anhebung des fetalen Hb durch eine Aktivierung bzw. Ersatz von BCL11A ist deshalb ein wirksames Therapiekonzept.
Die Erkrankung ist charakterisiert durch eine verminderte Hämoglobin-Synthese mit konsekutiver Anämie, so dass bei schweren Formen lebenslang regelmäßige Bluttransfusionen erforderlich sind. Eine gefürchtete Komplikation solcher Bluttransfusionen ist die Eisenüberladung, die wiederum zu tödlichen Komplikationen führen kann. Eine potentielle Alternative ist die Gentherapie, d.h. der Ersatz des defekten Gens durch ein gesundes. Dazu muss mittels eines Vektors nämlich eines Virus, das quasi als Gentaxi fungiert, so dass eins gesunde Gen in die erythropoetischen Stammzellen des Knochenmarks gebracht werden. CRISPR/Cas9 CTX001 ist ein solches gentherapeutisches Verfahren, wobei ein gesundes Gen mittels autologer hämatopoetischer Stammzellen bzw. Progenitorzellen in den Patienten eingeschleusst wird mit dem Ziel, die BCL11A-Bildung zu erhöhen.
CTX001 wird im Rahmen zweier Studien (CLIMB-111 bei Thalassämie-Patienten) und CLIMB-121 bei Patienten mit Sichelzellanämie) geprüft. Bei den ersten 7 Patienten in CLIMB-111 konnte mit der Gentherapie eine Transfusionsfreiheit erreicht werden bei einem Follow-up zwischen 3 bis 6 Monaten. Auch die Ergebnisse der CLIMB-121 bei den ersten 3 Patienten mit einer Sichelzellanämie sind vielversprechend. Es traten nach CTX001 keine vasookklusiven Ereignisse mehr auf und der Hb-Wert normalisierte sich.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract LBA-4
Myeloproliferative Neoplasmen
Treibermutationen erfolgen schon sehr früh
Wiederholte Mutationen in Tu-mor-assoziierten Genen sind die Ursache für die Manifestation von myeloproliferativen Neoplasmen. Über den Zeitpunkt der Mutationen und die Dynamik der klonalen Expansion ist bisher wenig bekannt. Die entscheidende Mutation ist JAK2V617F allein oder in Kombination mit der Mutation von DNMT3A oder TET2.
Eine neue genanalytische Studie ergab, dass die Treibermutation schon sehr früh in der Kindheit, ja sogar schon in utero erfolgt und zu einer lebenslangen klonalen Evolution führt. Daraus ergeben sich neue Strategien für die Therapie; denn der frühe Nachweis von mutiertem JAK2 zusammen mit einer Bestimmung der klonalen Expansionsrate eröffnet die Möglichkeit für eine frühzeitige Therapie, um das thrombotische Risiko zu minimieren und die Expansion des mutierten Klons zielgerichtet zu stoppen.
PS
Quelle: ASH 2020, LBA-1
Asciminib bei CML
STAMP-Inhibitor ist ein vielversprechender neuer Therapieansatz
Asciminib ist der erste Vertreter einer ganz neuen Substanzklasse, nämlich der STAMP (Specifically Targeting the ABL Myristoyl Pocket) – Inhibitoren, dessen Wirkmechanismen sich von den etablierten TKIs wesentlich unterscheidet. Letztere binden an die ATP-Domäne des BCR-ABL1 Onkoproteins. Bei Bositinib handelt es sich um einen ATP-kompetitiven TKI, der in prospektiven Studien bei Pateinten mit einer neu diagnostizierten CML oder bereits mindestens zwei TKIs erhalten hatten, seine klinische Wirksamkeit unter Beweis stellen konnte.
Im Rahmen der ASCEMBL-Studie wurden diese beiden Substanzen miteinander verglichen und zwar bei 233 Patienten in einer stabilen Phase der CML, die mit ≥ 2 TKIs vorbehandelt waren. Dabei erwies sich der STAMP-Inhibitor dem TKI signifikant überlegen und zwar in allen Subgruppen. Die mit Asciminib behandelten Patienten erreichten nach 24 Wochen eine tiefere Remission (MMR-Rate unter Asciminib 25,5% vs. 13,2% unter Bositinib). Die Zeit bis zum Erreichen der MMR betrug unter Asciminib 12,7 Wochen, unter Bositinib 14,3 Wochen. MR4 und MR4,5 erreichten mit Asciminib 10,8% bzw. 8,9%, mit Bositinib nur 5,3% bzw. 1,3%.Bei der CCyR-Rate waren es 40,8% vs. 24,2%.
Grad ≥ 3 Nebenwirkungen traten unter Asciminib bei 50,6%, unter Bositinib bei 60,5% der Patienten auf. Thrombozytopenien und Neutropenien waren bei Asciminib, Diarrhoen und Leberwerterhöhungen bei Bositinib häufiger.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract LBA-4
CAR-T-Zelltherapie
CD58: Ein wichtiger prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf die Immuntherapie
Die gegen CD19 gerichtete CAR-T-Zelltherapie hat die Behandlung des r/r DLBCL in revolutionärer Weise verbessert. Mit dieser innovativen Strategie wird bei 40-50% der Patienten eine anhaltende komplette Remission erreicht. Doch warum kommt es zu einem Therapieversagen? Eine mögliche Erklärung ist die Tatsache, dass die Lymphom-Zellen im Laufe der Zeit weniger CD19 exprimieren. Aber auch Mutationen von CD58, die zu einer Abnahme der Expression von CD58 führen, dürften eine wichtige Rolle spielen. Als ein Ligand für CD2 auf den T-Zellen bewirkt CD58 eine Kostimulation der T-Zellen. Eine Abnahme bzw. eine Mutation von CD58 hat zur Folge, dass das DLBCL gegenüber der Immuntherapie resistent wird. Der CD58-Status ist also ein wichtiger prädiktiver Biomarker für eine anhaltende Wirkung der CAR-T-Zellen beim DLBCL. Solche CD58-Mutationen gibt es bei vielen Malignomen, insbesondere beim MM und Kolonkarzinom. Diese Daten sprechen dafür, bei allen Patienten, die eine CAR-T-Zelltherapie erhalten, den CD58-Status zu bestimmen, und evtl. eine CAR-T-Zelltherapie gegen ein anderes Target einzusetzen.
PS
Quelle: ASH 2020, Abstract #703