Kongressausgabe der info@gynäkologie



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EDITORIAL Virtuell und aktuell «Ein Kongress in Corona Zeiten»

Wie haben wir es geschätzt, während dem Kongress am River Walk von San Antonio zu flanieren, in einem Tex Mex Restaurant mit einem Corona anzustossen und über das Gelernte zu diskutieren! Wie schön war es, den Grossen der Brustkrebs-Forschung zu zuhören, in den gefüllten Kongresshallen Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt zu treffen und zu sehen, mit wie viel Engagement sich alle für die Patientinnen mit Brustkrebs einsetzen. Natürlich waren auch die Live-Präsentationen der Breaking News von teilweise lange erwarteten Studienresultaten ein Höhepunkt. Diesmal war alles etwas anders. Wir sassen vor dem Bildschirm. Der Austausch mit Kollegen und Kolleginnen fand nur sehr spärlich statt. Dafür hatte die Umgebung, aus der die Forscher und Forscherinnen berichteten, etwas Skurriles. Da sitzt ein Moderator in einem unaufgeräumten kellerähnlichen Raum, mit Fitnessgerät und gestapelten Büchern. Eine andere Person sitzt eindeutig in einem Hochhaus mit fantastischer Aussicht und jemand gar in einem einladenden Wintergarten. Die Referentinnen wirken so viel nahbarer, manchmal gar witzig, die Distanz zu den grossen Rednern und Rednerinnen, welche sonst von der Bühne auf uns runterblicken ist geschrumpft, sie kommen sogar zu uns nach Hause.
Die Aufmerksamkeit ist wahrscheinlich vor dem Bildschirm sogar höher, Ablenkungen fehlen weitgehend und doch ist der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen ein ganz wesentlicher Bestandteil dieser Kongresse. Hoffen wir, dass diese bald wieder persönlich stattfinden können. In der Zwischenzeit haben wir Ihnen in der Kongress-Zeitung einige Highlights zusammengestellt. Wie immer gilt es, die publizierten Studienresultate abzuwarten, bis Resultate definitiv in die Leitlinien einfliessen werden. Wir erhalten so jedoch einen Eindruck, wohin die Reise gehen wird.

KD Dr. med. Stephanie von Orelli

Interview

Im Gespräch mit Prof. Dr. med. Thomas Ruhstaller, Brustzentrum Ostschweiz, St. Gallen

Welche Resultate/Erkenntnisse am SABCS 2020 haben Sie überrascht? Positiv oder negativ?
Schon am ESMO 2020 wurden die ersten Daten der beiden Adjuvantstudien mit CDK4/6-Inhibitor vorgestellt. Die Pallaststudie zeigte ein bis jetzt negatives Resultat, die MonarchE-Studie ein signifikant positives, aber im sehr frühen Verlauf. In San Antonio wurde nun von dieser MonarchE-Studie schon die nächste Interimsanalyse vorgestellt mit wenigen Monaten mehr Follow-up. Der Unterschied zugunsten des CDK4/6-Inhibitors persistiert mit noch mehr Events.
Gleichzeitig wurde aber auch das finale Resultat der Penelope-B-Studie vorgestellt. Diese Studie untersucht ebenfalls die adjuvante Gabe von Palbociclib, jedoch nur über ein Jahr und mit einem anderen Design. Randomisiert wurden nur Frauen, bei denen keine pCR erreicht wurde nach neoadjuvanter Chemotherapie. Das Interessante daran ist nun, dass der Unterschied nach 2 Jahren zugunsten des CDK4/6-Inhibitors in etwa gleich gross war wie in der MonarchE-Studie, die Kurven aber nach 4 Jahren wieder zusammengekommen sind.
Insgesamt war dies eine negative Studie, mit deutlich weniger Patientinnen und dadurch Power wie die MonarchE-Studie. Dadurch steht die Frage im Raum, ob das frühe positive Resultat der MonarchE-Studie dadurch zustande kommt, dass in dieser Hochrisikopopulation vor allem früh metastasierte Patientinnen mit der Kombination besser behandelt wurden. Diese Frage bleibt offen, bis wir einen längeren Follow-up haben werden.

Positiv überrascht hat mich die kritischere Beurteilung gegenüber den molekularen Signaturen Mammaprint und Recurrence Score als Entscheidungshilfen für adjuvante Chemotherapien. Im 8-Jahres Follow-up der Mindact-Studie zeigten sich bei den beiden diskordanten Gruppen (klinisch high-risk/genomisch low-risk und klinisch low-risk/genomisch high-risk) keine signifikanten Unterschiede bezüglich Prädiktion des Effektes der Chemotherapie, numerisch sogar leichte Vorteile für die klinisch high risk/genomisch low-risk-Gruppe. Und dies in Anbetracht der sehr rudimentären klinischen Einteilung beschränkt auf die Parameter T- und N-Stadium, sowie das Grading. Der Expressionsgrad von ER und PgR, Ki-76 und LVI wurden nicht einbezogen in diese klinische Beurteilung. Es scheint, dass die (deutlich billigere) qualitätskontrollierte Pathologie nicht schlechter abschneidet als der molekulare Test.
In die gleiche Richtung geht die Präsentation des neu entwickelten und validierten RSClin, dabei wird die molekulare Signatur Recurrence Score zusammengefügt mit klinischen Parametern. Auch hier wurde gezeigt, dass die Prädiktion des Benefits einer adjuvanten Chemotherapie mit Zusatz des T-Stadiums, des Gradings und dem Alter deutlich besser ist als mit dem OncotypeDX alleine.
Für uns gilt deshalb weiterhin primär qualitätskontrollierte, konventionelle Pathologie, bei Unsicherheit Hinzunahme einer molekularen Gensignatur. Der integrierte RSClin ist zur Zeit bei uns nicht verfügbar.

Welches sind Bereiche mit noch grösstem Forschungsbedarf?
Der grösste «need» besteht sicherlich bei Frauen mit Metastasen eines triple-negativen Mammakarzinoms. Die Checkpoint Inhibitoren sind zwar neu als Therapieoption hinzugekommen, haben aber beim Mammakarzinom im Gegensatz zu anderen Tumoren nur einen Effekt in einem sehr kleinen Segment. Die Hoffnung beruht nun hier auf neuen Substanzen wie z.B. dem am ESMO 2020 gezeigten Antikörper-Drug-Konjugat «Sacituzumab Govitecan», welches an TROP-2 bindet und schon in einer Phase-III-Studie bei stark vorbehandelten Patientinnen mit TNBC eine Verdoppelung des Überlebens gezeigt hat. Am SABCS wurde demonstriert, dass die TROP-2-Expression nicht prädiktiv ist für das Ansprechen.

Ihre Eindrücke zum virtuellen SABCS?
Das virtuelle SABCS wurde technisch sehr gut durchgeführt. Leider ist der Service für die Teilnehmer aber deutlich weniger geworden. Die Präsentationen konnten nicht als PDF wie üblich nach der Präsentation runtergeladen werden. Für die nachfolgenden Weiterbildungen in der Schweiz musste jedes Slide einzeln rauskopiert werden. Dies schmälert natürlich die Strahlkraft eines solchen Meetings enorm, da die wenigsten Leute sich die Zeit nehmen können, über mehrere Tage alle Präsentationen anzuschauen. Post-SABCS-Meetings, wo alles in konzertierter Art aufbereitet präsentiert und diskutiert wird, werden deshalb in der Ära der rein virtuellen Meetings umso wichtiger, auch für die Verbreitung des neuen Wissens.

Welche Probleme hat die Sars-CoV2-Pandemie für Ihre persönliche Arbeit mit den Patienten gebracht?
Für die eigentliche Behandlung der Patientinnen hat es eher wenig Einfluss. Der Diskussionsbedarf aufgrund von Corona, Risiken, Impfung etc. hat aber deutlich zugenommen und nimmt nun oft einen erheblichen Teil der Sprechstunde ein.

Eleonore E. Droux

HER2+ Mammakarzinom

Vielversprechende Daten für neues Antikörper-Wirkstoff-Konjugat

Für Patientinnen mit einem nicht-resezierbaren bzw. metastasierten HER2+ Mammakarzinom gibt es bisher keine etablierte Third line-Strategie. Erste Ergebnisse einer Phase-II-Studie zeigen, dass mit dem neuen Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd) in der Third line die Überlebenszeit um das Zwei- bis Dreifache verlängert werden kann.

Trotz grosser Fortschritte gehört das Mammakarzinom weiterhin zu den führenden Malignom-bedingten Todesursachen bei Frauen. 37% der neu diagnostizierten Mammakarzinome sind HER2+. HER2 ist ein Protein, das einen Tyrosinkinase-Rezeptor aktiviert, der wiederum das Zellwachstum fördert. Es findet sich auf der Oberfläche von Krebszellen, die sich speziell durch ein aggressives Wachstum auszeichnen. Ein HER2+ Status ist somit ein Prädiktor für eine schlechtere Prognose.

Keine etablierte dritte Therapielinie

Die Einführung von HER2-zielgerichteten Substanzen hat die Behandlungsmöglichkeiten von Patientinnen mit einem HER2+, nicht-resezierbaren oder metastasierten Mammakarzinom wesentlich bereichert. «Doch kommt es nach zwei oder mehr gegen HER2 gerichteten Therapien zu einem Fortschreiten der Erkrankung, so sind die therapeutischen Optionen sehr begrenzt», so Prof. Pierfranco Conte, Padua. Häufig bleibt dann nur noch eine Chemotherapie. Eine etablierte Therapiestrategie ab der dritten Therapiestrategie gibt es bisher nicht. Ein besonderes Problem sind auch die häufig bei HER2+ Patientinnen auftretenden Hirnmetastasen. Somit besteht ein dringender Bedarf an neuen Wirkstoffen gegen HER2+ Brusttumoren.

Ein neues Antikörper-Wirkstoff-Konjugat

Eine solche neue vielversprechende Option ist Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd). Dabei handelt es sich um ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, welches eine zielgerichtete zytotoxische Wirkung ermöglicht, da die chemotherapeutische «Ladung» über einen Linker an einen
monoklonalen Antikörper gebunden ist, der an spezifische Rezeptoren auf der Oberfläche der Krebszellen bindet. Der Anti-Tumorwirkstoff Deruxtecan ist ein Derivat des Topoisomerase-I-Inhibitors Exatecan. Da Topoisomerase-I-Inhibitoren bisher nur selten bei Mammakarzinomen zum Einsatz kommen, ist die Chance gross, dass die Tumoren noch keine Resistenz gegen eine solche Substanz entwickelt haben.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von T-DXd wurde im Rahmen der DESTINY-Breast01-Studie, einer Phase-II-Studie, bei 122 Patientinnen mit einem nicht-resezierbaren bzw. metastasierten HER2+ Brustkrebs geprüft. Die Studienteilnehmerinnen hatten sich im Median bereits sechs Therapielinien unterzogen, darunter auch Trastuzumab und T-DM1. Die Gesamtansprechrate betrug bei einem medianen Follow-up von 20,5 Monaten 61,4 %, wobei in 6,5% der Fälle sogar eine komplette Remission erreicht wurde. Bei 54,9% fand sich eine partielle Remission, bei 35,9% eine stabile Erkrankung. Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 19,4 Monaten, das OS bei 24,6 Monaten und die Dauer des Ansprechens betrug 20,8 Monate. «Das ist das Doppelte bis Dreifache von dem, was wir bisher üblicherweise in dieser Situation sehen», so Prof. Fabrice André, Villejuif.

Dr. Peter Stiefelhagen

Quelle: Virtuelles Press Briefing der Fa. Daiichi Sankyo: Improving Outcomes in HER2 Positive Breast Cancer Treatment, im Rahmen des SABCS 2020, 10.12.2020

Literatur:
Modi S et al., N Engl J Med 11. Dezember 2019; DOI: 10.1056/NEJMoa1914510

Highlights

Wieviel Therapie ist nötig, um den Brustkrebspatientinnen zu helfen? Was sind die Langzeitfolgen unserer Therapien? und wie leben die Patientinnen nach unserer Therapie weiter? Auch 2020 bekamen wir neue und spannende Hinweise zu diesen Themen. Einige Studienresultate sind widersprüchlich, so die Monarch-E-Studie und die Penelope-B Studie, in welchen zusätzlich zur endokrinen Therapie ein CDK4/6 Inhibitor gegeben wurde. Durch die Zugabe von Abemaciclib (Verzenio®) in der Monarch E Studie wurde das ereignisfreie Überleben verbessert, nicht aber mit Palbociclib (Ibrance®) in der Penelope B Studie. Welche Frauen nicht von einer Chemotherapie profitieren zeigen die neuen Daten zum Genexpressionstest Oncotyp DX in der RxPONDER Studie. Eine weitere Studie ging auf den möglichen Vorteil der Radiotherapie bei über 65-jährigen Hormonrezeptor positiven Brustkrebspatientinnen ein. In der Prime II Studie hatten die Patientinnen ohne postoperative Radiotherapie nach zehn Jahren vergleichbare Raten an Metastasen, Rückfall in der kontralateralen Brust, respektive Gesamtüberleben gezeigt. Die Lokalrezidivrate war ohne Radiotherapie jedoch grösser. Aufmerksamkeit soll mehr auch auf die Folgen der Schmerzmedikation nach Mastektomie mit Rekonstruktion gelegt werden, wie eine Studie zur Begünstigung der Opioid Abhängigkeit von Betroffenen zeigt. Wichtig zu wissen für unsere jungen Brustkrebs Patientinnen ist, dass sie nach überstandener Brust Krebserkrankung zwar weniger häufig schwanger werden, im Fall eine Schwangerschaft dafür meist gesunde Kinder zur Welt bringen.

Verhindern der Übertherapie

Welche Frauen brauchen wirklich eine Chemotherapie? Dieser Frage ging die ADAPT HR+/HER2- Studie der westdeutschen Studiengruppe (WSG) nach (Sherko Kuemmel et al. GS4). Sherko Kuemmel aus Essen stellte die Resultate aus dem neoadjuvanten Studienarm vor. In dieser randomisierten Multizenterstudie wurden Hochrisiko-, Her2 negative, Hormonrezeptor (HR) positive Brustkrebs Patientinnen mit neoadjuvant Nab-Paclitaxel (nab-pac) wöchentlich respektive dose-dense Paclitaxel gefolgt von dose-dense EC (pac) behandelt. In einigen früheren Studien zeigte sich Nab-Paclitaxel effektiver als Paclitaxel. Das Ziel war es hier, Prädiktoren für ein komplettes pathologisches Ansprechen (pCR) auf die Chemotherapie zu finden. In dem Studienteil mit neoadjuvant behandelten Patientinnen wurden 864 Patientinnen eingeschlossen, etwa die Hälfte der Patientinnen war prämenopausal. Knapp die Hälfte hatten einen wenig differenzierten Tumor. Die mit nab-pac behandelten Patientinnen zeigten ein signifikant besseres Ansprechen mit einem pCR von 20.8% versus 12.9% mit pac (p=0.002). In der multivariaten Analyse waren lediglich die Tumorgrösse und der Recurrence Score (RS), bestimmt hier mit dem Oncotyp Dx prädiktiv für ein pCR. Gespannt sein können wir nun auf die Daten bezüglich «desease-free-survival (DFS)» und «overall-survival (OS), welche in ein paar Monaten erwartet werden.
Nadia Harbeck aus München präsentierte den Endokrinen Teil der ADAPT HR+/HER2- Studie (Nadia Herbeck et al. GS4). Darin nahmen die Patientinnen vor Therapiebeginn einen Aromatasehemmer oder Tamoxifen über drei Wochen ein. Zu Beginn und nach 3 Wochen wurde der Ki 67 in der Tumorbiopsie gemessen. Ob nach der Operation noch eine Chemotherpie sinnvoll ist, hängt stark davon ab, wie gut die endokrine Therapie alleine wirkt. Eingeschlossen wurden Her2-, HR + Brustkrebspatientinnen mit bis zu drei befallenen Lymphknoten und einem genomisch intermediären Rückfallrisiko (RS 12-25). Das 5-jahres OS beträgt mit endokriner Therapie alleine und einem RS 12-25 bei einem Abfall des Ki 67 auf <10% bereits 97.3.% und bei Frauen mit RS 0-11 98% (Oncoletter Nadia Harbeck). Fällt der Ki 67 unter 10% kann postoperativ auf eine zusätzliche Chemotherapie verzichtet werden, da die endokrine Therapie alleine ausreicht. In wie weit die Patientinnen nun vor der Operation neoadjuvant endokrin behandelt werden sollen, um diesen Ki 67 Verlauf zu prüfen, muss diskutiert werden.
Auch die RxPONDER Studie soll prüfen, bei welchen Patientinnen mit Hilfe des Oncotyp DX Recurrence Score® (RS) auf eine Chemotherapie verzichtet werden kann (Kevin Kalinsky et al: GS3-00). Die bereits seit längerem bekannten Resultate der TAILORx Studie zeigten, dass nodal negative Patientinnen über 50 Jahre alt mit einem RS von < 25 nicht von einer Chemotherapie profitieren. Unklar blieb, ob diese Resultate auch für Patientinnen mit 1-3 positiven Lymphknoten gelten. Dies soll nun mit der RxPONDER Studie geklärt werden. Darin wurden 5’083 Patientinnen mit HR positivem Her2 negativem Brustkrebs und 1-3 positiven Lymphknoten eingeschlossen. Bei allen wurde der Gen-Expressionstest Oncotyp DX durchgeführt und die Patientinnen mit einem Recurrence-Score von 0 – 25 eingeschlossen. Zudem mussten die Frauen in der Verfassung für eine Taxan oder Anthrazyklin-basierte Chemotherapie sein und eine adäquate axilläre Lympknoten-Operation gehabt haben. Nach der Randomisierung erhielten die einen lediglich eine adjuvante endokrine Therapie und die anderen zusätzlich eine Chemotherapie. Bei den postmenopausalen (N=3350) Patientinnen ergab sich kein Unterschied im ereignisfreien Überleben innert 5 Jahren mit oder ohne Chemotherapie (91.6% versus 91.9%). Die Prognose war sehr gut. Bei postmenopausalen Frauen mit niedrigem bis mittlerem Recurrence Score kann auf eine Chemotherapie verzichtet werden. Bei den Prämenopausalen hingegen (N= 1665) zeigte sich ein statistisch signifikanter Vorteil durch die Chemotherapie in Bezug auf Ereignisfreies Überleben über 5 Jahre (94.2% versus 89.0%). Das heisst die «Number Needed to Treat» liegt bei etwa 20. Erstaunlicherweise hatten von den prämenopausalen Frauen in dieser Studie sehr wenige eine ovarielle Suppression, nämlich 16% im Arm mit lediglich endokriner Therapie und 3% in der Chemotherapie Gruppe, wobei bei denen nach 6 Monaten in 26% eine Amenorrhöe persistierte. Martine J. Piccart Gebhart aus Brüssel meint in ihrem Kommentar dazu, dass der Gebrauch von genetischen Tests und deren Sensitivität in den letzten 15 Jahren massiv zugenommen hat. Sie wird in Zukunft postmenopausale Frauen mit Hormonrezeptor positivem, Her-2 negativem Brustkrebs und bis maximal zwei befallenen Lymphknoten bei einem Recurrence-Score von < 25 nicht länger mit Chemotherapie behandeln. Anders ist es für die prämenopausalen Frauen. Bei einem RS von > 26 sollten alle eine Chemotherapie erhalten, unabhängig vom Nodalstatus, wohingegen bei tieferem RS diejenigen mit positiven Lymphknoten eine Chemotherapie erhalten sollten. Hier stellt sich die Frage, was die Durchführung eines OncotypDX für einen zusätzlichen Nutzen hat. Zu diskutieren wäre noch, ob den prämenopausalen Frauen mit einem RS von 22-25 auch eine ovarielle Suppressionstherapie mit Aromatasehemmern angeboten werden kann.
Eine weitere Studie widmete sich der Frage nach Radiotherapie bei über 65-jährigen mit HR positivem Brustkrebs (Ian H Kunkler et al.: Abstr. GS2-03). In der PRIME II Studie wurden 1’326 Patientinnen nach brusterhaltender Operation eingeschlossen. Alle waren über 65 Jahre alt, hatten einen Tumor unter 3 cm, nodal negativ und wurden adjuvant endokrin therapiert. Sie wurden randomisiert in eine Gruppe mit und eine ohne Radiotherapie. Der mediane Follow Up betrug 7.3 Jahre. Signifikante Unterschiede ergaben sich lediglich in Bezug auf Lokalrezidive (9.8% versus 0.9%), nicht jedoch auf die Metastasierung, Brustkrebsspezifisches oder Gesamtüberleben betrug 80.4% ohne RT und 81% mit RT (p=0.68). Die Autoren kommen zum Schluss, dass bei Frauen > 65 Jahre mit einem HR positiven T1-2, pN0 Tumor der Verzicht auf die Radiotherapie diskutiert werden kann. In einer ungeplanten Subgruppenanalyse wurde zwischen High ER und Low ER unterschieden. Die Low ER hatten signifikant mehr Lokalrezidive (18.8 vs. 9.2%, p=0.007) deshalb stellt sich die Frage, ob Frauen, die wenig endokrin sensible Tumore haben und damit auch mehr Lokalrezidive ohne Radiotherapie, eine Radiotherapie erhalten sollen. Hingegen muss bei einer Patientin, die keine Radiotherapie möchte oder haben kann, nicht sofort eine Mastektomie empfohlen werden.
Als weiterer Prognosefaktor werden seit langem die zirkulierenden Tumorzellen diskutiert (Circulating Tumor cells, CTC). Von Wolfgang Janne aus Ulm wurde eine Metaanalyse präsentiert aus verschiedenen peer-reviewed publizierten, randomisierten Studien mit über 4079 Patientinnen (Wolfgang J Jane et al: GS4-08).
Darin aufgenommen wurden metastasierte Patientinnen, bei welchen unter der Therapie die CTC sowohl vor Therapiebeginn wie nach 29 Tagen Therapie mit Hilfe des CellSearch Test gemessen wurden. Die beste Prognose in Bezug auf das Gesamtüberleben (OS) hatten, wie erwartet, Patientinnen, bei denen sowohl zu Beginn wie auch nach 29 Tagen keine CTC im Blut messbar waren (OS 47 Monate). Auch prognostisch positiv scheint ein kompletter Abfall der CTC zu sein (OS 32 Monate). Schlechter schnitten die Patientinnen ab, die unter Therapie positiv blieben (OS 18 Monate). Die Messung der CTC ist im klinischen Alltag noch nicht etabliert und es ist zu diskutieren, welche Konsequenzen wir aus einer solchen Untersuchung ziehen würden. Soll eine sehr toxische Therapie bei fehlendem Abfall der CTC abgebrochen werden, oder ist der Zeitpunkt der Messung mit 29 Tagen einfach noch zu früh? Üblicherweise verlassen wir uns auf das klinische Ansprechen und die Bildgebung, welche jedoch meist nach einigen Monaten erst wiederholt wird. Die Konsequenzen dieser Untersuchung sind also noch offen.
Ein Up-Date für die IBISII DCIS Studie mit dem Vergleich von Anastrozol 1mg/Tag (N=1471) versus Tamoxifen 20mg /Tag (N=1509) bei postmenopausalen Frauen mit ER positivem DCIS, atypische Hyperplasie respektive LCIS (Ivana Sestak et al: GS2-02). Nach medialer Nachkontrolle von 11,6 Jahren besteht kein Vorteil von Anastrozol gegenüber Tamoxifen. Zu diskutieren wäre inwieweit die adjuvante endokrine Therapie beim DCIS überhaupt eingesetzt werden soll. Keine Studie konnte eine Verbesserung des Überlebens auf Grund der endokrinen Therapie beim DCIS belegen. Die Zahl der zu behandelnden Patientinnen (NNT) um ein Lokalrezidiv durch die Einnahme von Tamoxifen über 5 Jahre zu verhindern, beträgt gemäss früheren Studien 15.
Eine mögliche Hilfe zur Beurteilung, ob eine Patientin von einer erweiterten adjuvanten endokrinen Therapie profitiert, kann der «Breast Cancer Index(BCI)» sein (Dennis C Sgroi et al GS4-09). Ein Genexpressionstest, welcher mit 789 nodal positiven Patientinnen aus der Trans-aTTom Studie geprüft wurde. Verglichen wurde der BCI mit herkömmlichen Biomarkern wie ER, PgR, AR, Ki-67, AR/ER Ratio. Patientinnen mit einem BCI high hatten einen signifikanten Benefit von einer auf 10 Jahre verlängerten Tamoxifen Therapie gegenüber den BCI low, welche keinen Benefit hatten. Hingegen waren die Biomarker alleine kein Prädiktor für den Benefit einer verlängerten Therapie. Das Problem bei der Trans-aTTom Studie ist leider, dass lediglich Tamoxifen 5 versus 10 Jahre untersucht wurde, was ein veraltetes Therapieschema insbesondere bei den Hochrisikopatientinnen darstellt. Diese erhalten in den meisten Fällen bereits 5 Jahre Aromatasehemmer.

Adjuvante Behandlung bei Hochrisiko mit CDK4/6 Inhibitoren

Bei vielen Frauen mit positivem Brustkrebs ist die Langzeitprognose gut. Trotzdem kommt es bei etwa 20% zu einem Rückfall in den ersten zehn Jahren, häufig mit einer Metastasierung. Dies insbesondere beim Vorliegen von positiven Lymphknoten, bei grossen, wenig differenzierten Tumoren. Zwei Studien zu adjuvant gegebenen CDK4/6 Inhibitoren zeigten ein sehr unterschiedliches Resultat. Frau Prof. Dr. Priya Rastogi von der Universität von Pittsburgh stellte die neuen Daten der MonarchE Studie zum CD K4/6 Inhibitor Abemaciclib (Verzenio®) kombiniert mit einer endokrinen Therapie vor (Joyce A O’Shaughnessy et al.: GS1-01). Insgesamt 5’637 Frauen mit hohem Risiko, Hormonrezeptor positivem und Her 2 negativem Brustkrebs wurden im median 19 Monate kontrolliert. Das hohe Risiko wurde in dieser Studie definiert mit über 4 positiven Lymphknoten oder 1-3 positiven Lymphknoten kombiniert mit einem weiteren Risikofaktor wie G3, Tumorgröße >5 cm oder Ki 67 > 20%. Die Frauen wurden randomisiert in eine Gruppe mit lediglich endokriner Therapie und eine Gruppe mit zusätzlich Abemaciclib 2x 150 mg über 2 Jahre. Das Zweijahres-ereignisfreie Überleben war in der Kombinationstherapie 92.3% und in der einfachen Therapie 89.3%, ein Unterschied von 3% und statistisch signifikant. Frauen mit einem hohen Ki67 Score hatten einen grösseren Vorteil durch die Kombination. Das ereignisfreie Überleben nach 2 Jahren lag bei bei ihnen bei 91.6% versus 87.1%. Seitens der Autoren wird angegeben, dass Nebenwirkungen vergleichbar mit denen in den vorigen Studien auftraten. Dies bedeutet in etwa bei 45% eine Neutropenie, in bis zu 85% Diarrhoe innert der ersten 6-8 Tage auftretend. Aufgrund der Resultate aus Tierexperimenten ist zudem davon auszugehen, dass Abemaciclib teratogen wirkt.
Enttäuschend waren die Resultate der Zweiten Studie mit einem CDK 4/6 Inhibitor aus der Penelope B Studie (Sibylle Loibl: GS1) welche von Sibylle Loibl für die German Breast Group (GBG) vorgestellt wurde. Auch hier wurden Hochrisiko Mammakarzinom Patientinnen mit positiven Hormonrezeptoren und negativem Her2 Status eingeschlossen. Bekannt ist der positive Effekt von Palbociclib (Ibrance®) in Kombination mit einer endokrinen Therapie bei metastasierten Brustkrebs Patientinnen. Hier sollte nun die Wirkung der Kombinationstherapie nach neoadjuvanter Chemotherapie (NACT) geprüft werden.
Insgesamt wurden in dieser Placebo-kontrollierten Phase III Studie 1250 Frauen mit fehlender Komplettremission nach Taxan-haltiger Chemotherapie und hohem Rückfallrisiko geprüft. 631 Frauen erhielten neben der adjuvanten Hormontherapie Palbociclib (Ibrance®). Über die Hälfte der Patientinnen war unter 50 Jahre alt und trotzdem zeigten lediglich 18% eine ovarielle Suppression. 50% der Patientinnen bekamen Tamoxifen als endokrine Therapie. Nach einem Medianen Follow Up von 42.8 Monaten ergab sich kein Unterschied in der Rückfallrate. In dieser Studie waren allerdings nur Frauen aufgenommen, die nach einer neoadjuvanten Therapie kein komplettes pathologisches Ansprechen zeigten. Die Behandlung erfolgte lediglich über ein Jahr. Welches ist wohl der Grund für diese unterschiedlichen Resultate? Ist Palbociclib weniger wirksam oder ist die Analyse in der Monarch E noch verfrüht für eine Aussage. Initial war die Penelope B Studie auch vielversprechend mit einem Benefit nach zwei Jahren Follow Up von über 4%. Wurde in der Penelope B Studie Palbociclib zu kurz gegeben (1 versus 2 Jahre in der Monarch E)?
Klärung wird wohl erst die NATALEE Studie bringen, welche Ribociclib über drei Jahre einsetzt.

Tripel-negative Brustkrebspatientinnen

Zwei Studien zur Immunotherapie mit dem Monoklonalen Antikörper Pembrolizumab (Keytruda®) respektive Atezolizumab (Tecentriq®) wurden gezeigt. In der metastasierten Situation sahen wir die aktualisierten Daten der Keynote 355. (Hope Rugo, GS3-02). Hierin wurde eine Chemotherapie mit oder ohne Immuntherapie mit Pembrolizumab als Firstline beim metastasierten Mammakarzinom verabreicht. Verschiedene Chemotherapien waren möglich (nab-Paclitaxel, Paclitaxel oder Gemcitabine mit Carboplatin). In der KEYNOTE-173 wurde bereits gezeigt, dass durch die Gabe von Pembrolizumab zu einer NACT eine pCR Rate von bis zu 60% erreicht werden kann. Bei PD-L1 Expression war das Ansprechen besser. Pembrolizumab war insbesondere für die Behandlung der Hochrisiko, frühen tripelnegativen Tumoren ein grosser Durchbruch. In die nun präsentierte KEYNOTE 355 wurden 847 Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem inoperablem oder metastasiertem Mammakarzinom eingeschlossen und 2:1 randomisiert in einen Pembro + Chemo respektive Placebo+ Chemo Arm. PD-L1 wurde in dieser Studie mit dem «combined positive score (CPS)» angegeben und die Patientinnengruppen in Untergruppen mit CPS >10, respektive CPS >1 unterteilt. Am SABC 2020 sahen wir die Resultate nach einem medianen Follow-Up von 26 Monaten in Bezug auf die sekundären Endpunkte wie die «Objective Responserate (ORR)», die «Desease Control Rate» (DCR) und die «Duration of Responserate (DOR)». Durch die Zugabe von Pembrolizumab wurde ein signifikant besseres Ansprechen von im Median 19.3 versus 7.3 Monaten bei CPS > 10 demonstriert. Der grosse Benefit bei den Patientinnen mit einem CPS > 10 ist unabhängig von der dazu gegebenen Chemotherapie. Auf Grund der Daten wird Pembrolizumab in einem beschleunigten Zulassungsverfahren von der FDA geprüft.
Die ASCENT Studie geht als Phase III Studie der Wirksamkeit von Sacituzumab Govitecan(Trodelvy®), bei Patientinnen mit metastasiertem tripelnegativem Mammakarzinom nach. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit mehr als zwei Chemotherapien in der metastasierten Situation (Sara A Hurvitz, GS3-06). Die Substanz ist ein monoklonaler Antikörper kombiniert mit einer Chemotherapie ähnlich Kadcyla® für die Her-2 positiven Patientinnen. Hier richtet sich der Antikörper gegen das Trophoblasten Cell Surface Antigen 2 (Trop-2), welches von vielen epithelialen Tumoren exprimiert wird und typischerweise auch beim Tripel negativen Mammakarzinom auftritt. Die eingeschlossenen Patientinnen hatten bereits zwei oder mehr Chemotherapien für fortgeschrittenes Leiden. Am ESMO 2020 wurden die ersten Daten gezeigt mit einem medianen PFS von 5.6 versus 1.7 Monaten , (HR 0.41; p<0.0001) und einem medianen OS von 12.1 versus 6.7 Monaten (HR 0.48; p<0.0001). Hier wurde nun der Therapieerfolg abhängig vom Trop2 und dem Vorliegen einer BRCA ½ Mutation geprüft. Die Erfolge sind unabhängig von Trop2 in der metastasierten Situation und das Trop2 Antigen muss somit nicht getestet werden. In Bezug auf BRCA1 /2 sind die Aussagen auf Grund der kleinen Patientinnen Zahl noch zu wenig aussagekräftig. Das Medikament ist bis jetzt nur bei der FDA zugelassen und noch nicht in Europa oder gar in der Schweiz verfügbar. Der Preis scheint hoch.

Nebenwirkung und Folgen der Brustkrebstherapie

In den letzten Jahren wird die Opioid-Abhängigkeit nach chirurgischen Eingriffen breit diskutiert. In der USA spricht man von 10.3 Mio. Morphinabhängigen nach Krebsoperationen, im allgemeinen werden bis 10% der PatientenInnen neu abhängig. Selbstverständlich sollen die Patientinnen schmerzfrei sein. Wichtig ist die richtige Auswahl der Medikation systemisch wie lokal. Jacob Cogan aus New York untersuchte den postoperativen Opioid Konsum der Patientinnen nach Mastektomie mit Rekonstruktion der Brust. (Jacob O Cogan et al: Abstract GS3-08). Mit Hilfe der MarketScan Datenbank suchten sie Patientinnen > 18 Jahre alt, welche nicht bereits Opioide präoperativ konsumierten. Nach der Operation wurden 13% chronische Opioid Konsumentinnen, das heisst sie konsumierten Opioide bis ein Jahr nach der Operation. Von den Patientinnen, die vor der Operation keine Opioide konsumierten (N= 18’931), waren es sogar 17.5%. Vor allem Patientinnen, die ein manifestes Mammakarzinom hatten, also keine prophylaktische Mastektomie, welche Chemotherapie brauchten und jünger waren, hatten ein höheres Risiko. Interessanterweise war der stärkste Risikofaktor für eine Abhängigkeit in dieser Studie aus den USA eine Krankenkasse zu haben (OR=2.31). Wichtig ist die enge Zusammenarbeit mit einem Team von Schmerspezialistinnen.
Eine Beobachtungsstudie über das Erfassen von Nebenwirkungen bei der Radiotherapie nach Brusterhaltender Operation zeigte einen beeindruckenden Unterschied zwischen den Angaben der Patientinnen und den AerztenInnen. (Reshma Jagst et al, Abstract GS3-07)
Dazu wurden die Daten aus dem «patient-reported outcome» (PRO) mit den Erhebungen der AerzteInnen in der «Common Terminology Criteria for Adverse Events»(CTCAE) verglichen. Die untersuchten Symptome waren: Schmerz, Pruritus, Oedem und Fatigue.
Von insgesamt 13 725 Patientinnen, welche in der Region Michigan die Radiotherapie abgeschlossen hatten, haben 9 941 eine Rückmeldung über ihr Befinden in die PRO Datenbang gegeben.
Bei 31% der Patientinnen notierte der Arzt wenige oder keine Schmerzen wohingegen die Patientinnen moderate bis starke Schmerzen angaben. Bei 37% resp./ 51% wurden Juckreiz respektive Oedeme von den Ärzten als fehlend und von den Patientinnen mit häufig oder immer angegeben. Bei der Fatigue gäbe es eine Unterschätzung in 19%. Insgesamt hatten 53% mindestens ein Symptom, welches unterschätzt wurde. Das heisst über die Hälfte der Patientinnen wird somit nicht adäquat gegen die Nebenwirkungen behandelt.
In der Studie wurden Risikofaktoren für eine Unterschätzung evaluiert; so wurden Symptome bei unter 50-jährigen, farbigen und an einem Akademischen Zentrum behandelten Patientinnen häufiger unterschätzt. (OR= 1.4, 1.9 respektive 1.1). Welches die Gründe für dieses Missverstehen sein können ist unklar. Neu wird das Maskentragen wegen Covid die Situation wahrscheinlich noch verschärfen. Das Wahrnehmen von Gefühlen und die Interpretation der Mimik unserer Patientinnen ist mit Maske weit schwieriger.
Die Chancen nach einer Chemotherapie wegen Brustkrebs schwanger zu werden sind für die Patientinnen gegenüber der nicht therapierten Bevölkerung geringer. Werden sie schwanger haben sie dennoch häufig gesunde Babys und einen guten Krankheitsverlauf. Dies wurde in eine Metaanalyse aus Fall-Kontroll- und Kohorten-Studien mit 114’573 Brustkrebspatientinnen eruiert (Eva Blondeaux et al.: GS3-09).
Die Chance, nach einer Chemotherapie schwanger zu werden, war um 60% vermindert (RR 0.40, 95% CI 0.32-0.49). Im Vergleich zu anderen Krebspatientinnen hatten lediglich Frauen nach einem Zervixkarzinom noch schlechtere Schwangerschaftsraten. Obwohl die Kinder nicht vermehrt kongenitale Fehlbildungen zeigten, war das Risiko ein niedriges Geburtsgewicht, Frühgeburt und Kaiserschnitt grösser als bei der übrigen Population (OR 1.50 95% CI 1.31-1.173, OR 1.45, 95% CI 1.11-1.88 resp. OR 1.14, 95% CI 1.04-1.25). Frauen nach Brustkrebs und Schwangerschaft hatten ein besseres Überleben als solche die nicht schwanger wurden (RR 0.56, 95% CI 0.46-0.67). Der «healthy mother effect», das heisst, dass die Frauen welche gesünder sind auch schwanger werden, wurde herausgerechnet, was vergleichbare Ergebnisse ergab. Verständlicherweise war der Effekt bei den Patientinnen mit Hormonrezeptor negativem Brustkrebs eindrücklicher als bei den Hormonrezeptor positiven (Krankheitsfreies Überleben HR 0.72, 95% CI 0.55-0.95 versus HR 1.10, 95% CI 0.73-1.66).

Chirurgische Studien

Mit der neoadjuvanten Chemotherapie werden etwa ein Drittel der Patientinnen mit initial positiven Lymphknoten nodal negativ. In der RISAS Studie wird die «targeted Axillary Dissection» als mögliches verfahren nach neoadjuvanter Chemotherapie (NACT) bei Patientinnen mit cT1-4-4N1,2,3 untersucht (RISAS Trial Janine Simons et al, GS1). In dieser Multizenterstudie konnten 227 Patientinnen mit Targeted Axillary Therapy eingeschlossen. Dabei wurde vor der neoadjuvanten Chemotherapie der histologisch bestätigte positive Lymphknoten mit einem jodhaltigen Clip markiert. Bei allen Patientinnen wurde nach der Chemotherapie der markierte Clip und die Sentinellymphknoten gefolgt von einer kompletten axillären Lymphonodektomie durchgeführt. Bei 71% der Patientinnen war der geklippte Lymphknoten auch der Sentinel. 35% hatten eine pathologische Komplettremission in den axillären Lymphknoten. Die Falsch-Negativ-Rate lag bei lediglich 3.5% (73/78, CI 87.0-97.4), der negativ prädiktive Wert bei 93.5% (5/144, CI 1.38-7.16). Somit wird bei einer von 16 Patientinnen eine Metastase mit der alleinigen Entfernung des Sentinellymphknotens und des markierten Lymphknotens verpasst. Die statistische non-inferiority wurde knapp verpasst, da die Studiendesigner zu deren Beweis eine Probandinnenzahl von 248 festgelegt hatten. Mit der Targeted Axillary Dissection kann wohl in Zukunft auf die komplette Axilladissektion nach neoadjuvanter Chemotherapie verzichtet werden. Diese Studie war allerdings lediglich eine Untersuchung des chirurgischen Verfahrens und Daten zur onkologischen Sicherheit sind noch ausstehend.
Als Poster stellte Walter Weber aus Basel die ersten Resultate der TAXIS Studie vor, in welcher es ebenfalls um das nötige Ausmass der axillären Therapie geht (OT-04-03, Walter Paul Weber et al.). Die hier als «Tailored Axillary Surgery (TAS) benannte Technik besteht aus einem Entfernen aller palpablen, des Sentinel sowie der bei der ersten Biopsie zur Metastasensicherung geklippten Lymphknoten. Möglich ist dann das Auffinden durch die Markierung präoperativ mit einem Draht oder bereits primär durch Einlegen eines radioaktiven Clips. Eingeschlossen wurden Brustkrebspatientinnen im Stadium II-III und pN+ oder ypN+. Intraoperativ wurden die Lyphknotenmetastasen bestätigt und die Patientinnen in eine Gruppe mit respektive ohne komplette Axilladissektion randomisiert. Danach folgte die Bestrahlung der Brust inklusive der regionalen Lymphknoten, wobei im Studienarm ohne Axilladissektion die Axilla im Sinne einer ausgedehnten regionären Radiotherapie behandelt wurde. Nach den nun ersten 296 Patientinnen wurde erkannt, dass 94% der Lymphknoten gefunden und erfolgreich entfernt werden konnten. Bei der TAS wurden im Durchschnitt 4 Lymphknoten entfernt, bei der totalen Axilladissektion 14. Bei 71% wurden in der ALND noch weitere Lymphknoten gefunden.

KD Dr. med. Stephanie von Orelli, Zürich

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  • März 2021