- Sonographie von Nierenzysten
Nierenzysten sind ein häufiger Zufallsbefund in der Ultraschall-Untersuchung. Ein erster Artikel in «der informierte arzt» 03-2021 war den gutartigen, einfachen Nierenzysten gewidmet, die etwa die Hälfte der Fälle ausmachen und häufig in Autopsien von über 50-Jährigen gefunden werden (1). Komplexere Zysten und zystische Tumore sind seltener und werden in 5 Kategorien nach Bosniak (2-7) eingeteilt. Neben diesen gibt es auch angeborene Zystennierenerkrankungen (autosomal-dominante und autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung) sowie die erworbene Zystenniere. Letztere kommt typischerweise bei langjährigen Dialysepatienten vor (8, 9).
Einteilung der Zysten nach Bosniak
Ursprünglich wurden diese Kategorien nur für die kontrastmittel-verstärkte Computeromographie (CT) gebildet, später folgten auch die kontrastmittel-verstärkte Magnetresonanzbildgebung (MRI) und die kontrastmittel-verstärkte Sonographie (CEUS). Diese Kategorien sind nicht ganz identisch. Deshalb ist es sinnvoll, jeweils die Art der Bildgebung zu spezifizieren, auf deren Basis die Bosniakklassifiktion vorgenommen wurde, z.B. Kategorie Bosniak II nach CEUS.
Folgende Kategorien werden unterschieden:
• Bosniak I: einfache Zyste (benigne)
• Bosniak II: minimal komplexe Zyste (benigne)
• Bosniak IIF (Follow): leicht komplexer als II, noch nicht III (95 % benigne)
• Bosniak III: komplexe Zysten (40-60% maligne)
• Bosniak IV: gemischt zystisch-solide Läsion (85-100% maligne)
Kriterien für die Einteilung sind:
• Wand • Kontrastierung
• Septen • Solide Anteile
• Zysteninhalt
Bosniak III komplexe Zyste
• Wand teils verdickt >4mm und unregelmässig
• Septe viele, z.T. verkalkt, verdickt > 3mm
• Zysteninhalt echofrei oder homogen echogen
• Kontrastierung vorhanden
• Solide Anteile keine
Die Bosniak-III-Zysten haben sehr deutlich verdickte und gut perfundierte Septen und in 55% handelt sich um ein Nierenzellkarzinom (Abb. 9 a, b).
Bosniak IV komplexe Zyste
• Wand dünn, teils > 4 mm verdickt und unregelmässig
• Septen viele, z.T. verkalkt, knotig
• Zysteninhalt echofrei oder homogen echogen
• Kontrastierung vorhanden sind auch solide Anteile > 4 mm
• Solide Anteile vorhanden
Die Bosniak-IV-Kategorie entspricht meist soliden Tumoren mit zystischen Anteilen. Die meisten davon sind Nierenzellkarzinome, in unserem Beispiel war es ein papilläres Nierenzellkarzinom (Abb. 10 a-c.), doch auch benigne Nephrome können ähnlich aussehen (Abb. 11 a, b). Auch die multizystisch dysplastische Niere (10) (MCDK, Multicystic dysplastic kidney, Abb. 12) ist manchmal schwer von zystischen Nierenzellkarzinomen zu unterscheiden (Abb. 13).
Hereditäre zystische Erkrankungen
Dazu gehören die autosomal-dominante und autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD, ARPKD), die tuberöse Sklerose (TSC tuberous sclerosis complex), die medulläre zystische Nierenerkrankung (engl. medullary cystic kidney disease MCKD) wie auch die Nephronopthise (engl. Nephronopthisis NPHP).
ADPKD (autosomal dominant polycystic kidney disease) Die häufigste Form der hereditären zystischen Nierenerkrankungen ist die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung. Sie kommt in ca. 1‰ der Neugeborenen vor und lässt sich manchmal bereits früh mittels Ultraschall diagnostizieren. Die ADPKD-betroffenen Patienten bleiben meist bis ins junge Erwachsenalter asymptomatisch. Später kommen Hypertonie, Hämaturie, abdominale Beschwerden dazu, welche den Patienten zum Arzt führen. Es werden dann oft sehr grosse Nieren gefunden, wobei die Nierenfunktion noch erhalten ist (Abb. 14). Heute kann man Patienten mit ADPKD ab dem 18. Lebensjahr mit Tolvaptan, einem Antagonisten des antidiuretischen Hormons behandeln, was das Zystenwachstum und das Fortschreiten der Niereninsuffizienz verlangsamt. Differentialdiagnostisch sind die erworbenen Zystennieren zu erwähnen (engl. acquired cystic kidney disease, ACKD) welche typischerweise bei langjährigen Dia-lysepatienten gefunden werden (Abb. 15).
Beispiele der selteneren hereditären Nierenerkrankungen
ARPKD kommt deutlich seltener vor als ADPKD, allerdings entwickelt sich die Niereninsuffizienz bereits im Kleinkindesalter (Abb. 16 a,b). Bei der TSC findet man neben Zysten auch multiple Angiomyolipome (Abb. 17). Ebenfalls selten sind die medulläre zystische Nierenerkrankung (Abb. 18) und die Nephronophthise (Abb. 19) (10).
Zentrum für Nephrologie und Dialyse, Kompetenzzentrum für
Zystennieren, Klinik Hirslanden, Witellikerstrasse 40, 8008 Zürich
jan.tuma@hin.ch
Zentrum für Nephrologie und Dialyse, Kompetenzzentrum für Zystennieren, Klinik Hirslanden, Witellikerstrasse 40, 8008 Zürich
Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.
- Einfache Nierenzysten sind häufig und können mit einer B-mode-Sonographie meist sicher diagnostiziert werden.
- Komplizierte Zysten sollten immer mit Kontrastverstärkung der Bildgebung (CEUS, CT, CEMR) beurteilt werden. Die CEUS zeigt eine gute räumliche und zeitliche Auflösung und vermeidet nephrotoxische Sub-stanzen und ionisierende Strahlen, weshalb wir sie den anderen Methoden vorziehen (7).
- Hereditäre zystische Nierenerkrankungen sind selten. In nur wenigen Zentren können heute ADPKD mit Tolvaptan oder TSC mit Votubia behandelt werden. Gerne bietet unser Zentrum in der Klinik Hirslanden Patienten mit diesen seltenen Erkrankungen Betreuung gemeinsam mit dem behandelnden Hausarzt bzw. der Hausärztin an.
Literatur:
1. Grantham JJ, Winklhofer F. Cystic Disease of the Kidney. In: Bren- ner B-M, Rector F-C, editors. Volume: 2, The Kidney. Philadelphia: Saunders; 2004. p. 1743–70.
2. Bosniak MA. The current radiological approach to renal cysts. Radiology 1986; 158: 1–10.
3. Israel GM, Bosniak MA. An update of the Bosniak renal cyst clasification system. Urology 2005; 66: 484–88.
4. Silverman SG, Pedrosa I, Ellis JH et al: Bosniak Classification of Cystic Renal Masses, Version 2019: An Update Proposal and Needs Assessment. Radiology 2019;292:475-488.
5. Terada N, Ichioka K, Matsuta Y, Okubo K, Yoshimura K, Arai Y The natural history of simple renal cysts. J Urol. 2002; 167: 21–23.
6. Carrim ZI, Murchison JT: The prevalence of simple renal and hepatic cysts detected by spiral computed tomography. Clin Radiol. 2003;58(8):626.
7. Cantisani v et al: EFSUMB 2020 Proposal for a Contrast-Enhanced Ultrasound-Adapted Bosniak Cyst Categorization – Position Statement Ultraschall in der Medizin – European Journal of Ultrasound 2020 (efirst) DOI: 10.1055/a-1300-1727
8. Grantham JJ, Torres VE, Chapman AB, Guay-Woodford LM, Bae KT, King BF, Jr. et al. Volume Progression in Polycystic Kidney Disease. N Engl J Med 2006;354:2122–30.
9. Taves DH. Acquired cystic disease of the kidney in patients on hemodialysis. Can.Assoc.Radiol.J 1986;37:161–63.
10. O‘Neill WC. Other Multicystic Disorders. In: O‘Neill WC, editor. Atlas of renal Ultrasonography. 2000. p. 99–105.
der informierte @rzt
- Vol. 11
- Ausgabe 4
- April 2021