Editorial

Schenken Sie einem armen Menschen jeden Tag einige Rappen – Sie können Grosses bewirken!

Ein Einblick in ein simples Gesundheitssystem



Vor einigen Jahren las ich in einem Editorial, dass es eine gute Burnout-Prophylaxe sei, sich eine Auszeit zu nehmen und in einem Entwicklungsland einige Wochen ärztlich tätig zu sein. Ich musste schmunzeln über diese Idee, denn wer kann sich in einem laufenden Praxisbetrieb und bei stetem Ärztemangel eine längere Auszeit nehmen? Und doch hat mir der Gedanke gefallen, das Gesundheitswesen einmal aus einem anderen Blickpunkt zu sehen. Unsere kaum mehr bezahlbaren Ansprüche an Gesundheit und langes Leben, kombiniert mit einer immensen Bürokratie, aufgebrummt durch Staat, Versicherungen und Juristen, nagen an unseren Nerven. Für uns kaum vorstellbar, dass es in Entwicklungsländern für viele Menschen keine Möglichkeit gibt, schnell Verbandsmaterial oder eine Schmerztablette zu besorgen oder bei schwerer Krankheit sich in medizinische Behandlung zu begeben: zu weit weg, zu teuer, zu schlecht. Schon eine pragmatische Medizin vor Ort und präventive Massnahmen können bereits mit wenig Geld viele Leiden senken.

Vielleicht haben Sie auch schon ein Gesundheitsprojekt in einem Entwicklungsland besucht, geleitet oder verspüren einfach den Wunsch, armen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu vermitteln? Falls Sie Interesse haben, uns in einem interessanten Projekt in Senegal zu begleiten, dann möchte ich Ihnen gerne die geplante Krankenstation in Ngascop vorstellen. Der St. Galler Verein «Hand für Afrika», unterstützt von der lokalen katholischen Kirche, fördert seit über 20 Jahren erfolgreich schulische und landwirtschaftliche Projekte. Jeder Franken wird sparsam investiert dank 100% ehrenamtlicher Tätigkeit (www.handfuerafrika.ch). In Ngascop gibt es bereits gut funktionierende Schulen, die von muslimischen und christlichen Schülern besucht werden, ein politisch und religiös stabiler Ort. Etwa 50 000 Menschen in der Umgebung sind medizinisch unterversorgt.

Die Kosten der Krankenstation mit mehreren Sprechzimmern, Gebärsaal, Küche, Apotheke und einem einfachen Laborbereich belaufen sich auf ca. 150 000 Franken, bei uns würde das mindestens 1.5 Mio. Franken kosten. Bei der Planung haben wir Priester und eine Ordensschwester aus der Pflege vor Ort miteinbezogen und das Ambulatorium an die örtlichen Bedürfnisse angepasst. Somit sind Lavabos in jedem Sprechzimmer ein verzichtbarer Luxus, da das Personal ganztags Handschuhe trage. Eine Waschmaschine brauche zu viel Wasser und Strom. Die Kranken bringen ihre Bettwäsche, das Essen und Betreuungshilfen von zu Hause mit und alles wird mit Javelwasser gereinigt und desinfiziert. Eine Kanalisation gibt es in Senegal nur am Meer.

Es ist beeindruckend, mit wie wenig Geld eine pragmatische Mindestversorgung möglich ist im Vergleich zur unbezahlbaren bürokratischen Luxusmedizin in der Schweiz. Mit zusätzlichen Präventionsprogrammen wie Informationen über Hygieneverhalten, gesunde Ernährung und Zubereitung von sauberem Trinkwasser können einfache Hilfsprojekte gerade in der jungen Bevölkerung ein Umdenken bewirken. Auch das Wissen zur Malariaprävention ist sehr wichtig. Die jungen Mütter bekommen für ihr Neugeborenes nach der Geburt ein Moskitonetz (Fr. 1.20) geschenkt, da die Malaria vor allem bei Kleinkindern schwer verläuft.

Wenn wir jeden Tag nur 1-2 Franken einer Organisation spenden, die das Geld sparsam in ein Hilfsprojekt in einem Entwicklungsland einsetzt, dann können wir für arme Menschen viel Gutes tun und fördern die lokale Wirtschaft.

Dr. med. Carmen Steinacher

c.steinacher@bluewin.ch

der informierte @rzt

  • Vol. 11
  • Ausgabe 4
  • April 2021