- Kongressausgabe der info@onkologie
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Editorial
Mit ganzer Kraft voran
Das Motto des 26. Jahreskongresses der European Hematology Association (EHA; 9.-17.6.2021) lautete: For Clinical and Research Excellence. Auch diesmal wurde ein umfassendes Themenspektrum geboten. Dies zeigt, mit welch grosser Dynamik in diesem Fachgebiet Grundlagen- und klinische Forschung vorangetrieben werden. Zu gleich wird erkennbar, dass in der Hämato-Onkologie insbesondere durch die molekulare Genforschung Schritt für Schritt der Weg in eine personalisierte Präzisionsmedizin erfolgreich begangen wird, mit dem Ziel, aus bis vor Kurzem noch unheilbaren, ja tödlichen Erkrankungen chronische zu machen. Das dies gelingen kann, dafür ist die CML das überzeugendste Beispiel.
Was gibt es Neues? Die Hemmung des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs durch den Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTKI) Ibrutinib war ein Durchbruch in der Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)/kleinzelliges lymphozytisches Lymphom (SLL). Eine Weiterentwicklung ist Zanubrutinib, das selektiver und stärker wirkt. In der ALPINE-Studie erwies sich Zanubrutinib im Vergleich zu Ibrutinib sowohl im Hinblick auf die Wirksamkeit als auch die Sicherheit als überlegen. Eine Zwischenanalyse nach 12 Monaten ergab, dass die Gesamtansprechrate unter Zanubrutinib signifikant höher war als unter Ibrutinib, nämlich 78,3% vs. 62,5%. In ähnlicher Weise waren das PFS und das OS in der Zanubrutinib-Gruppe höher und auch bei der Sicherheit übertraf Zanubrutinib Ibrutinib.
Die Phase-3-Studie ADMIRAL zeigte die Überlegenheit von dem FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitor Gilteritinib gegenüber einer Salvage-Chemotherapie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten rezidivierten bzw. refraktären akuten myeloischen Leukämie (AML). Jetzt wurden Daten zum Langzeitüberleben, bei der hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) und bzgl. Sicherheit über 1 Jahr hinaus vorgestellt. Diese Daten zeigen, dass ein hoher Anteil der mit Gilteritinib behandelten Patienten nach zwei Jahren ohne Rezidiv noch am Leben war und eine HSCT erhalten hatte gefolgt von einer Gilteritinib-Erhaltungstherapie. Letztere war mit einer niedrigen Rezidivrate nach der HSCT im Gilteritinib-Arm assoziiert war. Auch Patienten mit einer TKI-Vortherapie profitieren uneingeschränkt von Gilteritinib.
DESCAR-T ist das nationale französische Register, in dem die Daten von Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie ausgewertet werden. Ziel ist, Daten aus der realen Welt zu sammeln und zwar im Hinblick auf Sicherheit und Wirksamkeit dieser innovativen Therapie. Erste Analysen von 537 Patienten mit einem diffusen grossszelligen B-Zell-Lymphom zeigen, dass die CAR-T-Zelltherapie im klinischen Alltag angekommen ist und in der realen Welt das hält, was sie in den Zulassungsstudien versprochen hat.
Die Kombination Ibrutinib plus Venetoclax (I+V) vereint komplementäre Wirkmechanismen. Im Rahmen der GLOW-Studie wurde diese Kombination mit einer Chemoimmuntherapie aus Chlorambucil plus Obinutuzumab (Clb+O) verglichen. Die mit I+V behandelten Patienten zeigten ein signifikant verbessertes PFS im Vergleich zu Clb+O. Der Unterschied war über alle vordefinierten Untergruppen hinweg konsistent. Darüber hinaus war die UMRD-Rate (nicht nachweisbare minimale Resterkrankung) sowohl im Knochenmark als auch im peripheren Blut im I+V-Arm 3 Monate nach Ende der Behandlung signifikant höher.
Der mRNA-basierte Impfstoff von Pfizer/BioNTech gegen COVID-19 wird auch für immunsupprimierte Patienten empfohlen. Seine Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten, die sich einer immunologischen Zelltherapie unterziehen, ist aber noch nicht ausreichend untersucht. Deshalb wurde im Rahmen einer prospektiven Studie dieser Frage nachgegangen. Eingeschlossen wurden 79 Patienten, die sich einer allogenen hämatopoetischen Zelltransplantation (HCT) oder einer CAR-T-Zelltherapie unterzogen hatten und mit BNT162b2 geimpft wurden. Insgesamt erwies sich der Impfstoff als gut verträglich und alle unerwünschten Ereignisse klangen innerhalb weniger Tage ab. Bei einem Patienten kam es zu einer sekundären Transplantatabstossung. Doch nur 36% der Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie entwickelten eine humorale Antikörperantwort im Vergleich zu 81% der Patienten mit einer HCT.
Die Phase-3-Studie MAIA untersuchte die Dreier- Kombination Daratumumab plus Lenalidomid und Dexamethason (D-Rd) im Vergleich mit Rd bei älteren Patienten mit einem neu diagnostizierten Multiplen Myelom, die nicht geeignet waren für eine autologe Stammzelltransplantation. Die primäre Analyse ergab eine 44%ige Reduktion des Risikos einer Krankheitsprogression oder Todes mit D-Rd im Vergleich mit Rd. Jetzt wurden die OS-Daten nach einem Follow-up von fast 5 Jahren (56,2 Monate) präsentiert. Die Zugabe von Daratumumab reduzierte das Mortalitätsrisiko signifikant um 32% mit einer geschätzten 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 66,3% im Vergleich zu 53,1% in der Rd-Gruppe. Dieser Benefit wurde erzielt, obwohl 46% der Patienten im Rd-Arm eine Folgetherapie mit Daratumumab erhielten.
Diese kleine Auswahl von Studien möge Ihnen Appetit machen auf Mehr. Das Redaktionsteam von info@onkologie hat das Kongressgeschehen intensiv verfolgt und das Wichtigste in der vor Ihnen liegenden Zeitung zusammen getragen. Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Lesen und einen reichen Gewinn an neuen Erkenntnissen für Ihre tägliche Arbeit.
Dr. med. Peter Stiefelhagen
CLL/SLL
Zanubrutinib ist Ibrutinib überlegen
Die Hemmung des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs durch den Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor (BTKI) Ibrutinib war ein Durchbruch in der Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)/kleinzelliges lymphozytisches Lymphom (SLL). Eine Weiterentwicklung ist Zanubrutinib, das sich in der ALPINE-Studie im Vergleich zu Ibrutinib sowohl im Hinblick auf die Wirksamkeit als auch die Sicherheit als überlegen erwiesen hat.
Zanubrutinib ist ein BTK-Inhibitor der nächsten Generation. Die Substanz garantiert eine potente und anhaltende Hemmung der BTK. Zugleich werden die Off-Target-Effekte von Inhibitoren der ersten Generation wie Ibrutinib minimiert.
Im Rahmen der ALPINE-Studie wurde Zanubrutinib direkt mit Ibrutinib bei 415 Patienten mit einer refraktären bzw. rezidivierten CLL/SLL verglichen. Eine Zwischenanalyse nach 12 Monaten ergab, dass die Gesamtansprechrate unter Zanubrutinib signifikant höher war als unterIbrutinib, nämlich 78,3% vs. 62,5%. In ähnlicher Weise waren das PFS und das OS in der Zanubrutinib-Gruppe höher und auch bei der Verträglickeit übertraf Zanubrutinib Ibrutinib.
Die Raten an Vorhofflimmern/Vorhofflattern, grösseren Blutungen und anderen Ereignissen, die zum Abbruch der Therapie führten, und Infektionen ≥ Grad 3 waren niedriger. Nur die Rate an Neutropenien war etwas höher (28,4% vs. 21,7%). Zusammenfassend kann man sagen, dass die selektivere Hemmung der BTK durch Zanubrutinib die Wirksamkeit, aber auch die Sicherheit dieses Therapieprinzips im Vergleich zu Ibrutinib verbessert.
PS
EHA 2021, #LB1900
AML
Auch im Langzeitverlauf ist Gilteritinib der Chemotherapie überlegen
Die Phase-3-Studie ADMIRAL zeigte die Überlegenheit des FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitors Gilteritinib gegenüber einer Salvage-Chemotherapie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten rezidivierten bzw. refraktären akuten myeloischen Leukämie (AML). Jetzt wurden Daten zum Langzeitüberleben, bzgl. der hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) und der Sicherheit über 1 Jahr hinaus vorgestellt.
Die Analyse erfolgte 2 Jahre nach der Primäranalyse. Dabei wurden die Daten von weiterhin in Remission befindlichen Patienten, von Patienten, die sich einer HSCT unterzogen hatten, und die unerwünschten Ereignisse im Jahr 1 und im Jahr 2 ausgewertet. Nach 2 Jahren waren noch 17% am Leben und 16 Patienten waren noch unter der Gilteritinib-Therapie. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 37,1 Monaten waren noch 26 der 49 lebenden Patienten im Gilteritinib-Arm ohne Rezidiv. 18 dieser 26 Patienten unterzogen sich einer HSCT, wobei 16 eine Erhaltungstherapie mit Gilteritinib nach der HSCT erhielten. 19 der 26 Patienten im Gilteritinib-Arm ohne Rezidiv setzten die Therapie über ein Jahr hinaus fort und blieben in kompletter Remission.
Vom Gesamtkollektiv (371 Patienten) unterzogen sich 22% (83 Patienten) einer HSCT. Die kombinierten CR-Raten vor der HSCT waren in beiden Gruppen vergleichbar (63% unter Gilteritinib vs. 58% unter der Chemotherapie). 63% der transplantierten Patienten im Gilteritinib-Arm erhielten eine Erhaltungs-Dauertherapie mit Gilteritinib. Die kumulativen 24-Monats-Rezidivraten bei mit Gilteritinib behandelten Patienten, die vor der Transplantation eine CR bzw. CRc erreichten, betrugen 20% bzw. 45%. Das mediane Gesamtüberleben nach der HSCT lag in der Gilteritinib-Gruppe be 16,1 Monate vs. 15,2 Monate unter der Chemotherapie.
Die häufigsten UE waren sowohl im Jahr 1 als auch im Jahr 2 eine Erhöhung der Lebertransaminasen. Die Inzidenz aller UE ging im Jahr 2 zurück. Bei einem Patienten trat in Jahr 2 ein nicht-tödlicher Herz-Kreislauf-Stillstand und bei einem Patienten eine ventrikuläre Tachykardie auf.
Insgesamt zeigen diese Daten, dass ein hoher Anteil der mit Gilteritinib behandelten Patienten auch nach zwei Jahren ohne Rezidiv noch am Leben war und eine HSCT erhalten hatte gefolgt von einer Gilteritinib-Erhaltungstherapie. Letztere war mit einer niedrigen Rezidivrate nach der HSCT im Gilteritinib-Arm assoziiert. Das Sicherheitsprofil war auch nach 2 Jahren stabil.
PS
EHA 2021; # EP438
HARMONY Alliance
Neue molekulare Erkenntnisse bei CLL
Das individuelle Genmuster bei CLL-Patienten erlaubt eine bessere Einschätzung des Verlaufs bzw. der Prognose und ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Individualisierung der Therapie.
Der klinische Verlauf der CLL ist sehr variabel. Einige Patienten benötigen niemals eine Therapie, doch die meisten werden im weiteren Krankheitsverlauf behandlungsbedürftig. Auch aus genomischer Sicht ist die Erkrankung sehr heterogen, wobei das Mutationsmuster sowohl bei der Wahl der Medikamente als auch für Prognose entscheidend ist. Bestimmte Genmutationen finden sich bei mehr als 10% der Patienten während Hunderte anderer Genmutationen nur sehr selten auftreten.
Um belastbare Erkenntnisse über die Rolle dieser Mutationen für die Therapie und den Krankheitsverlauf zu gewinnen, wurde die HARMONY Big Data Plattform geschaffen. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurden Zentren in ganz Europa gebeten, die zehn am häufigsten mutierten Gene bei ihren CLL-Patienten zu sequenzieren. Zwischenzeitlich liegen die Ergebnisse von mehr als 4.600 Patienten vor. Analysiert wird nicht nur die Häufigkeit der verschiedenen Mutationen sondern auch die Assoziation des Genmusters mit der Zeit bis zur ersten Behandlung. Die Ergebnisse geben den Ärzten die Möglichkeit, beim individuellen Patienten prognostische Aussagen über den Verlauf der Erkrankung machen zu können. Darüberhinaus ist die Genanalyse ein wichtiger Schritt in Richtung individualisierter Therapie.
In einer Studie bei 13.808 CLL-Patienten wurden der prädiktive Wert der Genanalyse und die Therapie im Hinblick auf das Auftreten anderer hämatologischer Malignome wie MDS oder AML untersucht. Erhöht ist dieses Risiko bei Patienten mit einer FCR-Therapie. Im Gegensatz dazu scheint die Entstehung von soliden Tumoren nicht durch die Art der Therapie beeinflusst zu werden.
PS
EHA 2021, #S143, #EP631
Chronische Lymphatische Leukämie (CLL)
Update zur Erstlinientherapie: Langzeit- und Real-World-Daten
Das Ziel, klassische Chemotherapien durch verträglichere, chemotherapiefreie Ansätze zu ersetzen, ist durch die Entwicklung neuer, zielgerichteter Substanzen in greifbare Nähe gerückt. Zur CLL wurden unter anderem Langzeit- und Real-World-Daten zur Kombinationsbehandlung mit dem BCL-2-Inhibitor Venetoclax und Anti-CD20-Antikörpern präsentiert.
Das anti-apoptotische B-Zell-Lymphom-2-Protein (BCL-2) ist bei CLL häufig überexprimiert und sichert dadurch das Überleben der Krebszellen. Durch den hochselektiven BCL-2-Inhibitor Venetoclax wird das Gleichgewicht zwischen pro- und anti-apoptotischen Faktoren wiederhergestellt und der Zelltod ausgelöst. Die Kombination mit den Anti-CD20-Antikörpern Rituximab (1. Generation) und Obinutuzumab (2. Generation), welche dem körpereigenen Immunsystem ermöglichen, B-Zellen zu erkennen und zu eliminieren, führt zu einem dauerhaften und tiefen Ansprechen bei CLL-Patienten.
CLL 14: 4-Jahres Update
Die offene Phase-III-CLL 14-Studie vergleicht die Kombinationsbehandlungen aus Venetoclax-Obinutuzumab (VenO) und Chlorambucil-Obinutuzumab (ClbO) bei 432 zuvor unbehandelten CLL-Patienten mit Begleiterkrankungen. Die Patienten wurden dafür auf eine Behandlung mit zwölf Zyklen Ven oder Clb, gefolgt von sechs Zyklen O, randomisiert. Das 4-Jahres-Update bestätigt die überlegene Wirksamkeit von VenO hinsichtlich PFS, Remissionstiefe und -dauer.
Das PFS (primärer Endpunkt) war unter VenO nach median 52.4 Monaten im Vergleich zur ClbO-Behandlung signifikant verlängert (median nicht erreicht vs. 36.4 Monate, HR 0.33, 95%-KI 0.25-0.45). Die geschätzte PFS-Rate betrug 74.0% unter VenO und 35.4% unter ClbO. Dieser Unterschied war über alle Risikogruppen hinweg konsistent. MRD-Analysen im peripheren Blut zeigten eine tiefere Remission unter VenO: 26.9% der Patienten im VenO-Arm waren auch 30 Monate nach Therapieabschluss MRD-negativ, während dies auf lediglich 3.2% im ClbO-Arm zutraf.
Zudem war der Zeitraum bis zur nächsten Behandlung unter VenO gegenüber ClbO signifikant verlängert (81.1% vs. 59%, HR 0.46, 95%-KI 0.32-0.65, p<0.0001). Beim OS ergab sich kein Unterschied (85.4% unter VenO vs. 83.1% unter ClbO, HR 0.85, 95%-KI 0.54-1.35, p=0.49). Eine Analyse genetischer Aberrationen zum 4-Jahres-Follow-Up bestätigte, dass der IGHV-Status und 17p-Deletionen im VenO- und ClbO-Setting prognostisch relevant sind. Es traten keine neuen Sicherheitssignale auf.
Real-World-Daten zur Bestätigung der Wirksamkeit
Die prospektive Beobachtungsstudie VERVE untersucht die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Venetoclax-Rituximab (VenR) bei erwachsenen Patienten mit r/r CLL in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Die Analyse von 65 Patienten zeigt, dass VenR in der klinischen Praxis hauptsächlich bei älteren Patienten und in der zweiten Therapielinie verabreicht wird. So waren die Patienten im Median 73 Jahre alt und hatten zuvor median eine Therapielinie erhalten (Spanne 1-10), bei der es sich zumeist um Chemo-Immuntherapie (76%) gefolgt von B-Zell-Rezeptor-Inhibitoren (33%) handelte. Jeweils 26% der Patienten hatten eine 17p-Deletion bzw. eine TP53-Mutation. 41% wiesen einen unmutierten IGHV-Status auf.
Trotz des fortgeschrittenen Alters der Patienten und dem Einschluss genetischer Hochrisikoprofile waren die Ansprechraten hoch: Über die mediane Beobachtungszeit von 254 Tagen wurde das mediane PFS und OS nicht erreicht. Die Zwölf-Monats-Schätzungen liegen bei 88.1% (PFS) und 89.8% (OS) und decken sich mit den Ergebnissen der Phase-III-MURANO-Studie. Die beste Gesamtansprechrate nach zwölf Monaten betrug 78.7% (CR+CRi: 36.1%, PR: 42.6%).
Nebenwirkungen vom Grad 3 und 4 traten bei 46% der Patienten auf. Schwere Nebenwirkungen betrafen 30%. Zum Tumorlysesyndrom kam es bei 12%. Nach zwölf Monaten befanden sich geschätzt 84.7% weiterhin in VenR-Behandlung.
Erhaltungstherapie im MRD-geleiteten Setting
Der Nutzen einer Erhaltungstherapie nach einer Induktion mit VenO ist bisher unerforscht. Laut den aktuellen Ergebnissen der Phase-II-Studie HOVON 139/GIVE, welche eine Ven-Erhaltungstherapie bei FCR-unfitten CLL-Patienten untersucht, erreichte über die Hälfte der Patienten MRD-Negativität.
62 Patienten wurden nach der Induktion mit VenO auf eine MRD-unabhängige Ven-Behandlung von zwölf Zyklen (Arm A) oder auf eine MRD-geleitete Ven-Behandlung (Arm B) randomisiert. Letztere erhielten Ven nur bei detektierter MRD nach der Induktion. Der primäre Endpunkt, welcher als MRD-Negativität und Abwesenheit von Progression nach maximal 24 Ven-Zyklen definiert war, wurde von 53% der Patienten in Arm A und 57% der Patienten in Arm B erreicht.
red.
Al-Sawaf O. et al. Venetoclax-obinutuzumab for previously untreated chronic lymphocytic leukemia: 4-year follow-up analysis of the randomized CLL14 Study. Abstract #S146 EHA 2021.
Tausch E. et al. Genetic markers and outcome with front line obinutuzumab plus either chlorambucil or venetoclax-updates analysis of the CLL14 trial. Abstact #S144 EHA 2021.
Schwaner I. et al. Safety and effectiveness of venetoclax in combination with rituximab in elderly patients with relapsed/refractory CLL treated under real-life conditions – data from the observational study VeRVe. Abstract #EP638 EHA 2021.
Levin MD et al. MRD-guided of fixed 12 cycles of venetoclax consolidation after venetoclax plus obinutuzumab treatment in first line FCR unfit patients with CLL: primary endpoint analysis of the HOVON 139/GiVe trial. Abstract #S149 EHA 2021.
Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
Pegcetacoplan zeigt ein dauerhaftes Ansprechen
Die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) ist eine seltene erworbene hämatologische Erkrankung. Die klinische Manifestation ist sehr variabel. Die Erkrankung kann äusserst schwer verlaufen und betrifft überwiegend jüngere Menschen. Leitsymptom ist eine paroxysmale nächtliche oder früh morgens einsetzende Hämoglobinurie. Ursache ist eine erworbene Mutation im PIG-A-Gen in den multipotenten hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks. Das hat zur Folge, dass die Zellmembran keinen Schutzfaktor mehr gegen den Komplementfaktor C5 hat. Dadurch kommt es zu einer hämolytischen Anämie, Thrombophilie und Thrombozytopenie. Ohne eine spezifische Therapie versterben innerhalb von 5 Jahren trotz bestmöglicher supportiver Therapie 20 bis 35% der Patienten.
Bisher stand für die spezifische Therapie neben der Plasmapherese der monoklonale Antikörper Eculizumab zur Verfügung, der an die Komplementkomponente C5 bindet. Dadurch wird deren Spaltung verhindert. Nachteil dieses Antikörpers ist die relativ kurze Halbwertszeit, so dass die Substanz alle zwei Wochen intravenös appliziert werden muss.
Eine neue Therapieoption ist Pegcetacoplan. In der kontrollierten randomisierten PEGASUS-Studie konnte für diese Substanz im Vergleich mit Eculizumab nach 16 Wochen eine überlegene Wirksamkeit dokumentiert werden. Nach Woche 16 traten die Patienten in eine Open-Label-Periode ein, in der alle Patienten mit Pegcetacoplan behandelt wurden.
Eine Auswertung von 77 Patienten nach einer 48-wöchigen Therapie ergab, dass der Hämoglobin-Spiegel bei allen primär mit der Substanz behandelten Patienten erhalten blieb. Patienten, die in Woche 16 von Eculizumab auf Pegcetacoplan umgestellt wurden, zeigten in Woche 48 einen Hämoglobin-Anstieg, der mit dem bei Patienten unter der primären Gabe Pegcetacoplan vergleichbar ist. 75% blieben Transfusions-frei, ein Ergebnis, welches ebenso mit den Ergebnissen der primär mit Pegcetacoplan behandelten Patienten vergleichbar ist. Die Verträglichkeit war gut. Nur bei 6% traten schwerwiegende Nebenwirkungen auf.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Patienten mit einem suboptimalen Ansprechen auf Eculizumab einen dauerhaften Benefit haben, wenn sie auf Pegcetacoplan umgestellt werden.
PS
EHA 2021, #S174
Fortgeschrittenes follikuläres Lymphom
Obinutuzumab-Kurzinfusion ist sicher und verträglich
In der offenen GAZELLE-Studie erwies sich auch die 90-minütige Infusion mit Obinutuzumab ab Zyklus 2, wie sie bei Rituximab üblich ist, bei Patienten, die die Standardinfusion in Zyklus 1 gut vertragen haben, als wirksam und sicher.
In der GALLIUM-Studie konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einem bisher nicht-vorbehandelten fortgeschrittenen follikulären Lymphom (FL) die Kombination Obinutuzumab/Chemotherapie das PFS im Vergleich zur Kombination Rituximab (R)/Chemotherapie verbessert. Obinutuzumab (Gazyvaro®, G) wird bisher als intravenöse Infusion über 3 bis 4 Stunden verabreicht. Eine kürzere Infusionsdauer ab Zyklus 2, wie es bei R üblich ist, würde den Komfort für Patienten und die Effizienz von Infusionseinrichtungen verbessern.
Im Rahmen der prospektiven, offenen, multizentrischen, einarmigen Phase-IV-Studie GAZELLE wurde die Sicherheit der 90-minütigen Infusion ab Zyklus 2 untersucht. In Zyklus 1 erhielten alle Patienten die Standardinfusion. Wenn keine infusionsbedingte Reaktion Grad ≥ 3 auftrat, konnten diese Patienten ab Zyklus 2 die 90-minütige Infusion erhalten. Wenn eine Reaktion Grad 3 auftrat, erhielten die Patienten in Zyklus 2 noch einmal die Standardinfusion, und wenn darunter keine Reaktion ≥ 3 auftrat, konnte ab Zyklus 3 die kürzere Infusionszeit gewählt werden. Bei Patienten mit einer zweiten Reaktionsrate 3/4 wurde G abgesetzt. Der primäre Endpunkt der Studie war die Inzidenz von Grad ≥ Reaktionen beim zweiten Zyklus.
Von den 110 Patienten, bei denen ab Zyklus 2 die 90-minütige Infusion verabreicht wurde, entwickelte keiner im Zyklus 2 eine Reaktion Grad ≥ 3. Bei einem Patienten trat in Zyklus 5 eine Hypertonie auf. Bei keinem der Patienten wurde eine Reaktion Grad 4/5 beobachtet. Insgesamt lag die Rate an kompletten Remissionen bei 67,3% und 19,5% zeigten eine partielle Remission. 5,8% entwickelten unter der Therapie eine Progression.
PS
EHA 2021 #EP807
ATE + OBI + VEN beim r/r indolentem Non-Hodgkin-Lymphom
Triple-Therapie zeigt keine unerwartete Toxizität
Die Therapie des rezidivierten bzw. refraktären indolenten Non-Hodgkin-Lymphoms (iNHL) bleib eine Herausforderung. Dazu gehören das Follikulär Lymphom (FH) und das Mantelzell-Lymphom (MZL). Atezolizumab (ATE) und Obinutuzumab (OBI) sind monoklonale Antikörper, die jeweils die Erschöpfung der T-Lymphozyten hemmen bzw. die Zytotoxizität von Lymphomzellen induzieren. Venetoclax (VEN) ist ein small molecule und hemmt BCL2. Die Kombination dieser tumorgerichteten Substanzen mit unterschiedlichem Wirkprofil stellt ein attraktives Behandlungskonzept für das r/r iNHL dar.
In einer multizentrischen Phase-2-Studie wurde diese Dreierkombination ATE+OBI+VEN untersucht und zwar im Hinblick auf Wirksamkeit und Sicherheit. Die Auswertung von 78 Patienten(FL n=58 und MZL n=20) bei einem medianen Follow-up von 14,5 bzw. 11,9 Monaten ergab eine ORR im PET-Scan beim FL von 53,6%, beim MZL von 66,76%. Davon zeigten 16,7% eine komplette und 50,0% eine partielle Remission. Nur 21,4% der Responder zeigten ein Rezidiv oder eine Progression. Somit dürfte das Therapieansprechen bei der Mehrzahl der Patienten dauerhaft sein. Bei 55 Patienten (70,5%) traten unter der Therapie UE Grad 3+4 auf. Bei einem Patienten musste die Therapie wegen UE abgesetzt werden. Die wichtigsten UE vom Grad 3/4 waren hämatologische Zytopenien, aber nur bei einem Patienten trat eine febrile Neutropenie auf. Somit scheint die Triple-Therapie gut verträglich zu sein ohne unerwartete Toxizität. Die ORR ist mit der anderer innovativer Schemata vergleichbar.
PS
EHA 2021, #S212
AML
Gilteritinib ist auch bei intensiver Vortherapie Chemotherapie überlegen
Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des FTL3-Tyrosinkinase-Inhibitors Gilteritinib wurde in der Phase-1/2-CHRYSALIS- und in der Phase-3-ADMIRAL-Studie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten r/r AML belegt. Jetzt wurde der Frage nachgegangen, ob eine vorangegangene TKI-Therapie mit Midostaurin oder Sorafenib das Ansprechen und das Überleben in diesen beiden Studien beeinflusst hat.
In der CHRYSALIS-Studie hatten 33 von 145 Patienten (23%) vorher eine TKI-Therapie erhalten. Bei den Raten für eine komplette Remission zeigte sich kein Unterschied: 42% mit TKI-Vortherapie vs. 43% ohne TKI-Vortherapie. Bei den CRc-Raten waren es 53% vs. 44%.
In der ADMIRAL-Studie hatten 13% im Gilteritinib-Arm und 11% im Chemotherapie-Arm vorher ein TKI erhalten. Die CRc-Raten betrugen im Gilteritinib-Arm 48% mit TKI-Vortherapie vs. 55% ohne TKI-Vortherapie, waren also vergleichbar. In der Chemotherapie-Gruppe waren die CRc-Raten insgesamt niedriger, aber in Abhängigkeit von der TKI-Vortherapie nicht unterschiedlich (21% vs. 22%). Der mediane Überlebensvorteil mit Gilteritinib war auch nicht unterschiedlich in Abhängigkeit von einer TKI-Vortherapie. Bei mit einem TKI vorbehandelten Patienten betrug im Vergleich zur Chemotherapie der Überlebensvorteil 6,5 Monate vs. 4,7 Monate ohne Vortherapie. Bei Patienten ohne TKI-Vortherapie lag im Gilteritinib-Arm das mediane OS 9,6 Monaten vs. 6,0 Monate im Chemotherapie-Arm. Das Fazit lautet: Auch Patienten mit einer TKI-Vortherapie profitieren uneingeschränkt von Gilteritinib und die Ansprechraten sind bei entsprechender Vortherapie unter Gilteritinib auch höher als unter der Chemotherapie.
PS
EHA 2021, #EP448
Pfizer/BioNTech Impfstoff
Bei CAR-T-Zelltherapie ist die humorale Impfantwort beeinträchtigt
Der mRNA-basierte Impfstoff von Pfizer/BioNTech gegen COVID-19 wird auch für immunsupprimierte Patienten empfohlen. Seine Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten, die sich einer immunologischen Zelltherapie unterziehen, ist aber noch nicht ausreichend untersucht.
Deshalb wurde im Rahmen einer prospektiven Studie dieser Frage nachgegangen. Eingeschlossen wurden 79 Patienten, die sich einer allogenen hämatopoetischen Zelltransplantation (HCT) oder einer CAR-T-Zelltherapie unterzogen hatten und mit BNT162b2 geimpft wurden.
Insgesamt erwies sich der Impfstoff als gut verträglich und alle unerwünschten Ereignisse klangen innerhalb weniger Tage ab. Bei einem Patienten kam es zu einer sekundären Transplantatabstossung. Doch nur 36% der Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie entwickelten eine humorale Antikörperantwort im Vergleich zu 81% der Patienten mit einer HCT. Auch entwickelten Patienten mit einer B-Zell-Aplasie, die den Impfstoff kurz nach der Infusion der Zellen erhalten hatten, seltener Antikörper. Diese Daten sprechen dafür, dass die humorale Antwort bei Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie beeinträchtigt ist im Gegensatz zu Patienten nach einer allogenen HCT, die eine gute Impfantwort zeigen.
PS
EHA 2021, #S285
r/r AML
Hohe Remissionsraten bei FLT3-Inhibitor Gilteritinib + Venetoclax
Neue Daten zeigen, dass mit der Kombination Venetoclax plus Gilteritinib bei Patienten mit intensiv vorbehandelter und früher TKI-exponierter refraktärer bzw. rezidivierter (r/r) FLT3-mutierten akuten myeloischen Leukämie (AML) hohe molekulare Remissionsraten erreicht werden können.
Gilteritinib ist ein FMS-ähnlicher Tyrosinkinase-3-(FLT3)-Inhibitor. In der Zulassungsstudie zeigte diese Substanz im Vergleich zur Standard-Salvage-Chemotherapie bei Patienten mit einer FLT3-mutierten r/r AML eine Verbesserung des Überlebens. In einer laufenden offenen Phase 1b-Studie wird die Wirksamkeit und Sicherheit der Kombination Gileritinib plus dem BCL-2-Inhibitor Venetoclax bei Patienten mit einer FLT3-mutierten r/r AML untersucht. Der primäre Endpunkt der Studie ist mCRc (komplettes Ansprechen (CR) + CR mit unvollständiger Wiederherstellung der Blutplättchen + CR mit unvollständiger Normalisierung des Blutbildes + morphologischer leukämiefreier Zustand). Dabei werden die Daten auch mit denen der Phase-3-Studie (ADMIRAL-Studie) verglichen. Sekundärer Endpunkt ist die Dauer des Ansprechens (DOR) und auch das OS wurde explorativ erfasst.
Bisher ausgewertet wurden die Daten von 43 Patienten mit einem medianen Alter von 63 Jahren. 37 Patienten zeigten eine interne Tandemduplikation, 6 Patienten wiesen nur Mutationen der Tyrosinkinasedomäne auf. Bei 36 von 42 Patienten (86%) wurde eine mCRc dokumentiert. Die mediane Zeit bis zum Ansprechen betrug 1,0 Monate. Gleich hoch war die Ansprechrate bei den Patienten, die bereits vorher mit einem FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitor behandelt waren. Die Dauer des Ansprechens lag bei 5,6 Monate. Das mediane OS betrug 10,5 Monate und war ebenfalls unabhängig von einer Vorbehandlung mit einem FLT3-Tyrosinkinase-Inhibitor.
Unerwünschte Ereignisse wurden bei 42 Patienten (98%) beobachtet. Zytopenien vom Grad ≥ 3 traten bei 34 Patienten (79%) auf, was eine Unterbrechung der Therapie oder eine Dosisreduktion erforderlich machte. Das einzige nicht-hämatologische Ereignis mit einer Häufigkeit von > 20% war eine Pneumonie. Bei 1 Patienten trat ein Tumorlysesyndrom auf. Zusammenfassend kann man sagen, dass die hohe mCRc-Rate für eine starke antileukämische Aktivität der Kombination Gilteritinib plus Venetoclax spricht. Zytopenien waren prominent, aber beherrschbar.
PS
EHA 2021, #S135
First line-Therapie bei älteren Patienten mit einem Multiplen Myelom
Dreier-Kombination verlängert das Überleben auch nach fünf Jahren
Die Phase-3-Studie MAIA untersuchte die Dreier- Kombination Daratumumab plus Lenalidomid und Dexamethason (D-Rd) im Vergleich mit Rd bei älteren Patienten mit einem neu diagnostizierten Multiplen Myelom, die nicht geeignet waren für eine autologe Stammzelltransplantation.
Die primäre Analyse ergab eine 44%ige Reduktion des Risikos einer Krankheitsprogression oder Todes mit D-Rd im Vergleich mit Rd. Jetzt wurden die OS-Daten nach einem Follow-up von fast 5 Jahren (56,2 Monate) präsentiert. Die Zugabe von Daratumumab reduzierte das Mortalitätsrisiko signifikant um 32% (HR 0,68; p=0,0013) mit einer geschätzten 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 66,3% im Vergleich zu 53,1% in der Rd-Gruppe. Dieser Benefit wurde erzielt, obwohl 46% der Patienten im Rd-Arm eine Folgetherapie mit Daratumumab erhielten. Auch der signifikante Vorteil der Primäranalyse bzgl. Progression oder Tod blieb mit einer Reduktion von 47% nach 5 Jahren erhalten. Bei der geschätzten PFS nach 60 Monaten stehen 52,5% bei D-Rd 28,7% bei Rd gegenüber. Bei der Gesamtansprechrate waren es 93% vs. 82%. Diese Daten stellen einen neuen PFS-Benchmark dar für Patienten mit einem MM, die nicht für eine Transplantation geeignet sind.
Es gab keine neuen Sicherheitsbedenken für D-Rd. Die häufigsten UE Grad 3/4 waren Neutropenie (54% bei D-Rd vs. 37% bei Rd), Pneumonie (19% vs. 11%), Anämie (17% vs. 22%) und Lymphopenie (16% vs. 11%).
Zusammenfassens lässt sich sagen, dass der klinische Nutzen aus der primären Analyse der MAIA-Studie über 5 Jahre Nachbeobachtungszeit erhalten blieb und der Nutzen einer Upfront-D-Rd-Gabe bei Progression mit einer signifikanten Verbesserung des OS bestätigt wurde, was den Einsatz von Daratumumab in der Frontline als Behandlungsstandard für Patienten, die nicht für eine Transplantation geeignet sind, erneut bestätigt.
PS
EHA 2021, #LB1901
Ersttherapie der CLL/SLL
Ibrutinib/Venetoclax ist Immunchemotherapie überlegen
Die Kombination Ibrutinib plus Venetoclax (I+V) vereint komplementäre Wirkmechanismen. Im Rahmen der GLOW-Studie wurde diese Kombination mit einer Chemoimmuntherapie aus Chlorambucil plus Obinutuzumab (Clb+O) verglichen.
Die Wirkmechanismen von Ibrutinib und Venetoclax sind komplementär. Ibrutinib mobilisiert CLL-Zellen aus den Lymphknoten und hemmt die Vermehrung der malignen Zellen, während Venetoclax die zirkulierenden Krebszellen abtötet. Dies ist die Rationale für den Einsatz dieser Kombination bei der CLL/SLL.
Im Rahmen der randomisierten GLOW-Studie wurden die beiden Kombinationen I + V und Clb + O bei 211 bisher nicht vorbehandelten CLL/SLL-Patienten direkt miteinander verglichen. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 27,7 Monate. Die mit I + V behandelten Patienten zeigten ein signifikant verbessertes PFS im Vergleich zu Clb+O. Der Unterschied war über alle vordefinierten Untergruppen hinweg konsistent. Darüber hinaus war die UMRD-Rate (nicht nachweisbare minimale Resterkrankung) sowohl im Knochenmark als auch im peripheren Blut im I+V-Arm 3 Monate nach Ende der Behandlung signifikant höher. 84,5% behielten eine UMRD im peripheren Blut auch nach 12 Monaten. Die I + V-Gruppe erreichte höhere vollständige Ansprechraten und die Zeit bis zur notwendigen nachfolgenden Therapie war länger. Häufige behandlungsbedingte Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 unter I+V waren Neutropenie (34,9%), Diarrhoen (10,4%) und Hypertonie (7, 5).
Fazit der Studie: I + V ist im Rahmen der First line-Therapie wirksamer als Clb+O und zeigt eine stärkere Remissionstiefe und längere Remissionsdauer bei einem tolerierbaren Sicherheitsprofil im Vergleich zu Clb+O.
PS
EHA 2021, #LB1902
Nicht-Transfusions-abhängige Beta-Thalassämie
Luspatercept ist wirksam und gut verträglich
Luspatercept (Reblozyl®) ist der erste und einzige in der EU zugelassene Erythrozyten-Reifungsaktivator (ERA) für Patienten mit einer Transfusions-abhängigen Anämie bei Beta-Thalassämie oder einem myelodysplastischen Syndrom mit Ringsideroblasten und einem sehr niedrigen, niedrigen oder intermediärem Risiko, wenn die Patienten auf eine Erythropoetin-basierte Therapie nicht zufriedenstellend angesprochen haben oder dafür nicht geeignet sind.
Aber auch die Nicht-Transfusions-abhängige Beta-Thalassämie ist keine harmlose Erkrankung. Sie ist assoziiert mit einer chronischen Anämie leichter oder mässiger Schwere und einer Eisenüberlastung. Obwohl die Patienten keine Transfusionen benötigen, so können schwerwiegende Erkrankungen in verschiedenen Organsystemen auftreten und die Lebensqualität ist beeinträchtigt. Derzeit gibt es keine zugelassene Therapie für diese Erkrankung. Luspatercept ist bisher nur für die Transfusions-abhängige Beta-Thalassämie zugelassen.
Im Rahmen der BEYOND-Studie wurde Luspatercept bei 145 Erwachsenen mit einer Nicht-Transfusions-abhängigen Beta-Thalassämie hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit geprüft. Dabei handelt es sich um eine randomisierte, doppelblinde, Pacebo-kontrollierte klinische Phase-2-Studie. Das Follow-up betrug 24 Wochen.
Durch Luspatercept wurde bei 71% der Patienten der Hämoglobin-Wert um mindestens 1.0 g/dl verglichen mit 0% unter Placebo angehoben und fast 90% blieben bis Woche 24 Transfusions-frei. Die Patienten berichteten eine bessere Lebensqualität, weil die Müdigkeit und allgemeine Schwäche abnahmen. Die Verbesserung korrelierte signifikant mit dem Anstieg des Hämoglobin-Wertes. Die Rate an UEs lag im Placebo-Bereich. Thromboembolische bzw. thrombophlebitische Komplikationen traten unter Luspatercept nicht vermehrt auf.
EHA 2021, #S101
CAR-T-Zelltherapie
Real World Daten (RWD) bestätigen Studienergebnisse
DESCAR-T ist das nationale französische Register, in dem die Daten von Patienten mit einer CAR-T-Zelltherapie ausgewertet werden. Ziel ist, Daten aus der realen Welt zu sammeln und im Hinblick auf Sicherheit und Wirksamkeit dieser innovativen Therapie zu analysieren.
Erste Analysen von 537 Patienten mit einem diffusen grossszelligen B-Zell-Lymphom zeigen, dass die CAR-T-Zelltherapie im klinischen Alltag angekommen ist und in der realen Welt das hält, was sie in den Zulassungsstudien versprochen hat.
Jeden Monat werden ca. 50 neue Patienten registriert, was den Erfolg der CAR-T-Zelltherapie belegt. Für insgesamt 607 Patienten wurden bisher CAR-T-Zellen bestellt und 550 Patienten wurden infundiert; 350 Patienten erhielten Axi-cel und 200 Patienten Tisa-acel. Insgesamt wurde mit der CAR-T-Zelltherapie bis zum 30. Tag bei 40% eine vollständige Remission und bei 30% eine partielle Remission erreicht. Das PFS nach 6 Monaten ab Zeitpunkt der Infusion betrug 44,5%, die Dauer des PFS lag zwischen 39,6 und 49,2 Monaten. Zusammenfassend bestätigen diese RWD die klinische Wirksamkeit in Studien.
PS
EHA 2021, #S216
Multiples Myelom
Daratumumab-Erhaltungstherapie nach Transplantation verbessert das PFS
In Teil 1 der dreiphasigen CASSIOPEIA-Studie wurde eine Induktions- und Konsolidierungstherapie mit Daratumumab in Kombination mit Bortezomib, Thalidomid und Dexamethason (D-VTd) mit der Kombination VTd verglichen und zwar bei Patienten mit einem neu diagnostizierten MM , die für eine autologe Stammzelltransplantation (ASZT) geeignet waren.
Die Ergebnisse der Studie zeigten die überlegene Wirksamkeit von D-VTd gegenüber VTd allein oder in Kombination mit einer ASZT. Jetzt wurden die Ergebnisse der Zwischenanalyse von Teil 2 der CASSIOPEIA-Studie vorgestellt. Im Rahmen dieses zweiten Teils wurde eine Erhaltungstherapie mit Daratumumab nach der ASZT mit einer ausschliesslichen Beobachtung verglichen. Eingeschlossen wurden alle 886 Responder der Teil 1-Studie.
Eine Zwischenanalyse zeigte, dass durch eine Daratumumab-Erhaltungstherapie eine signifikante Verlängerung des PFS erreicht wird. Ein Vorteil wurde aber nur bei denjenigen Patienten erzielt, die im Teil 1 mit VTd behandelt wurden. Patienten, die in Teil 1 D-VTd erhalten hatten, zeigten ein vergleichbares PFS wie die Beobachtungsgruppe. Auch führte die Daratumumab-Erhaltungstherapie zu einer signifikant höheren Ansprechrate. Zusammenfassend ist eine Daratumumab-Erhaltungstherapie vorteilhaft für Patienten nach ASZT, die eine Induktions- und Konsolidierungstherapie mit VTd erhalten haben.
PS
EHA 2021, #S180