Die grossen Detailhändler machen es vor: Migros, Coop und Co. liefern nach Hause. Mittlerweile verstopfen Kolonnen von Lieferwagen unsere Autobahnen und Strassen in den Agglomerationen. Alle sprechen von einem neuen Trend, befeuert durch die Pandemie. Das ist doch ein «déjà vu». Wir Hausärzte und andere Grundversorger erbringen, seit man sich erinnern kann, medizinische Leistungen zu Hause. Der Hausbesuch ist doch die wohl älteste Form des Hauslieferdienstes, oder nicht? Mann/Frau ist ja Hausärztin, das ist eine Person die nach Hause kommt, um medizinische Leistungen zu erbringen. Tatsache, immer weniger Hausärzte machen Hausbesuche. Warum wohl? Der Zeitaufwand ist enorm, in den Städten werden die Parkplätze abgebaut, Bussen drohen uns, wenn nicht gesetzeskonform parkiert wird, Benzin und Strompreise werden immer teurer, Stau wegen der vielen Lieferwagen fordert Zeitaufwand. Das veraltete Tarifsystem erkennt diese Situation nicht. Mittlerweile sollten die Hausärzte zu Fuss mit Notfallkoffer auf dem Rücken oder mit dem Velo die Hausbesuche durchführen. Würden wir das tun, würden die Rechnungen in die Höhe schnellen, niemand wäre bereit den ökologischen Einsatz seines Hausarztes zu bezahlen.
Fazit: Können wir den Hausbesuch nicht mehr anbieten, da nicht rentabel? Hier werden wir, bedingt durch die Hemmnisse, gezwungen, uns antizyklisch zu verhalten. Es droht die Rechtfertigung für diesen Berufstand zu verlieren – eine Hausärztin, der/die keine Hausbesuche macht, ist keine Hausärztin.
Anderseits bieten die Krankenkassen online Dienste an, wo sich Versicherte beraten lassen können. Doch wer beantwortet das Telefon? Das ist doch ein Versuch, Aufträge, die genuin den grundversorgenden Ärztinnen zustehen, zu entreissen.
Trotz dem Wandel der Zeit und Trends, müssen wir weiterhin den traditionellen Hausbesuch anbieten. Wir Hausärztinnen sollen uns aber dafür einsetzen, dass er zeitgemäss tarifiert wird, und wir nicht der Willkür von Gesundheits-, Verkehrs- und anderen Politikern zum Opfer fallen.
Ein Vorsatz für das kommende neue Jahr: lasst euch nicht unterkriegen – macht auch im neuen Jahr Hausbesuche – ein Ja zur Hausarztmedizin!

Dr. med. Astrid Lyrer