- Moderne Therapie steht auf vier Säulen
Die neue ESC-Leitlinie für die Herzinsuffizienz bedeutet einen Strategiewechsel. Empfohlen wird jetzt eine rasche Therapieeinleitung mit allen vier Prognose-verbessernden Substanzen nach dem Motto: Möglichst früh möglichst vier!
Die Therapie der systolischen Herzinsuffizienz (HFrEF) hat durch die Einführung neuer Substanzen grosse Fortschritte erfahren. Heute stehen neben Betablocker, RAS-Blocker und MRA auch der ARNI und SGLT2-Inhibitoren als Prognose-verbessernde Substanzen zur Verfügung. Dies erforderte eine Aktualisierung der Leitlinie. Die neuen Empfehlungen stellen nach Meinung von Professor Frank Ruschitzka, Zürich, eine Strategie- ja sogar einen Paradigmenwechsel dar.
Als moderne Basistherapie wird jetzt die «4er-Kombi» (ARNI/ACEI, Betablocker, MRA, SGLT2-Hemmer) propagiert. Statt des bisherigen stufenweisen Vorgehens mit einer Titration bis zur Zieldosis bei jedem Schritt und einer sich daraus ergebenden Zeitdauer > 6 Monate wird nun die frühe und parallele Etablierung aller vier Therapieprinzipien empfohlen. Beginnen kann man beispielsweise mit der Kombination Betablocker plus SGLT2-Inhibitor, bevor dann der ARNI und MRA hinzugefügt werden. Alle drei Schritte sollten nach den neuen Empfehlungen innerhalb von vier Wochen und die Titration zur Zieldosis erst nach Initiierung aller Medikationen erfolgen. Nicht die exakte Sequenz ist wichtig, sondern dass in kurzer Zeit alle vier Therapieprinzipien implementiert werden. Nicht abgerückt sind die Autoren von der Empfehlung, den ACE-Hemmer erst dann durch den ARNI (Entresto®) zu ersetzen, wenn der Patient unter dem ACE-Inhibitor weiterhin symptomatisch bleibt. Aber auch der primäre Einsatz des ARNI statt eines ACE-Inhibitors kann erwogen werden, ja es spricht sogar vieles dafür. Geändert hat sich der Stellenwert des AT1-Blockers. Er ist aus dem Standardrepertoir verschwunden und wird jetzt nur dann empfohlen, wenn ACE-Inhibitoren oder der ARNI nicht vertragen werden.
EMPEROR-Reduced- und DAPA-HF-Studie
Die jetzt erfolgte Aufnahme der SGLT2-Inhibitoren als primäres Konzept in die Leitlinie beruht auf den Daten zweier grosser Endpunktstudien, nämlich der EMPEROR-Reduced- und der DAPA-HF-Studie. Im Rahmen der EMPEROR-Reduced-Studie konnte für Empagliflozin (Jardiance®) eine kardioprotektive Wirkung nachgewiesen werden und zwar auch bei Nicht-Diabetikern. Aufgenommen in diese Studie wurden 3,730 Patienten mit einer Herzinsuffizienz (EF ≤ 40%) mit und ohne Diabetes mellitus. Primärer Endpunkt der Studie war die Kombination aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz, sekundärer Endpunkt eine Verschlechterung der Nierenfunktion. In der Empagliflozin-Gruppe erreichten 361 Patienten den primären Endpunkt, in der Placebo-Gruppe waren es 462 Patienten. Dies entspricht einer Risikoreduktion von 25%. Die Rate an Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz wurde um 30% und die Häufigkeit renaler Ereignisse sogar um 50% reduziert. Der Benefit des SGLT2-Inhibitors fand sich auch bei Patienten, die noch nicht vollständig rekompensiert waren. Hinweise für Interaktionen mit dem ARNI gab es nicht.
In einer Diabetes-Studie (DECLARE) konnte zunächst gezeigt werden, dass der SGLT2-Inhibitor Dapagliflozin (Forxiga®) bei Typ-2-Diabetikern das Risiko für die Manifestation einer Herzinsuffizienz senkt. Dabei dürften unabhängig von der Stoffwechselkontrolle einsetzende direkte kardioprotektive Mechanismen die entscheidende Rolle spielen. Dies war die Rationale für die DAPA-HF-Studie, die die Wirkung des SGLT2-Inhibitors Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz untersuchte und zwar sowohl bei Diabetikern als auch bei Stoffwechselgesunden.
Die Patienten erhielten 10 mg Dapagliflozin einmal täglich oder Placebo neben der Leitlinien-gerechten Standardtherapie. Nur die Hälfte der Studienteilnehmer hatte einen Typ 2-Diabetes. Durch Dapagliflozin wurde bei einem medianen Follow up von 18,2 Monaten der primäre kombinierte Endpunkt (Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärer Tod) um 26%, das Risiko für eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz um 30% und das kardiovaskuläre Sterberisiko um 18% reduziert. Die Gesamtmortalität wurde um 17% gesenkt. Auch die Lebensqualität wurde deutlich verbessert. Dabei gab es keinen Unterschied zwischen Diabetikern und Stoffwechselgesunden. Dapagliflozin wurde gut vertragen, es gab kein Unterschied zu Placebo.