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Differentialdiagnose der Creatinkinaserhöhung

Die asymptomatische Erhöhung der Creatinkinase (CK) ist ein häufiger Befund, der zur Beunruhigung sowohl der Patienten als auch der behandelnden Ärztinnen und Ärzte führen kann. Die CK setzt sich aus 3 Isoenzymen zusammen, CK-MM, CK, BB und CK-MB. CK-MM findet sich vor allem im Skelettmuskel, CK-BB im ZNS und CK-MB im Mykoard. Daneben existiert eine mitochondriale CK-Isoform, die in zwei Typen vorkommt. CK-Erhöhungen können muskuläre Erkrankungen oder einen Herzinfarkt anzeigen; sie können aber auch bloss auf erhöhte körperliche Tätigkeit zurückzuführen sein. Erhöhte CK-BB-Werte treten bei Hirnschäden auf. Die mitochondrialen CK-Werte sind bei Erkrankungen der Mitochondrien erhöht.



The asymptomatic elevation of creatine kinase (CK) is a common finding that may cause concern for both patients and treating physicians. CK is composed of 3 isoenzymes, CK-MM, CK, BB and CK-MB. CK-MM is found mainly in skeletal muscle, CK-BB in the CNS and CK-MB in the myocardium. In addition, there is a mitochondrial CK isoform that occurs in two types. CK elevations can indicate muscular diseases or a heart attack, but they can also be due to increased physical activity. Elevated CK-BB levels occur with brain damage. The mitochondrial CK values can be elevated in mitochondrial diseases.
Key Words: Creatine kinase, CK isoforms, musculoskeletal diseases, myocardial infarction.

Das Enzym Creatinkinase findet sich in der Skelettmuskulatur und im Gehirn. Es setzt sich aus 3 Isoenzymen zusammen, CK-MM, die vorwiegend im Skelettmuskel vorhanden ist, CK-BB die hauptsächlich im Gehirn vorkommt und CK-MB, die vor allem im Herzmuskel vorkommt (1). Daneben existiert ein weiteres Isoenzym, CK-MiMi oder mt-CK (Mitochondrientyp) (2). Diese tritt in zwei Formen auf: Mitochondriale Creatinkinase 1, auch ubiquitäre mitochondriale Creatinkinase (umtCK) genannt, mitochondriale Creatinkinase 2, auch sarkomerische mitochondriale Creatinkinase (smtCK) genannt.

CK-MB hat im Myokard einen Anteil von 15 bis 30% der gesamten CK, die restlichen 70 bis 85% entfallen auf die CK–MM. Die CK-MB kommt allerdings in geringerer Konzentration auch im Skelettmuskel vor. Hier beträgt ihr Anteil 5 bis 7%. Bei Gesunden ist praktisch die gesamte CK-Aktivität auf die Isoform CK-MM zurückzuführen. Der häufigste Grund für eine CK-Erhöhung bei Gesunden sind körperliche Anstrengungen.

Eine CK-Erhöhung ist häufig ein Zufallsbefund und sollte, insbesondere bei asymptomatischen Patienten, zunächst nach mehrtägiger Vermeidung körperlicher Belastung kontrolliert werden. Sie ist in der Regel ein Indikator für eine Muskelschädigung.

Eine Erhöhung der Gesamt-CK wird aber auch bei einer Reihe von Erkrankungen beobachtet, die mit akuten Muskelverletzungen einhergehen. Die Gesamt-CK ist auch nach Muskeltraumata, Myositis, Muskeldystrophie, Delirium tremens oder Krampfanfällen erhöht. Auf neurologischem Fachgebiet können Myopathien und Neuropathien mit Beteiligung des 2. Motoneurons Ursache für eine symptomatische CK-Erhöhung sein, wobei CK-Werte über 1000 U/L eher für eine primäre Muskelerkrankung sprechen.

Erhöhte Werte können auch häufig nach intramuskulären Injektionen festgestellt werden. Eine CK-Erhöhung kann auch als Nebenwirkung bei zahlreichen Medikamenten, einschliesslich Statinen, auftreten. Bei asymptomatischen Patienten kann eine Statin-assoziierte CK-Erhöhung bis zum 5-Fachen des oberen Grenzwertes toleriert werden. Bei höheren CK-Werten und/oder assoziierten muskulären Beschwerden sollte die LDL-Cholesterin-senkende Therapie neu festgelegt werden. Eine Rhabdomyolyse ist ein potentiell lebensgefährlicher Zustand und geht mit deutlichen CK-Erhöhungen einher. Zur Therapie in der akuten Phase gehört eine Sicherstellung der Nierenfunktion und ein Ausgleich von metabolischen Störungen.

CK-MB und Herzinfarktdiagnostik

Der CK-MB kommt Bedeutung im Rahmen der Herzinfarktdia­gnostik zu. Die CK-MB steigt 3-4 Stunden nach einem Herzinfarkt an, mit einem maximalen Anstieg innerhalb von 24 Stunden, worauf sich die Werte wieder normalisieren. Die Herzinfarktdiagnostik ist aber durch das viel spezifischere kardiale Troponin abgelöst worden. Troponin T steigt innerhalb von 4-6 Stunden nach einer Myokardverletzung an, es erreicht seinen Höchstwert nach ca. 10 Stunden und kehrt nach 4 Tagen wieder in den Referenzbereich zurück. Während früher die CK-MB als relativ früher Marker noch einige Bedeutung hatte, ist heute durch die Einführung des High-sensitivity-Troponins eine frühe und spezifische Herzinfarktdia­gnostik möglich (3).

Makro-CK

Eine weitere Isoform der Creatinkinase ist die Makro-CK (4). Es werden zwei Typen von Makro-CK unterschieden: Makro-CK Typ 1 und Makro-CK Typ 2. Typ 1 entsteht durch Bindung eines CK-Isoenzyms (meistens die Isoform CK-BB, weniger oft CK-MB oder CK-MM), an ein Immunglobulin. Dies ist meistens IgG, es kann aber auch IgA oder IgM sein. Die Isoform Makro-CK Typ 2 entsteht durch Polymerisierung des mitochondrialen Isoenzyms.

Die Prävalenz der Makro-CK Typ 1 beträgt 0.43% bis 2.5% (4, 5). Makro-CK Typ 1 tritt mit bestimmten Krankheiten auf, wie Myositis, Hypothyreose, Colitis ulcerosa und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (4). Sie kann aber auch bei Gesunden nachgewiesen werden (4). Die Prävalenz der Makro-CK Typ 2 wird mit 0.5% bis 3.7% angegeben (5, 6). Sie tritt bei Patienten mit onkologischen Erkrankungen, vor allem Kolonkarzinom, Lungenkarzinom sowie hepatozelluläre und urologische Karzinome, Mamma- und Magenkarzinom häufig in der metastasierten Phase auf (7). Makro-CK Typ 2 kann ferner auch bei Lebererkrankungen und bei HIV-positiven Personen nachgewiesen werden (4).

Abklärung der CK-Erhöhung

Ausschlaggebend für Reihenfolge und Ausmass der Abklärung sind Anamnese (Symptome, Familienanamnese, körperliche Aktivität, Medikamente, Alkohol, Drogen) und Status mit Zusatzbefunden (Hinweise für Myopathie, Systemerkrankung wie Vaskulitis etc.). Routinelabor BSR, CRP, Blutbild (evtl. Leukozytose), Kreatinin, Transaminasen, Kalium, Kalzium, Natrium, Phosphat.

Die Gesamt-CK-Aktivität steigt meist 2-8 Stunden nach schädigender Einwirkung an, erreicht den maximalen Wert meist innerhalb 24 Stunden (evtl. 1-3 Tage) und fällt nach Sistieren der Schädigung über 3-5 Tage ab. Einen ähnlichen Anstieg zeigt die CK-MB, sie fällt jedoch früher wieder ab.

Die Bestimmung der CK sollte nach einem genügend grossen Intervall nach körperlicher Tätigkeit durchgeführt werden.
Das erweiterte Labor umfasst Harnsäure, LDH (kommt in beinahe allen Zellen des Organismus vor), Aldolase (v.a. im Skelettmuskel, Leber und Gehirn vorhanden), CK-Isoenzym-Elektrophorese im Serum: Definitiver Nachweis von CK-MM und Ausschluss einer Makro-CK. Myoglobin im Plasma (die Bestimmung sollte nach einem genügend grossen Intervall nach körperlicher Anstrengung durchgeführt werden).

Weitere Abklärungen richten sich nach der vermuteten Ursache. Sie können ein EKG, eine Elektromyographie bei Hinweisen auf eine Myopathie, Bildgebung des Muskels mittels MRT oder Ultraschall umfassen. Neue Medikamente wie z.B. Checkpoint-Inhibitoren können als Nebenwirkung eine Myopathie bedingen, was bei der Anamnese bedacht werden muss. Der Stellenwert der Bildgebung des Muskels mittels MRT oder Ultraschall hat zugenommen.

Die Identifikation des Gendefekts gewinnt immer mehr an Bedeutung, da bei hereditären Myopathien zunehmend genspezifische therapeutische Ansätze bestehen (8).

Interpretation

Erhöhte CK-Werte werden bei den folgenden Erkrankungen beobachtet:

  • Herzmuskelerkrankungen (Myokardinfarkt, Endokarditis, Myokarditis, Perikarditis, KHK
  • Skelettmuskelerkrankungen (Myositis, Muskeldystrophie, Myopathien Dermatomyositis, Rhabdomyolyse, intensives Kraft- oder Ausdauertraining)
  • intramuskuläre Injektion
  • Entbindung (Wehentätigkeit), Sectio (Muskelschaden
  • Hämolyse
  • Krampfanfall
  • Verbrennungen
  • Akute Intoxikation
  • Endokrinopathien (Hypothyreose)
  • Medikamente (Statine)
  • Makro-CK

Bei Erkrankungen der Skelettmuskulatur ist der CK-Wert meist deutlich (auf über 25000 U/l) erhöht. Bei einem Herzinfarkt bleibt der CK-Wert meistens unter 7500 U/l.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel.

◆ Die Creatinkinase tritt in 3 Isoformen auf, CK-MM, CK-MB und CK-BB, deren Hauptlokalisationen der Skelettmuskel, der Myokardmuskel und das Zentralnervensystem sind.
◆ Daneben gibt es 2 mitochondriale CK-Formen, die mtochondriale Creatinkinase 1, auch ubiquitäre mitochondriale Creatinkinase genannt, und die mitochondriale Creatinkinase 2, auch sarkomerische mitochondriale Creatinkinase genannt.
◆ Die meisten CK-Erhöhungen sind auf das Isoenzym MM zurückzuführen und sind bei Gesunden auf erhöhte körperliche Aktivität oder die Einnahme gewisser Medikamente zurückzuführen.
◆ Die Herzinfarktdiagnostik mittels CK-MB ist durch das spezifischere und sensitivere kardiale Troponin abgelöst worden.
◆ Eine Makro-CK muss in Betracht gezogen werden, wenn die CK-Aktivität ohne erkennbare Ursache über einen längeren Zeitraum erhöht bleibt oder wenn der CK-MB-Wert über 50% der gesamten CK-Aktivität übersteigt.

1 Lackner KI und Peetz D In A. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, Springer Reference Medizin 2018, https://doi.org/10.1007/978-3-662-49054-9_1780)
2. Schlattner U, et al.:Mitochondrial creatine kinase in human health and disease. In: Biochim. Biophys. Acta. 1762, Nr. 2, Februar 2006, S. 164-180.
3. Reichlin T et al. Early diagnosis of myocardial infarction with sensitive cardiac
troponin assays. N Engl J Med. 2009;361:858-867.
4. Aljuani F,et al. Macro-creatine kinase: a neglected cause of elevated creatine
kinase. Intern Med J. 2015;45:457-9.
5. Galarraga Bet al. A rare but important cause for a raised serum creatine kinase concentration: two case reports and a literature review. Rheumatology (Oxford). 2003;42:18-8.
6. Pérez de Ciriza C, Varo N. Macro Creatine Kinase: comparison of different screening methods and revision of the bibliography. Biochem Anal Biochem. 2014;3:161.
7. Chang CC et al. Creatine kinase (CK)-MB-to-total-CK ratio: a laboratory indicator for primary cancer screening. Asian Pac J Cancer Prev. 2015;16(15):6599-603.
8. Deschauer M et al. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2021.