- Back to the roots? 20 Jahre Women’s Health Initiative Study
2022 jährt sich die erste Publikation zur Women’s Health Initiative-Studie (WHI-Studie) zum 20. Mal. Diese Studie wurde bei asymptomatischen Frauen mit einem mittleren Alter von 63 Jahren durchgeführt, von denen rund ein Drittel mit vorbestehenden Risikofaktoren belastet war. Diese Population ist für jüngere symptomatische peri- und früh postmenopausale Frauen nicht repräsentativ. Bei der Datenanalyse waren deshalb Subanalysen bei der jüngsten Altersgruppe zwischen 50-59 Jahren notwendig. Dies beeinträchtigte die statistische Power, führte aber zu neuen Erkenntnissen wie dem «Window of Opportunity». Die WHI-Studie muss immer im Zusammenhang mit anderen Studien interpretiert werden. Eine individualisierte transdermale E2-Gabe, wenn nötig kombiniert mit mikronisiertem Progesteron oder Dydrogesteron, kann auch nach der WHI-Studie als sicher gelten. Die Menopausale Hormon-Therapie deckt als einziges Therapieprinzip gleichzeitig die Behandlung des klimakterischen Syndroms und die Frakturprävention ab.
2022 marks the 20th anniversary of the first publication on the Women’s Health Initiative study (WHI study). This study was conducted in asymptomatic women with a median age of 63 years, about one-third of whom had pre-existing risk factors. Such a population is not representative for younger symptomatic peri- and early postmenopausal women. Therefore, subanalyses were essential in the youngest age group between 50-59 years. This affected the statistical power, but allowed the discovery of new therapeutic laws such as the «window of opportunity». The WHI study must always be interpreted in the context of other studies. Transdermal estradiol, if needed combined with micronised progesterone or dydrogesterone is considered to be safe. Menopause Hormone Therapy is the only therapeutic principal that covers at the same time the treatment of the climacteric syndrome as well as fracture prevention.
Key Words: WHI Study – menopause – estrogens – climacteric syndrome – osteoporosis – cardiovascular diseases
Das späte Eingeständnis von WHI-Investigatoren, dass nach der Erstpublikation aus der WHI-Studie wissenschaftliche und ethische Regeln verletzt worden waren, erlaubt es, die Datenlage zur Menopausalen Hormon-Therapie (MHT) objektiv in ihren methodischen Grenzen zu sehen. Die WHI-Studie hat neue Erkenntnisse gebracht wie die Existenz eines «günstigen Fensters» innerhalb dessen der Nutzen die Risiken überwiegt. Jede MHT erfordert eine klare individualisierte Indikation. In die Nutzen-Risiko-Abwägung müssen die günstigen Nebenwirkungen einer MHT ebenso wie die evidenzbasierten nicht-hormonalen Alternativen mit einbezogen werden. Eine individualisierte transdermale E2-Gabe, wenn nötig kombiniert mit mikronisiertem Progesteron oder Dydrogesteron, kann auch nach der WHI-Studie als sicher gelten. Diesen Sommer jährt sich die erste Publikation zur Women’s Health Initiative-Studie zum 20. Mal. Seither wurden die durch diese Studie aufgeworfenen Fragen weitgehend geklärt. Es ist daher zulässig, eine Bilanz zu ziehen.
Indikationen der Hormon-Ersatz-Therapie bis 2002
Vor 2002 galt, dass eine Hormonersatztherapie (HET) die Symptome des klimakterischen Syndroms lindert, die Lebensqualität nach der Menopause verbessert und die Abnahme der Knochendichte reduziert. Ein «International Position Paper on Women’s Health and Menopause» (1) hielt diese Punkte gestützt auf die bereits damals solide Evidenz (2-9) als Indikationen fest. Die Reduktion der gesamten und der kardiovaskulären Mortalität wurde im Lorenzini-Report als günstige Nebenwirkungen, aber nicht als Indikation aufgeführt.
Ziele der Women’s Health Initiative-Studie
Die WHI-Studie wollte zeigen, dass die Prävention weiterer estrogenmangel-bedingter Krankheiten, insbesondere der kardiovaskulären Erkrankungen, zu den Indikation einer HET gehören soll. Wegen der Vorgabe einer niedrigen Drop-Out-Rate in der Placebogruppe und einer raschen Rekrutierung schlichen sich folgende Biases in die Studie ein:
1. Die Behandlung des klimakterischen Syndroms war kein Studienziel. Symptomatische Frauen wurden ausgeschlossen. Das mittlere Alter betrug daher bei Studieneinschluss 63 Jahre, der mittlere Abstand zur Menopause 12 Jahre. Aus heutiger Sicht hätte in dieser älteren asymptomatischen Population eine HET nicht mehr begonnen werden dürfen.
2. Es wurden überproportional viele Frauen mit vorbestehenden Erkrankungen rekrutiert. Die Volontärinnen wiesen in 34% einen BMI ≥ 30kg/m2, waren in 50 % Raucherinnen und litten in 36 % an einer arteriellen Hypertonie; knapp 13 % nahmen bereits Statine und 20 % eine Aspirintherapie ein.
Somit wurde für den WHI-Trial eine Studienpopulation selektioniert, die nicht der Normalpopulation entsprach, bei der in der Praxis eine HET verschrieben wird. Ungünstig wirkten sich auch die Wahl einer ausschliesslich peroralen HET mit konjugierten equinen Estrogenen (CEE) und Medroxyprogesteron-Azetats (MPA) aus, ein Gestagen mit glucocorticoider Partialwirkung. CEE und MPA waren 2002 Marktführer in den USA und wurden von einem Sponsor der Studie produziert.
Erste Analyse zur WHI-Studie und deren Folgen
Die erste Publikation zum WHI-Trial von 2002 (10) umfasste die Gesamtpopulation im Alter von 50-79 Jahren (mittleres Alter:
63 Jahre). Nur die Senkung des Frakturrisikos und der Anstieg venöser thrombo-embolischer Ereignisse waren signifikant (Abb. 1), alle andern Parameter veränderten sich nicht signifikant. Durch gezielte Leaks vor dem Erscheinen des Artikels bekamen Laienmedien einen Vorsprung vor den nicht informierten Experten (Abb. 2), was sich auf die Wahrnehmung der Studienresultate verheerend auswirkte (11).
Leider wurde nicht nur in den Laienmedien übersehen,
- dass sich diese Daten auf ältere und mit Krankheiten vorbelastete Frauen bezogen,
- dass nicht zwischen korrigierten und unkorrigierten Resultaten unterschieden und dass nicht-signifikante Risikoveränderungen wie diejenige von Brustkrebs hochgespielt wurden.
- dass die Risiken überschätzt und falsche Schlüsse zur Indikation der HET bei gesunden symptomatischen Frauen im Alter von 50-59 Jahren gezogen wurden.
Als direkte Folge dieses Artikels lehnten viele Frauen eine HET ab. Nach 2002 litten in den USA 20 % der Frauen unter 55 Jahren an starken klimakterischen Beschwerden, da die noch eingesetzten alternativen Methoden nicht wirksam genug waren. Dies liess nach 2002 auch Morbidität und Mortalität ansteigen:
◆ Zwischen 2002-2011 verstarben in den USA 58’000 Frauen im Alter von 50-59 Jahren mit Estrogenmangel vorzeitig. Diese vermeidbare Exzess-Mortalität betraf 13/10,000 Frauen/Jahr. 12 der 13 vorzeitigen Todesfälle waren kardiovaskulär bedingt (12, 13).
◆ Eine Abnahme der HET um 50 % führte in den USA zu einem um 50 % erhöhten Frakturrisiko, entsprechend 43’000 vermeidbaren zusätzlichen Frakturen/Jahr (14).
Erkenntnisse aus den Subanalysen zur WHI-Studie
Erst die ab 2007 publizierten Subanalysen in der Altergruppe von 50-59 Jahren erlaubten ein differenziertes Bild zu Nutzen und Risiken einer Menopausalen Hormon-Therapie (MHT = HET). Dies wurde mit einem Verlust an statistischer Power erkauft.
Totale Mortalität
Die Subanalyse von 2007 ergab für Frauen von 50-59 Jahren unter MHT eine um 30% verminderte totale Mortalität (p<0.05). Bei Frauen von 70-79 Jahren stieg sie an (15). Dies stimmte mit einer älteren Metaanalyse überein, welche für die totale Mortalität bei Frauen ≤ 60 Jahren unter MHT einen signifikanten Abfall der Odds Ratio (0,61; VI 0,39-0,95; 9) gefunden hatte. Die kumulativen 13-Jahres-Daten (27) zeigten unter CEE als einzigen Risikoanstieg eine nicht-signifikante Zunahme des Todes an Lungenembolien (Tab. 1). Alle andern in der Erstanalyse von 2002 (10) vermuteten Risiken sanken in absoluten Fallzahlen ab. Die kumulativen 18-Jahres-Daten zeigten für die gesamte Studienpopulation, alle Altersgruppen und beide Studien (CEE allein und CEE+MPA) zusammengenommen, für die Interventionsphase und den kumulativen Follow-Up keine Veränderungen der totalen, der kardiovaskulären und der krebsbedingten Mortalität (28). In der Interventionsphase kam es für Frauen zwischen 50-59 Jahren im Gegenteil zu einer signifikanten Reduktion der Mortalität (Hazard Ratio 0,69 (p = 0,01) (28).
Diese Ergebnisse bestätigen ältere Langzeitresultate (29, 42). Auch die NHS (30) fand bis zu einer Beobachtungszeit von 36 Jahren keinen Anstieg der Gesamtmortalität.
Kardiovaskuläre Mortalität
Der Tod an koronaren Herzkrankheiten nahm in der WHI-Studie unter MHT signifikant ab (Tab. 1). Dies überrascht nicht, da perorale und transdermale Estrogene unter anderem die Inzidenz von Diabetes mellitus senken (28, 31-33) und einen günstigen Effekt auf die Arterienwand ausüben (34). Nach Absetzen der MHT steigt das Risiko wieder an (13).
Das Brustkrebs-Risiko
Unter CEE fiel das Risiko für Morbidität und Mortalität an Brustkrebs nach einem medianen Follow-Up von 11,8 Jahren signifikant (37). Die kumulativen 13-Jahres Daten fanden eine nicht-signifikant gesenkte Mortalität an Brustkrebs, die auch nach 18 Jahren erniedrigt blieb (38). Dies könnte auch dadurch erklärt werden, dass Frauen mit metabolischem Syndrom und Adipositas in der WHI-Studie überrepräsentiert waren.
In einem RCT bei einer dänischen Normalpopulation fand sich nach 16 Jahren für Brustkrebs keine Risikoveränderung (29). Die NHS (30) beobachtete erst bei einer HET-Einnahme von >20 Jahren einen Anstieg des relativen Risikos auf 1,42. (95% VI 1,13–1,77). Bei Beginn innerhalb des «günstigen Fensters» ist nach der Internationalen Menopausegesellschaft (IMS; 20) das Risiko eines mit einer MHT assoziierten Mammakarzinoms klein und wird auf weniger als 0.1 % pro Jahr oder auf eine Inzidenz von <1.0 per 1000 Frauen pro Anwendungsjahr geschätzt. Dies ist vergleichbar oder niedriger als alltägliche Risiken wie geringe körperliche Aktivität, Adipositas oder Alkoholeinnahme (20, 21).
Dennoch hält sich das Misstrauen gegenüber einer MHT weiter, obwohl in der Schweiz sechsmal mehr Frauen an Herz-Kreislauf-Krankheit als an einem Brustkrebs sterben (Abb. 3).
Das Eingeständnis von 2016
Das offizielle Eingeständnis der Schwächen der WHI-Studie kam erst 2016 über eine Review mit dem Titel ««Getting Clinical Care back on Track» (25). Sie wurde von WHI-Investigatoren verfasst und enthält folgende Kernaussagen:
- Die Resultate aus der WHI-Studie bei älteren Frauen wurden auf unangemessene Weise dazu benützt, um therapeutische Entscheide für jüngere Frauen in ihren 40-ern und 50-ern zu treffen. Damit wurden wissenschaftliche und ethische Regeln verletzt.
- Die systemische MHT ist die wirksamste heute verfügbare Behandlung der klimakterischen Symptome und sollte bei
Fehlen von Kontraindikationen bei mittelstarken bis schweren vasomotorischen Symptomen empfohlen werden. - Unbehandelte menopausale Symptome sind mit höheren Gesundheitskosten und einem Verlust an Leistungsfähigkeit verbunden.
- Das Widerstreben gegen die hormonelle Behandlung klimakterischer Beschwerden ist nach der WHI-Studie entgleist und führte zu einer grossen und unnötigen Last an Leiden und zur Propagierung von ungeprüften und unregulierten Ersatzbehandlungen, welche die Gesundheit von peri- und postmenopausalen Frauen nachhaltig schädigen können.
- Es hat sich der Konsensus herauskristallisiert, dass der Nutzen einer MHT die Risiken überwiegt
Mit dieser Review schlossen sich die WHI-Autoren den internationalen und nationalen Empfehlungen an (Global Consensus, Empfehlungen der IMS, Schweizer Expertenbrief) (20, 21, 26).
Erkenntnisse zur modernen MHT aus anderen Studien
Gleichzeitig zum WHI-Trial wurden vor allem in Europa Studien zu nicht-oralen Präparaten und zu metabolisch günstigen Gestagenen vorangetrieben.
Transdermal oder peroral?
Eine transdermale Gabe von E2 vermeidet den Anstieg von thrombo-embolischem Risiko und CVI einer oralen MHT, solange die Standarddosis von 50µg E2/Tag nicht überschritten wird (16-19). Orale und transdermale MHT unterscheiden sich nicht in ihrer Wirkung auf das klimakterische Syndrom, das Skelett und auf die Brust.
Welches Gestagen?
Gestagene beeinflussen das Risiko einer Estrogentherapie. Nicht alle Gestagene haben das gleiche metabolische Risikopotential. Ein Klasseneffekt für Gestagene existiert nicht.
Die Zugabe von mikronisiertem Progesteron oder Dydrogesteron zu E2/EV besitzt ein signifikant niedrigeres Risiko für das kardiovaskuläre System, Bustkrebs und thrombo-embolische Ereignisse als diejenige anderer Gestagene (16-19, 22-24); weiterführende Literatur in (20, 21).
Wie lange behandeln?
In Europa geben im Mittel 74% (Range 60%-88%) aller Frauen klimakterische Symptome an. Oft wird unterschätzt, wie lange VMS andauern können (39-41):
- rund 25 % aller Frauen leiden noch mit > 65 Jahren unter VMS
- Bei 85-jährigen Frauen litten noch 16 % tagsüber und/oder nachts an VMS, 10 % litten stark bis mittelstark darunter
- in dieser Gruppe benötigten 6,5 % noch regelmässig eine MHT
Die Fortführung einer MHT nach dem Alter von 65 Jahren darf somit nicht willkürlich limitiert werden. Die Indikation muss jährlich auf das Auftreten von Kontraindikationen überprüft werden. Bei Frauen ≥ 60 Jahren wird bei Verdacht auf fortgeschrittene Atherosklerose eine Messung der Carotis-Intima-Media-Dicke empfohlen.
Indikationen für eine MHT 2022
Behandlung des klimakterischen Syndroms
Die MHT bleibt die wirksamste Behandlungsmöglichkeit schwerer klimakterischer Beschwerden, die auf nicht-hormonale Möglichkeiten nicht ansprechen (Abb. 4).
Oft reicht für klimakterische Symptome eine niedrigere als die Standard-Dosierung aus (2mg E2 peroral, 50µg E2 transdermal, 1,0–1,5mg E2 als Gel pro Tag).
Bei symptomatischer vaginaler Atrophie ist die lokale niedrig dosierte Gabe von Estrogenen oder DHEA der systemischen MHT überlegen.
Frakturprävention
Die Wahrscheinlichkeit einer Fraktur an einer der vier Hauptlokalisationen (Wirbelsäule, Schenkelhals, Vorderarm, proximaler Humerus; «Major Fractures») liegt bei 40 % oder mehr, das lebenslängliche Risiko bei einer gesunden 50-jährigen Frau bei 52.3 %. Die verbleibende Ueberlebenszeit nach einer «Major Fracture» ist weniger günstig als nach einem Mammakarzinom. (43, 44). Die fatale erste Fraktur muss daher vermieden werden. Nur für eine Estrogengabe wurde auch bei gesunden Frauen (≤60 Jahre) ohne erhöhtes Frakturrisiko eine signifikante Senkung um 25–40 % für einen Knochenbruch an allen Lokalisationen nachgewiesen (Tab. 2) (44). Eine MHT verbessert zudem die «Stossdämpferfunktion» der Zwischenwirbelscheiben (46, 47). Sie ist wirksam, sicher und kosteneffektiv (NNT = 7) (45). Ihr Schutzeffekt hält bis zu 15 Jahre nach Absetzen an (45). Frakturdaten gibt es nur für die obige Standard-Dosierung. Beim Einsatz einer niedrigen oder ultraniedrigen E2-Dosierung zur Frakturprävention sollte deren Wirksamkeit durch die Messung der Knochendichte mittels DXA oder allenfalls durch die Bestimmung von Knochenmarkern überprüft werden.
Raloxifen, das einzige in der Schweiz zugelassene SERM, ist bei Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko eine Alternative zur MHT. Sein osteoprotektiver Schutz ist nur an der Wirbelsäule, aber nicht am nicht-vertebralen Skelett gesichert (48).
Prämature Ovarialinsuffizienz (POI)
Bei jeder POI besteht zumindest bis zum Alter des normalen Menopauseneintritts eine absolute Indikation für eine MHT (49, 50)
Relevante günstige Nebenwirkungen
Die Verminderung des kardiovaskulären Risikos durch eine MHT wird heute als Zusatznutzen, aber nicht als selbstständige Indikation für eine MHT anerkannt (11, 20, 21, 27-28, 42). Eine weitere günstige Nebenwirkung der MHT scheint auch eine Neuroprotektion zu sein (11, 20, 21, 27, 28, 35, 36). Günstige Nebenwirkungen können bei der Individualisierung einer MHT einbezogen werden.
Schlussfolgerungen
Das Eingeständnis von WHI-Investigatoren, dass nach der Erstpublikation aus der WHI-Studie (10) wissenschaftliche und ethische Regeln verletzt worden sind, erlaubt es uns heute, die Datenlage zur MHT objektiv in ihren methodischen Grenzen zu sehen. Nicht immer ist ein RCT die beste verfügbare Evidenz. Dies kann auch eine solide und gut geplante Beobachtungsstudie sein, wenn diese als einzige bei derjenigen Population durchgeführt wurde, die später mit dem untersuchten Präparat behandelt werden soll. Nach Jahren von Hybris und Fehlschlüssen sind wir zu den schon im Lorenzini-Report von 2002 (1) empfohlenen und seit vier Jahrzehnten gesicherten Indikationen zurückgekehrt: back to the roots!
Die WHI-Studie ist dennoch eine wichtige Studie. Sie hat uns zu neuen Erkenntnissen geführt wie der Existenz eines «günstigen Fensters». Innerhalb dieses «günstigen Fensters» (Beginn der MHT bei Frauen < 60 Jahre oder weniger als 10 Jahre von der Menopause entfernt) überwiegt der Nutzen die Risiken. Eine individualisierte transdermale E2-Gabe, wenn nötig kombiniert mit mikronisiertem Progesteron oder Dydrogesteron, kann auch bei älteren gesunden Frauen als sicher eingestuft werden.
Jede MHT erfordert eine klare individualisierte Indikation. Bis heute ist die MHT das einzige therapeutische Prinzip, das gleichzeitig beide Indikationen abdeckt, klimakterisches Syndrom und Frakturprävention. In die Nutzen-Risiko-Abwägung müssen die günstigen Nebenwirkungen einer MHT ebenso wie die evidenzbasierten nicht-hormonalen Alternativen mit einbezogen werden.
Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG
Gartenstrasse 67
4052 Basel
martin.birkhaeuser@bluewin.ch
Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
◆ Auch 20 Jahre nach der Erstpublikation bleibt der WHI-Trial eine der wichtigsten Studien zur Menopause und zur MHT. Seine Resultate müssen aber wegen der ungünstig ausgewählten Studienpopulation vor der Praxisanwendung immer mit den Ergebnissen aus andern RCTs, grossen prospektiven Beobachtungsstudien und soliden
Registerstudien abgeglichen werden.
◆ Beim klimakterischen Syndrom bleibt die MHT die wirksamste Behandlung. Sie verbessert die gesundheitsbezogene Lebensqualität und ist als einzige therapeutische Option gleichzeitig auch osteoprotektiv. Bei individualisierter Indikation und Beginn der MHT innerhalb des «günstigen Zeitfensters» überwiegt der Nutzen die Risiken
◆ Eine transdermale Gabe von Estradiol vermeidet das unter oraler Gabe erhöhte Risiko für thromboembolische Ereignisse und kann als sicher gelten.
◆ Zur Behandlung des klimakterischen Syndroms ist oft eine niedrigere als die früher übliche mittlere Dosierung («Standard») ausreichend. Dies gilt nicht für die Osteoprotektion, wo Frakturdaten unter niedriger Dosierung fehlen.
◆ Die Behandlungsdauer ist nicht starr nach oben begrenzt. Eine MHT kann ohne Kontraindikationen über das günstige Fenster hinaus
weitergeführt werden.
◆ Die MHT ist keine moderne Variante des alten Traums vom Jungbrunnen.
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- Vol. 12
- Ausgabe 3
- März 2022