- Zukunft der klinischen Krebsforschung in der Schweiz: Konkordanz statt Dissonanz
Wer kennt denn genau den Unterschied zwischen KFS, KLS, SAKK, SCF, SGMO, SGH, SPOG, Oncosuisse, SPO, NICER? Welche Organisation macht Krebsforschung, welche sammelt Geld für die Krebsforschung, welche unterstützt Patientinnen, welche ist für Standespolitik zuständig und welche ist generell nur politisch tätig? Dieser Umstand erschwert die öffentliche Wahrnehmung der klinischen Krebsforschung und führt zu Unschärfe in Politik und Medien. Zudem führt dies auch zu Verzettelung von Ressourcen, sowohl finanziell wie auch personell. Leidtragende sind letzten Endes die krebserkrankten Personen, denen heute immer weniger Möglichkeiten für die Teilnahme an nationalen klinischen Krebsforschungsprojekten geboten wird. Aber auch die Forschenden, die sich oft mit kleinen Studien an ihren eigenen Kliniken begnügen müssen, werden benachteiligt. Es ist bestimmt nicht ganz einfach, hier neuen Weg zu finden, jedoch steht hier die onkologische Gemeinschaft in der Schweiz in der Pflicht.
Drei Säulen spielen dabei eine wichtige Rolle:
1. Präsenz in der Politik: Während Krebs als Krankheit seit Jahrzehnten in der (Gesundheits-) Politik eine wichtige Rolle spielt, ist das für die klinische Krebsforschung viel weniger der Fall. Die Politik verweist gerne auf die Universitäten, auf die ETH, den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und diese Institutionen sind stolz über das Erreichte. Sie betreiben jedoch nur in geringem Ausmass klinische Krebsforschung. Diese findet vielmehr in vielen Zentren in der ganzen Schweiz statt, oft mit sehr bescheidenen finanziellen Mitteln. Hier muss das Lobbying für die klinische Krebsforschung breiter und intensiver werden und Politiker*innen aller Ebenen einschliessen.
2. Zusammenarbeit der bestehenden Organisationen: Eine enge Koordination und Zusammenarbeit der Organisationen ist essentiell, um nationale Krebsforschung zu fördern und zu finanzieren. Die Organisationen sollten sich idealerweise als ergänzend und nicht als konkurrenzierend verstehen und die klinische Krebsforschung vermehrt in den Vordergrund stellen.
3. Einstellung der Forschenden: In der kleinen Schweiz ist gute klinische Krebsforschung nur mit optimaler Zusammenarbeit möglich. Alle sind aufgerufen, sich nicht nur für die eigenen Projekte sondern auch für die Projekte anderer Forschenden einzusetzen und damit mehr erfolgreiche Abschlüsse zu ermöglichen.
Es muss der onkologischen Gemeinschaft besser gelingen, als eine Einheit aufzutreten, denen das Wohlergehen der krebskranken Menschen am Herzen liegt und die sich nicht von Einzelinteressen steuern lässt. Dies wird dazu führen, dass sowohl das Ansehen wie auch der Support für die klinische Krebsforschung in der Öffentlichkeit und in der Politik zunehmen. Dies ist zwingend nötig, denn es wird in der Schweiz viel gute Arbeit in sämtlichen Bereichen der klinischen Krebsforschung geleistet, und es ist an uns dafür zu sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Eine enge Zusammenarbeit aller Partner ist hier nötig ohne Scheuklappen und ohne übermässige Rücksicht auf Partikularinteressen. So kann es gelingen, dass die klinische Krebsforschung in der Schweiz vorwärtskommt und wieder gemeinsame Projekte stemmt, die national und international strahlen können.
PD Dr. med. Richard Cathomas
Onkologie/Hämatologie
Kantonsspital Graubünden
Loëstrasse 170
7000 Chur
richard.cathomas@ksgr.ch