- Ausgewählte Studien aus der Hämato-Onkologie
Verlängertes Gesamtüberleben mit Brentuximab Vedotin bei Vorliegen eines Hodgkin Lymphoms im Stadium III oder IV
Quelle: Stephen M. Ansell et al., N Engl J Med 2022;387:310-20. DOI: 10.1056/NEJMoa2206125
Hintergrund
Die Fünf-Jahres-Nachbeobachtung an Patienten/innen mit zuvor unbehandeltem klassischen Hodgkin-Lymphom im Stadium III oder IV zeigten langfristige Vorteile in Bezug auf das progressionsfreie Überleben (PFS) unter der Erstlinientherapie mit Brentuximab Vedotin, einem CD30-gerichteten Antikörper Antikörper-Konjugat, plus Doxorubicin, Vinblastin und Dacarbazin (A+AVD), im Vergleich zu einer reinen Chemotherapie mit Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin (ABVD). Aktuell wurde das Gesamtüberleben (OS) mit einer Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 6 Jahren untersucht.
Methoden
Die Patienten/innen wurden nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 1:1 auf bis zu sechs Zyklen A+AVD oder ABVD zugeteilt. Der primäre Endpunkt, das modifizierte PFS, wurde bereits berichtet. Der wichtigste sekundäre Endpunkt war das OS in der Intention to treat (ITT) Population. Ein weiterer Endpunkt war die Sicherheit der Therapie.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 664 Patienten/innen für die Behandlung mit A+AVD und 670 für die Behandlung mit ABVD ausgewählt. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 73,0 Monaten waren 39 Patienten/innen in der A+AVD-Gruppe und 64 in der ABVD-Gruppe gestorben (Hazard Ratio, 0,59; 95% Konfidenzintervall [CI], 0,40 bis 0,88; P = 0,009). Das geschätzte 6-Jahres-Gesamtüberleben betrug 93,9% (95% CI, 91,6 bis 95,5) in der A+AVD-Gruppe und 89,4% (95% CI, 86,6 bis 91,7) in der ABVD-Gruppe. Das PFS war für A+AVD länger als für ABVD (Hazard Ratio für das Fortschreiten der Krankheit oder den Tod, 0,68; 95% CI, 0,53 bis 0,86). Weniger Patienten/innen in der A+AVD-Gruppe als in der ABVD-Gruppe erhielten eine Folgetherapie, einschliesslich Transplantation, und bei A+AVD wurden weniger Zweitkrebsfälle gemeldet (bei 23 vs. 32 Patienten). Eine Primärprophylaxe mit Granulozyten-Kolonie-stimulierendem Faktor wurde empfohlen, nachdem bei A+AVD ein erhöhtes Auftreten einer febrilen Neutropenie beobachtet wurde. Die Neuropathierate war unter A+AVD höher als unter ABVD.
Schlussfolgerungen
Die Behandlung des Hodgkin-Lymphoms im Stadium III oder IV mit bis zu sechs Zyklen A+AVD führt zu einem Überlebensvorteil gegenüber einer ABVD Therapie.
Finanziert von Takeda Development Center Americas und Seagen; ECHELON-1 ClinicalTrials.gov Nummer, NCT01712490; EudraCT-Nummer, 2011-005450-60.
Teclistamab zur Therapie des rezidivierten oder refraktären Multiplen Myeloms
Quelle: P. Moreau et al., N Engl J Med 2022;387:495-505. DOI: 10.1056/NEJMoa2203478
Hintergrund
Teclistamab ist ein T-Zellen rekrutierender bispezifischer Antikörper, der sowohl das CD3 Antigen auf der Oberfläche von T-Zellen und das B-Zell-Maturierungsantigen (BCMA) auf der Oberfläche von Myelom-Zellen erkennt. Im dosisbestimmenden Teil der Phase-1-Studie zeigte Teclistamab eine vielversprechende Wirksamkeit bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom (rrMM).
Methoden
In diese Phase-1/2-Studie wurden rrMM Patienten/innen nach mindestens drei Therapielinien, einschliesslich einer Dreifachbehandlung mit einem immunmodulatorischen Medikament, einem Proteasom-Inhibitor und einem Anti-CD38-Antikörper aufgenommen. Die Patienten/innen erhielten eine wöchentliche subkutane Teclistamab Injektion (in einer Dosis von 1,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht), nachdem sie zuvor Dosen von 0,06 mg und 0,3 mg pro Kilogramm erhalten hatten. Der primäre Endpunkt war das Gesamtansprechen (partielles Ansprechen oder besser).
Ergebnisse
Von den 165 Patienten/innen, die Teclistamab erhielten, hatten 77,6 % eine refraktäre Erkrankung gegen drei Substanzklassen (im Median fünf vorangegangene Therapielinien). Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 14,1 Monaten lag die Gesamtansprechrate bei 63,0 %, wobei 65 Patienten/innen (39,4 %) ein vollständiges Ansprechen oder besser zeigten. Bei insgesamt 44 Patienten/innen (26,7 %) wurde keine minimale Resterkrankung (MRD) gefunden. Die mediane Ansprechdauer betrug 18,4 Monate (95% Konfidenzintervall [CI], 14,9 bis nicht abschätzbar). Die mediane Dauer des progressionsfreien Überlebens (PFS) betrug 11,3 Monate (95 % CI, 8,8 bis 17,1). Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen zählten das Zytokinfreisetzungssyndrom (bei 72,1 % der Patienten/innen; Grad 3, 0,6 %; kein Grad 4), Neutropenie (bei 70,9%; Grad 3 oder 4, 64,2%), Anämie (bei 52,1%; Grad 3 oder 4, 37,0%) und Thrombozytopenie (bei 40,0%; Grad 3 oder 4, 21,2%). Infektionen waren häufig (76,4 %; Grad 3 oder 4, 44,8 %). Neurotoxische Ereignisse traten bei 24 Patienten/innen (14,5 %), darunter ein mit Immuneffektorzellen assoziiertes Neurotoxizitätssyndrom bei 5 Patienten (3,0 %; alle Grad 1 oder 2).
Schlussfolgerungen
Teclistamab führte zu einer hohen Rate an tiefem und dauerhaftem Ansprechen bei rrMM Patienten/innen, die drei Substanzklassen ausgesetzt waren. Zytopenien und Infektionen waren häufig; toxische Nebenwirkungen, die mit einer T-Zell-Aktivierung vereinbar waren, waren typischerweise Grad 1 oder 2.
Finanziert von Janssen Forschung und Entwicklung; MajesTEC-1. ClinicalTrials.gov-Nummern, NCT03145181 und NCT04557098
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