- Cannabis, Kokain, Methamphetamin und Opiate erhöhen das Risiko des Auftretens von Vorhofflimmern
Vorhofflimmern (AF) wird heute als eine vermeidbare Krankheit angesehen, was die Suche nach veränderbaren Risikofaktoren erfordert. Mit der Legalisierung von Cannabis und der Lockerung der Gesetze in Bezug auf den Konsum anderer illegaler Substanzen wurde die Untersuchung der möglichen Auswirkungen von Methamphetamin-, Kokain-, Opiat- und Cannabisexposition auf das Auftreten von Vorhofflimmern untersucht.
Vorhofflimmern (AF) ist die in der klinischen Praxis am häufigsten anzutreffende Herzrhythmusstörung. Aktuellen Schätzungen zufolge werden bis zum Jahr 2050 6-12 Millionen Menschen in den USA von AF betroffen sein. AF ist mit erheblicher Morbidität und einem erhöhten Sterberisiko verbunden und verursacht enorme Kosten. Während sich die Behandlung von Vorhofflimmern weiterhin auf die Kontrolle der Herzfrequenz, Rhythmuskontrolle und Antikoagulation zum Schutz vor kardioembolischen Schlaganfällen beschränkt, wurden zusätzliche Anstrengungen unternommen, um die veränderbaren Risikofaktoren zu verstehen, die zum Auftreten von Vorhofflimmern beitragen und die einen breiteren Einfluss auf das Outcome und die Kosten haben könnten.
Obwohl Alkohol und Tabakrauchen jeweils mit einem erhöhten Vorhofflimmern-Risiko in Verbindung gebracht werden, sind die Zusammenhänge zwischen anderem Drogenkonsum und Vorhofflimmern nur unzureichend bekannt. Während frühere Arbeiten in Bezug auf Methamphetamine und Herzrhythmusstörungen sich auf tödliche ventrikuläre arrhythmogene Komplikationen konzentrierten, ist noch wenig über den Zusammenhang mit häufigeren Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern und die damit verbundenen komorbiden Komplikationen bekannt. In ähnlicher Weise hat sich die bisherige Literatur über Kokain auf den Zusammenhang mit tödlichen ventrikulären Arrhythmien konzentriert (1, 2), wobei nur kleine und experimentelle Studien oder Fallserien einen Zusammenhang mit Vorhofflimmern in Verbindung gebracht haben (3, 4). Im Gegensatz zu den eher geringeren Populationen von Methamphetamin- und Kokainkonsumenten konsumieren schätzungsweise 4 Millionen Amerikaner regelmässig jede Woche Opiate (5), wobei Daten darauf hindeuten, dass fast 10 Millionen Menschen pro Jahr verschreibungspflichtige Opiate in den USA missbrauchen (6). In einer kürzlich durchgeführten Querschnittsanalyse wurde berichtet, dass Opioidkonsum mit einer erhöhten Prävalenz von Vorhofflimmern in Verbindung gebracht wurde (7). Eine Untersuchung des Opiatkonsums als Prädiktor für die Entwicklung von Vorhofflimmern wurde jedoch noch nicht durchgeführt. Angesichts der zunehmenden Prävalenz des Cannabiskonsums, sowohl zu medizinischen als auch zu Freizeitzwecken (8-11), ist es von entscheidender Bedeutung, die potenziellen arrhythmogenen Risiken dieser Substanz zu verstehen. Während Assoziationen mit Vorhofflimmern beobachtet wurden, waren die bisherigen Arbeiten weitgehend deskriptiv und basieren auf Fallberichten (4, 12, 13) mit nur wenigen Querschnittsstudien an hospitalisierten Personen, die sowohl eine erhöhte als auch eine verringerte Wahrscheinlichkeit für Vorhofflimmern beobachtet haben.
Kürzlich wurde daher eine erste grosse Kohortenstudie im Längsschnitt durchgeführt, die den Konsum jeder dieser Substanzen als Prädiktor für Vorhofflimmern untersuchte (14).
Methoden und Ergebnisse
Bei Verwendung von Datenbanken des Office of Statewide Health Planning and Development wurde eine Längsschnittanalyse von erwachsenen Kaliforniern im Alter von ≥18 Jahren, die vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2015 in einer Notaufnahme, einer ambulanten chirurgischen Einrichtung oder einem Krankenhaus behandelt wurden, erstellt. Es wurde der Zusammenhang zwischen der Kodierung des Konsums der jeweiligen Substanz im Gesundheitswesen und einer neuen AF-Diagnose untersucht. Von den 23’561’884 Patienten konsumierten 98’271 Methamphetamin, 48’701 Kokain, 10’032 konsumierten Opiate und 132’834 konsumierten Cannabis. Von der Gesamtpopulation entwickelten 998’747 Patienten (4,2 %) während des Studienzeitraums ein Vorhofflimmern. Nach Bereinigung um potenzielle Störfaktoren und Vermittler war der Konsum von Methamphetaminen, Kokain, Opiaten und Cannabis jeweils mit einer erhöhten Inzidenz von Vorhofflimmern assoziiert: Hazard Ratio 1,86 [95 % Konfidenzintervall (CI) 1,81-1,92], 1,61 (95 % CI 1,55-1,68), 1,74 (95 % CI 1,62-1,87) bzw. 1,35 (95 % CI 1,30-1,40). Negative Kontrollanalysen in derselben Kohorte ergaben keine ähnlich konsistenten positiven Zusammenhänge.
Schlussfolgerung
Methamphetamin-, Kokain-, Opiat- und Cannabiskonsum waren jeweils mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Vorhofflimmern verbunden. Bemühungen, den Konsum dieser Substanzen einzuschränken, könnten einen neuen Ansatz zur Prävention von Vorhofflimmern darstellen.
Quelle: Lin AL et al. Cannabis, cocaine, methamphetamine, and opiates increase the risk of incident atrial fibrillation. European Heart Journal (2022) 00, 1–10 https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac55
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14. Lin AL et al. Cannabis, cocaine, methamphetamine, and opiates increase the risk of incident atrial fibrillation. European Heart Journal (2022) 00, 1–10 https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac55
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