Editorial

Zeit der knappen Ressourcen, was bedeutet das für die Onkologie



Lehmann Pleite, Corona Pandemie und Krieg in Europa. Verschuldete Staaten, unterbrochene Lieferketten, nicht mehr verfügbares Personal. Die Auswirkungen spüren wir in den onkologischen Zentren unmittelbar. Nicht nur dass in vielen Spitälern Abteilungen geschlossen werden müssen wegen Pflegenotstand, auch bei der Rekrutierung neuer Ärzte gibt es auch bei uns Spezialisten mittlerweile Engpässe. Natürlich sind wir nicht die einzigen, welche über Personalmangel klagen. Aber es kommen nun erschwerend weitere Faktoren dazu.

In Zeiten von just in time und lean Lagerhaltung kommt es immer mehr zu Lieferengpässen. Dies meist nicht bei der sehr neuen, hochpreisigen Medikamentengruppe, sondern meist bei Medikamenten die nicht mehr patentgeschützt sind. Die «Geiz ist geil» Debatte hat nun die Entscheider im Gesundheitswesen ergriffen. Nur noch das günstigste Generikum soll in Zukunft vergütet werden. Versorgungssicherheit ist ein Luxus, den man sich nicht mehr leisten will. Das Gedächtnis im BAG und bei den Politikern scheint sehr kurz zu sein und das Maskendebakel bereits vergessen. Über 700 Lieferengpässe bestehen am 4.11.2022 gemäss Enea Martinelli. Einer davon, nämlich die Verfügbarkeit von liposomalen Doxorubicin beschäftigte meine Apothekerinnen und mich letzte Woche über Stunden. Über England ist das Medikament verfügbar, allerdings zum fast dreifachen Preis, welcher nach SL vergütet wird.

Eine übermässige Ökonomisierung im Gesundheitswesen hat ihren Preis, den bezahlen in allererster Linie die Kranken in unserer Gesellschaft. Hier muss ein neues Gleichgewicht gefunden werden, denn Geiz ist eben nicht geil.

Prof. Dr. med. Roger von Moos
roger.vonmoos@ksgr.ch

Prof. Dr. med. Roger von Moos

Direktor Tumor- und Forschungszentrum
Kantonsspital Graubünden
7000 Chur

tumorzentrum@ksgr.ch

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  • Vol. 12
  • Ausgabe 8
  • Dezember 2022