- Barrett-Erkrankung
Der Barrett-Ösophagus (BE) ist eine häufige Erkrankung im Zusammenhang mit der chronischen gastroösophagealen Refluxerkrankung. Er ist die einzige bekannte Vorstufe des Adenokarzinoms der Speiseröhre, einer Krebsart, deren Inzidenz in den letzten fünf Jahrzehnten deutlich gestiegen ist.
Barrett’s oesophagus is a common condition associated with chronic gastro-oesophageal reflux disease. It is the only known precursor of adenocarcinoma of the oesophagus, a type of cancer whose incidence has increased significantly over the last five decades.
Key Words: Barrett, oesophagus, reflux, adenocarcinoma, cancer incidence
Definition und Diagnose von BE
Der Barrett-Ösophagus ist histologisch definiert als eine metaplastische Veränderung des distalen Ösophagus, bei der das normale Plattenepithel durch ein spezialisiertes Zylinderepithel mit Becherzellen ersetzt wird. Diese metaplastische Veränderung wird mit der chronischen gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) in Verbindung gebracht, sodass bis 10% der Patienten mit chronischen GERD-Symptomen einen BE haben.
Während der Endoskopie kann die Grenze zwischen Magen- und Ösophagusschleimhaut problemlos erkannt werden: die sogenannte Z-Linie. Diese wird ins Verhältnis zum Beginn der Magenfalten gesetzt. Ist die Z-Linie nach proximal verschoben, spricht man vom endoskopischen Verdacht einer Barrett-Mukosa, welche mit der sogenannte Prag-Klassifikation quantifiziert wird. Die Prag-Klassifikation beschreibt die Länge der sich über den gesamten Umfang erstreckenden Veränderung «C» (circumferenziell) sowie die Länge der maximalen Ausläufer «M». So unterscheidet man einen kurzsegmentigen (maximal C3) von einem langsegmentigen Barrett. Zum Beispiel bedeutet «C4M8» eine ringförmige Längsausdehnung von 4cm mit Ausläufern bis maximal 8cm vom gastroösophagealen Übergang. Die Bestätigung der Diagnose erfolgt dann mittels Biopsie.
Epidemiologie und Screening
Der BE ist vor allem wegen des Risikos für die Entstehung von ösophagealen Adenokarzinomen behandlungsbedürftig. Ungefähr 2.3-8% der Patienten mit GERD haben auch einen BE, demgegenüber haben nur ungefähr 1.2-5.6% der Patienten ohne Refluxbeschwerden einen BE. Risikofaktoren sind das Alter, wobei >50-jährige Patienten ca. 3x häufiger einen BE haben, und das männliche Geschlecht. Der wichtigste modifizierbare Risikofaktor ist das Zigarettenrauchen, wo die Prävalenz bei ungefähr 12% liegt. Interessanterweise gibt es Studien, welche eine umgekehrte Korrelation einer Helicobacter pylori Infektion und dem Nachweis eines BE zeigen (1).
Es wird deshalb empfohlen, bei Patienten mit chronischer Refluxerkrankung über 50 Jahre eine Screening-Endoskopie durchzuführen. Die Bestimmung von Zytokinen oder Adipokinen haben (noch) keine klinische Relevanz.
Surveillance bei bekanntem BE & Screening auf hochgradige Dysplasie und Ösophagus-Adenokarzinom
Die Histopathologie des BE schreitet von der Metaplasie, über Low-Grade und High-Grade Dysplasie zum Adenokarzinom fort. In einer vielbeachteten dänischen Beobachtungsstudie zeigte sich das jährliche Risiko für die Entwicklung einer High-Grade Dysplasie oder eines Adenokarzinoms von 0.12% (2).
Leider gibt es zur Risikostratifizierung nur das Ausmass der Dysplasie. Obschon dies ein wichtiger Indikator ist, ist das Risiko der malignen Progression nur schwer abzuschätzen: einerseits entwickeln viele Patienten mit einer Metaplasie nie ein fortgeschrittenes Stadium, andererseits sind dysplastische Areale endoskopisch schwierig zu diagnostizieren, sodass einige Patienten mit fortschreitender Erkrankung nicht erkannt werden.
In verschiedenen Beobachtungsstudien zeigte sich zwar, dass die Inzidenz für das Auftreten von High-Grade Dysplasien und Adenokarzinom während längerer Überwachungszeit ansteigt, dass der Hauptrisikofaktor in dieser Population jedoch das fortschreitende Alter war. Aus diesem Grunde sollten Patienten mit einem stabilen BE weiterhin regelmässig eine Surveillance mittels Gastroskopie bekommen. Wahrscheinlich ist es vertretbar, dass bei jungen Patienten ein längeres Kontrollintervall gewählt werden kann.
Die verschiedenen Richtlinien empfehlen bei Patienten mit BE ohne Dysplasie ein Surveillance-Intervall von 3 bis 5 Jahren, abhängig von der Barrett-Länge (3). Um den Nachweis von dysplastischen Arealen zu verbessern, werden neben einer hochauflösenden Endoskopie auch die Chromoendoskopie mittels Acetat-Färbung eingesetzt. Während der Surveillance müssen genügend Biopsien entnommen werden (4-Quadrantenbiopsien alle 2cm).
Beim Nachweis von Low-Grade Dysplasien sollte das individuelle Risiko abgeschätzt werden: bei multifokalen Dysplasieherden, einer Long-Segment Barrett-Mukosa sowie familiärem Auftreten eines ösophagealen Adenokarzinoms sollte eine endoskopische Therapie erfolgen.
Medikamentöse Prophylaxe
Die Basis der Chemoprävention ist eine gute Refluxkontrolle mit einem Protonenpumpenhemmer. Obschon es Studien gibt, welche einen positiven Effekt der Kombination PPI und Aspirin zeigten, wird aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos von einer generellen Empfehlung abgesehen (4). Die Refluxchirurgie ist eine berechtigte Option bei medikamentös nicht kontrollierbarer Refluxerkrankung. Nur wenige Studien zeigten einen positiven Effekt von Statinen, sodass eine generelle Empfehlung nicht ausgesprochen werden kann.
Die endoskopische Behandlung von Barrett-assoziierten Dys- und Neoplasien
Die wichtigste und effektivste Therapie zur Krebsprävention ist die endoskopische Eradikation von dysplastischer Mukosa. Verschiedene Studien zeigten eine 90% Risikoreduktion für das Auftreten von Krebs nach erfolgreicher endoskopischer Ablation. Kleine dysplastische Areale können endoskopisch durch eine Mukosaresektion, grössere Areale – resp. bei Infiltration in die Submukosa – werden mittels Submukosa Dissektion behandelt. Ergänzend kann mittels (Radiofrequenz-)Ablation der Eradikationserfolg der Barrett-Dysplasie gesteigert werden. Auch Frühkarzinome (T1a) können durch eine endoskopische Behandlung erfolgreich behandelt werden. Wohingegen die Behandlung fortgeschrittener Adenokarzinome weiterhin eine schlechte Chance hat: Das 5-Jahresüberleben bei T3/4 Karzinomen liegt bei weniger als 10%. Dies hat damit zu tun, dass das ösophageale Karzinom sehr früh Lymphknoten-Metastasen bildet, sodass die Heilungschancen sehr schlecht sind.
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Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
1. Thrift AP, Pandeya N, Smith KJ, Green AC, Hayward NK, Webb PM, Whiteman DC. Helicobacter pylori infection and the risks of Barrett’s oesophagus:
a popula[1]tion-based case-control study. Int J Cancer. 2012;130:2407–2416.
2. Hvid-Jensen F, Peder[1]sen L, Mohr Drewes A, Toft Sørensen H, Funch-Jensen P. Incidence of adenocarcinoma among patients with Barrett’s esophagus.
N Engl J Med. 2011;365(15):1375-83.
3. Shaheen NJ, Falk GW, Iyer PG, Souza, RF, Yadlapati RH, Sauer BG, Wani S.
Diagnosis and Management of Barrett’s Esophagus: An Updated ACG Guideline. Am J Gastroenterol. 2022;117(4):559-587.
4. Jankowski JAZ et al. Esomeprazole and aspirin in Barrett’s oesophagus (AspECT): a randomised factorial trial. Lancet. 2018;392(10145):400-408.
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- Vol. 13
- Ausgabe 1
- Januar 2023