- Hannigalp – Gletschergrotte
Vor der Alpenblickhütte baute ich Stunden lang Schneehütten und grub Höhlen in den Schnee, während meine Mutter ungestört lesen konnte. Zu den Erinnerungen an Saas-Fee gehört für mich auch ein Stier, der Reissaus genommen und einen Jungen aus Belgien sowie mich angegriffen hatte, die wir vor dem Ferienhaus im Schnee spielten. Mein Spielkamerad rettete sich gerade noch rechtzeitig ins Haus, während ich auf einen der damals noch vorhandenen Heustadel floh. Unsere Mütter waren währenddessen beim Einkaufen und wollten danach unsere Geschichte nicht glauben, wäre da nicht Frau Brantschen, unsere Vermieterin gewesen, die das Vorgefallene bestätigte. Der Schrecken sass mir danach noch lange im Nacken. Noch über Jahre wollte ich genau wissen, ob unter bekannterweise grimmig dreinschauenden Eringer Kühen, die wir auf Bergtouren antrafen, ein Stier war, bevor ich weiterging.
Zu Beginn unseres Aufstiegs zur Hannigalp hinauf kommen wir am Ort des Geschehens vorbei. Wir starten auf dem Dorfplatz und gelangen durch die Kirchstrasse links der Kirche in die Obere Gasse. Dort stehen linker Hand noch immer die Ställe, allerdings zu Ferienhäusern umgebaut, und rechts das Haus mit dem Zuweg, auf dem wir zwei Buben spielten, als der Stier uns angriff. Über die obere Gasse gelangen wir heute unbedroht zum Stafelwald, dessen östlichem Rand wir bis zur Lawinenschutzmauer folgen. Dieser entlang führt ein Weg gegen Nordwesten durch eine Wiese, auf der sich Murmeltiere leider durch Menschen füttern lassen. Am bergseitigen Ende des am Triftbach liegenden Erdwalls biegt der Pfad gegen Osten um und führt in den Haldenwald, den er in mehreren Kehren Richtung Hannigalp hinauf quert. Nach Verlassen des Waldes wenden wir uns den Alphütten und dem vom Alpenblick her kommenden Bergweg zu, über den wir nochmals über mehrere Kehren die Bergstation und das Bergrestaurant Hannig erreichen, auf dessen Terrasse man eine herrliche Rundsicht geniesst.
Der Höhenweg Richtung Gletschergrotte verlässt die Hannigalp fast eben aus gegen Westen. Wir queren zuerst den vom Gemshorn herunterfliessenden Torrenbach und wenig später den Triftbach, der durch das Schmelzwasser des Hohbalmgletschers gespiesen wird. Bedrohlich hängt der Gletscherabbruch über dem Tal (Abb. 1). Am Fuss der Distelhörner queren wir zum Triftwald hinüber (Abb. 2). Wer sich hier gegen Westen wendet und den Kopf weit in den Nacken legt, der kann die Mischabelhütte auf dem Grat zwischen Oberem Distelhorn und Schwarzhorn erkennen.
Etwas mehr als 100 Höhenmeter absteigend erreichen wir die Fortsetzung des Weges, der uns zur Moräne des Feegletschers hinüberführt (Abb. 3). Dieser folgen wir bis zum Geländepunkt 1930 Meter, wo wir zur Schwemmebene der Feeru Vispa abzweigen. Am gegenüberliegenden Ufer bleibt noch ein kurzer Gegenanstieg zur Gletschergrotte zu überwinden, bevor sich uns eine weitere gemütliche Einkehrmöglichkeit bietet.
Für die Rückkehr nach Saas-Fee wählen wir den südlich des Restaurants abzweigenden Waldweg zur Feeru Vispa hinunter. Nach der Brücke führen uns der mittlere Weg um den Geländepunkt 1924 Meter herum oder der untere entlang des Flusses nach Saas-Fee zurück (Abb. 4).
Der Blick hinauf zum Feegletscher stimmt nachdenklich. In meiner Bubenzeit reichte dieser vor allem westlich, aber auch östlich der Längflue noch wesentlich weiter ins Tal hinunter. Die Fahrt mit der Luftseilbahn über Spielboden zur Längflue hinauf bot einen herrlichen Ausblick auf den Gletscher und war für mich jedes Mal ein beeindruckendes Erlebnis. Heute dominieren mehr und mehr die glattgeschliffenen Felspartien in den sich weitenden Gletschervorfeldern das Landschaftsbild. Die zahlreich zu Tal schiessenden Bäche erinnern daran, dass auch der heutige Anblick der Gletscher nur noch von kurzer Dauer sein wird.
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