- Ausgewählte Studien zu soliden Tumoren
Lokales Rezidiv nach brusterhaltender Therapie bei Patientinnen mit mehrfachem ipsilateralem Brustkrebs: Resultate der ACOSO Z11102 (Alliance) Studie
Quelle: Boughey JC et al. Local Recurrence After Breast-Conserving Therapy in Patients With Multiple Ipsilateral Breast Cancer: Results From ACOSOG Z11102 (Alliance). DOI: 10.1200/JCO.22.02553 Journal of Clinical Oncology.
Die brusterhaltende Therapie (BCT) ist die bevorzugte Behandlung bei unifokalem Brustkrebs (BC). Die onkologische Sicherheit der BCT bei multiplem ipsilateralem Brustkrebs (MIBC) wurde bisher nicht in einer prospektiven Studie nachgewiesen. ACOSOG Z11102 (Alliance) ist eine einarmige, prospektive Phase-II-Studie in der untersucht wurde, ob die Lokalrezidivrate (LR) bei brusterhaltender Chirurgie mit anschliessender Ganzbrustbestrahlung mit Bestrahlungsboost an den Lumpektomiestellen nach 5 Jahren <8% beträgt.
Experimentelles
Infrage kamen Frauen im Alter von 40 Jahren und älter mit zwei bis drei Herden eines bioptisch nachgewiesenen cN0-1 BC. Die Patientinnen wurden einer Lumpektomie mit negativen Rändern unterzogen, gefolgt von einer Ganzbrustbestrahlung mit Boost auf alle Lumpektomiebetten. Der primäre Endpunkt war die kumulative Inzidenz des Lokalrezidivs (LR) nach 5 Jahren mit einer a priori Rate der klinischen Akzeptanz von <8%.
Resultate
Von 270 Frauen, die zwischen November 2012 und August 2016 in die Studie aufgenommen wurden, unterzogen sich 204 Patientinnen einer protokollgesteuerten BCT. Das mediane Alter lag bei 61 Jahren (Spanne: 40-87 Jahre). Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 66,4 Monaten (Bereich, 1,3-90,6 Monate) entwickelten sechs Patientinnen eine LR, was einer geschätzten kumulativen 5-Jahres-Inzidenz von LR von 3,1 % (95 % CI, 1,3 bis 6,4) entspricht. Das Alter der Patientin, die Anzahl der Stellen, an denen präoperativ durch Biopsie BC nachgewiesen wurde, der Östrogenrezeptorstatus und der Status des humanen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors 2 sowie die pathologischen T- und N-Kategorien waren nicht mit dem LR-Risiko verbunden. Eine explorative Analyse zeigte, dass die 5-Jahres-LR-Rate bei Patientinnen ohne präoperative Magnetresonanztomographie (MRT; n = 15) 22,6 % betrug, verglichen mit 1,7 % bei Patientinnen mit einer präoperativen MRT (n = 189; P = .002).
Schlussfolgerung
Die klinische Studie Z11102 zeigt, dass eine brusterhaltende Operation mit adjuvanter Bestrahlung, bei der auch die Lumpektomiestellen geboostet werden, eine akzeptabel niedrige 5-Jahres-LR-Rate für MIBC ergibt. Diese Erkenntnisse unterstützen die BCT als sinnvolle chirurgische Option für Frauen mit zwei bis drei ipsilateralen Herden, insbesondere bei Patientinnen, deren Erkrankung mit einem präoperativen Brust-MRT untersucht wurde. Diese positive Haltung als Alternative zur Mastektomie wurde bereits an der SGBCC & Consensus 2021 sichtbar, im Expertenpanel mit 58%, wenn das Lokalrezidiv nach > 5 Jahren aufgetreten ist, und generell bei low risk features mit 77%. Ob die anschliessende Bestrahlung eine notwendige Voraussetzung für einen nochmaligen Versuch eines brusterhaltenden Vorgehens ist, blieb bestritten und damit unklar: 44% ja versus 44% nein. Jetzt, zwei Jahre später, waren die Ergebnisse am Consensus ganz ähnlich. Als entscheidendes Kriterium für oder gegen eine Mastektomie hat sich das krankheitsfreie Intervall herausgebildet. Die Wiederbestrahlung, falls möglich, war die «preferred option».
Kommentar
Eine recht häufige Situation: Auch hier hat sich im Laufe der Zeit viel getan in Richtung De-eskalation, weg von radikaler Chirurgie.
Der St. Gallen Consensus hat in Absenz diese Policy schon länger adoptiert, gut gibt es jetzt Level 1 Evidenz.
Wenn man so vorgehen will, scheint es ratsam, ein präoperatives MRI durchzuführen. Es ist aber umstritten, ob dies wirklich nötig ist. Oder sogar schadet, wenn man dann zum Schluss kommt, trotzdem eine Mastektomie durchzuführen. Ob es dafür jemals eine Studie geben wird?
Mammographie-Screening in der Routinepraxis: Multisite-Studie zur digitalen Brust-Tomosynthese und zum digitalen Mammographie-Screening
Quelle: Conant EF et al. Mammographic Screening in Routine Practice: Multisite Study of Digital Breast Tomosynthesis and Digital Mammography Screenings. Radiology 2023; 000:e221571.
Der Einsatz der digitalen Brust-Tomosynthese (DBT) nimmt gegenüber der digitalen Mammographie (DM) zu, nachdem Studien niedrigere Rückfallraten (RRs) und höhere Krebsentdeckungsraten (CDRs) gezeigt haben. Die uneinheitliche Interpretation der Evidenz zu Risiken und Nutzen der Mammographie hat jedoch zu unterschiedlichen Empfehlungen für das Mammographie-Screening geführt.
Das Ziel einer kürzlich publizierten Studie war die Evaluierung der Screening-Ergebnisse von Frauen in den Vereinigten Staaten, die sich einem routinemässigen DM- oder DBT-Mammographie-Screening unterzogen haben.
Experimentelles
Diese retrospektive Kohortenstudie umfasste Frauen im Alter von 40-79 Jahren, die zwischen Januar 2014 und Dezember 2020 unterzogen wurden. Die Ergebnisse der RR, CDR, des positiven prädiktiven Werts des Recalls (PPV1), der Biopsierate und des positiven Vorhersagewerts der Biopsie (PPV3) wurden zwischen DM und DBT mit Hilfe von angepassten multivariablen logistischen Regressionsmodellen verglichen.
Resultate
Insgesamt wurden 2’528’063 Screening-Mammogramme von 1’100’447 Frauen (Durchschnittsalter 57 Jahre ± 10 [SD]) einbezogen. In rohen Analysen zeigte die DBT (1’693’727 Screening-Mammogramme vs. 834’336 DM-Screening-Mammogramme) eine niedrigere RR (10,3% [95% CI: 10.3, 10.4] für DM vs. 8.9% [95% CI: 8.9, 9.0] für DBT; P < .001) und eine höhere CDR (4.5 von 1000 Screening-Mammogrammen [95% CI: 4.3, 4.6] vs. 5.3 von 1000 [95% CI: 5.2, 5.5]; P < .001), PPV1 (4.3% [95% CI: 4.2, 4.5] vs. 5.9% [95% CI: 5.7, 6,0]; p < .001) und Biopsieraten (14,5 von 1000 Screening-Mammographien [95% CI: 14,2, 14,7] vs. 17,6 von 1000 [95% CI: 17,4, 17.8]; P < .001). PPV3 war zwischen den Kohorten ähnlich (30,0% [95% CI: 29,2, 30,9] für DM vs. 29,3% [95% CI: 28,7, 29,9] für DBT; P = .16). Nach Anpassung für Alter, Brustdichte, Ort und Indexjahr blieben die Assoziationen in Bezug auf die statistische Bedeutung stabil.
Schlussfolgerung
Frauen, die sich der digitalen Brust-Tomosynthese unterzogen, hatten bessere Ergebnisse bei der Screening-Mammographie als Frauen, die sich einer digitalen Mammographie unterzogen.
Kommentar
Eine sehr aussagekräftige Multizenter-Studie zu einem viel diskutierten Thema. Die robusten Resultate basieren auf mehr als 2,5 Mio. Digitalmammographien oder Tomosynthesen von 1,1 Mio Frauen. Zunehmend wird Tomosynthese verwendet, da diese Geräte auch hilfreich bei der Abklärung sein können. Diese bestätigende Studie ist wertvoll, weil sie den Stellenwert mit der Überlegenheit der neuen Technologie zeigt, die offenbar ohnehin mit dem Umtausch der Geräte «automatisch» stattfindet.
Die Studie zeigt aber auch, dass ernstgemeinte Qualitätsanalysen bei der Screeningmammographie nur in grossen organisierten Programmen möglich sind. Von Experten im UK wird die Grösse dafür mit mindestens 1 Mio. Einwohnern angegeben.
Brustzentrum, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St.Gallen