Wissen Aktuell

SGK Jahrestagung 2023

Neurovaskuläre Prävention

Ein von der AGLA initiiertes Symposium anlässlich der Jahrestagung der SGK hatte die neurovaskuläre Prävention zum Thema. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Marcel Arnold, Bern und Prof. Dr. med. Augusto Gallino, Bellinzona, wurden aktuelle Themen der neurovaskulären Prävention diskutiert.



Die Rolle von Biomarkern beim ischämischen Schlaganfall

Es ereignen sich ca. 13,7 Mio. neue Schlaganfälle aller Typen jedes Jahr. Global wird jede vierte Person über 25 Jahren einen Schlag­anfall in ihrer Lebenszeit erleiden. Der Schlaganfall ist die zweit-häufigste Todesursache weltweit. Fünfeinhalb Millionen Personen sterben jährlich an einem Schlaganfall und er ist die häufigste Ursache für schwere Langzeitbehinderung, stellte Frau Prof. Dr. med. Mira Katan, Basel, einleitend fest. Die Schlaganfall-Rezidivrate ging bis Mitte der 2000er Jahre zurück, hat sich aber in den letzten zehn Jahren nicht verändert. Die Mehrzahl der kardioembolischen oder hämorrhagischen Schlaganfälle, die ein Rezidiv aufweisen, sind Schlaganfälle desselben Typs, was darauf hindeutet, dass die Umsetzung wirksamer Präventionsstrategien bei diesen Schlaganfall-Subtypen noch suboptimal ist, so die Referentin.

Die wichtigsten Säulen der Sekundärprävention sind 1. Management der Risikofaktoren bei allen Schlaganfallpatienten (Hypertension, Dyslipidämie, Diabetes, Lebensstil/Behaviorale Faktoren (z. B. körperliche Aktivität, Rauchen, Ernährung, Alkoholkonsum, Depression). 2. Spezifische Behandlungen auf der Grundlage der vermuteten Schlaganfall-Ätiologie (Vorhofflimmern: orale Antikoagulation, PFO: Vorhofsohr-Verschluss, symptomatische Karotis-Stenose Carotisendarteriektomie (CEA) und das Carotisstenting (CAS). Vaskulitis: Steroide plus Langzeit immunmodulierende Therapie. Die Identifizierung der zugrunde liegenden Ätiologie stellt ein Problem dar. Es gibt den Kleingefäss-Schlaganfall, den kryptogenen Schlaganfall, das undiagnostizierte paroxysmale Vorhofflimmern, den kardioembolischen Schlaganfall, den embolischen Schlaganfall indeterminierter Ursache (ESUS) sowie andere verdeckte kardioembolische Ursachen. Die Auswirkung einer kontinuierlichen Langzeit-Herzüberwachung im Vergleich zur üblichen Versorgung auf die Erkennung von Vorhofflimmern bei Patienten mit Schlaganfall aufgrund einer Erkrankung der grossen oder kleinen Gefässe wurde in der randomisierten klinischen STROKE-AF-Studie untersucht. Es zeigte sich, dass bei Patienten mit einem Schlaganfall, der auf eine Erkrankung der grossen oder kleinen Gefässe zurückzuführen ist, bei der Überwachung mit einem ICM im Vergleich zur üblichen Versorgung über 12 Monate hinweg signifikant mehr Vorhofflimmern festgestellt wurde. Es sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um zu verstehen, ob die Erkennung von Vorhofflimmern bei diesen Patienten von klinischer Bedeutung ist.

Biomarker für eine «verdeckte» kardioembolische Ätiologie: Biomarker der Vulnerabilität (Abwesenheit von Krankheit), Biomarker erhöhter kardialer Thrombogenität (Früherkrankung, nicht nach-weisbar), spezifische Marker (präklinisch nachweisbar, manifest).

Gutenberg Health Study (N=5000): Natriuretische Peptide sind signifikant mit Vorhofflimmern verbunden. Verschiedene Studien zeigten eine klare Assoziation von NTproBNP mit kardioembolischem Hirnschlag und sogar bei Vorhofflimmern nach einem Schlaganfall. Eine der grössten Studien war RESPECT ESUS mit einer Odds Ratio von 1,7.

Auch das MRproANP (midregionales pro-atriales natriuretisches Peptid) zeigt eine signifikante Assoziation mit dem Risiko für einen Schlaganfall. Eine noch laufende Schweizer Studie (MOSES) befasst sich mit der Frage ob eine biologisch unterschiedliche Untergruppe von Patienten mit ischämischem Schlaganfall ohne bekanntes Vorhofflimmern bei der Aufnahme, ausgewählt aufgrund eines Cut-off Wertes für MRproANP von einer direkten oralen Antikoagulation vs. Thrombozytenaggregationshemmer als präventive Therapie profitiert.

Neurovaskuläres Update – die Strategie «Ein Gehirn - ein Leben» zur Schlaganfallprävention


Die Definition der WHO der Gesundheit des Gehirns lautet: Hirngesundheit bedeutet Förderung der optimalen Entwicklung des Gehirns, der kognitiven Gesundheit und des Wohlbefindens für alle Menschen im gesamten Lebens­verlauf. Die Gesundheit des Gehirns ist entscheidend für die allgemeine körperliche, geistige und soziale Gesundheit sowie für das Wohlbefinden, die Produktivität und Kreativität und die Bewältigung von Lebenssituationen. Im Gegensatz zu Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist das Bewusstsein für die Belastung durch neurologische Erkrankungen noch nicht sehr ausgeprägt, so Prof. Dr. med. Alexander Tarnutzer, Baden.

Für die Gesundheit des Gehirns wurden mehrere Faktoren ermittelt (bzw. werden derzeit vorgeschlagen), darunter die folgenden:
– Erhalten: Faktoren, die die geistige und körperliche Gesundheit des einzelnen fördern wie z.B. eine gesunde Ernährung, ausreichender und qualitativ hochwertiger Schlaf, die Pflege sozialer Interaktionen und die Förderung adaptiver Bewältigungsstrategien.
– Schutz und Vorbeugung: umfasst schützende (wie auch vorbeugende) Faktoren wie Vermeidung von übermässigem Alkoholkonsum, Nichtrauchen, Reduzierung des Zuckerkonsums und Kontrolle des Cholesterinspiegels. Bluthochdruck, Übergewicht, Depressionen, Diabetes, Hörschäden und Katarakte sind ebenfalls Faktoren, die sich erheblich auf die Gesundheit des Gehirns auswirken können.
– Zu den Faktoren, die von den politischen Entscheidungsträgern angegangen werden müssen, gehören der Zugang zu Bildung, Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung, die politische Lage, Forschungsstrategien und sozioökonomische Bedingungen.

Zerebrovaskuläre Erkrankung – Auswirkungen der Prävention

Das globale Lebenszeit-Risiko für Schlaganfall (Alter 25 und älter) beträgt etwa 25% (gemischtes Geschlecht). Der Schlaganfall ist für fast 5% aller DALYs und 10% aller Todesfälle weltweit verantwortlich (2/3 aller neurologischen Todesursachen). Mehr als 90 % der Schlaganfallbelastung (DALYs) war auf veränderbare Risikofaktoren zurückzuführen.
– Metabolische Risiken (hoher systolischer Blutdruck, hoher BMI, hoher Nüchternblutzucker, hohes Gesamtcholesterin und einge-schränkte Nierenfunktion) waren für 72,1 % der Schlaganfall-DALYs verantwortlich.
– Verhaltensbedingte Faktoren (Rauchen, schlechte Ernährung, geringe körperliche Aktivität) waren für 66,3 % der zurechenbaren DALYs verantwortlich.
– Umweltrisiken (Luftverschmutzung, Bleiexposition) waren für 28,1 % verantwortlich.
Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die Umsetzung bewährter, wirksamer primär- und sekundärpräventiver Strategien auszuweiten.

Paradigmenwechsel im Bewusstsein der Bedeutung der Gesundheit des Gehirns

Umfassende Initiativen von WHO, EAN, World Federation of Neurology und anderen Akteuren in den Jahren 2020-2022: WHO gründet 2020 Brain HealthUnit. WHO lanciert Globalen Aktionsplan (GAP) zu Epilepsie und anderen neurologischen Störungen.

Die EAN schlägt ihre Strategie für die Gesundheit des Gehirns vor und unterstützt die Entwicklung von Strategien in den 47 nationalen europäischen Mitgliedsgesellschaften zur Förderung des GAP OneNeurology-Initiative.

EAN Gehirn Gesundheitsstrategie: ein Gehirn – ein Leben – ein Ansatz (Claudio I.A. Bassetti et al) mit dem Ziel der Entwicklung eines nicht krankheits- und alterszentrierten, ganzheitlichen und positiven Ansatzes zur Vorbeugung neurologischer Störungen, aber auch zur Erhaltung der Gesundheit des Gehirns und zur Förderung der Genesung nach Hirnschäden.

Fazit

Die Gesundheit des Gehirns hängt von vielen Faktoren ab und ist für die allgemeine körperliche, geistige und soziale Gesundheit von wesentlicher Bedeutung.

Mehr als 90 % der Schlaganfallbelastung (DALYs) sind auf veränderbare Risikofaktoren zurückzuführen und sollten daher durch Primär- und Sekundärprävention angegangen werden.

Paradigmenwechsel im Bewusstsein für die Bedeutung der Hirngesundheit, umfangreiche Initiativen (WHO, EAN, WFN usw.). Eine beträchtliche Anzahl von neurologischen Störungen kann ver-hindert und das allgemeine Wohlbefinden des Einzelnen verbessert werden.

Zerebrovaskuläre Erkrankungen als Modell für die Auswirkungen von Fortschritten bei Behandlung und Prävention seit 1996 auf die DALYs sind beeindruckend!

Individuelles Management des Cholesterinspiegels bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen


Cholesterinwerte sind beim Menschen viel höher als bei allen anderen Arten, wie wilde Primaten (Paviane 2,8mmol/l, Brüllaffe 2,5mmol/l, Nachtaffe 3,6mmol/l), wilde Säugetiere (Pferd 3,6mmol/l, Bär 1,8mmol/l, afrikanischer Elefant 2,8mmol/l), aber auch bei Jägern und Sammlern (Hazda 2,8mmol/l, Inuit 36mmol/l, Pigmäen 3,7mmol/l). Bei modernen Menschen, erwachsenen Amerikanern beträgt der mittlere Cholesterinwert 5,4 mmol/l., stellte Prof. Dr. med. Marcel Arnold, Inselspital Bern, eingangs fest.

Der ischämische Schlaganfall hat viele verschiedene Ätiologien. Ischämischer Schlaganfall bedeutet nicht Atherosklerose. Es gibt verschiedene seltene Ursachen, wie Dissektion, Arteriitis, Fabry Disease, CADASIL (autosomal-dominant vererbte, neuropsychiatrische Erkrankung aus dem Kreis der Leukenzephalopathien). Die European Stroke Organisation (ESO) gibt eine Evidenz-basierte Empfehlung zur Lipidsenkung: Bei Menschen mit ischämischem Schlaganfall oder TIA wird empfohlen, einen LDL-Cholesterinspiegel von <1,8 mmol/l anzustreben, um das Risiko grösserer kardiovaskulärer Ereignisse zu verringern (Stärke der Empfehlung I, Evidenzqualität moderat (I/C). Die Guidelines der American Heart Association/American Stroke Association 2021 empfehlen bei Menschen mit ischämischem Schlaganfall oder TIA (I/C) eine Lipidsenkung mit einem Statin und ggf. Eztimib auf einen Ziel-LDL-C-Wert von <1,8 mmol/l (<70 mg/dl) , um das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse zu senken. Bei Personen mit sehr hohem Risiko, definiert als Schlaganfall plus eine weiterer ASCVD oder Schlaganfall plus multiple Hochrisikobedingungen ist es vernünftig, eine PCSK9-Hemmer-Therapie einzusetzen, um ASCVD Ereignisse zu verhindern (IIa, B-NR). Der Referent präsentierte die Daten der SPARCL-Studie mit hoher Atorvastatn-Dosis (80mg/Tag) nach Schlaganfall oder TIA. Atorvastatin war beim tödlichen und nicht-tödlichen Schlaganfall) (p=0.03), beim schweren koronaren Ereignis (p=0.003), und beim schweren kardiovaskulären Ereignis (p=0.002) signifikant besser als Placebo. Auch in Bezug auf alle Schlaganfälle war Atorvastatin signifikant besser als Placebo (p=0.003), und in Bezug auf ischämischen Schlaganfall ebenfalls signifikant besser (p=0.01). Die Therapie mit 80mg Atorvastatin fiel aber beim hämorrhagischen Schlaganfall signifikant schlechter aus (p=0.02) mit einer Hazard Ratio von mehr als 3.

Überlegungen nach ischämischem Schlaganfall / TIA

Eindeutige Hinweise für Patienten mit ischämischem Schlaganfall und zusätzlicher koronarer Herzkrankheit oder zerebrovaskulärer Erkrankung der grossen Arterien zur Festlegung eines Ziel-LDL-C-Wertes <1,8 mmol/l.

Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall haben häufig gleichzeitig eine koronare und eine periphere Arterienerkrankung.
Eine kardiologische Untersuchung ist nicht nur erforderlich, um die Ursache des Schlaganfalls zu ermitteln, sondern auch, um eine koronare Herzkrankheit festzustellen.

Eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung auf periphere Erkrankungen ist bei Schlaganfallpatienten wichtig.

Sehr niedrige LDL-Tarife für alle Schlaganfall/TIA-Patienten ohne Atherosklerose scheinen keine evidenzbasierte Strategie zu sein
Es gibt jedoch eindeutige Belege für die Wirksamkeit hochdosierter Statine bei einer heterogenen Population von Schlaganfall-/TIA-Patienten ohne koronare Herzkrankheit und ohne grössere kardioembolische Ursachen mit einem LDL von 2,6-4,9 mmol/l (SPARCL-Studie).
Ziel-LDL-C ist für diese Patienten weniger klar.

Die AHA/ASA-Empfehlung, alle diese Patienten mit Atorvastatin 80 mg zu behandeln, ist möglicherweise zu einfach.

Ein LDL-C-Zielwert von mindestens <2,6 mmol/l (wahrscheinlich niedriger) scheint bei Patienten mit hohen LDL-Werten sinnvoll.
Hochrisikopatienten mit schwerer Atherosklerose können von sehr niedrigen LDL-C-Zielen profitieren. Je niedriger, desto besser.

Alternativ- und Zusatzbehandlungen zu Statinen sind wirksam und verfügbar und werden bei Schlaganfallpatienten oft nicht ausreichend eingesetzt.
Die Statine dürfen im akuten Stadium des Schlaganfalls nicht abgesetzt werden (pleiotrope Effekte).

Leichte Myalgien/Myopathien können bei einigen Schlaganfallpatienten von grösserer Bedeutung sein.

Bei Patienten mit einem eindeutigen nicht-atherosklerotischen Schlaganfall (z. B. Zervikalarteriendissektion, Arteriitis, PFO mit hohem ROPE-Score) gibt es keine Evidenz für eine positive Wirkung von Statinen.

Statine nach ischämischem Schlaganfall bei den Ältesten
Reine retrospektive Kohortenstudie mit 5190 über 65jährigen Patienten , 3157 über 80 Jahre alt zeigte, dass die Statinverschreibung bei 80jährigen und Älteren sowohl in einem niedrigeren Risiko für den kompositen Endpunkt (wiederkehrender Schlaganfall, Myokardinfarkt und kardiovaskuläre Mortalität) , HR o.80 (0.62-1.02) und für die Gesamtmortalität o.67 (0.57-0.80) ergab.

Personalisierte holistische Prävention
Das «Stroke-Card» Konzept (stadiengerechte Nachsorge durch ein multidisziplinäres Team mit individueller Beratung je nach Risikofaktoren (App und 3-Monatsbesuch) reduzierte kardiovaskuläre Ereignisse (5,4% vs. 8,3%; p=0,007), verbesserte die Lebensqualität (<0,001) und war mit einem besseren funktionellen klinischen Ergebnis verbunden (Willeit P et al eClinicalMedicine 2020;25:100476, doi:10.1016/j.eclinm.2020.100476).

Frühzeitige versus späte Einleitung direkter oraler Antikoagulanzien bei Patienten mit Vorhofflimmern nach einem ischämischen Schlaganfall

Prospektive Beobachtungsstudien und zwei kleine randomisierte Studien haben die Risiken und den Nutzen einer frühzeitigen Einleitung der DOAC-Behandlung (meist mit einer medianen Verzögerung von 3-5 Tagen) bei leichten bis mittelschweren ischämischen Schlaganfällen im Zusammenhang mit Vorhofflimmern untersucht. In diesen Studien wurde berichtet, dass eine frühe DOAC-Behandlung mit einer geringen Häufigkeit von klinisch symptomatischen intrakraniellen Blutungen oder hämorrhagischen Surrogatläsionen auf MRT-Scans verbunden war, während ein späterer Beginn der DOAC-Verabreichung (d. h. >7 Tage oder >14 Tage nach dem Index-Schlaganfall) mit einer erhöhten Häufigkeit von rezidivierenden ischämischen Schlaganfällen verbunden war, Dies war keine randomisierte Studie und der Nettonutzen fraglich, erläuterte Prof. Dr. med. Urs Fischer, Basel.

Die ELAN-Studie

Early versus late initiation of direct anticogulants in post-ischaemic stroke patients with atrial fibrillation, eine Studie von Urs Fischer et al (Clinical Trials gov Identifier:NCT03148457). Das Hauptziel der Studie bestand darin, die Auswirkungen einer frühzeitigen Einleitung im Vergleich zu einer späten Einleitung der Gerinnungshemmung abzuschätzen und den Grad der Genauigkeit (d.h. die Konfidenzintervalle) dieser Schätzungen zu ermitteln. Das primäre Ergebnis nach 30 Tagen bei früher Behandlung 2,9%, bei später Behandlung 4,1% OR 0,70 , n.s. Wiederkehrender ischämischer Schlaganfall bei 1,4% vs. 2,6% n.s. Systemische Embolie 0,4% vs. 0,9% Die symptomatische intrakranielle Blutung war bei beiden Behandlungen gleich (0,2%), die schwere extrakranielle Blutung 0,3% vs. 0,5%, OR 0,63 und vaskulärer Tod 1,1% resp.1,0% OR 1.12. Das zusammengesetzte sekundäre Ergebnis nach 90 Tagen war bei früher Behandlung 3,7%, bei später Behandlung 6,6% =R 0,65, signifikant. Wiederkehrender ischämischer Schlaganfall 1,9% vs. 3,1% n.s., Systemische Embolie 0,4% vs. 1,0%, OR 0.42, n.s. Symptomatische intrakranielle Blutung bei beiden Behandlungen 0.2%. Schwere extrakranielle Blutung 0,3% vs. 0,9%, OR 0.40 , n.s. Vaskulärer Tod 1,8% vs. 1,7%, OR 1.04, n.s. Die Subgruppenanalyse ergab nach 30 Tagen beim NIHSS≥10, beim Alter ≥70 Jahre, bei grosser Infarktgrösse und beim weiblichen Geschlecht deutlich bessere Ergebnisse mit der frühen DOAC-Behandlung (nur Hypothesengenerierend). Die Limitationen der Studie sind Ausschluss von Personen mit therapeutischer Antikoagulation bei Baseline, Ausschluss von Personen mit parenchymatösem hämorrhagischem Schlaganfall, Typ 1 und 2, medianem NIHSS Score nach Rando

misierung war eher gering, jedoch mindestens ein Fünftel der Patienten hatten einen schweren Schlaganfall, mehr als ein Drittel erhielten Thrombolyse, mehr als ein Fünftel erhielten eine Thrombektomie.

Die Implikationen von ELAN sind:
Die Raten an symptomatischen intrakraniellen hämorrhagischen Schlaganfällen sind bei früher Antikoagulation gering, wenn eine Imaging-basierte Klassifizierung verwendet wird.

Frühe Behandlung ist vernünftig, wenn aus logistischen oder andern Gründen indiziert.

Frühe Behandlung ist wahrscheinlich besser und unwahrscheinlich, Schaden zu verursachen.

Es gibt keinen Grund die Antikoagulation mit DOACs bei Personen mit akutem ischämischem Schlaganafll und Vorhofflimmern zu verzögern.

Wiederkehrender Schlaganfall trotz Antikoagulation?
Drei Studien untersuchten das Risiko für erneuten Schlaganfall bei Patienten mit und ohne Antikoagulation.

Seiffge et al Ann Neurol 2020: Patienten mit Vorhofflimmern, die trotz vorheriger oraler Antikoagulation einen ischämischen Schlag-anfall erleiden, haben ein höheres Risiko für einen erneuten ischämischen Schlaganfall, obwohl sie einen ähnlichen CHA2 DS2 -Vasc-Score aufweisen wie Patienten ohne vorherige orale Antikoagulation.

Tanaka et al Stroke 2020: Das Risiko für einen erneuten ischämischen Schlaganfall ist bei Patienten mit NVAF (non-valvular atrial fibrillation).-assoziiertem Schlaganfall mit vorheriger Antikoagulation möglicherweise höher als bei Patienten ohne vorherige Antikoagulation.

Yaghi et al, J Beurol 2021: Vorhofflimmern-Patienten, die trotz Antikoagulation einen ischämischen Schlaganfall erleiden, haben möglicherweise ein höheres Risiko für ein ischämisches Wieder-holungsereignis als Patienten, die keine Antikoagulation erhalten haben. Dies deutet auf unterschiedliche zugrunde liegende Pathomechanismen hin, die unterschiedliche Massnahmen zur Schlaganfallprävention erfordern, und die Identifizierung dieser Mechanismen könnte die Strategien zur Sekundärprävention verbessern.

Ursachen für Schlaganfall bei Patienten mit Vorhofflimmern
Adhärenz und Medikamente: Non-Adhärenz, Dosierung, gleichzeitige Medikamenteneinnahme.

Nicht kardiale Abklärung: Gehirn-MRI, vaskuläres Imaging, zusätzliche Tests: Kompetierende Ursachen für Schlaganfall.

Kardiale Abklärung: Kardiales Imaging, Messung der Vorhofsdysfunktion: Kardioembolie trotz Antikoagulation.

Optimale Therapie – Umstellung der Antikoagulation
Schlaganfall trotz Antikoagulation umfasst heterogene Ätiologien, wobei die Kardioembolie trotz ausreichender Antikoagulation am häufigsten ist. Während DOAC mit besseren Ergebnissen verbunden waren als VKA, war die zusätzliche Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern mit schlechteren Ergebnissen bei diesen Hochrisikopatienten assoziiert. Die Ergebnisse zeigen, dass dass individualisierte und neuartige Präventionsstrategien über die Antikoagulanzien hinaus erforderlich sind.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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  • Vol. 13
  • Ausgabe 4
  • September 2023