Cardio Flash

CARDIO FLASH

In dieser Rubrik werden wichtige Studien und Themen von den Herausgebern dieser Zeitschrift kurz zusammengefasst und kommentiert. Wir hoffen, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, diese Information schätzen.



Aspirin in der Primärprävention des Schlaganfalls bei älteren Patienten

In der Primärprävention wird der protektive Effekt von Aspirin durch vermehrte Blutungen aufgehoben. Trotzdem ist die primär präventive Einnahme von Aspirin weit verbreitet. Bei älteren Menschen ist die Prävention eines Schlaganfalls ein berechtigtes Anliegen. Die ASPREE Studie hat deshalb den Nutzen von Aspirin in der Prävention von Schlaganfällen bei älteren Patienten (n=19‘114; 56% Frauen, mittleres Alter 74 Jahre) untersucht (1) . Bei diesen vergleichsweise gesunden älteren Patienten resultierte Aspirin 100 mg/Tag in keiner statistisch signifikanten Reduktion der ischämischen Schlaganfällen. Aspirin führte aber zu einem signifikanten Anstieg der intrazerebralen Blutungen. 29 zusätzliche intrazerebralen Blutungen standen 20 verhinderten ischämischen Schlaganfällen gegenüber. Die intrazerebralen Blutungen führten zu mehr Todesfällen als die ischämischen Schlaganfälle. Auch die extrakranialen Blutungen waren unter Aspirin erhöht.

Diese Studie erinnert uns daran, dass das Blutungsrisiko durch Aspirin nicht vernachlässigbar ist und gerade bei älteren Patienten den Nutzen in der Primärprävention übersteigt. Bei Patienten älter als 60 Jahre sollte entsprechend den europäischen (2) und amerikanischen (3) Guidelines das Aspirin als primärpräventive Massnahme nicht gestartet werden. Bei (älteren) Patienten, welche bereits Aspirin primär präventiv einnehmen, soll es gestoppt werden.

 Prof. Franz Eberli

1 Cloud GC et al. Low-Dose Aspirin and the Risk of Stroke and Intracerebral Bleeding in healthy older People. Secondary Analysis of a Randomized Clinical Trial. JAMA netw open 2023;6(7):32325803
2 ESC Prevention Guidelines 2021. European Heart Journal (2021) 42, 3227 3337
3 Davidson KW et al. Aspirin use to prevent cardiovascular disease. US Preventive Series Task Force recommendation statement. JAMA 2022;327(16):1577-84

Atorvastatin als Schutz vor Anthracylin-assozierter kardialer Dysfunktion (The STOP-CA Trial)

Anthrazykline wie Doxorubicin kommen in Chemotherapie-Regimen zur Behandlung von Brustkrebs, Leukämie, Lymphomen und Sarkomen zum Einsatz. Bei mehr als 20% der Lymphom-Patienten zeigt sich innerhalb von nur einem Jahr nach der Behandlung eine LVEF-Abnahme von >10% und bis zu 20% der Patienten entwickeln innerhalb von fünf Jahren eine Herzinsuffizienz. In einer doppelblinden, randomisierten, multizentrischen Studie wurde nun untersucht, ob eine tägliche Einnahme von 40 mg Atorvastatin durch seine kardioprotektive Wirkung das Auftreten und Ausmass einer LVEF-Reduktion bei Lymphom­patienten nach Anthrazyklin-Behandlung verringern kann. Als primärer Endpunkt wurde eine absolute LVEF-Abnahme von ≥ 10% (auf eine LVEF <55%) innerhalb von zwölf Monaten nach der Therapie, gemessen mittels Kardio-MR, definiert. In der Gruppe, die Atorvastatin erhielt, erreichten lediglich 9% (13/150) diesen primären Endpunkt, im Vergleich zu 22% (33/150) in der Placebo-Gruppe (p = 0,002). Die Wahrscheinlichkeit einer LVEF-Abnahme von 10% oder mehr auf einen endgültigen Wert von unter 55% nach einer Anthrazyklin-Behandlung war für die Placebo-Gruppe fast dreimal höher im Vergleich zu denjenigen, die Atorvastatin einnahmen. Diese Ergebnisse unterstützen die Verwendung von Atorvastatin bei Lymphom-Patienten, um das durch Anthrazyklin verursachte Risiko einer linksventrikulären Dysfunktion zu minimieren. Ob eine vorbeugende Atorvastatin-Therapie in diesem Kontext letztendlich die Inzidenz von Herzinsuffizienz in dieser Patientengruppe reduzieren kann, bleibt noch zu klären.

Prof. Otmar Pfister

Neilan TG et al. JAMA 2023

Weg mit Aspirin, neu P2Y12 Inhibitoren in der Sekundärprävention: Halt nicht so schnell!

Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit empfehlen die Guidelines als antithrombotische Sekundärprävention eine Aspirin Monotherapie. Ob die Sekundärprävention durch die potenteren P2Y12 Inhibitoren (Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor) verbessert werden kann, ist nicht klar. Eine neue Meta-analyse von sieben Studie (n=24‘325, mittleres Alter 64 Jahre, 22% Frauen), welche bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit die Sekundärprävention von Aspirin mit Clopidogrel (62%) oder Ticagrelor (38%) verglichen haben, empfiehlt nun einen Wechsel. Die P2Y12 Inhibitoren senkten über eine mediane Nachbeobachtungszeit von 1,3 Jahren das relative Risiko für ein kardio-vaskuläres Ereignis um 12% (3,6% vs 4,1%, P=0.012), vorwiegend durch eine Reduktion der Myokardinfarktrate. Die Gesamtmortalität und die kardiovaskuläre Mortalität wurden nicht reduziert. Grosse Blutungen traten unter Aspirin und den P2Y12 Inhibitoren gleich häufig auf.

Soll nun also Clopidogrel oder Ticagrelor das Aspirin in der Langzeittherapie bei der koronaren Herzkrankheit ablösen? Dazu ist auch aufgrund dieser neuen Meta-analyse die Evidenz zu schwach. Erstens war der Nutzen relativ klein. Zweitens waren die untersuchten Studien sehr heterogen (Studien verteilt über einen Zeitraum von 30 Jahren; vier Studien waren nicht verblindet; der positive Effekt fand sich vorwiegend in asiatischen Studien und nach einer PCI). Es gibt gute Gründe beim Aspirin cardio (100 mg) in der Sekundärprävention zu bleiben. Patienten und Fachpersonen sind mit Aspirin und seinen Nebenwirkungen vertraut. Ticagrelor muss zweimal täglich eingenommen werden und verursacht häufig Nebenwirkungen. Beides ist ursächlich für das Stoppen des Medikaments bei vielen Patienten. Der Langzeiteffekt der bekannten Clopidogrelresistenz, welche bei einigen Patienten vorliegt, ist nicht bekannt. Ob Aspirin oder P2Y12 Inhibitoren in der Sekundärprävention den besten Nutzen bringen, müsste in einer doppelblind randomisierten Langzeitstudie untersucht werden. Vorläufig gibt es wenig Gründe das Aspirin aus der Sekundärprävention zu kippen.

Prof. Franz Eberli

1 Grangnano F, Cao D, Pirondini L et al. JACC 2023;82:89-105

Prof. Dr. med. Franz R. Eberli

Stadtspital Zürich Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

franz.eberli@triemli.zuerich.ch

Prof. Dr. med. Otmar Pfister

Otmar.pfister@usb.ch

info@herz+gefäss

  • Vol. 13
  • Ausgabe 4
  • September 2023