Editorial

Mind the gap!



Kürzlich fand in Bern das von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK) organisierte zweitägige «translational urogenital cancer network meeting» statt. Akademische Forschungsgruppen aus allen Teilen der Schweiz präsentierten ihre laufenden Arbeiten im Bereich der Grundlagenforschung von Blasenkarzinom und Prostatakarzinom. Hervorragende junge Forscherinnen und Forscher zeigten dabei eindrückliche Resultate aus ihren präklinischen Studien, die in hochkarätigen internationalen Journals publiziert worden sind. Das Publikum bestand aus den Grundlagenforscherinnen sowie aus Mitgliederinnen der Projektgruppe urogenitale Tumore der SAKK. Dieses Meeting wird regelmässig seit mehr als zehn Jahren mit dem Ziel durchgeführt, eine bessere Vernetzung zwischen der Grundlagenforschung und der klinischen Krebsforschung zu erreichen.

Schon lange ist erkannt, dass ein besseres gegenseitiges Verständnis für die jeweils andere Seite zu mehr erfolgreichen Kooperationen im Bereich der Krebsforschung führt. Viele Labors in denen Grundlagenforschung betrieben wird, wissen voneinander und sind auf ihrem Gebiet national sowie international bereits sehr gut vernetzt. Weiterhin mangelt es jedoch sowohl von klinischer Seite wie auch von Seiten der Grundlagenforschung am Wissen darum, was die aktuellen Trends in der jeweils anderen Disziplin sind. Die ist umso wichtiger, als sich die Therapiemöglichkeiten für Krebserkrankungen im klinischen Bereich in den letzten Jahren sehr rasch verändert haben und somit andere Prioritäten in den Vordergrund gerückt sind. Um in Zukunft relevante Grundlagenforschung zu betreiben die Ergebnisse erzielt, welche idealerweise in der Praxis umgesetzt werden können, braucht es dieses gegenseitige Wissen und ein gutes Netzwerk nicht nur auf Ebene der Grundlagenforschung oder der klinischen Forschung, sondern insbesondere auch untereinander. Die Schweiz bietet sich hier als Modell an, mit mehreren hervorragenden Institutionen, hochmotivierten Forscherinnen und Klinikerinnen und grundsätzlich kurzen Wegen. Was es zur vielgepriesenen «Translation» braucht, ist darum eine konkrete und regelmässige Vernetzung um das Verständnis füreinander zu fördern und voneinander zum gegenseitigen Wohl zu profitieren. Hier setzen Initiativen wie dieses interdisziplinäre Forschungsmeeting der SAKK an. Weitere ähnliche Veranstaltungen wären zu begrüssen und könnten einen zusätzlichen Beitrag zur Verständigung und Verbesserung der Koordination und Kooperation leisten.

Viele spektakuläre Fortschritte in der Behandlung von Krebserkrankungen sind in den letzten Jahren dank der vermehrten Umsetzung von Erkenntnissen der Grundlagenforschung möglich geworden und helfen nun tagtäglich unseren Patientinnen und Patienten. Wir müssen weiterhin dafür besorgt sein, dass der Graben zwischen den verschiedenen Forschungsspezialitäten immer kleiner wird. Das stellt eine sehr wichtige Aufgabe für alle dar, die in diesem Umfeld aktiv sind. Mind the gap!

 

Prof. Dr. med. Richard Cathomas

Prof. Dr. med. Richard Cathomas

Onkologie/Hämatologie
Kantonsspital Graubünden
Loëstrasse 170
7000 Chur

richard.cathomas@ksgr.ch

info@onco-suisse

  • Vol. 13
  • Ausgabe 8
  • Dezember 2023