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Impfstoffe gegen Erkältungen

Die Erkältung ist eine spontan wiederkehrende Infektion der oberen Atemwege, die durch eine laufende und verstopfte Nase, Niesen, Husten, Unwohlsein, Halsschmerzen und Fieber (normalerweise < 37.8 ºC) gekennzeichnet ist. Erkältungskrankheiten sind zwar in der Regel harmlos, verursachen aber durch Fehlzeiten in der Schule und am Arbeitsplatz wirtschaftliche Schäden. In den Vereinigten Staaten wird der wirtschaftliche Schaden durch Erkältungskrankheiten auf über 40 Mrd. USD pro Jahr geschätzt, einschliesslich geschätzter 70 Mio. verpasster Arbeitstage von Arbeitnehmern, 189 Mio. verpasster Schultage von Kindern und 126 Mio. verpasster Arbeitstage von Eltern, die sich um erkältete Kinder kümmern. Darüber hinaus zeigen Daten aus Europa, dass die Gesamtkosten pro Episode bis zu 1102 EUR betragen können. Auch die unsachgemässe Verschreibung antimikrobieller Mittel verursacht hohe Kosten. Die Entwicklung von Impfstoffen gegen Erkältungskrankheiten ist aufgrund der Antigenvariabilität von Erkältungsviren schwierig; auch Bakterien können als Infektionserreger fungieren. Über die Wirksamkeit und Sicherheit von Massnahmen zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten bei gesunden Menschen besteht nach wie vor Unsicherheit. Aus diesem Grund wurde eine Aktualisierung des 2011 erstmals veröffentlichten und 2013 sowie 2017 aktualisierten Cochrane Reviews durchgeführt. Ziel war es, die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen zur Vorbeugung von Erkältungen bei gesunden Menschen zu bewerten.

Methodik

Die Autoren durchsuchten das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL) (April 2022), MEDLINE (1948 bis April 2022), Embase (1974 bis April 2022), CINAHL (1981 bis April 2022) und LILACS (1982 bis April 2022). Zusätzlich wurde in drei Studienregistern nach noch laufenden Studien und auf vier Websites nach weiteren Studien gesucht (April 2022). Es gab keine Einschränkungen bezüglich Sprache oder Datum.

Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) zu einem beliebigen Virusimpfstoff im Vergleich zu Placebo zur Prävention von Erkältungen bei gesunden Personen. Auswahlkriterien waren randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) zu einem beliebigen Virusimpfstoff im Vergleich zu Placebo zur Vorbeugung von Erkältungen bei gesunden Personen.

Datenerfassung und -analyse

Für die Bewertung der ersten Suchergebnisse wurde der Screen4Me-Workflow von Cochrane verwendet. Vier Autoren führten unabhängig voneinander ein Titel- und Abstract-Screening durch, um potenziell relevante Studien zu identifizieren. Die Volltexte der als potenziell relevant eingestuften Studien wurden von den Review-Autoren unabhängig voneinander für den Einschluss in den Review gesichtet und die Gründe für den Ausschluss der Studien festgehalten. Mögliche Unstimmigkeiten wurden durch Diskussion oder ggf. durch Rücksprache mit einem dritten Autor geklärt. Zwei Review-Autoren trugen die Daten unabhängig voneinander in ein Datenextraktionsformular ein und klärten Unstimmigkeiten im Konsens oder durch Hinzuziehen eines dritten Review-Autors.

Wichtigste Ergebnisse

Wir haben keine neuen RCTs identifiziert, die in diese Aktualisierung aufgenommen werden sollten. Diese Überprüfung umfasst eine 1965 durchgeführte RCT mit einem insgesamt hohen Risiko der Verzerrung. Die RCT umfasste 2307 gesunde junge Männer in einer Militäreinrichtung, die alle in die Analysen einbezogen wurden, und verglich die Wirkung von drei Adenovirus-Impfstoffen (Lebendimpfstoff, inaktivierter Typ 4 und inaktivierter Typ 4 und 7) mit einem Placebo (Injektion von physiologischer Kochsalzlösung oder Gelatinekapsel). In der Impfstoffgruppe traten bei 1139 Teilnehmern 13 (1.14 %) Ereignisse auf, in der Placebogruppe bei 1168 Teilnehmern 14 (1.19 %). Insgesamt wissen wir nicht, ob es einen Unterschied zwischen dem Adenovirus-Impfstoff und Placebo in Bezug auf die Verringerung der Häufigkeit von Erkältungen gibt (Risikoverhältnis 0.95, 95 % Konfidenzintervall 0.45 bis 2.02; Evidenz mit sehr geringer Sicherheit). Ausserdem wurde kein Unterschied bei den unerwünschten Ereignissen beim Vergleich des Lebendimpfstoffpräparats mit Placebo festgestellt. Wir stuften die Sicherheit der Evidenz auf sehr niedrig herab, weil das Risiko einer Verzerrung unklar ist, weil die Population dieser Studie nur aus jungen Männern bestand und weil die Konfidenzintervalle breit waren und die Zahl der Ereignisse gering war. In der eingeschlossenen Studie wurde die impfstoffbedingte oder die Gesamtmortalität nicht untersucht.

Schlussfolgerungen der Autoren

Dieser Cochrane-Review basierte auf einer Studie mit sehr geringer Evidenz, die zeigte, dass es möglicherweise keinen Unterschied zwischen dem Adenovirus-Impfstoff und Placebo bei der Verringerung der Häufigkeit von Erkältungen gibt. Wir haben festgestellt, dass es einen Bedarf an gut konzipierten, ausreichend aussagekräftigen RCTs zur Untersuchung von Impfstoffen gegen Erkältungen bei gesunden Menschen gibt. Künftige Studien zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten sollten eine Reihe von Virusimpfstoffen für diese Erkrankung untersuchen und Ergebnisse wie die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten, die Sicherheit des Impfstoffs und die Sterblichkeit (alle Ursachen und im Zusammenhang mit dem Impfstoff) messen.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Quelle: Montesinos-Guevara C et al. Vaccines for the common cold. Cochrane Acute Respiratory Infections Group PMCID: PMC9749450 PMID: 36515550.
Dieser Artikel ist ein Update von «Vaccines for the common cold» im Band 2017, CD002190.

Umstellung von Einweg- auf Mehrweg-Schutzkleidung

Wiederverwendbare Schutzkleidung ist nachweislich ebenso sicher, kostengünstig und nachhaltig wie Einwegkleidung. Eine Ökobilanz von der Wiege bis zur Bahre, die von einem unabhängigen Forschungsunternehmen für medizinische Geräte durchgeführt wurde, ergab, dass wiederverwendbare Mäntel im Vergleich zu Einwegmänteln 30 % weniger Treibhausgas­emissionen verursachen und 28 % weniger Energie verbrauchen. Möglicherweise muss dieser Vergleich für verschiedene geografische Regionen neu bewertet werden, um festzustellen, wie die Emissionen je nach Energiemix in den einzelnen ­Ländern variieren. Eine kürzlich durchgeführte Studie, in der die Leistung von Mehrweg- und Einwegkitteln verglichen wurde, ergab, dass Mehrwegkittel sicherer sind: Unabhängig davon, wie oft sie gewaschen wurden, erfüllten Mehrwegkittel die PB70-Leistungsspezifikationen (von der Association of the Advancement Instrumentation) besser als Einwegkittel und wiesen eine höhere Nahtfestigkeit und eine vergleichsweise höhere Widerstandsfähigkeit gegen Reißen, Brechen und Knötchenbildung auf. Darüber hinaus konnten durch die Verwendung von Mehrwegkitteln in großen medizinischen Zentren in den USA Hunderte von Tonnen Deponieabfall vermieden und Kosteneinsparungen von fast 50 % pro Kittel erzielt werden, was im Laufe der Jahre zu Einsparungen in Millionenhöhe führte, ohne dass sich dies auf die Infektionsraten auswirkte.

Kommentar: Mehrweg-Schutzkleidung ist genauso sicher wie Einweg-Schutzkleidung, wenn nicht sogar sicherer in Bezug auf mechanische Eigenschafteninsbesondere Reissfestikeit. Die Wegwerfmentalität verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern belastet unsere Ressourcen in vielerlei Hinsicht. Entsprechende finanzielle Anreize, wie z. B. Selbstbehalte ( wie bei Medikamenten/Generika), wären hier sowohl für Patienten als auch für Ärzte/Spitäler hilfreich. Solange die Kosten von der Allgemeinheit getragen werden, wird sich hier nicht viel ändern. Offenbar ist weiterhin zu viel Geld im System, bei diesen Beispielen gerade bei den Spitälern: Wie uns die Werbung für die Produkte sagt, schätzen alle Beteiligten die Anwenderfreundlichkeit, d.h. hier Einwegkleidung und OP-Besteck aus poliertem Stahl als Hauptgrund für die Verwendung von Einwegutensilien, nach Gebrauch wegwerfen. Die Kosten tragen letztlich die Krankenkassen und die Allgemeinheit über die Defizitdeckung der Spitäler.

Prof. Dr. med. Beat Thürlimann

Quelle:
Bromley-Dulfano R et al. Switching from disposable to reusable PPE BMJ 2024; 384 doi: https://doi.org/10.1136/bmj-2023-075778
(Published 18 March 2024) Cite this as: BMJ 2024;384:e075778

Vitamin K2 reduziert die Häufigkeit nächtlicher ­Wadenkrämpfe bei älteren Menschen

Hintergrund
Etwa die Hälfte der vorwiegend älteren Menschen haben ­gelegentlich nächtliche Wadenkrämpfe. Bei einigen treten
die Krämpfe häufig auf und diese Menschen suchen medizinische Hilfe. Empfohlen werden oft Magnesium oder Kalzium-Kanal-Blocker, wobei die Wirksamkeit fraglich ist. Wegen schweren Nebenwirkungen wird Quinin nicht mehr empfohlen.
In einer Studie bei Dialysepatienten zeigte sich, dass Vitamin K2 (rezeptfrei erhältlich) wirksam ist und im Vergleich zu ­Plazebo deutlich weniger Wadenkrämpfe auftraten. Wenn Wadenkrämpfe auftraten, dauerten sie weniger lang.
In dieser Studie wurde die Wirksamkeit von Vitamin K2 bei Nicht-Dialysepatienten untersucht.

Einschlusskriterien
• Personen älter als 65 Jahre mit zwei oder mehr Episoden von nächtlichen Wadenkrämpfen in den vergangenen zwei Wochen.

Ausschlusskriterien
• Personen mit Wadenkrämpfen aufgrund metabolischer Krankheiten (z.B. Hypothyreose, Hypoglykämien, ­Hämodialyse) und von Neuropathien (z.B. Alkoholismus, ­Parkinson, amyotrophe Lateralsklerose)
• Einnahme von Diuretika oder Vitamin K-Antagonisten
• Hämodialyse

Studiendesign und Methode
Multizentrische, verblindete, randomisierte Studie

Studienort
In verschiedenen Spitälern einer chinesischen Provinz wurde Werbung für die Teilnahme an der Studie gemacht.

Interventionen
• Gruppe 1: Vitamin K2 (Menaquinon) 180 µg/Tag für acht Wochen
• Gruppe 2: Plazebopräparat für acht Wochen

Outcome
Primärer Outcome
• Mittlere Anzahl nächtlicher Wadenkrämpfe pro Woche

Sekundäre Outcomes
• Dauer der Wadenkrämpfe in Minuten
• Schweregrad der Wadenkrämpfe auf einer Skala von
1 bis 10

Resultat
• 310 Personen wurden für die Eignung an der Studie teilzunehmen untersucht, 199 wurden randomisiert (weniger als zwei Wadenkrämpfe war der häufigste Grund Personen nicht einzuschliessen); das mittlere Alter lag bei 72 Jahren, 54 % waren Frauen, 70 % hatten eine Hypertonie und knapp 50 % einen Diabetes.
• In den zwei Wochen vor Einschluss in die Studie lag die mittlere Frequenz von nächtlichen Wadenkrämpfen bei 2.6/Woche in der Vitamin K2-Gruppe und bei 2.71/Woche in der Plazebo-Gruppe.
• Mittlere Häufigkeit von nächtlichen Wadenkrämpfen ­während der Studie: 0.96/Woche in der Vitamin K2-Gruppe und 3.63/Woche in der Plazebogruppe. Statistisch signifikanter Unterschied.
• Auch die mittlere Dauer der Krämpfe als auch der ­Schweregrad wurden von Vitamin K2 positiv beeinflusst.
• Nebenwirkungen wurden keine registriert.

Kommentar
• Diese Studie liefert Hinweise, dass Vitamin K2 bei älteren Menschen die Häufigkeit, die Dauer und den Schweregrad von nächtlichen Wadenkrämpfen reduziert.
• Nebenwirkungen sind keine beschrieben und die Substanz ist ohne Rezept erhältlich.
• Ungeklärt ist der doch markante Anstieg der Häufigkeit von nächtlichen Wadenkrämpfen von 2.71/Woche in den zwei Wochen vor Einschluss in die Studie auf 3.63/Woche während der Studie. In der Diskussion der Ergebnisse gehen die Autoren auf diesen Anstieg nicht ein.
• Die Wirkungsweise von Vitamin K2 ist nicht bekannt.

Prof. em. Dr. med. Johann Steurer

Literatur
Tan j et al. Vitamin K2 in managing nocturnal leg cramps. A randomized clinical trial. JAMA Intern Med. Doi:10.1001/jamainternmed. 2024.6726.

News: der informierte @rzt

  • Vol. 15
  • Ausgabe 1
  • Januar 2025