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Ein ungünstiger Nutri-Score der Ernährung erhöht das ­Herz-Kreislauf-Risiko

  • Ein ungünstiger Nutri-Score der Ernährung erhöht das ­Herz-Kreislauf-Risiko


Frage

Hat die Ernährung gemäss dem Nutri-Score Einfluss auf das Herz-Kreislauf-Risiko?

Studienort

An der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) hatten sich 23 Zentren in zehn europäischen Ländern beteiligt.

Hintergrund

Der Nutri-Score, von Wissenschaftlern der Pariser Sorbonne entwickelt, soll mittels Ampelfarben und einer 5-stufigen Skala von A bis E Verbrauchern signalisieren, ob ein Nahrungsmittel aufgrund seines hohen Gehalts an Zucker, gesättigten Fettsäuren und Salz sowie einer hohen Energie ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit hat. In der Schweiz haben zuletzt Hersteller angekündigt, den Nutri-Score nicht mehr aufdrucken zu wollen, weil er die Verbraucher verwirren könnte. Frühere Studien hatten bereits ungünstige Folgen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch den Konsum zahlreicher Lebensmittel mit schlechtem Nutri-Score gezeigt.

Ein- und Ausschlusskriterien

Erwachsene im Alter von 25–70 Jahren zu Studienbeginn. Ausgeschlossen wurden Personen mit einer Vorgeschichte von Myokardinfarkt oder Schlaganfall oder mit einem derartigen Ereignis in den ersten zwei Jahren des Follow-ups.

Methode

Zwischen 1992 und 2010 wurden in EPIC Ernährungsdaten von mehr als einer halben Million Menschen erhoben und diese mit späteren Krebserkrankungen, aber auch Herz-Kreislauf-Ereignissen in Beziehung gesetzt. Zehn ­europäische Länder nahmen teil, für die vorliegende Studie wurden die Daten von sieben Ländern ausgewertet.

Analysiert wurden die Angaben von 345 533 Teilnehmern in EPIC mit dem Nutri-Score, der auf einer 2023 upgedateten Version des zugrundeliegenden «nutrient profiling system (NPS)» basiert.

Outcome

Herz-Kreislauferkrankungen, koronare Herzerkrankung, Myokardinfarkt, zerebrovaskuläre Erkrankung und Schlaganfall.

Ergebnisse

In 12.3 Jahren Nachbeobachtungszeit kam es zu insgesamt 16 214 kardiovaskulären Erst-Ereignissen, darunter 11 009 koronare Ereignisse, wovon wiederum 6565 Myokardinfarkte waren. Zudem wurden 6669 zerebrovaskuläre Ereignisse, darunter 6245 Schlaganfälle, beobachtet. Ein um eine Standardabweichung höherer Nutri-Score erhöhte das Risiko auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung um 3 % (Hazard Ratio (HR) 1.03; 95-%-Konfidenzintervall, CI: 1.01–1.05).

Die Risikoerhöhung zeigte sich dabei wie folgt: Myokardinfarkt: 3 % (HR 1.03; CI 1.01–1.07), zerebrovaskuläre Ereignisse: 4 % (HR 1.04; CI 1.01–1.07), Schlaganfallrisiko: 4 % (HR 1.04; CI 1.01–1.07). Einzig die Gesamtzahl der koronaren Ereignisse stieg nicht signifikant an (HR 1.01; CI 0.99–1.03), hier wurden neben den Myokardinfarkten auch die Angina pectoris gezählt. Vergleicht man die Teilnehmer mit dem niedrigsten (günstigsten) Nutri-Score mit den Teilnehmern mit dem ungünstigsten (höchsten) Nutri-Score, so zeigten sich pro 100 000 Teilnehmer 364 versus 490 Ereignisse in 12.3 Jahren.

Prof. Dr. Dr. med.Thomas Rosemann

Institut für Hausarztmedizin
Universitätsspital Zürich
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich

thomas.rosemann@usz.ch

Dr. med. Andrea Rosemann

Institut für Hausarztmedizin Universitätsspital Zürich (IHAMZ)
Pestalozzistrasse 24
8091 Zürich

andrea.rosemann@usz.ch

Die Autorin und der Autor haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

Deschasaux-Tanguy, M. ∙ Huybrechts, I. ∙ Chantal, J. ∙ et al.
Nutritional quality of diet characterized by the Nutri-Score profiling system and cardiovascular disease risk: a prospective study in 7 European countries
Lancet Reg Health Europe. 2024; 46:101006

00173-X/fulltext