Schwerpunkt

Nicht-kleinzelliges Bronchuskarzinom

Radiotherapie und Immuntherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren

Die Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Behandlungspfeiler geworden. Viele Patienten mit einer Immuntherapie erhalten im Verlauf ihrer Erkrankung auch eine Radiotherapie. Obwohl die Evidenzlage zur kombinierten Therapie und zu möglichen Interaktionen insgesamt noch unzureichend ist, sind die vorliegenden Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit vielversprechend.



Ces dernières années, le traitement du carcinome bronchique non à petites cellules par des inhibiteurs de l’immunocheckpoint est devenu un pilier important du traitement. De nombreux patients en immunothérapie reçoivent également une radiothérapie au cours de leur maladie. Bien que les données sur la thérapie combinée et les interactions possibles soient encore insuffisantes, les données disponibles sur l’efficacité et l’innocuité sont prometteuses.

Die Einführung der Immuntherapie (IT) mit Immuncheckpoint-Inhibitoren hat in den letzten wenigen Jahren die Behandlung des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) grundlegend verändert (1). Durch Antikörper gegen Rezeptoren wie CTLA-4, PD-L1 und dessen Liganden PD-L1 werden immunsupprimierende Signalwege gehemmt, woraus eine gesteigerte Tumor-gerichtete T-Zell-Aktivierung resultiert. Beim fortgeschrittenen NCSLC konnte auf diese Weise das Gesamtüberleben (OS) im Vergleich zu einer klassischen Chemotherapie in der Erstlinientherapie und Zweitlinientherapie signifikant verbessert werden (1). In der Schweiz sind die Immuncheckpoint-Inhibitoren Nivolumab, Pembrolizumab (Anti-PD-1) und Atezolizumab (Anti-PD-L1) zur Therapie des metastasierten NSCLC zugelassen. Seit September 2018 ist zusätzlich im Stadium III nach Radiochemotherapie der anti-PD-L1-Antikörper Durvalumab zur konsolidierenden Behandlung verfügbar (2).
Ein Grossteil der Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC erhält vor oder nach einer Immuntherapie (IT) im Verlauf ihrer Erkrankung auch eine Radiotherapie (RT), sei es nach einer kurativ-intendierten Radiochemotherapie im inoperablen Stadium III oder im Rahmen einer palliativen Bestrahlung intrakranieller oder extrakranieller Metastasen im Stadium IV. Im limitierten metastasierten Stadium (Oligometastasierung) wird ausserdem zunehmend eine radikale Lokaltherapie des Primärtumors und der einzelnen Metastasen empfohlen (3). Der vorliegende Artikel fasst die aktuelle Evidenz zur Sicherheit und Effektivität der Kombination von Immuncheckpoint-Inhibitoren und Radiotherapie zusammen und gibt einen Ausblick auf momentan laufende Studien.

Potentielle Synergismen der Kombinationstherapie.

Neben dem klassischen Verständnis der zytotoxischen Wirkung der RT durch DNA-Schädigungen ist in den letzten Jahren die immunmodulatorische Wirkung der RT ins Interesse der Forschung gerückt (4). Präklinische Studien konnten nachweisen, dass die Bestrahlung von Tumoren über verschiedene Mechanismen, einschliesslich der gesteigerten Tumor-Antigen-Freisetzung, zu einer gesteigerten lokalen, aber auch systemischen Tumor-gerichteten Immunantwort führen kann (4). Die optimale Dosierung und Fraktionierung der RT in Kombination mit einer IT ist aber weiterhin unklar. Es gibt jedoch Hinweise, dass hypofraktionierte Einzeldosen bis ungefähr 10 Gy gegenüber höheren, ablativen Dosierungen vorteilhaft sind, da letztere auch immunsuppressive Mechanismen auslösen können (4).
Retrospektive Analysen zur Wirksamkeit der Kombination von IT und RT beim NSCLC zeigen insgesamt widersprüchliche Ergebnisse bezüglich einer Verbesserung des progressionfreien Überlebens (PFS) oder Gesamtüberlebens (OS) (5). Erwähnenswert ist jedoch eine ungeplante Sekundäranalyse der KEYNOTE-001 Phase I-Studie zur Therapie mit Pembrolizumab beim fortgeschrittenen NSCLC, die auf die Bedeutung einer vorgängig erfolgten RT einging (6). Die 39% der 98 Studienpatienten, die eine Radiotherapie vor Pembrolizumab erhalten hatten, zeigten ein signifikant verlängertes PFS (4.4 versus 2.1 Monate) sowie ein verbessertes OS (10.7 versus 5.3 Monate) ohne Hinweis auf erhöhte Grad ≥3 Toxizität. Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass keine Details zu den jeweiligen Bestrahlungen angegeben werden konnten und die Aussagekraft des Ergebnisses dieser retrospektiven Studie durch mögliche Störfaktoren eingeschränkt ist.
Aktuell wird die Kombinationstherapie aus RT und IT in zahlreichen prospektiven Studien untersucht, wobei die grosse Mehrheit aus Phase I-II Studien besteht (5). Das untersuchte Spektrum reicht hierbei vom resektablen NSCLC im Stadium I bis zur Kombinationstherapie im metastasierten Stadium.
In der PEMBRO-RT Phase II-Studie wurden Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC und mehr als zwei Therapielinien zwischen einer IT mit Pembrolizumab allein und mit der zusätzlichen Bestrahlung einer Tumormanifestation mit 3 x 8 Gy randomisiert (7). Die vorläufigen Ergebnisse der 64 auswertbaren Patienten, die auf der ASCO-Konferenz 2018 präsentiert wurden, zeigten einen nicht-signifikanten Trend für ein verbessertes progressionsfreies Überleben (PFS, 7.1 vs. 2.8 Monate, p = 0.08) sowie für ein längeres OS (19.2 versus 7.3 Monate, p = 0.1) ohne verstärkte Nebenwirkungen. Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass der Effekt der Kombinationstherapie bei PD-L1-negativen Tumoren am deutlichsten war.
Die PACIFIC Phase III-Studie untersuchte den Nutzen einer konsolidierenden Immuntherapie mit dem PD-L1 Inhibitor Durvalumab bei Patienten mit einem inoperablen NSCLC im Stadium III nach abgeschlossener Radiochemotherapie (8). Die ein Jahr andauernde adjuvante Immuntherapie verbesserte das 2-Jahres-OS signifikant von 55.6% auf 66.3%. Eine Subgruppenanalyse bezüglich des PD-L1-Status, der für den Studieneinschluss nicht vorgeschrieben war, zeigte die OS-Verlängerung nur bei Tumoren mit einer PD-L1-Expression ≥ 1%. Durvalumab war klinisch wirksam unabhängig von dem Intervall zwischen Radiochemotherapie und IT (9). Wenngleich die PACIFIC-Studie die erste Phase III-Studie zur (sequentiellen) Kombination von RT und IT im Stadium III darstellt, kann aufgrund des Studiendesigns nicht zwischen einer unabhängigen und synergistischen Wirkung beider Therapien unterschieden werden. Ob eine konsolidierende Therapie mit Durvalumab im Stadium III auch ohne vorgängige RT das OS deutlich verbessern kann, werden aktuell laufende Studien wie z.B. SAKK 16/14 zeigen, deren Resultate für 2020 erwartet werden (10).

Sicherheit der Kombination von Radiotherapie und Immuntherapie.

Zahlreiche retrospektive Analysen zur «akzidentellen Kombination» von IT und RT im Stadium IV NSCLC und beim metastasierten Melanom haben keine Hinweise auf eine exzessive Erhöhung der Toxizität gezeigt (5, 6). Dies ist insofern beruhigend, als dass die RT und IT gerade im Bereich der Lunge mit der Pneumonitis prinzipiell überschneidende Toxizitätsprofile haben. Die kürzlich publizierte PACIFIC-Studie wies keine erhöhte Raten an Grad ≥ 3 Pneumonitis bei sequentieller Radiochemotherapie und IT mit Durvalumab auf, obwohl Durvalumab gemäss Protokoll unmittelbar nach Abschluss der Bestrahlung gegeben werden konnte (8). Auch bei einer Gabe innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss der Bestrahlung wurde keine erhöhte Toxizität beobachtet (9). In der Phase II-Studie NICOLAS wurde eine IT mit Nivolumab bereits konkomitierend zur platinbasierten Radiochemotherapie gegeben. Eine frühe Interimsanalyse zeigte keine erhöhte Rate an Grad ≥3 Pneumonitis, wobei jedoch nur Daten zu 21 Patienten vorlagen (11).
Die kürzlich erschienenen Guidelines der Amerikanischen Gesellschaft für Radio-Onkologie (ASTRO) (12) sowie eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) (13) zur Kombination von RT und Systemtherapien fassen zusammen, dass die Kombination von RT und IT bei Patienten mit metastasierter Tumorerkrankung prinzipiell sicher erscheint, aufgrund der limitierten Datenlage jedoch Patienten, die beide Therapien erhalten, aufmerksam überwacht werden sollten. Dies trifft insbesondere zu, wenn IT und RT je nach Lokalisation der Bestrahlung ähnliche Nebenwirkungen haben können. Für die kurativen Stadien I-III liegt zurzeit jedoch keine ausreichende Evidenz vor, um eine kombinierte IT und RT ausserhalb von Studien zu rechtfertigen.

Dr. med.Cédric Panje

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

cedric.panje@kssg.ch

Dr. med.Markus Glatzer

Klinik für Radio-Onkologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

PD Dr. med.Martin Früh

Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

Die Autoren geben an, dass für diese Publikation kein Interessenkonflikt vorliegt.

  • Die Kombination von IT und RT ist im klinischen Alltag häufig gegeben.
  • Auch wenn eine sequentielle Therapie von IT und RT sowie eine «akzidentelle Kombination» bei einer palliativen Bestrahlung im
    Stadium IV nach heutigem Wissensstand weitgehend sicher erscheint, sollte ausserhalb von klinischen Studien keine Bestrahlung mit dem Ziel einer Immunstimulation verabreicht werden.
  • Vorerst sollten die Ergebnisse von prospektiven randomisierten Studien abgewartet werden, welche einen Vorteil dieses Therapieansatzes zeigen.
  • Eine sequentielle Radiochemotherapie und Immuntherapie im inoperablen Stadium III kann nach den Ergebnissen der PACIFIC-Studie als neuer Standard angesehen werden.
  • Für eine gleichzeitige IT und RT in den Stadien I-III sind keine ausreichenden Daten vorhanden.
  • Die aktuell laufenden randomisierten Studien werden in den nächsten Jahren zeigen, ob die vielversprechenden Hinweise auf einen Synergismus von IT und RT sich bewahrheiten werden.

Messages à retenir

  • L’ immunothérapie (IT) et de la radiothérapie (RT) sont fréquemment combinées dans la pratique clinique quotidienne.
  • Même si une thérapie séquentielle de l’ IT et de la RT ainsi qu´une «combinaison accidentelle» dans le cadre d´une irradiation palliative en stade IV paraissent actuellement être fiables, il n´est pas recommandable d’ irradier dans le but d´une stimulation immunitaire en dehors des études cliniques.
  • Pour l’ instant, il faut attendre les résultats études prospectives randomisées qui démontrent un avantage de cette approche thérapeutique.
  • Selon les résultats de l’ étude PACIFIC, la radiochimiothérapie séquentielle et l’ immunothérapie en stade III inopérable peuvent être considérées comme «le nouveau standard».
  • Toutefois on ne dispose pas de données suffisantes sur la combinaison de l’ IT et de la RT dans les stades I à III.
  • Les essais randomisés en cours montreront dans les années à venir
    si les indications prometteuses d’une synergie de l’ IT et de la RT
    s’ avéreront.

1. Raju, S., R. Joseph, and S. Sehgal, Review of checkpoint immunotherapy for the management of non-small cell lung cancer. Immunotargets Ther, 2018. 7: p. 63-75.
2. Bundesamt für Gesundheit. Swiss Specialty List. 2019; www.listedesspecialites.ch (aufgerufen am 22.02.2019).
3. Ettinger, D.S., et al., Non-Small Cell Lung Cancer, Version 5.2017, NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology. J Natl Compr Canc Netw, 2017. 15(4): p. 504-535.
4. Vanpouille-Box, C., S.C. Formenti, and S. Demaria, Toward Precision Radiotherapy for Use with Immune Checkpoint Blockers. Clin Cancer Res, 2018. 24(2): p. 259-265.
5. Ko, E.C., D. Raben, and S.C. Formenti, The Integration of Radiotherapy with Immunotherapy for the Treatment of Non-Small Cell Lung Cancer. Clin Cancer Res, 2018. 24(23): p. 5792-5806.
6. Shaverdian, N., et al., Previous radiotherapy and the clinical activity and toxicity of pembrolizumab in the treatment of non-small-cell lung cancer: a secondary analysis of the KEYNOTE-001 phase 1 trial. Lancet Oncol, 2017. 18(7): p. 895-903.
7. Theelen, W., et al., Randomized phase II study of pembrolizumab after stereotactic body radiotherapy (SBRT) versus pembrolizumab alone in patients with advanced non-small cell lung cancer: The PEMBRO-RT study. Journal of Clinical Oncology, 2018. 36(15_suppl): p. 9023-9023.
8. Antonia, S.J., et al., Overall Survival with Durvalumab after Chemoradiotherapy in Stage III NSCLC. New England Journal of Medicine, 2018. 0(0): p. null.
9. Faivre-Finn, C., et al., 1363OEfficacy and safety evaluation based on time from completion of radiotherapy to randomization with durvalumab or placebo in pts from PACIFIC. Annals of Oncology, 2018. 29(suppl_8).
10. Rothschild, S., et al., SAKK 16/14: Anti-PD-L1 antibody durvalumab (MEDI4736) in addition to neoadjuvant chemotherapy in patients with stage IIIA(N2) non-small cell lung cancer (NSCLC)—A multicenter single-arm phase II trial. Journal of Clinical Oncology, 2016. 34(15_suppl): p. TPS8573-TPS8573.
11. Peters, S., et al., Safety evaluation of nivolumab added concurrently to radiotherapy in a standard first line chemo-RT regimen in unresectable locally advanced NSCLC: The ETOP NICOLAS phase II trial. Journal of Clinical Oncology, 2018. 36(15_suppl): p. 8510-8510.
12. Bristow, R.G., et al., Combining precision radiotherapy with molecular targeting and immunomodulatory agents: a guideline by the American Society for Radiation Oncology. Lancet Oncol, 2018. 19(5): p. e240-e251.
13. DEGRO. Strahlentherapie in Kombination mit Immuntherapie (aufgerufen am 28.02.2019). 2018; https://www.degro.org/wp-content/uploads/2018/02/20180203_DEGRO-Stellungnahme-zur-Strahlentherapie-in-Kombination-mit-Immuntherapie_FINAL.pdf.