Ultraschall Serie

Kongenitale Ichthyose

Hyperechogenes Fruchtwasser als mögliches Zeichen einer Pathologie



Fallpräsentation

Eine 41-jährige Gravida V, Para II stellte sich das erste Mal bei uns in 37+6 SSW in unserer Gebärabteilung mit regelmässigen Kontraktionen vor. Die ersten beiden Geburten waren unkomplizierte Spontangeburten mit gesunden Kindern. Familienanamnese bland. Der bisherige Schwangerschaftsverlauf gestaltete sich problemlos mit niedrigem Risiko für T21, T18/T13 im ETT sowie unauffälliger, externer Zweittrimestersonographie. Beim Aufnahme-Ultraschall in der Gebärabteilung fielen mehrere Auffälligkeiten auf. Es konnte ein Polyhydramnion mit einem «maximal vertical pocket» von 9 cm dargestellt werden («amnion fluid index» von 22 cm). Innerhalb des Fruchtwassers zeigten sich sehr hyperechogene Ablagerungen bzw. Abschilferungen (Abb. 1). Das Amnion schien vom Chorion im Sinne einer Amnionablösung separiert zu sein (Abb. 2). Die fetale Haut war ödematös und deutlich verdickt (Abb. 3 und 4). Aufgrund der regelmässigen Kontraktionen wurde keine 3D-Sonographie durchgeführt und die Geburt angestrebt.

Es folgte eine unkomplizierte Entbindung. Die primäre kardiopulmonale Adaptation des Neugeborenen war unauffällig und problemlos. Das Mädchen zeigte allerdings sehr ausgeprägte Ödeme im Bereich des gesamten Körpers, besonders an Händen, Füssen, Lippen und den Genitalien (Abb. 5).
Die Haut war geschwollen, gespannt sowie sehr trocken mit feiner Schuppung. Das Neugeborene konnte die Augen aufgrund des beidseitigen Ektropium nicht schliessen. Ebenso war die Beweglichkeit der Extremitäten sehr eingeschränkt. Aufgrund des dringenden V.a. eine kongenitale Ichthyose wurde das Neugeborene zur weiteren Abklärung und Therapie auf die neonatologische Station verlegt. Es wurde eine lamelläre Ichthyose diagnostiziert.

Die kongenitale Ichthyose ist eine seltene Hauterkrankung mit Störung der Keratinisierung und Verhornung. Ursächlich hierfür sind autosomal rezessive Mutationen in unterschiedlichen Genen wie zum Beispiel TGM 1, KRT1, ALOXE 3 oder ABCA 12.
Aufgrund der multiplen möglichen genetischen Variationen ist auch die Ausprägung der Erkrankung sehr unterschiedlich (1,2).
Bezüglich des Phänotyps des Neugeborenen werden 3 Formen unterschieden (3):

  • Harlequin Ichthyose (HI)
  • Die HI gilt als die schwerste Form. Charakteristisch hierfür ist die dicke und sehr enge, panzerartige Bedeckung der gesamten Körperoberfläche. Dies führt zu einer extremen Einschränkung der Beweglichkeit und führt zu einer Deformität im Bereich des Gesichtes, des Kopfes sowie der Extremitäten (4).
  • Lamelläre Ichthyose (LI)
    Die LI ist die häufigste Form mit einer Prävalenz von 1:100 000 bis 1:1 000 000. Die Neugeborenen wirken wie von einer dünnen, enganliegenden Membran eingeschlossen (5).
  • Ichthyosiforme Erythrodermie (CIE)
    Variante der lamellären Ichthyose mit zusätzlicher Rötung der Haut.

Sonographische Zeichen einer Ichthyose im Sinne von hyperechogenen Ablagerungen im Fruchtwasser wurden bereits früh beschrieben (6). Zusätzliche Informationen hinsichtlich der Körperoberfläche und der Auffälligkeiten der Extremitäten liefert die 3D- und 4D-Sonographie (7, 8).

Dr. med.Tina Fischer

Kantonsspital St.Gallen
Frauenklinik Geburtshilfe
Rorschacher Strasse 95
9007 St.Gallen

tina.fischer@kssg.ch

Dr. med.Janis Kinkel

Kantonsspital St. Gallen
Frauenklinik
Rorschacherstrasse 95
9007 St. Gallen

  • Die kongenital autosomal rezessive Ichthyose ist eine seltene, allerdings schwerwiegende Hauterkrankung.
  • Die Vererbung ist in den meisten Fällen autosomal rezessiv und bedingt in diesen Fällen für eine selbst gesunde Schwangere mit gesundem Partner (jeweils Träger) ein Wiederholungsrisiko von 25% für ein erkranktes Kind in der nächsten Schwangerschaft.
  • Sonographische Zeichen für den Formenkreis der Ichthyose umfassen hyperechogene Abschilferungen im Fruchtwasser, ödematöse Haut, Fehlstellungen der Extremitäten sowie Auffälligkeiten der Hautober-
    fläche, insbesondere des Gesichts, im 3D- bzw. 4D-Ultraschall.

1. Richard G. Autosomal Recessive Congenital Ichthyosis. 2001 Jan 10 [Updated 2017 May 18]. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA, et al., editors. GeneReviews®. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-2019.
2. Fischer J: Autosomal recessive congenital ichthyosis. J Invest Dermatol 2009; 129: 1319-1321.
3. Inherited ichthyoses/generalized Mendelian disorders of cornification. European Journal of Human Genetics 2013; 21, 123–133.
4. K. Washio et al.: Case of harlequin ichthyosis with a favorable outcome: Early treatment and novel, differentially expressed, alternatively spliced transcripts of the ATP-binding cassette subfamily A member 12 gene. In: The Journal of dermatology. Bd. 44, Nr. 8, August 2017, S. 950-953.
5. B. Hanson et al.: Ectropion Improvement with Topical Tazarotene in Children with Lamellar Ichthyosis. Pediatric dermatology. Bd. 34, Nr. 5, September 2017, S. 584-589.
6. Montague I. et al. Intra-amniotic debris identified at ultrasound scanning: a feature of congenital ichthyosis. Ultrasound Obstet Gynecol. 1997 May;9(5):350-1.
7. Holden S, Ahuja S, Ogilvy-Stuart A, Firth HV, Lees C. Prenatal diagnosis of Harlequin ichthyosis presenting as distal arthrogryposis using three-dimensional ultrasound. Prenat Diagn. 2007;27:566-7.
8. Kudla MJ, Timmerman D. Prenatal diagnosis of harlequin ichthyosis using 3- and 4-dimensional sonography. J Ultrasound Med. 2010;29:317-9.