Viel mehr ist nicht immer besser

Asthma-Exazerbationen im Kindesalter

Asthmapatienten können trotz regelmässiger adäquater Therapie immer wieder von lebensbedrohlichen Exazerbationen betroffen sein. Eine weit verbreitete Therapiepraxis ist, bei ersten Anzeichen einer drohenden Exazerbation die Dosis der inhalierten Kortikosteroiden zu erhöhen. Allerdings ist diese Praxis nicht durch gute Daten unterstützt.



In der vorliegenden randomisierten Doppelblindstudie wurden 254 Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren, die an einem milden bis mittel­schweren Asthma litten und im vergangenen Jahr mindestens eine Exazerbation, die mit systemischen Steroiden behandelt werden musste, durchgemacht hatte, eingeschlossen. Alle erhielten eine Basistherapie mit 2 Inhalationen von 44 µg Fluticason täglich, die Kinder der Studiengruppe inhalierten bei ersten Anzeichen einer Exazerbation während 7 Tagen eine fünffache Dosis von Fluticason, 2 mal 220 µg pro Tag, die Kinder der Kontrollgruppe behielten die Basisdosis bei. Primärer Endpunkt war die Anzahl von schweren, mit systemischen Steroiden behandelten Exazerbationen.
Die Anzahl von schweren Exazerbationen war in beiden Gruppen gleich mit einem nicht signifikanten Trend zu mehr Exazerbationen in der Studiengruppe. Auch die Symptome, die Dauer bis zur ersten Exazerbation und der Gebrauch von Salbutamol waren in den beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Hingegen war die totale Exposition mit Steroiden in der Studiengruppe um 16% höher und die Wachstumsrate war um 0.23 cm pro Jahr reduziert, als Ausdruck einer Steroidnebenwirkung.
Die Autoren schlossen, dass eine fünffache Erhöhung der Dosis von inhalierten Kortikosteroiden die Raten von schweren Exazerbationen bei Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren nicht zu reduzieren vermag, jedoch mit einer Wachstumsstörung assoziiert sein kann. In der gleichen Ausgabe des NEJM wurde eine zweite Studie publiziert, welche in gleicher Indikation eine vierfach erhöhte inhalative Steroiddosis bei jugendlichen und erwachsenen Asthmatikern testete, allerdings nicht verblindet. In dieser Studie wurde eine zwar signifikante, aber klinisch unbedeutende Senkung des Exazerbationsrisikos gefunden. Im zugehörigen Editorial wird betont, dass Exazerbationen in ihren Ursachen heterogen sind und erst eine Phaenotypisierung der Exazerbationen, ähnlich wie dies bei der COPD implementiert ist, eine Grundlage für eine personalisierte Vorbeugung ergeben könnte.

Quelle: Quintupling Inhaled Glucocorticoids to Prevent Childhood Asthma Exacerbations. Jackson D.J. et al.: N Engl J Med 2018; 378:891-901

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

der informierte @rzt

  • Vol. 8
  • Ausgabe 9
  • September 2018