Wissen aktuell

Hyper- und Hypothyreose

KHM-Kongress 2019

Im zweiten Hauptreferat des diesjährigen KHM-Kongresses drehte sich alles um die Schilddrüse. Der Endokrinologe
Dr. med. Roman Trepp, Bern, widmete sich dabei sowohl dem Thema der Hyper- als auch der Hypothyreose.



Im ersten Teil seines Referates ging Dr. Trepp auf die Hyperthyreose ein. Er schilderte dazu den Fall eines Patienten mit leichten Symptomen einer Hyperthyreose, bei dem die Laboruntersuchung ein erhöhtes FT3 ergab, während das TSH im Normbereich lag. Er erklärte dazu, dass verschiedene Faktoren die Bestimmung der Schilddrüsenparameter stören können, so unter anderem die Einnahme von Biotin in hohen Dosierungen. «Sollte also die Symptomatik nicht zu den Messresultaten passen oder die Resultate in sich nicht schlüssig sein, dann führen Sie noch eine zweite Bestimmung durch, allenfalls auch in einem Labor, das einen anderen Assay verwendet», empfahl er.

Differentialdiagnostik bei Hyperthyreose

Dr. Trepp erinnerte daran, dass die Schilddrüsenfunktion ein dynamischer Prozess ist. «Wenn jemand anderweitig akut oder chronisch krank ist, kann dies die Schilddrüsenparameter beeinflussen. Dies wird auch als Nonthyroidal-Illness-Syndrom oder Euthyroid-Sick-Syndrom bezeichnet.» Differentialdiagnostisch sollte daher neben den TSH-Rezeptor- und TPO-Antikörpern auch das CRP bestimmt werden. Bei Frauen im gebärfähigen Alter sollte bei Verdacht auf eine Hyperthyreose auch ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden, da eine Schwangerschaft, insbesondere in den ersten 12 bis 16 Wochen, eine Hyperthyreose induzieren kann (aufgrund struktureller Ähnlichkeit von TSH und β-hCG). «Ausserdem ist es auch im Hinblick auf eine spätere Therapie der Hyperthyreose relevant, ob eine Patientin schwanger ist oder nicht.»

Therapieindikation bei Hyperthyreose

Eine Indikation zur Therapie der Hyperthyreose besteht bei einer entsprechenden Symptomatik, bzw. wenn das TSH bleibend unter 0,1 m U/l (bzw. unter 0,3 mU/l bei kardialer und osteologischer Risikosituation) liegt. Zur Therapie der Symptome kann bei Patienten ohne Asthma Propranolol (20-40 mg, 3-4 x pro Tag) eingesetzt werden. Bei Patienten mit M. Basedow kommen zudem Thyreo-
statika zur Anwendung. «Wichtiger als die Ausgangsdosis ist hier, die Dosierung im Laufe der Behandlung so anzupassen, dass eine euthyreote Stoffwechsellage erreicht und aufrechterhalten wird», so Dr. Trepp. Als Notfallsituation (thyreotoxische Krise), die eine Einweisung ins Spital erforderlich macht, sei anzusehen, wenn eine schwere Hyperthyreose vorliegt (FT4 geht Richtung 100 pmol/L) und gleichzeitig zerebrale Funktionsstörungen (Verwirrtheit, Somnolenz) bestehen.

Diagnose und Therapie der Hypothyreose

Bei der Hypothyreose ist zwischen einer peripheren und einer zentralen Form zu unterscheiden. «Die Diagnose einer peripheren Hypothyreose beruht auf der Bestimmung von TSH, FT4 und TPO-Antikörpern», beschrieb der Redner. Bei Bedarf oder Patientenwunsch könne zusätzlich eine Sonografie durchgeführt werden. Die häufigste Ursache einer peripheren Hypothyreose stellt die chronische Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto) dar. «Auch postpartale Hypothyreosen, in den ersten 6 Monaten post partum, sind häufig, werden jedoch meist verpasst», so der Redner. Daneben kommen iatrogene Ursachen in Frage (Amiodaron, Checkpoint-Inhibitoren, Radiojod, Thyreoidektomie).
Bei Verdacht auf eine zentrale Hypothyreose sei stets das FT4 zu bestimmen, da hier in einzelnen Fällen das TSH normal oder gar leicht erhöht sein könne. «Da als Ursache selläre Raumforderungen wie Hypophysentumore in Frage kommen, ist hier auch ein MRI angezeigt.»
Eine Therapieindikation stellt dar, wenn bei einer peripheren Hypothyreose das TSH bleibend bei > 10 mU/l liegt. «Bei Patientinnen mit Schwangerschaftswunsch gilt aktuell ein TSH von über 4 mU/l als Interventionsgrenze.» Als Zielbereich für den Einsatz von Levothyroxin gilt generell ein TSH im Referenzbereich, bei Patientinnen mit Schwangerschaftswunsch ein Wert von 0,5 bis 2,5 mU/l. Bei der Behandlung der zentralen Hypothyreose liegt der Zielwert bei Patienten unter 65 Jahren im mittleren bis oberen FT4-Referenzbereich (17-20 pmol/l) und bei Patienten ab 65 im mittleren Referenzbereich (15-18 pmol/l). «Patienten mit Hypothyreose fragen häufig auch, ob sie über die Ernährung etwas erreichen können. Dazu gibt es jedoch keine konkreten Empfehlungen», schloss Dr. Trepp.

Dr. Therese Schwender

Quelle: KHM-Kongress 2019, 27. und 28. Juni 2019, Luzern.

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  • Vol. 9
  • Ausgabe 8
  • August 2019