Echokardiographie

Akute Thoraxschmerzen beim Joggen



Fallpräsentation

Eine 61-jährige Patientin wurde mit der Sanität auf die Notfallstation gebracht, nachdem sie beim Joggen plötzlich starke thorakale Schmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken und zum Hals beklagte. Bei einem systolischen Blutdruck von 70 mmHg erfolgte die Erstbeurteilung im Schockraum. Bei der klinischen Untersuchung fiel eine Wortfindungsstörung auf. Das Ruhe-EKG zeigte einen unauffälligen Befund. Die diensthabende Kardiologin wurde in den Schockraum gerufen, um eine fokussierte transthorakale Echokardiographie (TTE) durchzuführen. Hierbei zeigte sich eine hyperdyname linksventrikuläre Pumpfunktion ohne Anhaltspunkte für regionale Kinetikstörungen. Ebenso bestanden weder Hinweise für einen Perikarderguss, noch für eine akute Rechtsherzbelastung (Abbildung 1). Im Gegensatz zu der normal dimensionierten Sinusportion war die Aorta ascendens leicht ektatisch erweitert (Abb. 2). In der Aorta ascendens fiel wiederholt eine flottierende Struktur auf, welche im Kontext verdächtig auf einen Intimaflap einer Aortendissektion war. Die Aortenklappe zeigte im Farb-Doppler eine leichte Insuffizienz (Abb. 3). Die Darstellung der proximalen Aorta von suprasternal konnte den Verdacht auf eine Aortendissektion Typ A bestätigen. Die Dissektionsmembran liess sich von der Aorta ascendens bis in den Aortenbogen nachweisen (Abb. 4). Somit konnte innerhalb weniger Minuten die Diagnose einer Aortendissektion Typ A gestellt und die Kollegen der Herzchirurgie konnten informiert werden. Zur genaueren Beurteilung der Ausdehnung und ergänzenden präoperativen Planung wurde noch im Schockraum eine Computertomographie (CT) durchgeführt, bei welcher sich eine Ausdehnung der Dissektion von der Sinusportion bis in den Aortenbogen knapp distal der linken A. subclavia zeigte und eine Fortsetzung der Dissektion bis in die Abgänge der supraaortalen Gefässe zur Darstellung kam (Abb. 5). Die Patientin wurde in der Folge notfallmässig operiert. Auch in der intraoperativen transösophagealen Echokardiographie (TEE) liess sich die Dissektionsmembran mit Ursprung am sinotubulären Übergang der Aorta gut darstellen. Die Aorteninsuffizienz war exzentrisch nach posterior gerichtet und im TEE knapp mittelschweren Grades (Abb. 6). Es konnte eine klappenerhaltende Operation mittels eines suprakoronaren Graftersatzes durchgeführt werden. Der postoperative Verlauf war insgesamt erfreulich und die Patientin konnte nach 16 Tagen in eine stationäre Rehabilitation entlassen werden.

Kommentar

Die Aortendissektion stellt einen akuten, lebensbedrohlichen Notfall dar, bei welchem eine rasche Diagnostik essentiell ist. Die Aortendissektion Typ A, bei welcher die proximale Aorta involviert ist, geht unbehandelt in der Frühphase nach Symptombeginn mit einer sehr hohen Mortalität von 1-2% pro Stunde einher (1). Lange Zeit war die retrograde Aortographie der diagnostische Goldstandard. Seit den 1980er Jahren rückten zunehmend nicht-invasive Untersuchungsmethoden wie TEE, CT oder Magnetresonanztomographie (MRT) in den Vordergrund, wobei diese Methoden bei der Diagnose der Aortendissektion Typ A alle eine hohe Sensitivität um 90% aufweisen (2). Heutzutage ist die CT die am häufigsten zur Anwendung kommende Untersuchungsmodalität bei Verdacht auf eine akute Aortendissektion (3). Dies ist neben der grossen Verfügbarkeit der CT auf Notfallstationen auch auf deren rasche Auswertbarkeit zurückzuführen (2).
Die TTE hat bei der Diagnose der Aortendissektion einen geringeren Stellenwert, da deren Sensitivität im Vergleich zu den anderen Untersuchungsmodalitäten tiefer liegt. Entsprechend muss dem Untersucher bewusst sein, dass er in der TTE ca. 1/5 der Fälle akuter Typ A Aortendissektion verpassen kann (4). Gerade in hämodynamisch instabilen Situationen im Schockraum kann eine fokussierte TTE allerdings trotzdem hilfreich sein. Diese Bildgebung ist dank der transportablen Ultraschallgeräte praktisch umgehend verfügbar und kann in sehr kurzer Zeit wichtige Informationen in Hinblick auf Komplikationen (wie z.B. Perikarderguss/Tamponade oder Aortenklappeninsuffizienz) oder mögliche Differentialdiagnosen (z.B. Wandmotilitätsstörungen als Hinweis auf einen Myokardinfarkt oder Zeichen der Rechtherzbelastung als Hinweis auf eine Lungenembolie) liefern. Wichtig ist, dass durch die TTE nicht viel Zeit verloren geht und bei klinischem Bedarf anschliessend umgehend eine ergänzende Bildgebung, üblicherweise mittels CT, in die Wege geleitet wird.

Dr. med. Verena Praxmarer

Klinik für Kardiologie
Stadtspital Triemli
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Verena.Praxmarer@triemli.zuerich.ch

PD Dr. med. Alain M. Bernheim

Stadtspital Triemli
Klinik für Kardiologie
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

Alain.Bernheim@triemli.stzh.ch

Die Autoren haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

1. Erbel R, Alfonso F, Boileau C, Dirsch O, Eber B, Haverich A, et.al. Diagnosis and management of aortic dissection. Eur Heart J. 2001; 22: 1642–81.
2. Moore AG, Eagle KA, Bruckman D, Moon BS, Malouf JF, Fattori R, et.al. Choice of computed tomography, transesophageal echocardiography, magnetic resonance imaging, and aortography in acute aortic dissection: International Registry of Acute Aortic Dissection (IRAD). Am J Cardiol 2002;89:1235–8.
3. Evangelista A, Isselbacher EM, Bossone E, Gleason TG, Eusanio MD, Sechtem U, et.al. Insights from the international registry of acute aortic dissection: A 20-year experience of collaborative clinical research. Circulation 2018;137:1846–60.
4. Nienaber CA, von Kodolitsch Y, Nicolas V, Siglow V, Piepho A, Brockhoff C, et.al. The diagnosis of thoracic aortic dissection by noninvasive imaging procedures. N Engl J Med 1993;328:1-9.