Präsident Donald Trump hat nach seinem Amtsantritt in einer mittlerweile gut eingespielten Inszenierung alle möglichen Dekrete in verschiedenen Bereichen unterzeichnet, darunter natürlich auch im Bereich Gesundheit und Forschung. Eine kleine (unvollständige) Bestandsaufnahme:
Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation im Januar 2026, Einfrieren von 3 Billionen US-Dollar an Bundeszuschüssen und -krediten, was die Funktionsfähigkeit von Medicaid (medizinische Versorgung für die Ärmsten) gefährdet, Schliessung der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID)*. Darüber hinaus werden rund 1300 Stellen bzw. 10 % der Belegschaft des Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) und bis zu 1500 Mitarbeiter der National Institutes of Health (NIH) gestrichen. Schliesslich wird der Impfskeptiker Robert Francis Kennedy Jr. vom US-Kongress als neuer Gesundheitsminister der Vereinigten Staaten bestätigt.
Die tatsächlichen Auswirkungen dieser Entscheidungen können aufgrund der eingereichten Rechtsmittel noch nicht wirklich abgeschätzt werden. Die Reaktionen vieler Wissenschaftler lassen jedoch vermuten, dass die Folgen katastrophal sein werden. Die britische medizinische Fachzeitschrift The Lancet prangerte in einem kürzlich erschienenen Leitartikel «interne und externe Massnahmen an, die keine angemessene Neubewertung der Prioritäten der USA darstellen, sondern einen schnellen und gefährlichen Angriff auf die Gesundheit der Amerikaner und all derer, die von amerikanischer Hilfe abhängig sind.»
«Die vergangenen drei Wochen haben Wut, Angst und Trauer ausgelöst, aber jetzt ist nicht die Zeit, um in Panik zu verfallen. Wir müssen fokussiert bleiben, strategisch vorgehen und natürlich hoffen. Die medizinische und wissenschaftliche Gemeinschaft hat eine lebenswichtige Rolle bei der Verteidigung der Patienten zu spielen.»
«In diesem Sinne wird The Lancet in den nächsten vier Jahren besonders wachsam sein und alle Massnahmen der US-Regierung und die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Gesundheit untersuchen», heisst es im Leitartikel abschliessend.
Die Analyse ist korrekt, aber die Lösung wirkt sehr dürftig. Was kann die Ärzteschaft tun, um das Chaos zu verhindern, das sich offenbar anbahnt? Der Schlag gegen die verschiedenen öffentlichen Institutionen scheint im Moment weit entfernt von unserer Schweiz, aber auf lange Sicht werden die Folgen für unsere tägliche Praxis unwiderruflich spürbar sein.
Dr. med. Jérôme Morisod
Monthey
* Der Oberste Gerichtshof der USA setzte am 5. März ein Gerichtsurteil wieder in Kraft, das die Trump-Regierung aufforderte, die Zahlungen an internationale Hilfsorganisationen in Höhe von schätzungsweise 1.5 bis 2 Milliarden US-Dollar wieder aufzunehmen.
Quelle: American chaos: standing up for health and medicine, The Lancet, Editorial, Volume 405, Issue 10477, p439, February 08, 2025. Übersetzung aus «la gazette médicale» 02/2025
Sich stetig fortzubilden, ist eine Pflicht und eine Notwendigkeit, um die Qualität unserer ärztlichen Arbeit zu erhalten und zu verbessern, damit unsere Patientinnen und Patienten bestmöglich behandelt und betreut werden.
Für die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin SGAIM ist es nach dem Konkurs des EMH-Verlages und dem zeitgleichen «Niedergang» der Zeitschrift «Primary and Hospital Care» grundlegend, wiederum eine praxisnahe und hochwertige Fortbildungs- und Fachzeitschrift zu erhalten, wie dies beispielsweise bereits bei der «PRAXIS» und «der informierte arzt/die informierte ärztin» der Fall ist. Deshalb hat die SGAIM vor kurzem eine Umfrage durchgeführt, um das Bedürfnis einer praxisnahen und hochwertigen Fortbildungszeitschrift abzuklären. Das Resultat dazu ist deutlich: Es wird ein Nachfolgejournal mit einem Online-Angebot gewünscht, welches inhaltlich den Fokus auf die Fortbildung und die praxisnahe Forschung lenkt. Insbesondere werden Übersichtsartikel sowie Journal-Watch-Beiträge gewünscht. Ebenso bemerkenswert: 36 % der Befragten wären bereit, einen finanziellen Beitrag für die Zeitschrift zu leisten.
Fazit: Das Nachfolgejournal soll in gedruckter und digitaler Form erscheinen, also eine klassische Fachzeitschrift sein, die sich der qualitätsvollen Fortbildung verpflichtet.
Erfreulich ist, dass bei der Umfrage unsere Fortbildungszeitschrift «der informierte arzt/ die informierte ärztin» und die gelistete Fachzeitschrift «PRAXIS» sehr gut beurteilt wurden. Offensichtlich ist es für die Fachärztinnen und Fachärzte der Allgemeinen Inneren Medizin essentiell, eine praxisnahe und attraktive Fortbildungs- und Fachzeitschrift zur Verfügung zu haben.
Alzheimer-Risiko bei Chauffeuren von Taxi- und Rettungswagen: Eine bevölkerungsbasierte Querschnittsstudie zur Mortalität
Eine aktuelle Studie in der BMJ (1) legt nahe, dass bestimmte Berufe das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, verringern könnten: Insbesondere Taxi- und Krankenwagenfahrer, die regelmässig navigieren und ihre räumliche Orientierung beanspruchen, verzeichnen demnach den niedrigsten Anteil an Alzheimer-bedingten Todesfällen. Dies könnte darauf hindeuten, dass diese Berufe das räumliche Gedächtnis im Hippocampus stärken und somit einer allfälligen kognitiven Funktionseinschränkung entgegenwirken.
Bereits eine frühere Londoner Studie unter Taxifahrern stützte diese Hypothese, indem sie das umfassende Navigationswissen der Taxifahrer als besonders förderlich für die kognitive Gesundheit identifizierte.
Die aktuelle BMJ-Studie liefert nun robuste empirische Daten, die auf fast neun Millionen Todesfällen in den USA zwischen 2020 und 2022 basieren. Sie vergleicht berufliche Zugehörigkeit mit den jeweiligen Todesursachen und zeigt dabei signifikante Unterschiede: Während 3.88 % der Todesfälle in der Allgemeinbevölkerung Alzheimer zugeschrieben wurden, betrug dieser Anteil bei Taxi- und Krankenwagenfahrern nur 1.03 % bzw. 0.74 %. Dieser Unterschied blieb auch nach Berücksichtigung von Faktoren wie Alter und Herkunft signifikant und verstärkte sich sogar. Im Vergleich dazu wiesen Berufe mit festen Routen, wie Busfahrer oder Piloten, ein höheres Risiko für eine Dementielle Erkrankung vom Alzheimer Typ auf.
Das Studiendesign lässt allerdings keinen Rückschluss auf einen Kausalzusammenhang zu, es könnte somit auch sein, dass Menschen mit einem ausgesprochenen guten Orientierungssinn eher zu den genannten Berufen tendieren.
Dr. med. Roland Backhaus
Quelle: R Patel V, Liu M, Worsham C M, Jena A B. Alzheimer’s disease mortality among taxi and ambulance drivers: population based cross sectional study BMJ 2024; 387: e082194 doi:10.1136/bmj-2024-082194
Moderater Weinkonsum und kardiovaskuläres Risiko – Alkohol und Mortalität
Im Volksmund heisst es, ein tägliches Glas Wein zum Essen sei gesund. Mässiger Weinkonsum wurde mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) in älteren Bevölkerungsgruppen in Verbindung gebracht. Trotz jahrzehntelanger Forschung wird das Thema kontrovers diskutiert. Einen Beitrag dazu liefert diese Studie, welche sich nicht nur auf die wenig verlässlichen Selbstangaben von Probanden abstützt, sondern einen objektiven Biomarker für den Weinkonsum verwendet: die Messung der Weinsäure im Urin mittels Flüssigkeitschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie. Im Rahmen der PREDIMED-Studie wurde eine verschachtelte Fallkohortenstudie mit 1232 Teilnehmern konzipiert: 685 Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine zufällige Subkohorte von 625 Teilnehmern (einschliesslich 78 überlappender Fälle), und die Auswertung erfolgte anhand fünf Kategorien der Weinsäureausscheidung im Urin. Die Weinsäure korrelierte zu Studienbeginn mit dem selbstberichteten Weinkonsum (r = 0,46). Konzentrationen von 3–12 und 12–35 μg/ml, die ~3–12 und 12–35 Gläser Wein/Monat entsprechen, waren mit einem geringeren CVD-Risiko verbunden (HR 0.62, p = 0.050 und HR 0.50, p = 0.035).
In dieser Studie war der protektive Effekt von geringem Weinkonsum für kardiovaskuläre Ereignisse viel stärker als in früheren Studien. Eine Risikoreduktion um 50 % (bei 12–35 Gläser Wein/Monat) oder 38 % (bei 3–12 Gläser Wein/Monat) ist höher, als sie beispielsweise mit Medikamenten wie Statinen erreicht wird. Eine Begründung dafür, abgesehen von der neuen Messmethode mit Urinproben, könnte die Auswahl der Studienteilnehmenden sein: eine betagte, mediterrane Population (mit entsprechenden mediterranen Ernährungsgewohnheiten) mit hohem kardiovaskulärem Risiko, was die Wirkung verstärkt haben mag und weshalb die Daten nicht einfach für andere Populationen übernommen werden können.
Aus meiner Sicht sollen diese Daten nicht zum Alkoholkonsum verleiten, welcher nach wie vor, wenn auch sozial akzeptiert («Kavaliersdelikt»), das grösste Suchtproblem unserer Bevölkerung darstellt, obschon in den Medien öfter über Cannabis etc. berichtet wird. Unsere Lebensqualität und Lebenserwartung wird nicht nur durch kardiovaskuläre Ereignisse beeinträchtigt. Die Daten bezüglich Alkohol und Krebsrisiko haben in den letzten Jahren eine bedeutende Stärkung und Ausweitung (über Oesophagus-Magen-Darm-Karzinome hinaus) erfahren, so dass verschiedene Risiken gegeneinander abgewogen werden müssen.
Eine prospektive Kohortenstudie der UK Biobank untersuchte aktuelle Trinker im Alter > 60 Jahren: 135 103 Teilnehmer (Alter 64 Jahre; 50.1 % Frauen). Das Trinken im Vergleich zu gelegentlichem Trinken (≤ 2.86 g Alkohol/d) war bei hohem Alkoholkonsum (Männer: > 40.00 g/d; Frauen: > 20.00 g/d) mit einer höheren Gesamtmortalität (HR 1.33), Krebs (HR 1,39) und kardiovaskulärer Mortalität (HR 1.21) verbunden; mässiger Alkoholkonsum (Männer: > 20.00–40.00 g/d; Frauen: > 10.00–20.00 g/d) war mit einer höheren Gesamt- (HR 1.10) und Krebsmortalität (HR 1.15) verbunden, und geringer Alkoholkonsum (Männer: > 2.86–20.00 g/d; Frauen: > 2.86–10.00 g/d) war mit einer höheren Krebsmortalität (HR 1.11) verbunden.
Ärzte haben früher sehr genau beobachtet und bei niedrigem Alkoholkonsum weniger Herzinfarkte gesehen, was der Volksmund aufgenommen hat. Auch mit den beiden zitierten Studien ist die Diskussion noch nicht zu Ende. Dennoch darf mit heutigem Wissen der selbst geringe Alkoholkonsum aus medizinischer Sicht nicht generell empfohlen werden.
KD Dr. med. Marcel Weber
Quelle: Domínguez-López I. et al. Urinary tartaric acid as a biomarker of wine consumption and cardiovascular risk: the PREDIMED trial. Eur Heart J 2024 Dec 18:ehae804. doi: 10.1093/eurheartj/ehae804. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39689849/ Ortolá R. et al. Alcohol Consumption Patterns and Mortality Among Older Adults With Health-Related or Socioeconomic Risk Factors. JAMA Netw Open 2024;7(8):e2424495. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.24495. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39133491/
Salzsubstitution und wiederkehrender Schlaganfall und Tod – Eine randomisierte klinische Studie
Die direkten Auswirkungen des Konsums von Salzersatzstoffen auf die Häufigkeit von Schlaganfallrezidiven und die Sterblichkeit von Schlaganfallpatienten sind nach wie vor unklar.
Eine kürzlich veröffentlichte Arbeit hatte zum Ziel, die Auswirkungen von Salzersatzstoffen im Vergleich zu Kochsalz auf die Häufigkeit von Schlaganfallrezidiven und die Mortalität bei Schlaganfallpatienten zu untersuchen.
Studiendesign, Setting und Teilnehmer
Die Salt Substitute and Stroke Study (SSaSS), eine offene, cluster-randomisierte klinische Studie, wurde in 600 Dörfern (Clustern) in Nordchina durchgeführt. Patienten, die selbst angaben, dass bei ihnen im Krankenhaus ein Schlaganfall diagnostiziert worden war, wurden in diese vordefinierte Subgruppenanalyse eingeschlossen. Die Daten wurden zwischen November 2023 und August 2024 ausgewertet. Hauptergebnisse: Der primäre Endpunkt war das erneute Auftreten eines Schlaganfalls.
Interventionen
Die Teilnehmer erhielten entweder einen Salzersatz, der zu 75 % aus Natriumchlorid und zu 25 % aus Kaliumchlorid bestand, oder Kochsalz.
Ergebnisse
Nach Ausschluss von 5746 Personen ohne Schlaganfall in der Anamnese wurden 15 249 Patienten mit Schlaganfall eingeschlossen (mittleres [SD] Alter 64.1 [8,8] Jahre; 6999 [45.9 %] Frauen; 8250 Männer [54.1 %]). Bei einer medianen (IQR) Nachbeobachtungszeit von 61.2 (60.9–61.6) Monaten betrug die mittlere Differenz im systolischen Blutdruck –2.05 mm Hg (95 % CI, –3.03 bis –1.08 mm Hg). Insgesamt wurden 2735 rezidivierende Schlaganfälle (691 tödlich und 2044 nicht tödlich) und 3242 Todesfälle registriert. Die Anzahl rezidivierender Schlaganfälle war in der Kochsalz-Substitutionsgruppe signifikant niedriger als in der Gruppe mit normalem Salz (Rate Ratio [RR], 0.86; 95 % CI, 0.77–0.95; P = 0.005), wobei der Effekt auf hämorrhagische Schlaganfälle grösser war (relative Reduktion, 30 %; P = 0.002). Die Mortalitätsraten waren ebenfalls signifikant niedriger (RR, 0.88; 95 % CI, 0.82–0.96; P = .003), mit grösseren Effekten auf Todesfälle im Zusammenhang mit Schlaganfällen (relative Reduktion, 21 %; P = .01). Für Hyperkaliämie wurde kein signifikanter Unterschied festgestellt (RR, 1.01; 95 % CI, 0.74–1.38; P = .96).
Schlussfolgerungen und Relevanz
Die Ergebnisse dieser Cluster-Studie zeigen, dass die Salzsubstitution sicher ist und das Risiko eines erneuten Schlaganfalls und Todesfälle reduziert.
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen
Quelle: Ding X et al. Salt Substitution and Recurrent Stroke and Death. A Randomized Clinical Trial. JAMA Cardiol. Published online February 5, 2025. doi:10.1001/jamacardio.2024.5417
Chronische Schmerzen bei Menschen mit M. Parkinson sollten der Erkrankung zugeordnet werden, da ein Grossteil dieser Schmerzen durch eine besser eingestellte dopaminerge Therapie behandelt werden kann. Diese stellt eine kausale Therapie dar und ein Ausweichen auf andere nebenwirkungsreichere Medikamente kann vermieden werden. Aufgrund der erstaunlichen Effekte, auch auf chronische Schmerzen, wird eine regelmässige intensive körperliche Aktivität empfohlen. Nicht zur Parkinson-Erkrankung zuordnungsbare Schmerzen sollen entsprechend «normaler» Schmerzen diagnostiziert und behandelt werden.
It is recommended that chronic pain in Parkinson’ s disease be attributed to the disease itself, as the majority of this pain can be effectively treated with improved dopaminergic therapy. This represents a causal therapy and a switch to other drugs with more side effects can be avoided. Due to the remarkable effects, including on chronic pain, regular intensive exercise is recommended. Pain that cannot be classified as associated with Parkinson’ s disease should be diagnosed and treated as «normal» pain. Key words: Morbus Parkinson – chronischer Schmerz – Diagnostik – Behandlung
M. Parkinson (MP) ist mit einer Prävalenz von 2 % bei den über 65-Jährigen eine sehr häufige Erkrankung, die mit dem Alter weiter zunimmt (1). Bei Auftreten der Erkrankung unter 40 (young- oder early-onset Parkinson-Syndrom) oder unter 20 Jahren (juveniles Parkinson-Syndrom) besteht oft eine genetische Disposition. Bei etwa 75 % der Patienten mit einem Parkinson-Syndrom liegt der M. Parkinson (oder idiopathisches Parkinson-Syndrom) vor. Weiterhin können symptomatische Parkinson-Syndrome (z. B. lower body Parkinsonism bei vaskulärer Leukenzephalopathie) und atypische Parkinson-Syndrome im Rahmen von neurodegenerativen Erkrankungen (z. B. Multisystematrophie) unterschieden werden.
Obwohl MP eine progredient verlaufende Erkrankung ist, zeichnet er sich im Gegensatz zu anderen Parkinson-Syndromen, meist durch ein gutes Ansprechen auf eine dopaminerge Medikation aus. Neben den bekannten motorischen Symptomen können beim MP auch vielfältige nicht-motorische Symptome vorliegen (2). Diese können in sensorische (Riechstörungen, Visusstörungen und Schmerzen), neuropsychiatrische (Schlafstörungen, Fatigue, Depression, Demenz, Psychose) und autonome (Obstipation, Inkontinenz, orthostatische Hypotonie, nächtliche Hypertonie) Symptome unterschieden werden, wobei der Zusammenhang mit der Erkrankung oft weder für den Patienten noch für die Behandelnden immer offensichtlich ist. Zuletzt wurden mit einer gutartigen primär motorischen, einer intermediären mit nicht-motorischen Symptomen und einer progredienten seltenen Verlaufsform, drei verschiedene klinische Verläufe unterschieden (3).
Ein wichtiges nicht-motorisches Symptom, das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt, sind chronische Schmerzen (d. h. > 3 Monate Dauer). Sie sind mit bis zu 80 % sehr häufig und oft schwierig zu diagnostizieren, da sie nicht leicht von Parkinson-unabhängigen Schmerzen abgegrenzt werden können (4). Im Laufe der Erkrankung kommt es durch postsynaptische Degeneration zu sogenannten Fluktuationen (Phasen mit verminderter Beweglichkeit oder mit Überbeweglichkeit), da keine stabilen Dopaminspiegel mehr erreicht werden können (5). Diese beinhalten ebenfalls das vermehrte Auftreten nicht motorischer Symptome wie beispielsweise chronischer Schmerzen (6).
Chronische Schmerzen unterscheiden
Durch MP verursachte chronische Schmerzen können diagnostiziert werden, indem v.a. eine Assoziation anhand von verstärkten Parkinson-Symptomen und dem Ansprechen auf eine dopaminerge Medikation erfragt wird (4). Wenn keine Assoziation besteht, wird eine weitere Diagnostik empfohlen. Bisherige Studien zeigten eine ähnliche Häufigkeit nicht Parkinson-assoziierter Schmerzen, wie in der Normalbevölkerung (20–30 %), aber auch höhere Prävalenzen (60 %) (4, 7), die beispielsweise durch Haltungsstörungen mit vermehrter Arthrose und indirekt durch Frailty erklärt werden können. Wenn Schmerzen durch MP verursacht werden, kann dies oft durch eine Anpassung der dopaminergen Therapie behandelt werden (8).
Um einen ursächlichen Zusammenhang von chronischen Schmerzen mit der Parkinson-Erkrankung festzustellen, können mit dem PD-PCS Fragebogen (Parkinson disease pain classification system) fünf Faktoren erfragt werden (4, 9) (Abb. 1). Diese Kriterien wurden nach Expertenkonsens für chronisch sekundäre muskuloskeletale Schmerzen assoziiert mit MP ergänzt und ins ICD-11 übernommen (10).
• Schmerzen werden durch den Beginn der Erkrankung ausgelöst
• Schmerzen werden durch die Erkrankung verstärkt
• Schmerzen treten in Phasen von stärkerer motorischer oder nicht-motorischer Beeinträchtigung (Off-Phasen, niedriger Dopaminspiegel) auf
• Schmerzen treten bei Überbewegungen auf (On-Dyskinesien, hoher Dopaminspiegel)
• Schmerzen verbessern sich durch die Gabe von dopaminerger Medikation (> 30 % auf der Numerischen Ratingskala).
Wenn einer der Faktoren zutrifft, sollte ein Zusammenhang mit Wirkungsfluktuationen erfragt werden. Wir empfehlen einen Bewegungsbogen, der die Beweglichkeit über den Tagesverlauf (Off-Phasen, normale Beweglichkeit, Überbewegung) erfasst. Dies erlaubt dann eine bessere Einstellung der Parkinson-Medikation.
Unseren Daten zufolge beschreibt eine Besserung durch dopaminerge Medikation diesen Zusammenhang am häufigsten (75 %). Darauf folgen Schmerzen in Off-Phasen (69 %), Schmerzen zu Beginn der Erkrankung oder durch die Erkrankung verstärkt (33 %) und Schmerzen bei choreatischen Dyskinesien (8 %) (bisher unveröffentlichte Daten aus (4)).
Mechanismen chronischer Schmerzen
Nach der Zuordnung des Schmerzsyndroms zur Parkinson-Erkrankung oder zu Parkinson unabhängigen Schmerzen können Schmerzmechanismen unterschieden werden (11), um eine Mechanismen-basierte Therapie zu ermöglichen. Im PD-PCS Fragebogen schlagen wir einen hierarchischen Algorithmus vor, um zuerst neuropathische, dann nozizeptive und anschliessend noziplastische Schmerzsyndrome zu differenzieren (4, 9). Alle wichtigen, durch die Parkinson-Erkrankung verursachten Schmerzsyndrome können so einem Mechanismus zugeordnet werden (Abb. 2).
Neuropathische Schmerzen werden als «Schmerzen, die durch eine Läsion oder Erkrankung des somatosensorischen Nervensystems verursacht werden» definiert. Sie können mittels eines Gradings definiert werden, wobei eine zugrundeliegende Krankheit und ein neurologisch plausibles Verteilungsmuster (möglich) und typische neuropathische Schmerzcharakteristika (wahrscheinlich) und der Nachweis einer Schädigung des somatosensorischen Systems gefordert werden (definitiv) (12) (z. B. Bandscheibenvorfall mit Wurzelkompression). Im PD-PCS werden neuropathische Schmerzen anhand eines Screening-Fragebogens (Douleur Neuropathique-4 Fragebogens (DN-4)) erfasst (13). Dieser Fragebogen definiert neuropathische Schmerzen, wenn mindestens 4 von 10 Fragen zu neuropathischen Charakteristika und der neurologischen Untersuchung mit «ja» beantwortet werden.
Bei MP liegen wahrscheinlich nur periphere neuropathische Schmerzsyndrome vor. Diese treten oft auch zusammen mit nozizeptivem Schmerz auf (Mixed-Pain, z. B. bei Zervikobrachialgie). Der Schmerz ist im Ausbreitungsgebiet eines peripheren Nervens, einer Nervenwurzel oder distal symmetrisch lokalisiert. Beispiele dafür sind Wurzelkompressionssyndrome, die Polyneuropathie (z. B. bei durch hohe L-dopa Gaben verursachtem Vitamin-B12-Mangel) oder eine periphere Nervenläsion.
Nozizeptiver Schmerz «entsteht durch eine tatsächliche oder drohende Schädigung von nicht-neuralem Gewebe und ist auf die Aktivierung von Nozizeptoren zurückzuführen». Diese sind definiert als schmerzhafte Muskeln, Gelenke oder Bänder oder muskuläre Steifheit. Hierunter werden lokale oder regionale Schmerzsyndrome, das myofasziale Schmerzsyndrom (Schmerzen in zusammenhängenden Regionen mit Triggerpunkten, z. B. Schulter- oder Beckengürtel) und der Coat hanger Schmerz (Nackenschmerzen bei Hypotonie) zusammengefasst.
Bei noziplastischen Schmerzen liegt eine veränderte Schmerzverarbeitung vor und es bestehen keine Hinweise für neuropathische und nozizeptive Schmerzen: «Schmerzen, die durch eine veränderte Nozizeption entstehen, obwohl es keine eindeutigen Hinweise auf eine tatsächliche oder drohende Gewebeschädigung gibt oder Hinweise auf eine Erkrankung oder Läsion des somatosensorischen Systems, die den Schmerz verursacht». Darunter haben wir die nichtmotorische Off-Phase, die motorische Unruhe der Beine (die Kriterien für ein Restless-Leg-Syndrom werden oft nicht vollständig erfüllt), das dopaminerge Dysregulationssyndrom (Unruhe u. a. bei dopaminerger Überstimulation) und das Dopamin-Agonisten-Entzugssyndrom (zu schneller Entzug von Dopamin-Agonisten) definiert. Seltene zentrale Schmerzen können auch hier subsummiert werden, wenn keine neuropathische Komponente besteht und kein anderes nociplastisches Syndrom vorliegt.
Der PD-PCS Fragebogen beinhaltet auch eine Bewertung der Schmerzen (Produkt aus Intensität (0–10), Frequenz (1–3) und Auswirkung auf den Alltag (1–3)). Er liegt bisher auf Deutsch und Englisch vor, weitere Übersetzungen werden derzeit validiert (4, 9). Eine Kurzversion kann auch Online abgerufen werden (siehe QR code in Abb.2).
Nach Zuordnung der Schmerzen zum MP kann alternativ auch die King’ s Parkinson disease pain scale (KPPS) verwendet werden. Sie unterscheidet 7 verschiedenen Schmerzkategorien (14).
Pathophysiologie von Parkinson-assoziierten Schmerzen Pathophysiologisch sind vor allem Schwankungen des Dopaminspiegels für Parkinson-assoziierte Schmerzen ursächlich. Diese wirken sich im Stammganglien-Bereich auf die weitere kortikale Verarbeitung und durch deszendierende dopaminerge Hemmsysteme auf die spinale Schmerzweiterleitung aus. Im Positronen-Emissions-Tomografie (PET) zeigte sich in der Off-Phase (reduzierte dopaminerge Stimulation) eine vermehrte Aktivierung im medialen schmerzverarbeitenden System, welche sich in der On-Phase zurückbildete (15). In der Off-Phase zeigte sich auch eine erhöhte experimentelle Schmerzempfindung, die schon auf spinaler Ebene nachweisbar war. Im Laufe der Erkrankung nimmt diese weiter zu (16, 17). Bei Patienten mit Schmerzen konnte in einigen Studien eine stärkere Schmerzwahrnehmung gezeigt werden. Eine reduzierte dopaminerge deszendierende Schmerzhemmung wird dafür ursächlich vermutet (18), wobei L-dopa Gabe und tiefe Hirnstimulation diese normalisieren konnte (19, 20).
Therapie von Parkinson-assoziierten Schmerzen (Abb. 3)
Wenn die Parkinson-Erkrankung ursächlich für die Schmerzen ist, kann das Auftreten der Schmerzen im Zusammenhang mit anderen motorischen und nicht-motorischen Symptomen sowie der Medikation Hinweise für die Therapie geben (8). Beispielsweise kann bei dopaminerger Unterdosierung morgens, nachts oder beim wearing-off (kurze Wirkdauer von Dopamin) die Medikation entsprechend angepasst werden. Bei seltenen choreatischen Dyskinesien (Überbewegung) in der On-Phase kann versucht werden, den dopaminergen Peak abzuflachen. Mit einem Bewegungsbogen können diese Fluktuationen oft gut erfasst werden. Wenn Schmerzen nicht oder nur wenig auf eine Anpassung der dopaminergen Medikation reagieren (< 30 % auf der Numerischen Ratingskala) sollten andere Ursachen erwogen werden. Anschliessend kommen nicht dopaminerge Medikamente in Abhängigkeit vom Schmerzmechanismus zum Einsatz. Nicht-medikamentöse Verfahren sollten immer in Betracht gezogen werden, da die Effekte – beispielsweise von regelmässiger intensiver körperlicher Aktivität – erstaunlich gut sind. Bei schlecht behandelbaren Fluktuationen werden invasive Verfahren angeboten.
Im bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell von chronischen Schmerzen sind neben der Ursache weitere Faktoren wichtig. Neben dem zeitlichen Verlauf und der Schmerzstärke sollten daher die Beeinträchtigung im Alltag, psychosoziale Faktoren und der Leidensdruck berücksichtigt werden.
Dopaminerge Therapie bei M. Parkinson
Der gleichmässige Ersatz des fehlenden Dopamins über den gesamten aktiven Tag ist zu Beginn der Erkrankung durch drei gleichmässig verteilte Dosen eines nicht retardierten L-dopa-Präparates möglich. Um eine gute Wirkung zu erreichen, sollte dieses mindestens 30 Minuten vor oder 60 Minuten nach dem Essen und nicht gleichzeitig mit Milchprodukten eingenommen werden. Wenn sich im Laufe der Erkrankung die Umwandlungskapazität von L-dopa in Dopamin postsynaptisch weiter erschöpft, verkürzt sich die Wirkdauer und das wearing-off (oder end-of-dose Akinesie) tritt auf. Hier kann es notwendig werden, zusätzliche Dosisintervalle einzufügen und die Medikation beispielsweise alle 3 oder 4 Stunden zu verabreichen. Ein retardiertes L-dopa-Präparat kann im Fall von störenden nächtlichen oder morgendlichen Off-Phasen zur Nacht ergänzt werden. Schnell wirksame Präparate (beispielsweise Madopar Liquid), wie auch die Inhalation von L-dopa (bisher in der Schweiz nicht erhältlich), können bei nichtvorhersagbaren Akinesien oder morgens hilfreich sein. Eine Alternative dazu kann auch der Apomorphin-Pen sein.
Der zusätzliche Einsatz von MAO-B- oder COMT-Hemmern kann die Wirkdauer von Dopamin verlängern, damit gleichmässige Plasmaspiegel erreichen. MAO-B-Hemmer können auch schon zu Beginn der Erkrankung gegeben werden. Der COMT-Hemmer Opicapon kann als Einmalgabe abends angewendet werden, während Entacapon mit jeder L-dopa-Dosis kombiniert werden muss. Da diese zusätzliche Medikation die Plasmaspiegel von Dopamin um 30–50 % erhöht, sollte eine entsprechende Dosisreduktion erfolgen, um Überbewegungen zu vermeiden (21).
Durch zusätzliche Gabe von Dopaminagonisten im Frühstadium der Erkrankung und bei jüngeren Patienten erhoffte man sich, L-dopa einzusparen. Aktuell werden Agonisten, wegen möglichen Nebenwirkungen, etwas kritischer betrachtet. Ausserdem konnte gezeigt werden, dass eine späte Dopamintherapie nicht weniger Überbewegungen bewirkt. Das Ziel der dopaminergen Therapie sollte daher eine optimale Kontrolle der motorischen und nicht-motorischen Symptome unter Beachtung von Nebenwirkungen (wie Halluzinationen und orthostatische Dysregulation) sein. Dopaminagonisten haben, wenn der Einsatz unter Beachtung möglicher Nebenwirkungen vorsichtig erfolgt, v. a. in den retardierten Formen immer noch ihre Berechtigung. Mit Rotigotin besteht die Möglichkeit einer einmal täglichen Applikation als Pflaster.
Dopaminerge Therapie chronischer Schmerzen
Im Hinblick auf eine wirksame Schmerztherapie durch dopaminerge Medikation liegen nur wenige Studien zu nozizeptivem Schmerz vor, so dass wir zunächst eine Therapie von Wirkungsfluktuationen empfehlen, z. B. bei morgendlichen oder nächtlichen Off-Phasen oder beim wearing-off (siehe oben).
Der Agonist Rotigotin und der MAO-B-Hemmer Safinamid wurden je in 2 RCTs untersucht. Zur Wirkung von L-dopa auf Schmerzen liegen bisher nur Beobachtungsstudien vor. Die post-hoc Untersuchung der RECOVER-Studie zeigte eine Verbesserung des morgendlichen sowie des nächtlichen Off-assoziierten Schmerzes durch das Rotigotin-Pflaster nach 4 Wochen Erhaltungstherapie, wobei die Betroffenen mit Schlafstörungen besonders von der Therapie profitierten (22). Ähnliche Effekte auf den sekundären Endpunkt von Fluktuationen-bedingten Schmerzen zeigte eine weitere Studie (23). Safinamid konnte die On-Zeit signifikant erhöhen und zeigte in einem RCT einen Effekt auf Schmerzen (24), was im 2. RCT mit Schmerz als primäre Zielgrösse nicht reproduziert werden konnte (clinicaltrials.gov NCT03841604). L-dopa-Beobachtungsstudien konnten eine Verbesserung nozizeptiver Schmerzen um 51 % in der On- im Vergleich zur Off-Phase bei Korrelation mit motorischen Funktionen zeigen (25). Muskuloskeletaler Schmerz konnte in einer weiteren Beobachtungsstudie bei 83 % der Patienten um mindestens 30 % reduziert werden (26).
Zusammenfassend liegen bisher nur wenige Studien vor, die dopaminerge Medikation bei Schmerzen bei Parkinson-Betroffenen untersucht haben. Klinische Erfahrungen unterstützen die vorliegenden Daten zur Behandlung von motorischen und nicht-motorischen Fluktuationen (d. h. insbesondere durch Behandlung von Off-Phasen). Beim Erhöhen dopaminerger Medikation sollten jeweils auch mögliche Nebenwirkungen beobachtet werden (z.B. Halluzinationen). Bei den selten schmerzhaften choreatischen Dyskinesien (selten auch dyston) vorwiegend in der On-Phase, sollte versucht werden, die dopaminergen Peaks durch retardierte Präparate zu reduzieren und ggf. Amantadin vorsichtig einzusetzen.
Ergebnisse laufender Studien zu Opicapon und zur Erhöhung von L-dopa werden demnächst erwartet. Zuletzt ist eine Studie zu noziplastischem (zentralem) Schmerz erschienen, die keinen Effekt einer L-dopa Erhöhung zeigen konnte. Daher wird bei noziplastischen Schmerzen empfohlen, das jeweilige Schmerzsyndrom entsprechend zu behandeln (siehe Empfehlungen zu Dopamindysregulationssyndrom, Dopaminagonisten Entzugssyndrom, motorische Unruhe der Beine und nicht-motorischem Off). Zu neuropathischen Schmerzen liegen bisher keine Studien mit dopaminerger Medikation vor.
Nicht-dopaminerge Therapie chronischer Schmerzen
Nicht-dopaminerge Medikation in der Schmerztherapie bei Parkinson-Betroffenen wurde bisher ebenfalls nur in wenigen randomisierten und kontrollierten Studien (RCT) untersucht. RCTs liegen nur für retardiertes Oxycodon, die fixe Kombination von Ocycodon und Naloxon, Cannadibiol (CBD), Botulinum-Toxin und Duloxetin vor. Die meisten Studien wurden bei nozizeptivem Schmerz durchgeführt (Oxycodon und Duloxetin: noziplastischer Schmerz). Laut einer Beobachtungsstudie wurden in Deutschland Schmerzen oft mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAIDs) (55 %), Paracetamol (22 %), Metamizol (16 %) und Opioiden (9 %) mit guten therapeutischen Effekten von bis zu 78 % Schmerzreduktion behandelt (27).
Ein RCT zur fixen Kombination von retardiertem Ocycodon und Naloxon von 2 x 5/2.5–2 x 20/10 erreichte bei starken Schmerzen (Schmerzskala NRS ≥ 6) nicht den primären Endpunkt nach 16 Wochen, zeigte aber signifikante Effekte nach 4, 8 und 12 Wochen (28). Die Ansprechrate (> 30 % Besserung) war mit 48 vs. 34 % höher, jedoch auch die Abbruchrate durch Übelkeit und Obstipation (17 vs. 9 bzw. 6 %). Beobachtungsstudien zu Cannabinoiden haben nur Kurzzeiteffekte gezeigt. Grosse randomisierte Studien konnten diese Effekte nicht zeigen. Eine kleine randomisierte Studie zeigte einen positiven Effekt von 300 mg CBD auf die Lebensqualität, ohne dass Effekte auf Schmerzen nachgewiesen werden konnten (29). In einer Umfrage gaben in Deutschland 8 % der Patienten an, regelmässig medizinischen Cannabis zu nutzen, wobei 40 % der Patienten eine Besserung von Schmerzen und Muskelkrämpfen angab. Tapentadol wurde nur retro-spektiv bei 21 Patienten mit meist nozizeptivem Schmerz mit Dosen bis zu 200 mg über 6 Monate untersucht (30). Dabei fand sich eine Schmerzreduktion um 50 %, ohne dass wesentliche Nebenwirkungen auftraten. Die Stimmungslage der Probanden war besser und die Lebensqualität wurde gesteigert.
Zum Botulinumtoxin liegen zwei randomisierte kontrollierte Studien vor. Eine Studie konnte einen guten Effekt bei Schmerzen durch Grosszehendystonie (Verkrampfung meist in der Off-Phase) und Injektion in den Musculus flexor digitorum longus zeigen, der dem Effekt durch die Injektion in den Musculus flexor digitorum brevis überlegen war (31). Bei nicht L-dopa-responsiven Schmerzen konnte eine weitere Studie keinen Effekt auf Beinschmerzen zeigen, wobei die injizierten Muskeln nicht angegeben wurden.
Duloxetin als dualer selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) kann bei der diabetischen Polyneuropathie oder bei chronischen muskuloskeletalen Schmerzen eingesetzt werden. Eine open-label Studie bei 20 Parkinson-Erkrankten mit vermuteten, starken, zentralen Schmerzen (noziplastisch) zeigte gute Effekte über 6 Wochen bei einer Dosis von 30–60 mg bei jedoch hoher Abbruchrate (32). Eine RCT mit 40 mg konnte diese Ergebnisse bei weniger starken Schmerzen nicht reproduzieren (33).
Die zuletzt erschienene OXYDOPA-Studie konnte, bei schlechter Verträglichkeit, keinen Effekt von retardiertem Ocycodon bei noziplastischem (zentralem) Schmerz zeigen (34).
Zusammenfassend liegen wenige kontrollierte Studien zu nicht-dopaminerger Schmerztherapie bei Parkinson-Betroffenen vor, so dass nur retardiertes Ocycodon und Naloxon mit Vorsicht versucht werden kann (nur die sekundären Endpunkte konnten eine Überlegenheit zeigen). Zudem wird Botulinumtoxin bei Fuss- oder Grosszehendystonie empfohlen. Die Daten zu Duloxetin waren widersprüchlich und zeigten nur einen Effekt bei zentralen starken Schmerzen. Die Studienlage zu diversen Cannabispräparaten ist negativ.
Nicht-medikamentöse Verfahren
Bei den nichtmedikamentösen Verfahren kann eine Studie herausgehoben werden, in der ein bemerkenswerter Effekt von intensivem Ausdauertraining auf chronische Schmerzen gezeigt werden konnte. Durch endogene Opioid-Analgesie wurden nicht nur Symptome der Parkinson-Erkrankung verbessert, sondern auch Schmerzen gelindert. Nordic Walking oder Walking als Ausdauertherapie mit hoher Intensität für 70 Minuten 3 x Woche für 6 Monate konnte verschiedene Schmerzen mehr als halbieren, was in der Kontrollgruppe mit Flexibilitätstraining nicht in diesem Ausmass gezeigt werden konnte (35). Zur Beurteilung alternativer Therapieverfahren bei MP und Schmerz verweisen wir auf entsprechende Reviews (36).
Invasive Verfahren
Als invasive Verfahren bei fortgeschrittener Erkrankung mit nicht mehr gut behandelbaren motorischen Fluktuationen kommen die tiefe Hirnstimulation (THS), die jejunale Duodopa-Applikation und die subkutane Apomorphin-Applikation in Frage. Dabei können 5 Einnahmezeiten oder 2 Stunden täglich in der Off-Phase oder 1 Stunde mit störenden choreatischen Dyskinesien (Überbewegungen) einen Hinweis für ein Fortschreiten der Erkrankung mit Fluktuationen sein (5-2-1-Regel). In Studien konnte dabei besonders die THS des Nucleus subthalamicus einen guten Effekt auf chronische Schmerzen zeigen (Schmerzreduktion bis zu 80 %) (37).
Copyright
Aerzteverlag medinfo AG
Prof. Dr. med. Veit Mylius
Klinik für Neurorehabilitation
Kliniken Valens
Taminaplatz 1
7317 Valens
V. Mylius erklärt, dass Verbindungen zu den Firmen BIAL, AbbVie und Zambon durch Sponsoring von Vorträgen und Forschungsaktivitäten u. ä. bestehen. Die Studie zum Schmerzfragebogen wurde von Parkinson Schweiz unterstützt.
Chronische Schmerzen (Dauer > 3 Monate) sind bei Menschen mit der Parkinson-Erkrankung ein häufiges nicht-motorisches Symptom mit Beeinträchtigung der Lebensqualität. Um diese richtig zu diagnostizieren und zu behandeln, empfehlen wir eine Zuordnung des Schmerzsyndroms zur Parkinson-Erkrankung.
Die vorgestellten Kriterien erfragen motorische Fluktuationen (z. B. Off-Phasen) und das Ansprechen auf dopaminerge Medikation. Durch eine Anpassung der dopaminergen
Medikation können Parkinson-assoziierte Schmerzen oft gut behandelt werden.
Bei Nichtansprechen der Schmerzen werden eine Mechanismen-orientierte Schmerztherapie und intensives Training empfohlen. Bei nicht behandelbaren Wirkungsfluktuationen und Schmerzen kann an die tiefe Hirnstimulation gedacht werden.
Auch nicht Parkinson-assoziierte Schmerzen sollten entsprechend diagnostiziert und behandelt werden. Am häufigsten sind diese auf degenerative Veränderungen des Bewegungsapparats (Arthrosen der Gelenke oder der Wirbelsäule) zurückzuführen.
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Gicht, die weltweit häufigste Arthritis, ist eng mit kardiovaskulären Erkrankungen und dem metabolischen Syndrom verknüpft. Der wichtigste Risikofaktor, eine Gicht zu entwickeln, ist die Hyperurikämie. Die Serumharnsäure ist das Endprodukt des Purinstoffwechsels und kann durch Ernährungsänderungen teilweise beeinflusst werden. Da ein Viertel der Serumharnsäure über den Darm exkretiert wird, ist auch hier ein Zusammenhang mit der Ernährung – Stichwort Mikrobiom – gegeben. In letzter Zeit sind eher die genetischen Prädispositionen und die medikamentöse Therapie der Gicht in den Vordergrund gerückt. Da aber in hoher Frequenz kardiovaskuläre Komorbiditäten bestehen, ist eine Ernährungsanpassung auch zur Besserung der Komorbiditäten sinnvoll. In letzter Zeit ist man von der reinen Senkung der Purineinnahme abgekommen, zugunsten der Einführung einer weitgehend pflanzenbasierten Ernährungsform. Die Reduktion des Alkoholkonsums macht aus vielen Gründen Sinn, führt aber nicht zu einer signifikanten Reduktion der Serumharnsäure. Neben der medikamentösen Therapie sollten aber alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine rasche Senkung der Serumharnsäure bis zum Zielbereich zu ermöglichen, wozu eine Ernährungsumstellung beitragen kann. Auch hinsichtlich Schüben kann sich die Ernährungsumstellung günstig auswirken. Die gezielte strukturierte Information von Patientinnen und Patienten fördert deren Wissen um die Krankheit und Motivation, mit der richtigen Ernährung einen persönlichen Beitrag zum raschen Erreichen des Serumharnsäurezielspiegels und der Schubfreiheit zu erreichen.
Gout, the most common arthritis worldwide, is closely linked to cardiovascular disease and metabolic syndrome. The most important risk factor for developing gout is hyperuricemia. Serum uric acid is the end product of purine metabolism and can be partially influenced by dietary changes. Since a quarter of serum uric acid is excreted via the intestine, there is also a connection with diet here – keyword microbiome. Recently, genetic predispositions and drug therapy for gout have come to the fore. However, since cardiovascular comorbidities exist in high frequency, a dietary adjustment also makes sense to improve the comorbidities. Recently, the focus has shifted away from simply reducing purine intake in favor of introducing a largely plant-based diet. Reducing alcohol consumption makes sense for many reasons but does not lead to a significant reduction in serum uric acid. In addition to drug therapy, however, all possibilities should be exploited to enable a rapid reduction in serum uric acid to the target range; a change in diet can contribute to this. A change in diet can also have a positive effect on the frequency of gout flares. Targeted, structured information for patients promotes their knowledge of the disease and motivation to achieve their serum uric acid (SUA) goal. The right diet may be the personal contribution to quickly reaching the SUA target level and freedom from gout flares. Key Words: Gicht, Purine, Ernährung, DASH-Diät
Einleitung
Die Gicht wird traditionellerweise mit extensiver Nahrungszufuhr, Fleischkonsum und Alkoholexzessen in Verbindung gebracht. Schon im 19. Jahrhundert wurde eine Reduktion der Purineinnahme sowie des Alkoholkonsums empfohlen.
Auch in den aktuellen Guidelines zum Management der Gicht werden Alkoholkarenz sowie Reduktion des Fleisch- und Meeresfrüchtekonsums empfohlen, zusätzlich beinhalten die Guidelines nun den Gewichtsverlust bei Übergewichtigen und die vermehrte Zufuhr von fettarmen Milchprodukten (1, 2).
Obwohl in den Guidelines enthalten, basieren die Richtlinien zur Ernährungsanpassung bei Gicht auf einer niedrigen Evidenzstufe. In den letzten Jahren wurden aber wichtige Forschungsarbeiten publiziert, die die Evidenz verbessern konnten (3).
Es ist zu bedenken, dass die Ernährung bei Patientinnen und Patienten mit Gicht bedeutend ist, weil die Gicht oft nur die Spitze des Eisbergs der bestehenden Krankheiten darstellt: Sehr häufig sind arterielle Hypertonie (75 %), Niereninsuffizienz (70 %), Übergewicht (53 %) und HerzKreislauf-Erkrankungen (10 %) sowie das metabolische Syndrom als Komorbiditäten zu finden (4).
Die Diät führt zwar bezüglich Harnsäuresenkung nur zu einer 10–15 %-igen Reduktion der Serumharnsäure (5), ist jedoch unter anderem aufgrund der Komorbiditäten eminent wichtig. In einer Metaanalyse, basierend auf 5 populationsbasierten Kohortenstudien, wurde der Effekt von einzelnen Nahrungsmitteln und Alkohol bzw. von Ernährungsformen wie die DASH-Diät auf die Harnsäuresenkung im Vergleich zu genetischen Varianten von häufigen gichtspezifischen Loci untersucht; hier ergab sich bei der DASH-Diät zwar eine signifikante Senkung der Serumharnsäure, jedoch in absoluten Zahlen nur eine Harnsäuresenkung von -0.72 μmol/l bzw. 0.38 %. Die häufigen genetischen Varianten von Gicht Loci trugen hingegen 23 % zur Harnsäuresenkung bei (6).
Allerdings spielen bei den bereits von Gicht betroffenen Patientinnen und Patienten noch andere Faktoren als der Serumharnsäurespiegel eine Rolle für die Aktivität der Erkrankung. Hier kann die Ernährungsadaptation zu positiven Effekten wie Verhindern der Entstehung von weiteren Harnsäurekristallen oder der Provokation von Schüben führen.
Die Assoziation des Mikrobioms des Darms und der Gicht wurde gezeigt (7). Das Mikrobiom wird massgeblich durch die Ernährungsform beeinflusst (8).
Noch immer ist die Gicht ungenügend behandelt und mit einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert (9). Neben der medikamentösen Therapie leistet die Ernährungsumstellung einen Beitrag zum günstigen Langzeitverlauf sowie kombiniert mit der medikamentösen Therapie zur Harnsäuresenkung und beeinflusst die oben beschriebenen Komorbiditäten positiv.
Ein weiterer Vorteil einer Ernährungsumstellung ist der direkte Einbezug von Patientinnen und Patienten in die Behandlung (patient empowerment).
Mittlerweile existieren mehrere Ernährungsformen, deren Vorteil bei Gicht gut belegt sind (3, 10). Allen diesen Diäten ist eine vorwiegend vegetarische Ernährung gemein.
Da die Ernährungsumstellung bei Gicht immer mit der medikamentösen Therapie kombiniert wird, ist auf allfällige Interaktionen oder Nebenwirkungen zu achten. Komorbiditäten wie schwere Niereninsuffizienz oder Diabetes erfordern eine Adaptation der Ernährungsempfehlungen.
Ziel dieser Review ist es, kurz die neueren Erkenntnisse der Ernährung bei der Gicht zu beleuchten.
Die Rolle der Ernährung bei der Entstehung einer Gicht
Purine – Freund oder Feind
Purine sind wichtige Bausteine der Nukleinsäuren und werden vom menschlichen Körper selbst gebildet. Sie sind die molekularen Grundbausteine der zwei DNA-Basen Adenin und Guanin. Purin-Nukleotide sind Bausteine von signalübertragenden Stoffen wie cAMP oder cGMP, ferner von Energielieferanten wie ATP oder GTP.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Purine, die aus Nahrungsmitteln stammen, eine lebenswichtige Quelle von exogenen Nukleotiden und Harnsäure darstellen, unabdingbar für die Beibehaltung des Gleichgewichtes im Purin-Metabolismus der Säugetiere und somit auch des Menschen.
Der menschliche Organismus verfügt nicht mehr über die Fähigkeit, Purine zu Allantoin zu verstoffwechseln, da das Enzym Uricase im Verlauf der Evolution, wie bei anderen Primaten, verloren gegangen ist. Die Harnsäure ist somit das Endprodukt des Purinstoffwechsels, woraus höhere Harnsäurespiegel resultieren.
Somit sind einerseits die Purine lebensnotwendig und andererseits können sie bei vermehrtem Anfall via die Hyperurikämie zur Entstehung der Gicht beitragen.
Beitrag der Ernährung zur Hyperurikämie
Für die Entwicklung einer Hyperurikämie kann ein vermehrter Purinanfall ursächlich sein, entweder exogen durch alimentäre Faktoren oder zu zwei Dritteln endogen durch einen erhöhten Zellumsatz (11). Häufiger liegt jedoch eine verminderte Harnsäure-Exkretion, die zu ¾ renal bedingt ist, oder intestinal vor.
Exogener Purinanfall durch die Nahrung
Generell gilt: je zellreicher die Produkte, desto höher ist der Purinanteil. Ein vermehrter Konsum von tierischen Purinen (Fleisch und Fisch) führt zu einer erhöhten Prävalenz der Gicht, nicht aber ein erhöhter Konsum von pflanzlichen Purinen und Milchprodukten (12). Neuere Untersuchungen bez. unterschiedlichen Gehalts der Purinbasen haben Hinweise für die Ursachen dieser Unterschiede gefunden: Es ist entscheidend, welches Purin in den Nahrungsmitteln enthalten ist. Seit Längerem ist bekannt, dass Adenin und Hypoxanthin urikogener als Guanin und Xanthin sind. Mehr als 60 % aller Purine in pflanzlicher Nahrung und Milchprodukten setzen sich aus Adenin und Guanin zusammen, während Hypoxanthin > 50 % des Purinanteils in Fisch- und Fleischprodukten ausmacht (13).
Harnsäure-Exkretion
Via eine Reduktion der Insulinresistenz kann eine vorwiegend pflanzliche Diät die renale Clearance der Harnsäure verbessern.
Rolle der Ernährung bei der Entstehung der Harnsäurekristalle
Hier sind vor allem ein Milieu mit tiefem pH-Wert als Promoter einer Kristallisation anzusprechen; bez. der Ernährung ist der Alkoholkonsum ein Risikofaktor für eine Azidose (14).
Rolle des Mikrobioms
25 % der Harnsäure wird vom Darm exkretiert und durch das Darmmikrobiom weiter metabolisiert. Grosse Anstrengungen wurden unternommen, um die Verbindung zwischen Darmbakterien und Arthritis zu beleuchten. Bei der Gicht im Speziellen ist die Dysbiose der Darmbakterien und die folgende Immunreaktion gut untersucht. Die Ernährung hat einen direkten Einfluss auf die mikrobielle Zusammensetzung der Darmflora. So können Ernährungsformen, die reich an Fructose, Fett, Purinen oder Oxalsäure sind, zu Veränderungen der Zusammensetzung der Darmflora führen. Dies wurde in Tiermodellen sowohl bei Hyperurikämie wie bei Gicht gezeigt. Probiotika bzw. eine Ernährung, die zu einem gesunden Gleichgewicht der Darmbakterien führt, werden noch erforscht und könnten zukünftige Therapieansätze bilden (15).
Ungünstige Ernährungsformen
Fructosereiche Diät
Das Risiko, an Übergewicht, Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen und metabolischem Syndrom zu erkranken, steigt mit der erhöhten Zufuhr von gesüssten Getränken (16) oder anderen Nahrungsmitteln mit hohem Zuckeranteil.
Insbesondere die Fructose wurde in letzter Zeit mit der Hyperurikämie in Verbindung gebracht. Fructose ist ein Monosaccharid, das in Früchten, Gemüsen und Honig von Natur aus vorhanden ist.
Es ist aber auch ein in der Herstellung billiger und potenter Süssstoff, der von der Industrie häufig verwendet wird. Fructose enthält gleich viele Kalorien pro Gramm wie Glucose, ist aber doppelt so süss. Eine hohe Fructosezufuhr ist einer der Gründe für die hohe Prävalenz der Hyperurikämie und Gicht (Zunahme der Fructoseeinnahme z. B. in den USA von 25 g auf 80 g/Tag). Der Fructosemetabolismus aktiviert das Enzym Adenosin Monophosphat Deaminase, das eine Degradation der Purine zu Inosin und schlussendlich zur vermehrten Entstehung von Harnsäure führt. Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass mit Fructose gefütterte Tiere ein metabolisches Syndrom entwickelten, nicht aber mit Dextrose gefütterte Tiere. Durch medikamentöse Senkung der Harnsäure konnte das metabolische Syndrom revertiert werden (17). Ein enger Zusammenhang zwischen Hyperurikämie, metabolischem Syndrom und Fructosezufuhr scheint zu bestehen. Die in den Früchten enthaltene Fructose ist als vorteilhafter zu betrachten, da weitere Nahrungsbestandteile wie Pflanzenfasern, Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe eine günstige Wirkung entfalten. Als vorteilhaft werden Äpfel, Birnen, Wassermelonen und Mangos beschrieben. Besonders ungünstig scheint die ungepaarte oder freie oder überschüssige Fructose ohne gleichzeitiges Vorhandensein von Glucose (Fructose und Glucose bilden das Disaccharid Saccharose) zu sein. In den aktuellen Süssgetränken (Quotient über 1.2 : 1) ist dies über das empfohlene Mass hinaus der Fall (18).
Ein übermässiger Fructosekonsum führt zudem zu einer Leptinresistenz, was das Sättigungsgefühl im Gegensatz zur Glucoseaufnahme reduziert.
Auch das relative Risiko, an einer Gicht zu erkranken, vergrösserte sich bei einer nur 5 %-igen Steigerung der Zufuhr an Kohlehydraten aus freier Fructose auf 2.1, bei entsprechender Steigerung der Gesamtfructose auf 1.52 (19).
Fettreiche Diät
Eine erhöhte Zufuhr von Fetten kann eine Anhäufung von Triglyceriden bewirken, die einen erhöhten Fettanteil der Gewebe und Übergewicht nach sich zieht. In einer Studie mit 14 000 Teilnehmern war Übergewicht/Adipositas in 60 % der Fälle mit Hyperurikämie verbunden, häufiger als Alkoholkonsum (20). Es wird angenommen, dass die Lipidstoffwechselstörung den Purinmetabolismus anfeuert, indem die Aktivität der Xanthin-Oxidase getriggert wird.
Die Harnsäure kann die Lebersteatose (NAFLD) und die Insulinresistenz mittels Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms verstärken (21).
Diäten mit hohem Fettanteil können mittels Freisetzung von freien Fettsäuren in Anwesenheit von Harnsäurekristallen zu vermehrten Gichtschüben via Freisetzung von Interleukin-1β führen (22). Eine Ernährung mit hohem Fettanteil resultiert ferner in einer Dysbiose der Darmflora, was ebenfalls zu einer Verschlechterung der Gichtarthritis führen kann.
Streng Purin-arme Diät
Seit nahezu 200 Jahren wurde bei Gicht eine purinarme Diät empfohlen. Es zeigte sich nun, dass dies Nachteile mit sich bringt, da das Ersetzen der proteinreichen Ernährung oft mit vermehrtem Kohlehydratkonsum, insbesondere mit hoher Fructosezufuhr und entsprechenden Nachteilen einhergeht.
Viel wichtiger als die absolute Menge an Purinen ist die günstige Zusammensetzung der Purinbasen. Purine aus tierischen Quellen sind reich an Hypoxanthin, welches urikogener ist als andere Purinbasen. Eine vorwiegend pflanzliche Ernährung bietet hier Vorteile.
Klassische westliche Diät
Diese Ernährungsweise enthält einen grossen Anteil tierischer Produkte und prozessierte Kohlenhydrate, ist jedoch arm an Vollkornprodukten, Früchten und Gemüse.
Erhöhter Alkoholkonsum
Alkohol kann zu einem Konzentrationsanstieg der Harnsäure führen, indem es den Purinstoffwechsel ankurbelt und die Exkretion der Harnsäure im Urin reduziert.
Aus Querschnittsuntersuchungen ist bekannt, dass erhöhter Alkoholkonsum, v. a. Bier (inklusive Malzgehalt), aber auch Spirituosen, den Harnsäurespiegel im Vergleich zu geringerem Alkoholkonsum erhöht, z. B. um 9.66 μmol/l bei einem zusätzlichen Drink pro Tag (6). Eine longitudinale Analyse von Registerdaten aus Japan zeigte hingegen nur eine sehr geringe Senkung des Harnsäurespiegels bei Reduktion oder Sistieren des Alkoholkonsums. Auch in dieser Studie wurde der stärkste Effekt bei der Reduktion des Bierkonsums gesehen (23).
Das Risiko, eine Gicht zu entwickeln, ist bei Patientinnen und Patienten mit Alkoholkonsum erhöht. In einer rezenten Metaanalyse ergab sich ein RR von 1.21 für jede 10 g Alkohol pro Tag (24).
Übergewicht und Adipositas
Die Reduktion des Übergewichts kann zu einer Reduktion der Serumharnsäure führen, ohne dass eine spezifische Gichtdiät befolgt wird (11). Studien zeigten ähnliche Resultate. Dies unterstützt die Evidenz, dass Patientinnen und Patienten mit Gicht und Übergewicht, zusätzlich zur Befolgung ihres Ernährungsplanes, eine Gewichtsreduktion anstreben sollten.
Eine kürzlich publizierte prospektive Beobachtungsstudie über 2 Jahre aus Norwegen konnte zeigen, dass Gichtpatientinnen und -patienten mit hohem Taillenumfang oder erhöhten LDL-Werten ein schlechteres Outcome bez. Erreichen der Harnsäurezielwerte oder Schüben hatten (25).
Ernährungsformen bei Gicht
Im Wesentlichen werden 2 Diäten bei Gicht empfohlen:
einerseits die DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension), andererseits die Mittelmeerdiät (26) (Tab. 1). Beide sind charakterisiert durch einen hohen Anteil an frischen Gemüsen und Früchten, vermehrtem Fasergehalt, Reduktion der gesättigten Fette und Erhöhung der ungesättigten Fette.
Merkmale der DASH-Diät
• viel Gemüse und Obst, fettarme Milchprodukte – weniger tierische Fette und Zucker
• Reduktion des Salzkonsums auf 1 Teelöffel pro Tag
• Verwendung von Vollkornprodukten
• Fleisch ist erlaubt, empfohlen werden aber pflanzliche Proteinlieferanten wie Hülsenfrüchte
Die Senkung der Serumharnsäure unter einer DASH-Diät konnte gezeigt werden (5). Die Senkung des Risikos, an einer Gicht zu erkranken, konnte anhand einer Analyse von 44 654 Männern (prospective Health Professionals Follow-up Study) gezeigt werden. Es wurde die DASH-Diät (eigentlich speziell auf die Behandlung von Bluthochdruck zugeschnittene Diät) angewendet, auf Alkohol verzichtet und keine Diuretika eingenommen. Mehr als 50 % des Neuauftretens von Gicht konnte verhindert werden (27). Allerdings traf dies nicht auf übergewichtige Patientinnen und Patienten zu, welche keine signifikante Risikoreduktion erreichten.
Merkmale der Mittelmeerdiät (10)
Im Mittelpunkt der Mittelmeerdiät stehen Getreide (Brot, Hafer, Vollkorngetreide, Grütze), Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte, die täglich verzehrt werden sollten. Diese Lebensmittel sind reich an Ballaststoffen und Antioxidantien (vor allem, wenn sie saisonal sind). Der Verzehr von Olivenöl ersetzt andere Formen von gesättigten Fetten wie tierische Butter und Margarine. Milchprodukte, insbesondere Joghurt und Käse, können in grosser Menge sogar täglich verzehrt werden, während der Verzehr von Fisch und Geflügel (magere tierische Produkte) bis zu zweimal pro Woche empfohlen wird. Eier können bis zu 4–7 pro Woche verzehrt werden. Wenn man in der Ernährungspyramide nach oben geht, gibt es Lebensmittel, die monatlich in kleinen Mengen verzehrt werden sollten, wie z. B. rotes Fleisch. Wenn keine anderen Probleme mit dem Alkoholkonsum verbunden sind, liegt die Obergrenze bei 2 Gläsern/Tag für Männer und 1 Glas/Tag für Frauen. Rotwein wird wegen seines Gehalts an Flavonoiden und Antioxidantien bevorzugt. In letzter Zeit wurde hier vor allem die Empfehlung, Alkohol zu konsumieren, kritisiert, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Gicht.
Die ideale Gichtdiät sollte den Harnsäurespiegel senken, die Zahl der Gichtschübe reduzieren, das Körpergewicht im Auge behalten und der Prophylaxe von Gicht-assoziierten Erkrankungen dienen.
Die Autorin hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
Ernährung bei der Gicht ist komplex
Reine Reduktion der Purineinnahme nicht ausreichend
Aufgrund der Komorbiditäten Diätempfehlungen gerechtfertigt (kardiovaskuläre Erkrankungen)
Die empfohlenen Diäten sind pflanzlich basiert.
Das Mikrobiom unterscheidet sich bei Patientinnen und Patienten mit Gicht von Gesunden.
Als ungünstige Diäten gelten mittlerweile die fructosereiche und die fettreiche Diät.
Zentrale Rolle der Fructose bei der Hyperurikämie
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Eisenmangel mit und ohne Anämie ist ein hoher Risikofaktor der mütterlichen und kindlichen Morbidität in der Schwangerschaft. Wegen der hohen Prävalenz und der Möglichkeit der Intervention lohnt es sich, Eisenmangel zu detektieren und zu behandeln. Die meisten Frauen verfügen nicht über ausreichende Eisenreserven bei einer Schwangerschaft, um den perinatalen Eisenbedarf für Mutter und Fötus zu decken. Durch die Eisenbehandlung können zahlreiche Symptome bei der Mutter therapiert werden und das Kind kann quasi in utero vor schweren Konsequenzen geschützt werden. Die primäre Intervention bei isoliertem Eisenmangel ist orales Eisen, das allerdings eine hohe Unverträglichkeit bei geringer Wirksamkeit aufweist. Parenterales Eisen zeichnet sich durch eine hohe Wirksamkeit bei im Allgemeinen guter Verträglichkeit aus. Bei der Diagnostik des Eisenmangels hat sich ein Ferritingrenzwert von < 30 μg/L als guter Schwellenwert zur Detektion des Eisenspeichermangels durchgesetzt. Ein Hämoglobinwert < 110 G/L im ersten und dritten Trimenon und < 105 G/L im zweiten Trimenon kann als Anämie angesehen werden.
Iron deficiency and/or iron deficiency anemia complicate nearly 50 % of pregnancies globally, negatively impacting both maternal and fetal outcomes. Iron deficiency can cause a range of symptoms that range from aggravating to debilitating including fatigue, poor quality of life, pagophagia and restless leg syndrome. Iron deficiency and iron deficiency anemia are also associated with maternal complications including preterm labor, increased rates of cesarean delivery, postpartum hemorrhage and maternal death. Fetal complications include increased rates of low birth weight and small for gestational age newborns. Prenatal maternal anemia has also been associated with autism spectrum disorders in the neonate, although causation is not established. Deficiency in the newborn is associated with compromised memory, processing, and bonding, with some of these deficits persisting into adulthood. Despite the prevalence and consequences associated with iron deficiency in pregnancy, data show that it is routinely undertreated. Due to the physiologic changes of pregnancy, all pregnant individuals should receive oral iron supplementation. However, the bioavailability of oral iron is poor and it is often ineffective at preventing and treating iron deficiency. Likewise, it frequently causes gastrointestinal symptoms that can worsen quality of life in pregnancy. Intravenous iron formulations administered in a single or multiple dose series are now available. There is increasing data suggesting that newer intravenous formulations are safe and effective in the second and third trimesters and should be strongly considered in pregnant individuals without optimal response to oral iron repletion. Keywords: Iron, Iron Deficiency, Anemia (Anaemia), symptoms, pregnancy, iron treatment, iron therapy
Einleitung
Eisenmangel ist der weltweit am häufigsten auftretende Mikronährstoffmangel und folglich ist die Anämie in der Schwangerschaft vor allem auf Eisenmangel zurückzuführen. Gemäss WHO-Daten führen Eisenmangel und Anämie bei etwa 30–60 % der Schwangerschaften weltweit zu Komplikationen. Während der Schwangerschaft leiden fast 75 % der Schwangeren unter Eisenmangel im dritten Trimester, wenn man einen cut off Wert von Ferritin < 30 µg/L zu Grunde legt. Trotz der hohen Prävalenz und den negativen Auswirkungen des Eisenmangels und der Anämie auf die mütterliche und fetale Morbidität, wird Eisenmangel oft nicht ausreichend diagnostiziert und behandelt (1–3).
Die Diagnose und Behandlung der Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft ist zwar relativ einfach, wird aber häufig übersehen und/oder von den betreuenden Gynäkologinnen nicht optimal gehandhabt. Ein Problem bei der Labordiagnose des Eisenmangels in der Schwangerschaft ist der fehlende Konsens in der Literatur, da die vorliegenden Studien uneinheitliche Ferritingrenzwerte für die Bestimmung von Eisenmangel verwenden. Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft wird meist definiert als Serum Ferritin < 15–30 µg/L und einem Hämoglobin < 110 G/L, wobei der Wert < 110 G/L nicht den physiologischen unteren Schwellenwert des Hämoglobins im zweiten Trimester von 105 G/L berücksichtigt. Die Verwendung eines Ferritingrenzwertes von < 30 µg/L erhöht die Sensitivität der Erfassung des Eisenmangels, es fehlen jedoch Untersuchungen zu schwangerschaftsspezifischen Grenzwerten (5, 10, 11).
Die Ursachen des Eisenmangels sind bekanntermassen vielfältig und abhängig von sozio-ökonomischen Faktoren, Ernährungsgewohnheiten, Alter und Herkunft der Schwangeren, vorbestehendem Eisenmangel und Komorbiditäten, vor allem gastro-intestinalen Erkrankungen wie Zöliakie oder Morbus Crohn. 30–50 % der Frauen weisen bereits vor der Konzeption einen Eisenmangel auf (6–8).
Folgen von Eisenmangel und Anämie für die Schwangere und den Fetus
Eisenmangel kann asymptomatisch sein oder belastende Symptome hervorrufen. Dazu gehören Müdigkeit, Reizbarkeit («Brain fog»), Atemnot, Kopfschmerzen, Haarausfall, Konzentrationsschwäche, verminderte körperliche Leistungsfähigkeit und Restless-Leg-Syndrom. Diese Symptome werden sowohl von den Schwangeren als auch von den Gynäkolog/-innen oft als normal abgetan, da sie auf physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft zurückgeführt werden können. Der isolierte oder latente Eisenmangel (ohne Anämie) kann die mütterliche Morbidität erhöhen, da das Risiko für eine Anämie, Plazentahypertrophie und Hypothyreose erhöht ist (13, 16, 17, 19, 23, 26).
Daneben ist das Risiko für vorzeitige Wehen und Frühgeburtlichkeit erhöht (9). Eine peripartale Eisenmangelanämie geht mit einem erhöhten Risiko an postpartaler Depression, verminderter Lebensqualität, postpartaler Anämie und Bluttransfusion einher (21). Schwerer Eisenmangel erhöht nachweislich die fötale und neonatale Morbidität. Erkenntnisse aus Tiermodellen deuten darauf hin, dass Eisenmangel in kritischen Phasen der fötalen Entwicklung zu Veränderungen des Hirnstoffwechsels, der Neurotransmission, der Epigenetik und der Myelinisierung führt, die sich beim Neugeborenen auswirken. Neuere klinische Studien zeigen, dass diese Folgen auch beim Menschen auftreten und beispielsweise ein Zusammenhang zwischen Eisenmangel und Autismus-Spektrum-Störung und Aufmerksamkeitsdefizit bei Jugendlichen besteht. Mütterlicher Eisenmangel führt zu niedrigen fötalen und neonatalen Eisenspeichern mit den entsprechenden Folgen (14, 15, 18, 27–31) (Abb. 1).
Screenig des Eisenmangels
Es besteht kein Konsens über Screening-Protokolle oder die routinemässige Durchführung eines Screenings auf Eisenmangel in der Schwangerschaft. Nur wenige Organisationen unterstützen ein Screening auf isolierten Eisenmangel, da es nur wenige Studien gibt, die eine Risikoverbesserung durch eine Behandlung belegen. In England wird seit kurzem ein risikobasiertes Screening empfohlen, bei Frauen mit Anämie in der Vorgeschichte, Multipara, Mehrlingsschwangerschaft, kurzem Schwangerschaftsintervall, Vegetarierinnen, Frauen mit hohem Blutungsrisiko bei der Geburt und Frauen, die Bluttransfusionen ablehnen. Das American College of OBGYN (ACOG) empfiehlt ein Screening auf Anämie und die generelle Eisensupplementierung bei Schwangeren. Die Ferritintestung soll gemäss ACOG nur bei einer Anämie durchgeführt werden, mit einem Schwellenwert von < 30 µg/L (WHO < 15 µg/L!) (Practice Bulletin 233, August 2021). Im Expertenbrief der SGGG (Nr. 77) empfehlen wir die Bestimmung von Hämoglobin und Ferritin im ersten Trimester und bei etwa 24–28 SSW zur Erfassung von Eisenmangel und Anämie bei den Schwangeren.
Behandlung
Mehrere nationale Guidelines empfehlen die generelle orale Eisensupplementierung bei Schwangeren (ACOG, Centers of Disease Control, WHO). Diese kann täglich oder alternierend alle zwei Tage erfolgen. Es konnte gezeigt werden, dass eine zweitägliche orale Eiseneinnahme die Eisenresorption bei erniedrigter unerwünschter Nebenwirkungsrate erhöht (4, 22). Es sollte die möglichst niedrigste Eisendosierung oral gewählt werden (etwa 30 mg elementares Eisen/Dosis), da hohe Dosierungen zu einem Therapieabbruch bei bis zu 70 % der Frauen führen, aufgrund der gastrointestinalen Nebenwirkungen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass orales Eisen im ersten Trimester die einzige Behandlungsoption darstellt. Es sind zahlreiche orale Eisenpräparate vorhanden; generell gilt, dass Eisen-II-Salze eine höhere Rate an UWR aufweisen als beispielsweise Eisen-III-Komplexe. Gemäss Studien zeigen die sogenannten Eisen-Bisglycinate (Aminoeisenverbindung) eine gute Resorption und Wirksamkeit bei geringer UWR-Rate auf (16, 25). Ab dem zweiten Trimester stehen bei der Therapie der Eisenmangelanämie intravenöse Eisenpräparate zur Verfügung, die sich in der Schwangerschaft als sicher und wirksam erwiesen haben. Im Gegensatz zu oralem Eisen eignet sich nur intravenöses Eisen zur Therapie schwerer Eisenmangelzustände und Anämien, insbesondere, wenn wir eine Wirksamkeit in kurzer Zeit erwarten (24, 25, 42–49). Die Dosierungen entsprechen denen von nicht schwangeren Frauen. In den meisten Fällen können in der Schweiz heute hoch dosierte Einzeldosierungen verwendet werden, was aufgrund der Einfachheit der Anwendung und der Effektivität auch zu einer hohen Patientinnen-Zufriedenheit führt. Die häufigsten verwendeten parenteralen Eisenpräparate weltweit sind Eisen-Saccharat, Eisen-Dextran mit niedrigem Molekulargewicht (LMWD, Cave: NICHT hochmolekulares Dextran!), Eisen-Carboxymaltose (FCM), Ferumoxytol und Eisen-III-Derisomaltose (24, 25). In Bezug auf die allergischen Reaktionen und andere unerwünschte Nebenwirkungen sind die Präparate vergleichbar. In Vergleichsstudien zwischen parenteralem und oralem Eisen ist die Rate an UNW bei den oralen Präparaten im Allgemeinen höher, vor allem aufgrund der gastro-intestinalen Nebenwirkungen. Eisencarboxymaltose hat gemäss vorliegenden Studien die höchste Rate an induzierter Hypophosphatämie nach Infusion, wobei schwere Hypophosphatämien nach Einzeldosierungen selten sind. In einer kürzlich publizierten Studie von der Klinik für Geburtshilfe der Universität Genf zeigte sich bei 3/22 Schwangeren eine Hypophosphatämie nach Eisencarboxymaltose vs 1/22 Schwangeren unter oralem Eisen (13 vs. 4 %). Der Unterschied war nicht signifikant und die Neugeborenen zeigten keine Hypophosphatämie in der Eisencarboxymaltose Gruppe (49). Die in der Schweiz empfohlenen und meist angewendeten Präparate sind in Tab. 1 aufgeführt. Bei der i.v. Eisentherapie sollen generell und speziell in der Schwangerschaft die von SWISSMEDIC empfohlenen Richtlinien eingehalten werden. Ebenso sind Kontraindikationen wie erstes Trimester, akute bakterielle Infektion und Status nach Anaphylaxie oder schwerer allergischer Reaktion nach i.v. Eisengabe zu beachten. Das Risiko einer anaphylaktischen Reaktion ist bei den neuen Eisenpräparaten unter 1 : 1000 einzuschätzen.
Indikationen für den Einsatz von parenteralem Eisen sind kein oder ungenügendes Ansprechen auf orales Eisen (Hb Anstieg < 10G/L innert 14 Tagen), Unverträglichkeit und Non Compliance bei oraler Eiseneinnahme, gestörte Eisenresorption (bariatrische Eingriffe, chronische Darmerkrankungen, Zöliakie), schwere bestehende oder fortschreitende Anämie (vor allem < 90 G/L), Notwendigkeit der raschen und effizienten Anämie Korrektur bei Risikofaktoren der Schwangeren (Plazenta praevia, hohes Blutungsrisiko, Gerinnungsstörungen, Ablehnung von Fremdblut, Status nach Atonie u.a.m) (42, 43, 48).
Die parenteralen Eisenpräparate werden auch vor allem zur Behandlung der postpartalen Anämie (Hb < 100G/L) in der Schweiz standardmässig im Wochenbett verwendet.
C Breymann hält Vorträge und Fortbildungen für CLS-Vifor Schweiz und CLS-Vifor International und Pierre Fabre/ Robapharm Schweiz. Er ist ebenfalls an Publikationen über die jeweiligen Eisenpräparate beteiligt.
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