Risiko für Kieferosteonekrosen und atypische ­Femurfrakturen: wie informieren bei ­Osteoporose?

WORUM GEHT ES?

Bei Osteonekrose des Kiefers (osteonecrosis of jaw; ONJ) und atypischen Femurschaftfrakturen (AFF) handelt es sich um seltene, aber ernsthafte Erkrankungen des Knochens. Dabei besteht eine Assoziation mit bestimmten antiresorptiv wirkenden Therapien wie Amino-Bisphosphonaten wie Zoledronat, Alendronat, Ibandronat oder Risedronat (BP) sowie den Antikörpertherapien Denosumab (DMAb) oder Romosozumab (ROMO).

Was sind die Definitionen von ONJ und AFF?

Für eine medikationsbezogene ONJ müssen 3 Voraussetzungen bestehen, welche sich aus der Anamnese und dem enoralen Befund ergeben (1):
• Acht Wochen oder länger sicht- oder sondierbarer Knochen enoral oder maxillofazial.
• Aktuelle oder vorausgegangene antiresorptive Therapie (allein bzw. in Kombination mit Immunmodulatoren oder antiangiogenen Medikamenten).
• Keine Strahlentherapie oder metastatische Erkrankung im Bereich des Kiefers.
Die Kriterien für das Vorliegen einer AFF sind eher radiologisch deskriptiv. Dabei müssen neben der diaphysären Femurfraktur (unterhalb des Trochanter minor bis suprakondylär) noch 4 der folgenden 5 Hauptmerkmale erfüllt sein (2):
• Die Frakturlinie beginnt am lateralen Kortex und ist grösstenteils quer verlaufend oder nur kurz schräg.
• Komplette Frakturen erstrecken sich radiologisch über den lateral und medialen Kortex und können mit einer medialen Spitze verbunden sein; unvollständige Frakturen betreffen nur die laterale Kortikalis.
• An der Frakturstelle liegt eine lokalisierte periostale oder endostale Auftreibung der lateralen Kortikalis vor.
• Atraumatisches oder nur gering traumatisches Auftreten.
• Die Fraktur ist nicht multifragmentär.

Was sind die Folgen von ONJ und AFF?

Direkte Folgen von ONJ oder AFF reichen in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Diagnose und dem Einleiten protektiver Massnahmen von asymptomatischen Ereignissen bis zu schmerzhaften Infekten oder Frakturen, welche mit chirurgischen Eingriffen und einem langwierigen Heilungsverlauf einhergehen können. Diese Folgen treffen für beide Entitäten gleichermassen zu. Regionspezifisch sind Zahnverlust bzw. die funktionelle Einbusse der betroffenen unteren Extremität (1, 2).

Indirekte Folgen von ONJ oder AFF können ebenfalls schwerwiegend sein, weil Osteoporose-Patient/-innen das Risiko-Nutzen-Verhältnis einer antiresorptiv wirkenden Therapie falsch einschätzen und eine entsprechende Behandlung ablehnen oder vorzeitig abbrechen. Das heisst, dass ein hohes oder sogar sehr hohes Frakturrisiko unbehandelt bleibt bzw. sich wegen des progredienten Knochenmineralverlusts in der zweiten Lebenshälfte noch weiter verschlechtert.

Was sind Zeichen oder Symptome für ONJ und AFF?

Eine ONJ zeigt sich als ausbleibende Abheilung einer enoralen Läsion (oft nach Zahnextraktion), mandibulär häufiger als maxillar mit offen sichtbarem Knochen oder einer unspezifischen Schwellung (1). Schmerzen stehen initial nicht immer im Vordergrund, weshalb Betroffene nicht umgehend eine zahnärztliche Beurteilung suchen.

Einer AFF gehen oftmals Wochen mit wechselhaften Warnzeichen voraus, sogenannte Prodromi. Diese werden als dumpf-drückende oder stechende Schmerzen in Leiste oder im Oberschenkel beschrieben. Oft treten AFF beidseitig auf, weshalb bei Verdacht auf AFF die Gegenseite auch untersucht werden sollte (2).

Was ist die Pathophysiologie von ONJ und AFF?

Die Pathophysiologie beider Ereignisse ist nicht im Detail verstanden, beinhaltet aber wahrscheinlich multifaktorielle Prozesse.

Für ONJ stehen enorale, zu einer Mukosaläsion führende Umstände (rezente Extraktion oder andere kieferchi­rurgische Eingriffe, Prothesendruckstelle) im Vordergrund, daneben sind chronische Entzündungen, verlängerte Wundheilung, antiangiogene Effekte und veränderter Knochenumbau zu nennen. Es sind Genmutationen beschrieben, welche für eine ONJ prädisponieren (1).

AFF können als Insuffizienzfrakturen verstanden werden, welche typischerweise mit der Langzeitanwendung antiresorptiver Therapie assoziiert sind. Daneben spielt die Knochengeometrie eine Rolle, welche zum Teil auch ethnizitätsspezifische Unterschiede in der Inzidenz erklärt: Patient/-innen mit asiatischer Abstammung sind häufiger betroffen. Ausserdem spielen veränderte Materialeigenschaften des Knochens unter antiresorptiver Therapie, insbesondere Kumulation feinster Risse im Knochen (micro-cracks) und das Unvermögen, diese adäquat zu reparieren, eine entscheidende Rolle (3, 4). Ausserdem konnten auch hier prädisponierende Genmutationen identifiziert werden (5, 6).

Was sind die Gemeinsamkeiten dieser Entitäten?

Erst mit dem breiten Einsatz von BP in den 2000er-Jahren sind beide Entitäten, ONJ 2003/2004 bzw. AFF 2005 (7, 8), in Erscheinung getreten. Bei völlig unterschiedlichem Wirkmechanismus haben BP, DMAb und ROMO den antiresorptiven Effekt auf den Knochen gemeinsam. Neben pathophysiologischen Gemeinsamkeiten können sowohl ONJ als auch AFF als seltene unerwünschte Ereignisse des Knochenumbaus verstanden werden, welche dosis- bzw. frequenzabhängig mit antiresorptiv wirkendender Therapie assoziiert sind. Bei beiden Entitäten scheinen Regenerationsprozesse beeinträchtigt.

Wie häufig sind ONJ und AFF?

ONJ und AFF sind so seltene unerwünschte Ereignisse, dass sie in randomisiert kontrollierten Studien nur sehr eingeschränkt beurteilt werden können. Die Inzidenz von ONJ bei Patient/-innen mit Osteoporose unter BP wird mit 1 pro 10 000 bis 100 000 Patientenjahren angegeben, diejenige für AFF noch darunter (9).

Wie häufig bzw. eben selten ONJ oder AFF bei Patient/-innen mit Osteoporose in der Schweiz auftreten, konnten Everts-Graber und Kolleg/-innen mit Beobachtungsdaten aus dem Register der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie zeigen: 17 bzw. 4 bestätigte Fälle mit ONJ bzw. AFF unter antiresorptiver Therapie bei 9956 Patient/-innen innerhalb von knapp 5 Jahren (10, 11). Beide unerwünschte Ereignisse waren dabei unter DMAb häufiger, wobei viele dieser Betroffenen unter DMAb bereits zuvor BP erhalten haben, sodass ein kumulativer Effekt nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings zeigen auch Beobachtungsdaten bei Patientinnen mit ossär metastasiertem Mammakarzinom eine höhere Inzidenz von ONJ unter DMAb oder DMAb nach BP im Vergleich zu solchen, die ausschliesslich BP erhalten haben (12). Patient/-innen mit maligner Knochenerkrankung, welche BP oder DMAb häufiger und/oder höher dosiert erhalten, haben ein mindestens 10-fach höheres Risiko für ONJ als Patient/-innen mit Osteoporose (1).

Was sind die Risikofaktoren für ONJ oder AFF?

Die Anwendung antiresorptiver oder antiangiogener Medikamente ist mit ONJ assoziiert, insbesondere Tyrosinkinase-Inhibitoren, wie z. B. Sunitinib, der monoklonale Antikörper Bevacizumab, mTOR-Inhibitoren, wie z. B. Everolimus, Radiopharmazeutika wie Radium-223 und Immunsuppressiva (Methotrexat und Glucocorticoide) (13, 14). Weiter ist eine langjährige antiresorptive Therapiedauer mit einem erhöhten Risiko für ONJ assoziiert.

Zahnärztliche Eingriffe, insbesondere Zahnextraktionen und Operationen, bei denen der Kieferknochen freigelegt wird, können das Risiko einer ONJ erhöhen; vor allem bei geriatrischen Patient/-innen können Prothesendruckstellen zur ONJ führen. Weiter erhöhen bestimmte Erkrankungen wie Malignome, chronische Nierenerkrankungen und Diabetes mellitus das ONJ-Risiko. Ausserdem können lokale Entzündungen und Infektionen enoral sowie Rauchen oder eine schlechte Mundhygiene das Risiko negativ beeinflussen.

Die Dauer der Anwendung von BP (oder anderen Antiresorptiva) zeigt in verschiedenen Kohorten ein ansteigendes Risiko für AFF, welches nach Absetzen relativ rasch absinkt. Im Vergleich zu einer Anwendung von BP von weniger als einem Jahr war die Anwendung über 5 bis 7 Jahre mit einem 7-fachen Anstieg von AFF verbunden (15). Ausserdem ist die Therapie mit Glukokortikoiden und Protonenpumpeninhibitoren mit einem erhöhten Risiko für AFF assoziiert (16).
Patient/-innen asiatischer Abstammung sind häufiger von AFF betroffen. In einer grosssen Fall-Kontroll-Studie aus Südkorea konnten neben Osteopenie/Osteoporose weitere unabhängige Risikofaktoren für AFF wie rheumatoide Arthritis, erhöhte anteriore und laterale Kurvaturen des Femurs und eine dickere laterale Femurkortikalis auf Schaftniveau identifiziert werden (17).

In einer rezent publizierten, niederländischen Kohortenstudie konnte ein Zusammenhang zwischen AFF und monogenen Knochenerkrankungen, insbesondere Osteogenesis imperfecta und Hypophosphatasie, gezeigt werden. Daher könnte eine humangenetische Abklärung nach AFF bei familiärer Häufung von Frakturen künftig an Bedeutung gewinnen (18).

Gibt es ONJ oder AFF auch ohne antiresorptive Therapien?

Ja, sowohl ONJ als auch AFF können ohne antiresorptive oder andere Therapien auftreten.
In einer grossen dänischen Kohortenstudie (n = 4973) hatte fast ein Drittel der Personen mit AFF keine BP oder andere Antiresorptiva (13).

Gibt es auch bestimmte Gruppen von Patient/-­innen, welche weniger von ONJ oder AFF ­betroffen sind?

Ja, bislang sind weder ONJ noch AFF bei Kindern mit schwerer Osteogenesis imperfecta trotz jahrelanger intravenöser Bisphosphonattherapie beobachtet worden. Dies weder in Fallbeschreibungen noch in Kohorten (19).

ONJ und AFF – warum ist eine adäquate ­Information so wichtig?

Es kommt zu einem Vertrauensverlust zwischen osteologisch behandelnder Fachperson und Patient/-in, wenn Patient/-innen bei Therapiebeginn unzureichend oder im Fall von ONJ von Dritten (persönliches Umfeld, Zahnärzt/-in, pseudoneutrale Quellen im Internet oder Ähnliches) einseitig informiert werden. Zweifel sind schnell gesät, aber mühsam ins rechte Licht zu rücken.

Ein solcher Vertrauensverlust kann nicht nur dazu führen, dass Betroffene mit hohem oder sehr hohem Frakturrisiko nicht behandelt werden. Schlimmer noch kann ein unkontrollierter Unterbruch einer mehrjährigen DMAb-Therapie wegen des Rebound-Phänomens das vertebrale Frakturrisiko in wenigen Monaten massiv erhöhen.
AFF sollte vor allem bei Kontrollen von Patient/-innen unter langjähriger antiresorptiver Therapie, d. h. mehr als 3 Jahren, angesprochen werden, damit Patient/-innen die Prodromi kennen und so AFF im frühen Stadium, also idealerweise vor kompletter Fraktur, erkannt und therapiert werden können.

Daher muss bei Therapiebeginn adäquat informiert werden, auch wenn das tatsächliche Risiko zur Entwicklung von ONJ oder AFF nur sehr gering ist.

Warum führt ONJ dazu, dass Patient/-innen eine hochpotente antiresorptive Therapie ablehnen?

Viele von Osteoporose Betroffene unterschätzen, wie hoch ihr Risiko ist, Frakturen zu erleiden bzw. welche Folgen Frakturen, insbesondere Wirbelkörperfrakturen, für den Alltag beinhalten. Klinische Wirbelkörperfrakturen erhöhen Morbidität und Mortalität (20). Daher sollte zunächst das individuelle Frakturrisiko und mögliche Implikationen durch Frakturen hinreichend betont werden.

Selbst Patient/-innen, die bereits Frakturen erlitten haben, unterschätzen ihr Risiko für weitere Frakturen, weil die Situation, die zur Fraktur geführt hat, überbewertet wird, anstatt die Anfälligkeit für Frakturen zu akzeptieren. Betroffene empfinden eine prävalente Fraktur eher als «bad luck» als ein Zeichen für «bad bones».

Wie können ONJ und AFF für Patient/-innen mit Osteoporose kommuniziert werden?

Osteoporose ist per se nicht heilbar, sondern nur stabilisierend beeinflussbar. Es erscheint paradox, dass eine Therapie, die darauf abzielt, den Knochen zu stärken und Frakturen zu verhindern, diesen auch schaden kann.

Bei der Therapie der Osteoporose hat das antiresorptive Wirkprinzip eine Schlüsselfunktion. Vereinfacht kann dargelegt werden, dass zum einen der postmenopausal hohe Knochenumbau auf das prämenopausale Niveau stabilisiert werden kann. Bei hohem Frakturrisiko kann so ein progredienter Knochenmineralverlust verhindert werden. Zum anderen kann nach osteoanaboler Therapie bei schwerer Osteoporose der neu gebildete Knochen mit einer antiresorptiven Therapie konsolidiert werden. BP, DMAb oder ROMO sind sehr potent, durch Anwendung dieser Wirkstoffe kann der progrediente Knochenmineralverlust nach dem 50. Lebensjahr und damit nahezu 50 % aller Osteoporose-verursachten Frakturen verhindert werden. In Anbetracht dieser Tatsache ist es einfacher zu akzeptieren, dass diese Medikationen unter bestimmten Umständen die Regenerationsfähigkeit («Selbstheilungskräfte») des Knochens stören können, was sich in seltenen Fällen als ONJ oder AFF äussert. Obwohl diese Entitäten seit Jahrzehnten bekannt sind, wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis nach wie vor als sehr günstig eingestuft. Daher gelten die Wirkstoffe weiterhin als Therapien der ersten Wahl.

Bezogen auf den Einzelfall kann betont werden, dass regelmässige zahnärztliche Kontrollen, Verzicht auf Noxen, Fehlen von Glukokortikoiden, Diabetes mellitus in der Anamnese etc. das individuelle Risiko für ONJ oder AFF zu minimieren helfen.
Ausserdem ist bei vielen Patient/-innen mit Osteoporose das Therapiekonzept sequenziell, also mit Intervallen ohne Therapie. Nach BP-Therapie handelt es sich wegen des bis zu jahrelangen Residualeffektes eher um eine Verlängerung des Therapieintervalls als um einen echten Therapieunterbruch. Damit wird zumindest dem Risikofaktor «Therapiedauer > 3 Jahre» für die Entwicklung von ONJ oder AFF entgegnet. Wie hilfreich der prolongierte Therapieintervall sein kann, wurde in einer randomisierten Placebo-kontrollierten Studie bei postmenopausalen Frauen mit Osteopenie gezeigt, welche Zoledronat 5 mg nur alle 18 Monate intravenös erhielten. Es wurden keine Fälle von ONJ oder AFF beobachtet, weder über 6 Jahre unter Therapie noch während 4 Jahren Follow-up (21).

Vorteile und Risiken sollten offen besprochen und den Patient/-innen auch ausreichend Zeit zur Entscheidung gewährt werden. Allenfalls ist ein zusätzlicher Besprechungstermin hilfreich, auch um die Möglichkeit zur zahnärztlichen Kontrolle einzuräumen. Falls dennoch zunächst auf eine antiresorptive Therapie verzichtet wird, können Behandlungsziele mithilfe der Entwicklung von den Surrogatparametern, der Knochenmineraldichte oder weniger standardisiert laborchemischen Parameter des Knochenumbaus vereinbart werden, um eine antiresorptive Therapie später doch aufzunehmen.

Anders als Patient/-innen mit maligner Knochenerkrankung müssen Patient/-innen mit Osteoporose vor Beginn mit antiresorptiver Therapie nicht zwingend zur Zahnärzt/-in. Nichtsdestotrotz sollten alle Menschen nach dem 50. Lebensjahr regelmässig in zahnärztliche Kontrolle. Problematisch sind Patient/-innen ohne solche Kontrollen, oft gepaart mit schlechter Mundhygiene inklusive Nikotin- und hohem Alkoholkonsum.

Wenn Bedarf zur zahnärztlichen Rücksprache anzunehmen ist, empfiehlt sich, die Hauszahnärzt/-in z. B. mittels Berichtskopie über die allgemeine osteologische Situation inklusive Therapiekonzept in Kenntnis zu setzen. Primär soll der Beginn einer Osteoporosetherapie wegen der niedrigen ONJ-Ereignisrate durch die zahnärztliche Prophylaxe aber nicht hinausgezögert werden (22).

Die häufigste Frage, nämlich welche Vorsichtsmassnahmen zu treffen sind, wenn unter den oben genannten antiresorptiv wirkenden Therapien ein Zahn extrahiert werden muss, kann auf die S3-Leitlinie 007/091: Antiresorptiva-­assoziierte Kiefernekrosen (AR-ONJ) unter Koordination von Prof. K. A. Grötz verwiesen werden (22): Dort sind ausführlich die erforderlichen Kautelen bei operativen Eingriffen und Zahnentfernungen bei Patient/-innen unter und nach einer antiresorptiven Therapie beschrieben, welche vor allem den primären Wundverschluss ins Zentrum setzen, um eine möglichst rasche Abheilung der enoralen Läsion zu erzielen.

Sind bei Osteoporose-Patient/-innen unter BP, DMAb oder ROMO elektive, ossäre Eingriffe wie das Einbringen von Zahnimplantaten ­möglich?

Ja, per se können Osteoporose-Patient/-innen unter Therapie nach den gleichen Kriterien wie Patient/-innen ohne Osteoporosetherapie versorgt werden, entsprechend der S3-Leitlinie Zahnimplantate bei medikamentöser Behandlung mit Knochenantiresorptiva (inkl. Bisphosphonate) (23). In der klinischen Praxis schrecken dennoch sowohl Patient/-innen unter Therapie als auch behandelnde Zahnärzt/-innen vor diesem elektiven Eingriff zurück. Im Zweifelsfall kann dann eine second opinion in spezialisierten Zentren hilfreich sein.

Allgemein wird die Rolle eines gut funktionierten Kauapparates für eine ausgewogene Makronährstoffzufuhr zur Prävention der Sarkopenie, welche bei chronischen Erkrankungen oder prinzipiell mit dem Älterwerden droht und bei Osteoporose-Patient/-innen das Frakturrisiko unabhängig erhöhen kann, unterschätzt. Bei Zahnverlust ist die bestmögliche Wiederherstellung der Kaufunktion durch Zahnimplantate eine wichtige Investition.

PD Dr. med. Albrecht W. Popp

Leiter Osteologie
Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungs­medizin und Metabolismus (UDEM) Inselspital, Universitätsspital Bern
Julie-von-Jenner-Haus
Freiburgstrasse 15
CH-3010 Bern

albrecht.popp@insel.ch

Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. Ruggiero SL, Dodson TB, Aghaloo T, Carlson ER, Ward BB, Kademani D. American Association of Oral and Maxillofacial Surgeons‘ Position Paper on Medication-Related Osteonecrosis of the Jaws-2022 Update. J Oral Maxillofac Surg. 2022;80(5):920-43. Epub 2022/03/19. doi: 10.1016/j.joms.2022.02.008. PubMed PMID: 35300956.
2. Shane E, Burr D, Abrahamsen B, Adler RA, Brown TD, Cheung AM, et al. Atypical subtrochanteric and diaphyseal femoral fractures: second report of a task force of the American Society for Bone and Mineral Research. J Bone Miner Res. 2014;29(1):1-23. Epub 2013/05/29. doi: 10.1002/jbmr.1998. PubMed PMID: 23712442.
3. Donnelly E, Meredith DS, Nguyen JT, Gladnick BP, Rebolledo BJ, Shaffer AD, et al. Reduced cortical bone compositional heterogeneity with bisphosphonate treatment in postmenopausal women with intertrochanteric and subtrochanteric fractures. J Bone Miner Res. 2012;27(3):672-8. Epub 2011/11/11. doi: 10.1002/jbmr.560. PubMed PMID: 22072397; PubMed Central PMCID: PMCPMC4404705.
4. Donnelly E, Saleh A, Unnanuntana A, Lane JM. Atypical femoral fractures: epidemiology, etiology, and patient management. Curr Opin Support Palliat Care. 2012;6(3):348-54. Epub 2012/05/31. doi: 10.1097/SPC.0b013e3283552d7d. PubMed PMID: 22643705; PubMed Central PMCID: PMCPMC4556525.
5. Funck-Brentano T, Ostertag A, Debiais F, Fardellone P, Collet C, Mornet E, et al. Identification of a p.Arg708Gln variant in COL1A2 in atypical femoral fractures. Joint Bone Spine. 2017;84(6):715-8. Epub 2016/12/27. doi: 10.1016/j.jbspin.2016.11.014. PubMed PMID: 28017821.
6. Van de Laarschot DM, Zillikens MC. Atypical femur fracture in an adolescent boy treated with bisphosphonates for X-linked osteoporosis based on PLS3 mutation. Bone. 2016;91:148-51. Epub 2016/08/02. doi: 10.1016/j.bone.2016.07.022. PubMed PMID: 27477003.
7. Ruggiero SL, Mehrotra B, Rosenberg TJ, Engroff SL. Osteonecrosis of the jaws associated with the use of bisphosphonates: a review of 63 cases. J Oral Maxillofac Surg. 2004;62(5):527-34. Epub 2004/05/04. doi: 10.1016/j.joms.2004.02.004. PubMed PMID: 15122554.
8. Odvina CV, Zerwekh JE, Rao DS, Maalouf N, Gottschalk FA, Pak CY. Severely suppressed bone turnover: a potential complication of alendronate therapy. J Clin Endocrinol Metab. 2005;90(3):1294-301. Epub 2004/12/16. doi: 10.1210/jc.2004-0952. PubMed PMID: 15598694.
9. Larsen MS, Schmal H. The enigma of atypical femoral fractures: A summary of current knowledge. EFORT Open Rev. 2018;3(9):494-500. Epub 2018/10/12. doi: 10.1302/2058-5241.3.170070. PubMed PMID: 30305933; PubMed Central PMCID: PMCPMC6174857.
10. Everts-Graber J, Lehmann D, Burkard JP, Schaller B, Gahl B, Hauselmann H, et al. Risk of Osteonecrosis of the Jaw Under Denosumab Compared to Bisphosphonates in Patients With Osteoporosis. J Bone Miner Res. 2022;37(2):340-8. Epub 2021/11/18. doi: 10.1002/jbmr.4472. PubMed PMID: 34787342.
11. Everts-Graber J, Bonel H, Lehmann D, Gahl B, Hauselmann H, Studer U, et al. Incidence of Atypical Femoral Fractures in Patients on Osteoporosis Therapy-A Registry-Based Cohort Study. JBMR Plus. 2022;6(10):e10681. Epub 2022/10/18. doi: 10.1002/jbm4.10681. PubMed PMID: 36248270; PubMed Central PMCID: PMCPMC9549725.
12. Brunner C, Arvandi M, Marth C, Egle D, Baumgart F, Emmelheinz M, et al. Incidence of Medication-Related Osteonecrosis of the Jaw in Patients With Breast Cancer During a 20-Year Follow-Up: A Population-Based Multicenter Retrospective Study. J Clin Oncol. 2024:JCO2400171. Epub 2024/08/20. doi: 10.1200/JCO.24.00171. PubMed PMID: 39163561.
13. Antonuzzo L, Lunghi A, Petreni P, Brugia M, Laffi A, Giommoni E, et al. Osteonecrosis of the Jaw and Angiogenesis inhibitors: A Revival of a Rare but Serous Side Effect. Curr Med Chem. 2017;24(28):3068-76. Epub 2017/05/13. doi: 10.2174/0929867324666170511113811. PubMed PMID: 28494743.
14. Zhang X, Hamadeh IS, Song S, Katz J, Moreb JS, Langaee TY, et al. Osteonecrosis of the Jaw in the United States Food and Drug Administration‘s Adverse Event Reporting System (FAERS). J Bone Miner Res. 2016;31(2):336-40. Epub 2015/08/20. doi: 10.1002/jbmr.2693. PubMed PMID: 26288087.
15. Bauer DC, Black DM, Dell R, Fan B, Smith CD, Ernst MT, et al. Bisphosphonate Use and Risk of Atypical Femoral Fractures: A Danish Case-Cohort Study With Blinded Radiographic Review. J Clin Endocrinol Metab. 2024;109(11):e2141-e50. Epub 2024/01/11. doi: 10.1210/clinem/dgae023. PubMed PMID: 38198798; PubMed Central PMCID: PMCPMC11479699.
16. Giusti A, Hamdy NA, Papapoulos SE. Atypical fractures of the femur and bisphosphonate therapy: A systematic review of case/case series studies. Bone. 2010;47(2):169-80. Epub 2010/05/25. doi: 10.1016/j.bone.2010.05.019. PubMed PMID: 20493982.
17. Lim SJ, Yeo I, Yoon PW, Yoo JJ, Rhyu KH, Han SB, et al. Incidence, risk factors, and fracture healing of atypical femoral fractures: a multicenter case-control study. Osteoporos Int. 2018;29(11):2427-35. Epub 2018/07/25. doi: 10.1007/s00198-018-4640-4. PubMed PMID: 30039251.
18. Zhou W, van Rooij JG, van de Laarschot DM, Zervou Z, Bruggenwirth H, Appelman-Dijkstra NM, et al. Prevalence of Monogenic Bone Disorders in a Dutch Cohort of Atypical Femur Fracture Patients. J Bone Miner Res. 2023;38(6):896-906. Epub 2023/04/20. doi: 10.1002/jbmr.4801. PubMed PMID: 37076969; PubMed Central PMCID: PMCPMC10946469.
19. Nasomyont N, Hornung LN, Gordon CM, Wasserman H. Outcomes following intravenous bisphosphonate infusion in pediatric patients: A 7-year retrospective chart review. Bone. 2019;121:60-7. Epub 2019/01/08. doi: 10.1016/j.bone.2019.01.003. PubMed PMID: 30616029.
20. Cauley JA, Thompson DE, Ensrud KC, Scott JC, Black D. Risk of mortality following clinical fractures. Osteoporos Int. 2000;11(7):556-61. Epub 2000/11/09. doi: 10.1007/s001980070075. PubMed PMID: 11069188.
21. Reid IR, Horne AM, Mihov B, Bava U, Stewart A, Gamble GD. Duration of fracture prevention after zoledronate treatment in women with osteopenia: observational follow-up of a 6-year randomised controlled trial to 10 years. Lancet Diabetes Endocrinol. 2024;12(4):247-56. Epub 2024/03/08. doi: 10.1016/S2213-8587(24)00003-2. PubMed PMID: 38452783.
22. https://register.awmf.org: S3-Leitlinie Antiresorptiva-assoziierte Kiefernekrose (AR-ONJ); Registernummer 007 – 091
23. https://register.awmf.org: S3-Leitlinie Zahnimplantate bei medikamentöser Behandlung mit Knochenantiresorptiva (inkl. Bisphosphonate); Registernummer 083 – 026

Stellenwert der Knochenumbau-parameter im Management der Osteoporose

Einleitung

Die Messung der Knochenumbauparameter im klinischen Alltag ist eine etablierte Säule des modernen Osteoporose-managements und heute sowohl in der Diagnostik als auch im Krankheitsverlauf nicht mehr wegzudenken. Dieser Artikel soll einen Überblick über die wichtigsten Parameter und deren Relevanz und Bedeutung im klinischen Alltag geben.

Die Osteoporose ist eine chronische Erkrankung des Skelettapparates, welche durch eine verringerte Knochendichte und eine Störung der Knochenarchitektur gekennzeichnet ist. Aufgrund dieser Veränderungen kommt es zu einer erhöhten Frakturgefährdung, was insbesondere bei älteren Personen mit erhöhter Morbidität und Mortalität assoziiert ist.

Der Knochen wird zeitlebens umgebaut, damit er sich an die Belastung anpassen und seine mechanische Kompetenz erhalten kann (1, 2). Der Knochenumbau erfolgt durch zwei gegensätzliche Prozesse: den Knochenabbau und den Knochenanbau. Der Knochenumbau erfolgt geordnet mit Koppelung («coupling») zwischen Knochenabbau und Knochenanbau (1, 2). Diese beschriebene Knochenstoffwechselaktivität kann durch die Messung der Knochenumbauparameter («bone turnover markers») erfasst werden und liefert wichtige Informationen sowohl in der initialen Diagnostik von metabolischen Knochenerkrankungen als auch zur Überprüfung der Wirksamkeit von spezifischen Therapien.

Funktion der Knochenumbauparameter

Die Knochenumbaumarker widerspiegeln die Aktivität der Osteoblasten und Osteoklasten. Die Osteoidbildung durch die Osteoblasten wird durch Bildung der knochenspezifischen alkalischen Phosphatase, Osteocalcin und Prokollagen N-Propeptide reflektiert (Abb. 1 und Tab. 1). Beim Knochenabbau werden Fragmente des Kollagens (N- und C-terminale Telopeptide, Pyridinoline) und Tartrat-resistente saure Phosphatase freigesetzt (2–4). Diese Marker ermöglichen eine dynamische Beurteilung des Knochenumbaus.

Prokollagen Typ 1 N-terminales Propeptid (P1NP)

Das Kollagen wird von den Osteoblasten als Prokollagen sezerniert. Durch Abspaltung der C-terminalen und N-terminalen Endigungen entstehen die C-terminalen (P1CP) und N-terminalen Propeptide (P1NP) und das Kollagenmolekül, Hauptbestandteil (90  % des Proteinanteils) der Knochenmatrix (Abb. 2) (2, 5). Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass vor allem das P1NP zur Beurteilung der Knochenformation am geeignetsten ist, und wird deshalb als Referenzmarker empfohlen (6–8).

P1NP wird in der Leber abgebaut. Es kann aber auch zur Freisetzung einer monomeren Form von P1NP kommen, das über die Niere ausgeschieden wird und damit bei der Niereninsuffizienz retiniert wird (2, 9). Es gibt also zwei Formen von P1NP im Serum: das «intakte» oder trimere Molekül und das Monomer (10, 11). Derzeit verfügbare Assays messen entweder nur die trimere Form (intaktes P1NP) oder beide Formen (Gesamt-P1NP). Der Gesamt-P1NP-Assay (automatisiert) ist auf Elecsys (Roche Diagnostics) erhältlich. Der automatisierte Assay für intaktes P1NP ist auf IDS-iSYS, Immunodiagnostic Systems, erhältlich. Ausser bei Niereninsuffizienz korrelieren diese beiden Assays gut (12).
Das PINP weist nur einen schwachen Tagesrhythmus auf (< 10  %) und wird nur wenig durch Nahrungsaufnahme beeinflusst (3–4  %) (2).

P1NP ist besonders sensitiv gegenüber der Aktivität der Osteoblasten, die für den Knochenaufbau verantwortlich sind. Ein hoher P1NP-Spiegel zeigt den vermehrten Aufbau neuer Knochensubstanz an, was z. B. beim Heilungsprozess nach Frakturen, in den Wachstumsphasen oder bei der Wirkung anaboler Osteoporosetherapien (wie z. B. Teriparatid) typisch ist (13, 14).

Osteocalcin (OC)
Osteocalcin ist ein Nichtkollagenprotein, das von Osteoblasten produziert wird. Mittels Bindung an Kalzium und die Knochenmatrix hat es eine wichtige Rolle in der Knochenneubildung inne und zeigt die Aktivität der Osteoblasten an. OC enthält Glutamatreste, die unter dem Einfluss von Vitamin K carboxyliert und durch Warfarin gehemmt werden (2, 5). Das in Osteoblasten neu gebildete OC wird in den Extrazellulärraum abgegeben und zum Teil aber auch in die Knochenmatrix eingebaut. Osteocalcin wird in vivo und in vitro rasch abgebaut, und sowohl das intakte Molekül als auch Fragmente finden sich in der Zirkulation (5). Es wird über die Niere ausgeschieden und kann bei Niereninsuffizienz akkumulieren. OC zeigt einen geringen Tagesrhythmus (< 10  %), es wird nicht durch Nahrungsaufnahme beeinflusst (5). Nach der Blutentnahme ist das Osteocalcin instabil, und die Probe muss deshalb rasch verarbeitet und analysiert werden. Damit ist dieser Parameter zur Anwendung im klinischen Alltag ungeeignet. In hämolysierten Serumproben nimmt die Immunoreaktivität bis zu 90  % ab (2).

Obwohl nur ein kleiner Anteil des neu synthetisierten OC in den Extrazellulärraum gelangt, ist es ein guter Paramater zur Beurteilung der Knochenformation. Die aus dem Knochenabbau freigesetzten Fragmente finden sich in nur sehr geringer Konzentration im Blut.

Es gibt Hinweise, dass die «untercarboxylierte» Form des OC während des Knochenabbaus freigesetzt wird und den Energie- und Glukosestoffwechsel beeinflusst (2, 15).

Assays für OC basieren hauptsächlich auf Gesamt-OC oder N-MID-OC und sind manuelle ELISA oder Immunoassays auf Autoanalyzern (2).

Knochenspezifische alkalische Phosphatase (BALP)
BALP wird von den Osteoblasten sezerniert und spielt eine Rolle bei der Knochenmineralisierung und trägt bis zur Hälfte der Gesamtaktivität der alkalischen Phosphatase im Serum von Erwachsenen bei, aber einen grösseren Anteil während des Wachstums bei Kindern. Da BALP von der Leber eliminiert wird und nicht über die Nieren ausgeschieden wird, wird seine Konzentration nicht direkt von der Nierenfunktion beeinflusst (2, 5). Damit ist die BALP auch ein wichtiger Parameter bei der Beurteilung des Knochenstoffwechsels bei Niereninsuffizienz.

Es gibt mehrere Methoden zur Messung der BALP-Masse und -Aktivität, wie z. B. Hitzeinaktivierung, Elektrophorese, Weizenkeim-Lektin-Fällung, HPLC und Immunoassays (114–118). Die Immunoassays sind am geeignetsten für den klinischen Einsatz, da sie monoklonale Antikörper verwenden, die spezifisch für die BALP sind. Die Knochen-isoform ist seit Kurzem auch auf einer automatisierten Plattform verfügbar (IDS-iSYS, Immunodiagnostic Systems) (16). Die alkalische Phosphatase der Leber zeigt eine Kreuzreaktivität von etwa 10–20 % in der Bestimmung mit der BALP.
Die Serumkonzentrationen der BALP weisen keinen zirkadianen Rhythmus auf und werden nicht durch Nahrungsaufnahme beeinflusst und können damit zu jeder Tageszeit abgenommen werden (2, 17).

C-terminales Telopeptid (ßCTX)
Im Kollagenmolekül gibt es einen N-Telopeptid- (NTX) und C-Telopeptid-Bereich (CTX) (Abb. 2) Beim Kollagenabbau werden NTX und CTX freigesetzt und können im Serum oder Urin gemessen werden. Auch bei diesen Abbaumarkern hat sich gezeigt, dass die Bestimmung des CTX am geeignetsten ist, die Knochenabbauaktivität zu beurteilen, weswegen CTX als Referenzmarker empfohlen wird (6).

Beim CTX findet nach einigen Monaten eine Beta-Isomerisierung statt. Diese Isomerisierung findet sich nicht bei NTX. Die Alpha- und Beta-Formen von CTX können beide im Urin mittels ELISA gemessen werden (18). Die Alpha-Form spiegelt die Neusynthese von Kollagen wider, wie sie bei hohem Knochenumsatz wie der Paget-Krankheit, malignen Knochenerkrankungen oder physiologischerweise bei Kindern vorkommt. Die Beta-Form spiegelt reiferes Kollagen wider und ist bei Erkrankungen wie Osteoporose oder bei gesunden Erwachsenen häufiger anzutreffen (19).
CTX wird in der Regel (in der Beta-Form: ßCTX) im Plasma (oder Serum) gemessen, da es im Urin eine sehr grosse Variabilität von Tag zu Tag aufweist. NTX wird in der Regel im Urin bestimmt. Die Bestimmung von NTX im Serum zeigt nur geringe Veränderungen unter einer antiresorptiven Therapie bei Osteoporose und hat sich daher nicht durchgesetzt.

CTX im Serum kann mit ELISA und seit Längerem mit Immunoassays auf zwei automatisierten Plattformen (Roche Diagnostics und IDS-iSYS, Immunodiagnostic Systems) gemessen werden. Beide Systeme benutzen den gleichen monoklonalen Antikörper. Es besteht aber ein Bedarf einer Standardisierung und Harmonisierung dieser beiden Assays, da bei Vergleichsstudien unterschiedliche Resultate gefunden wurden (2, 20). Eine Anpassung der beiden Assays hat vor Kurzem stattgefunden.

CTX kann entweder im Serum oder Plasma analysiert werden. Im Serum ist das CTX nur ca. 8 Stunden stabil, im EDTA über mehrere Tage. CTX unterliegt tageszeitlichen Schwankungen: die Werte sind morgens am höchsten und nehmen im Tagesverlauf ab. Aus diesem Grund wird empfohlen, die Blutproben immer zur gleichen Tageszeit morgens zu entnehmen.

Tartrat-resistente saure Phosphatase (TRACP)
Die Tartrat-resistente saure Phosphatase (TRACP) wird von verschiedenen Zellen der Monozyten-/Makrophagenlinie wie Osteoklasten, aktivierte Makrophagen oder dendritische Zellen exprimiert (21–23). Im Serum finden sich die Isoformen TRACP-5a und -5b. Diese unterscheiden sich durch eine posttranslationale Modifikation. Erhöhte TRACP-5a-Werte finden sich bei entzündlichen rheumatologischen Erkrankungen wie die Polyarthritis (22, 23). Die TRACP-5b wird hauptsächlich von Osteoklasten sezerniert, korreliert mit dem Knochenabbau sowie der Anzahl der aktiven Osteoklasten und wird im Allgemeinen als zytochemischer Marker verwendet, um Osteoklasten von anderen Knochenzellen zu unterscheiden (21, 22). Nach der Freisetzung in den Extrazellulärraum wird die TRACP-5b inaktiviert und zerfällt in Fragmente, welche von der Leber abgebaut werden. Damit ist die TRACP-5b zur Beurteilung der Osteoklastenaktivität auch bei Niereninsuffizienz geeignet.

Im Serum kann TRACP-5b entweder mit spektrophotometrischen Verfahren oder mit Immunoassays gemessen werden (22–25). Eine Adaptation eines Immunoassays an eine automatisierte Plattform wurde kürzlich vorgenommen (IDS-iSYS, Immunodiagnostic Systems).

Die Serumkonzentration von TRACP-5b weist einen nur sehr geringen Tagesrhythmus (10–12  %) auf und wird nicht durch die Nahrungsaufnahme beeinflusst (23, 26).

Nach der Blutentnahme wird die TRACP rasch abgebaut und muss deshalb innert einer Stunde zentrifugiert und eingefroren werden. Die Zugabe eines Citratpuffers ins Blutentnahmegefäss kann die Stabilität verlängern.
Insgesamt ist TRACP-5b im Serum ein Marker für die Anzahl Osteoklasten und die Knochenresorption. Sie hat den Vorteil, dass sie die Osteoklasten, d. h. die eigentliche zelluläre Aktivität, widerspiegelt und nicht nur den Kollagenabbau, der dieser Aktivität untergeordnet ist.

Pyridinium-Crosslinks
Die 3-Hydroxypyridinium-Quervernetzungen von Kollagen, Pyridinolin (PYD) und Deoxypyridinolin (DPD) werden während der extrazellulären Reifung von Kollagenen gebildet. Sie überbrücken als Querverbindungen mehrere Kollagenpeptide und stabilisieren das Kollagenmolekül (21). Sie sind nur in reifen, aber nicht in unreifen oder neu synthetisierten Kollagenen vom Typ I, II und III zu finden. Während PYD in Knorpel, Knochen, Bändern und Gefässen vorkommt, ist DPD fast ausschliesslich in Knochen und Dentin zu finden. Da Knochen einen viel höheren Umsatz haben als Knorpel, Bänder, Gefässe oder Sehnen, stammen die gemessenen Mengen an PYD und DPD im Serum oder Urin hauptsächlich aus dem Knochenumbau. Beim Kollagenabbau werden die Pyridinolin-Crosslinks freigesetzt und über die Nieren ausgeschieden.

Die Methoden für die Messung der Pyridinolin-Crosslink-Konzentration im Urin sind HPLC-Analysen mit oder ohne Hydrolyse des Urins und Immunoassays (27). Obwohl die HPLC-Analyse als Referenzmethode gilt, ist sie umständlich und arbeitsintensiv. Gleichzeitig weisen die im Urin gemessenen Knochenumbaumarker eine deutlich höhere biologische Variabilität auf als die im Serum gemessenen Marker (siehe unten), sodass heute die letzteren bevorzugt werden.

Praktische Aspekte

Beim Einsatz und dann vor allem auch bei der Interpretation der Resultate der biochemischen Marker gilt es, die verschiedenen Quellen der Variabilität dieser Marker zu berücksichtigen. Einerseits werden die Resultate durch die analytische Präzision, die bei den verschiedenen zur Verfügung stehenden Assays sehr unterschiedlich ist, beeinflusst. Andererseits wird das Resultat durch präanalytische Bedingungen wie Tagesschwankungen, Tag-zu-Tag-Schwankungen, Nahrungsaufnahme und dann auch die Stabilität des Markers nach der Blutentnahme mitbestimmt.
Die analytische Variabilität konnte durch Applikation dieser Messungen auf Autoanalyzer deutlich verringert und damit auch standardisiert werden (Tab. 1).

Die biochemischen Marker des Knochenstoffwechsels, v. a. die Knochenabbaumarker ßCTX und PYD, zeigen eine mehr oder weniger ausgeprägte zirkadiane Rhythmik mit den höchsten Werten in den frühen Morgenstunden und den tiefsten Werten während des Nachmittags und der Nacht. Der Einfluss der Nahrungsaufnahme ist ebenfalls variabel. Diese kann für ßCTX 20–40  % betragen. Die Knochenanbaumarker (BALP, PINP) weisen in der Regel einen geringeren Tagesrhythmus auf (< 10  %) und sind weniger durch Nahrungsaufnahme beeinflusst. Dies bedeutet, dass die Probenentnahme in der Regel am Morgen nüchtern zwischen 7.30 h und 10 h erfolgen sollte. Die Probe für die Knochenanbaumarker BALP und P1NP können auch im Laufe des Tages und nach Nahrungsaufnahme entnommen werden. Die Probenstabilität nach der Entnahme sollte beachtet werden (Serum versus EDTA-Plasma) (Tab. 1).

Die biochemischen Marker zeigen eine intraindividuelle Tag-zu-Tag-Variabilität, in der Regel beträgt diese Variabilität 5–10  % für die Knochenanbaumarker und 10– 15  % für die Knochenabbaumarker (Tab. 1).

Bei der Interpretation der Messresultate müssen auch die nicht kontrollierbaren Aspekte, welche zur Variabilität beitragen, berücksichtigt werden (Alter, Geschlecht, kürzlich erlittene Fraktur, bereits eingeleitete Behandlung der Osteoporose und Komorbiditäten, wie z. B. Niereninsuffizienz). Bei einer Fraktur steigen die PINP- und ßCTX-I-Spiegel im Serum in den ersten Wochen nach der Fraktur steil an (um bis zu 150  %) (2, 3, 8). ßCTX erreicht 4 Wochen nach der Fraktur und PINP 12 Wochen nach der Fraktur einen Spitzenwert; danach nehmen die Werte ab, können aber noch mehr als 1 Jahr nach der Fraktur erhöht bleiben. Eine intensive sportliche Aktivität kann die Knochenumbaumarker ebenfalls verändern (leichter Anstieg von ßCTX und leichter Abfall von PINP), damit sollte eine solche idealerweise am Tag vor und am Tag der Probenentnahme vermieden werden (8).

Klinische Bedeutung der Knochen­umbaumarker

Vorhersage des Knochensubstanzverlustes

Die Knochenumbaumarker ermöglichen eine dynamische Bewertung des Knochenumbaus, da sie die Aktivität der Knochenzellen widerspiegeln. Sie helfen, mögliche Ursachen einer sekundären Osteoporose zu ermitteln, indem Patienten mit hohem Knochenumsatz und schnellem Knochenverlust identifiziert werden.

Die hauptsächlichen Ursachen für den Knochensubstanzverlust in der zweiten Lebenshälfte, und damit für die Entstehung der postmenopausalen Osteoporose, ist der Ös­trogenmangel in der Menopause, bei beiden Geschlechtern Alterungsprozesse, Lebensstil und Umweltfaktoren sowie Krankheiten, die zu einem vermehrten Knochensubstanzverlust führen.

Der Östrogenmangel nach Beginn der Menopause führt zu einer Zunahme des Knochenumbaus und damit zu einem Anstieg der Knochenumbaumarker. Dieser Anstieg wurde in mehreren Studien mit einem schnelleren Knochenverlust in Verbindung gebracht (3, 5, 28). Höhere Werte für alle Marker korrelierten signifikant (wenn auch mässig) mit der Geschwindigkeit des Knochenverlustes. Die Vorhersage des Knochenverlustes auf individueller Basis ist jedoch schwach, da für einen gegebenen Wert eines Markers eine grosse Streuung der individuellen Werte des nachfolgenden Knochenverlustes besteht. Eine einzelne Messung eines Knochenumbaumarkers kann also das Ausmass des individuellen Knochensubstanzverlustes nicht vorhersagen. Erhöhte Knochenumbaumarker können allenfalls als Risikofaktoren für einen schnellen Knochenabbau angesehen werden.

Evaluation des Frakturrisikos

Prospektive Studien über den Zusammenhang zwischen Knochenumbaumarker und Frakturen bei postmenopausalen Frauen zeigten, dass je höher die Werte für die Umbaumarker sind, desto höher das Frakturrisiko ist (18). Die Assoziation mit dem Frakturrisiko zeigte sich v. a. mit den Knochenabbaumarkern und der alkalischen Knochenphosphatase und weniger mit anderen Knochenanbaumarkern (2, 3, 14). Eine Assoziation zwischen erhöhten Knochenumbauwerten und den Frakturen besteht vor allem für Wirbel- und Hüftfrakturen bei postmenopausalen und älteren Frauen und zum Teil auch bei Männern (2, 3, 29).

Interessanterweise sind erhöhte Knochenumbaumarker unabhängig von der gemessenen Knochendichte mit dem Frakturrisiko assoziiert. In einer Metaanalyse von sechs prospektiven Kohorten mit Frauen und Männern, bei denen ßCTX und PINP untersucht wurden, war das Risiko einer Fraktur um 23  % und 18  % pro Standard-Deviation- Erhöhung von PINP oder ßCTX erhöht (2, 3, 14, 30). Die prädiktive Wertigkeit der Knochenumbaumarker wurde vorwiegend für kürzere Zeitintervalle (bis 5–7 Jahre) gezeigt. Dies beschränkt ihren Nutzen für die langfristige Vorhersage von Frakturen in Risikorechnern wie FRAX, macht sie aber für die kurzfristige Vorhersage des Frakturrisikos in populationsbasierten Studien attraktiv (2, 3, 14).

Komorbiditäten können die Beziehung zwischen den Knochenumbaumarkern zur Vorhersage des Frakturrisikos beeinflussen. Beispielsweise zeigte sich, dass bei Patienten mit einem Diabetes mellitus Typ 2 die Knochendichtemessungen das Frakturrisiko unterschätzen (31, 32). Daher ist die Frage, wie BTMs am besten zur Abschätzung des Frakturrisikos bei Patienten mit Typ 2 Diabetes eingesetzt werden können, noch offen.

Therapiemonitoring

Kontrollen unter Therapie
Der wichtigste Bereich für den klinischen Einsatz von Knochenumbaumarkern ist das Monitoring antiresorptiver oder knochenanaboler Osteoporosetherapien. Das oberste Ziel bei der Behandlung von Patienten mit Osteoporose ist die Verringerung ihres Frakturrisikos. Die kurzfristige Inzidenz osteoporotischer Frakturen ist jedoch gering, und das Ausbleiben von Frakturen während der Behandlung bedeutet nicht zwingend, dass eine Behandlung wirksam ist. Daher werden zur Überwachung der Osteoporosetherapie serielle Messungen von Veränderungen der Knochendichte als Surrogatmarker für die therapeutische Wirksamkeit eingesetzt. Veränderungen der Knochendichte treten jedoch langsam auf, sodass therapeutische Wirkungen in der Regel erst nach mindestens 1–2 Jahren der Behandlung nachweisbar werden. Im Gegensatz dazu ändern sich die Knochenumbaumarkerwerte als Reaktion auf anabole und antiresorptive Behandlungen kurzfristig.

Die Änderung der Knochenumbaumarker unter Therapie können einerseits mit dem «least significant change» (kleinste signifikante Änderung, LSC; neuerdings auch «reference change value», RCV, genannt) oder andererseits gemäss dem «Referenzmittelwert»-Ansatz beurteilt werden. Der LSC wird unter Berücksichtigung der analytischen Variabilität und der intraindividuellen Variabiltät (LSC = 2.77 x intraindividelle Variabilität für eine 95  %- Wahrscheinlichkeit einer signifikanten Änderung) berechnet. Das Problem mit dem LSC-Ansatz ist, dass zwei Messungen erforderlich sind, was in der klinischen Praxis nicht immer möglich ist. Aus diesem Grund wird ein zweiter Ansatz vorgeschlagen, der den Durchschnittswert für junge prämenopausale Frauen verwendet («Referenzmittelwert»-Ansatz). Bei diesem Ansatz wird die individuelle Veränderung im Vergleich zu den prämenopausalen Referenzbereichen festgelegt. Unter einer antiresorptiven Therapie sollte als Therapieerfolg eine Abnahme erhöhter Resorptionsmarker wie ßCTX in die mittlere bis untere Hälfte des Referenzbereiches erreicht werden (13, 14).

Die Veränderung der Marker hängt vom eingesetzten Therapeutikum und dem gemessenen Marker ab (Tab. 2). Findet eine zu geringe Veränderung statt, kann dies ein Hinweis auf eine schlechte Compliance des Patienten oder eine unsachgemässe Verabreichung des Medikaments sein.

Antiresorptive Therapie
Eine antiresorptive Behandlung bewirkt eine rasche Abnahme der Knochenresorptionsmarker nach bereits 2–4 Wochen und mit einem Nadir nach 3–6 Monaten. Die Abnahme der Knochenanbaumarker, infolge der physiologischen Kopplung von Anbau und Abbau, ist verzögert und erreicht nach 6–12 Monaten ein Plateau. Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine kurzfristige Abnahme des Knochenumbaus bei Frauen, die mit Hormonersatztherapie Raloxifen, Risedronat und Alendronat behandelt wurden, mit der Zunahme der Knochendichte nach 1–2 Jahren und einer Abnahme des Risikos von Wirbelkörper- und/oder anderen Frakturen einhergeht (7, 13, 14).

Es wird empfohlen, bei einer oralen Bisphosphonattherapie die Knochenumbaumarker zur Beurteilung der Compliance und der Behandlung einzusetzen unter Verwendung von ßCTX und PINP. Eine Messung vor Beginn der Behandlung und eine Wiederholung nach 3 Monaten erlaubt eine Beurteilung mit gewünschter Abnahme der Knochenumbaumarker über den «least significant change»-Wert (LSC) hinaus (siehe oben und Tab. 2).

Bei einer parenteralen Behandlung mit Zoledronat kommt es bereits nach 2 Wochen zu einer deutlichen Abnahme von ßCTX, und bei kontinuierlicher Therapie bleibt die Suppression von ßCTX und PINP bestehen. Es gibt Hinweise, dass zur Beurteilung der klinischen Wirksamkeit (Frakturen) und «Responders» PINP geeigneter ist als ßCTX (oder die Knochendichte). Ähnlich wie bei einer oralen Bisphosphonattherapie zeigt sich auch bei der Zoledronat-Therapie eine positive Korrelation zwischen einer Abnahme von PINP und der Verringerung des Risikos vertebraler Frakturen (13).
Denosumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen RANKL, der subkutan verabreicht wird und den Knochenabbau rasch hemmt, was sich in einem sehr schnellen ­Abfall der Knochenresorptionswerte auf nahezu nicht nachweisbare Werte des Markers ßCTX innerhalb weniger Tage nach der Verabreichung äussert. Auch das Serum-PINP wird durch die Denosumab-Behandlung supprimiert, aber die Abnahme ist nicht so ausgeprägt wie bei ßCTX und kommt mit einer Verzögerung von 3–6 Monaten zustande.

Beim Absetzen der Denosumab-Behandlung kommt es, im Gegensatz zu den Bisphosphonaten, zu einem ausgeprägten Wiederanstieg der Knochenumbaumarker, und zwar über die Werte vor der Behandlung. Dieser sog. Rebound-Effekt ist mit einem beschleunigten Knochenmassenverlust und einem erhöhten Risiko für vertebrale Frakturen assoziiert. Das Monitoring mithilfe der Knochenumbaumarker hilft bei der Beurteilung des Zeitpunktes einer sequenziellen Bisphosphonattherapie (14, 33).

Anabole Therapie
Die Behandlung mit dem Parathormon-Analogon Teriparatid bewirkt einen schnellen, innerhalb von Tagen eintretenden Anstieg des Knochenanbaumarkers PINP mit einem Maximum nach 3–4 Monaten. Die Knochenabbaumarker zeigen einen verzögerten und weniger ausgeprägten Anstieg als die Knochenanbaumarker. Die Knochenanbaumarker, insbesondere PINP, korrelieren mit dem Anstieg der Knochenmineralgehaltswerten. Die Frakturrisikoreduktion unter der Teriparatid-Therapie ist unabhängig vom Ausgangswert von P1NP (3). Es gibt keine Studien, die den Zusammenhang zwischen Veränderung der Knochenanbaumarker und der Frakturrisikoreduktion untersucht haben.

Für die Überwachung von Patienten, welche mit Teriparatid behandelt werden, wurde ein Algorithmus mit Knochenumbaumarkern vorgeschlagen. Das PINP sollte vor der Behandlung und dann 1 und 3 Monate nach Beginn der Behandlung überprüft werden. Ein Anstieg des PINP um mehr als den LSC von 10 μg/l und ein Anstieg über den Referenzbereich gilt als gutes Ansprechen auf die Behandlung (2, 3, 14). Nach zweijähriger Behandlung und vor einer sequenziellen antiresorptiven Behandlung sind Messungen von PINP und der Knochendichte zu empfehlen (2, 13).
Romosozumab ist ein monoklonaler Antikörper, der Sklerostin bindet und dessen Wirkung blockiert. Die einzigartige Wirkungsweise besteht darin, dass der Knochenanbau angeregt und gleichzeitig der Knochenabbau gehemmt wird (34). Unter der Behandlung kommt es zu einem vo­rübergehenden Anstieg von PINP mit einem Peak nach ca. 2 Wochen und einer Abnahme auf den Ausgangswert nach ca. 9 Monaten (2). OC und BALP verhalten sich ähnlich. Die Werte für ßCTX nehmen rasch ab (Nadir nach ca. 2 Wochen) und kehren 3–6 Wochen nach der letzten Dosis zum Ausgangswert zurück (2, 34). Romosozumab wurde vor Kurzem in einigen Ländern zugelassen, doch gibt es noch keine offiziellen Empfehlungen für den Einsatz von Knochenumbaumarkern für das Therapiemonitoring.

Kontrollen bei Therapiepause («drug holiday»)

Die Knochenumbaumarker können auch zur Beurteilung des Nachlassens des Therapieeffektes und Notwendigkeit einer Wiederaufnahme der Therapie eingesetzt werden.

Im Allgemeinen wird empfohlen, bei moderat erhöhtem Frakturrisiko eine Bisphosphonattherapie nach 3–5 Jahren zu pausieren, um das Risiko für die seltenen unerwünschten Wirkungen einer Langzeittherapie wie atypische Femurfrakturen zu minimieren. Bisphosphonate binden sich an den Knochen und verbleiben über längere Zeit im Skelett (2, 5, 13, 35). Damit persistiert auch nach dem Absetzen der Bisphosphonate eine residuelle Wirkung, im Gegensatz zu anderen antiresorptiven Therapien, bei denen die Wirkung nach Absetzen schnell nachlässt (d. h. bei Denosumab, Östrogenen oder Raloxifen). Eine generelle Empfehlung, in welchen Abständen eine Bestimmung der Knochenumbaumarker angezeigt ist, gibt es nicht. Es scheint sinnvoll, eine Bestimmung in ein- bis zweijährlichen Intervallen vorzunehmen. Bei der Beurteilung, ob eine Wiederaufnahme der Behandlung zu erwägen ist, kann, wie bei der Verlaufskontrolle unter Therapie, der LSC-Ansatz oder ein Anstieg der Werte über den Mittelwert prämenopausaler Frauen herangezogen werden.

Die Beendigung der Denosumab-Therapie führt zu einem erneuten ausgeprägten Anstieg des Knochenumbaus etwa 8–9 Monate nach der letzten Dosis. Die Knochenumbau­marker können bei der Identifikation von Patienten mit einem erhöhten Risiko für diese Komplikation und um die Bisphosphonatbehandlung in Dosierung und Applikationsfrequenz zu leiten, eingesetzt werden. Die European Calcified Tissue Society (ECTS) hat eine Leitlinie veröffentlicht: Darin wird empfohlen, die Knochenumbaumarker nach 3 und 6 Monaten nach Absetzen von Denosumab zu bestimmen. Steigen die Werte über den prämenopausalen Referenzwert an, ist der Einsatz bzw. eine Wiederholung einer Bisphosphonattherapie (idealerweise mit Zoledronat) angezeigt (2, 14, 33).

Prof. em. Dr. med. Marius Kränzlin

Speziallabor Hormone und Knochenstoffwechsel
Aeschenvorstadt 57
4051 Basel

marius.kraenzlin@unibas.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. Seeman E. Bone quality: the material and structural basis of bone strength. J Bone Miner Metab 2008;26(1):1-8.
2. Schini M, Vilaca T, Gossiel F, Salam S, Eastell R. Bone Turnover Markers: Basic Biology to Clinical Applications. Endocr Rev 2023 May 8;44(3):417-73.
3. Eastell R, Szulc P. Use of bone turnover markers in postmenopausal osteoporosis. Lancet Diabetes Endocrinol 2017 Nov;5(11):908-23.
4. Bonjour JP, Kohrt W, Levasseur R, Warren M, Whiting S, Kraenzlin M. Biochemical markers for assessment of calcium economy and bone metabolism: application in clinical trials from pharmaceutical agents to nutritional products. Nutr Res Rev 2014 Nov 14;1-16.
5. Brown JP, Don-Wauchope A, Douville P, Albert C, Vasikaran SD. Current use of bone turnover markers in the management of osteoporosis. Clin Biochem 2022 Nov;109-110:1-10.
6. Vasikaran S, Cooper C, Eastell R, Griesmacher A, Morris HA, Trenti T, et al. International Osteoporosis Foundation and International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine position on bone marker standards in osteoporosis. Clin Chem Lab Med 2011 Aug;49(8):1271-4.
7. Vasikaran SD, Miura M, Pikner R, Bhattoa HP, Cavalier E. Practical Considerations for the Clinical Application of Bone Turnover Markers in Osteoporosis. Calcif Tissue Int 2023 Feb;112(2):148-57.
8. Szulc P, Naylor K, Hoyle NR, Eastell R, Leary ET. Use of CTX-I and PINP as bone turnover markers: National Bone Health Alliance recommendations to standardize sample handling and patient preparation to reduce pre-analytical variability. Osteoporos Int 2017 Sep;28(9):2541-56.
9. Cavalier E, Lukas P, Carlisi A, Gadisseur R, Delanaye P. Aminoterminal propeptide of type I procollagen (PINP) in chronic kidney disease patients: the assay matters. Clin Chim Acta 2013 Oct 21;425:117-8.
10. Lee J, Vasikaran S. Current recommendations for laboratory testing and use of bone turnover markers in management of osteoporosis. Ann Lab Med 2012 Mar;32(2):105-12.
11. Brown JP, Albert C, Nassar BA, Adachi JD, Cole D, Davison KS, et al. Bone turnover markers in the management of postmenopausal osteoporosis. Clin Biochem 2009 Jul;42(10-11):929-42.
12. Cavalier E, Eastell R, Rye JrN, Makris K, Tournis S, Vasikaran S, et al. A multicenter study to evaluate harmonization of assays for N-terminal propeptide of type I procollagen (PINP): a report from the IFCC-IOF Joint Committee for Bone Metabolism. Clin Chem Lab Med 2019 Sep 25;57(10):1546-55.
13. Eastell R, Pigott T, Gossiel F, Naylor KE, Walsh JS, Peel NFA. Bone turnover markers: are they clinically useful? Eur J Endocrinol 2018 Jan;178(1):R19-R31.
14. Lorentzon M, Branco J, Brandi ML, Bruyere O, Chapurlat R, Cooper C, et al. Algorithm for the Use of Biochemical Markers of Bone Turnover in the Diagnosis, Assessment and Follow-Up of Treatment for Osteoporosis. Adv Ther 2019 Oct;36(10):2811-24.
15. Moser SC, van der Eerden BCJ. Osteocalcin-A Versatile Bone-Derived Hormone. Front Endocrinol (Lausanne) 2018;9:794.
16. Diemar SS, Mollehave LT, Quardon N, Lylloff L, Thuesen BH, Linneberg A, et al. Effects of age and sex on osteocalcin and bone-specific alkaline phosphatase-reference intervals and confounders for two bone formation markers. Arch Osteoporos 2020 Feb 24;15(1):26.
17. Diemar SS, Dahl SS, West AS, Simonsen SA, Iversen HK, Jørgensen NR. A Systematic Review of the Circadian Rhythm of Bone Markers in Blood. Calcif Tissue Int 2023 Feb;112(2):126-47.
18. Gineyts E, Cloos P, Borel O, Grimaud L, Delmas P, Garnero P. Racemization and isomerizatin of type I collagen c-telopeptides in human bone and soft tissue: assessment of tissue turnover. Biochem J 2000;345:481-5.
19. Cloos PA, Fledelius C, Christgau S, Christiansen C, Engsig M, Delmas P, et al. Investigation of bone disease using isomerized and racemized fragments of type I collagen. Calcif Tissue Int 2003 Jan;72(1):8-17.
20. Cavalier E, Eastell R, Jorgensen NR, Makris K, Tournis S, Vasikaran S, et al. A Multicenter Study to Evaluate Harmonization of Assays for C-Terminal Telopeptides of Type I Collagen (beta-CTX): A Report from the IFCC-IOF Committee for Bone Metabolism (C-BM). Calcif Tissue Int 2021 Jun;108(6):785-97.
21. Kraenzlin ME, Seibel M. Measurement of biochemical markers of bone resorption. In: Seibel M, Robins S, Bilezikian J, editors. Dynamics in bone and cartilage metabolism. 2 ed. Academic Press; 2006. p. 541-64.
22. Cavalier E, Lukas P, Delanaye P. Analytical evaluation of the Nittobo Medical tartrate resistant acid phosphatase isoform 5b (TRACP-5b) EIA and comparison with IDS iSYS in different clinically defined populations. Clin Chem Lab Med 2022 Feb 23;60(3):394-400.
23. Hannon RA, Clowes JA, Eagleton AC, Al HA, Eastell R, Blumsohn A. Clinical performance of immunoreactive tartrate-resistant acid phosphatase isoform 5b as a marker of bone resorption. Bone 2004 Jan;34(1):187-94.
24. Kraenzlin ME, Lau K-HW, Liang L, Freeman TK, Singer FR, Stepan J, et al. Development of an immunoassay for human serum osteoclastic tartrate-resistant acid phosphates. J Clin Endocrinol Metab 1990;71:442-51.
25. Halleen J, Alatalo SL, Janckila AJ, Woitge H, Seibel MJ, Väänänen HK. Serum tartrate-resistant acid phosphatase 5b is a specific and sensitive marker of bone resorption. Clin Chem 2001;47:597-600.
26. Gossiel F, Ugur A, Peel NFA, Walsh JS, Eastell R. The clinical utility of TRACP-5b to monitor anti-resorptive treatments of osteoporosis. Osteoporos Int 2022 Jun;33(6):1357-63.
27. Kraenzlin ME, Kraenzlin CA, Meier C, Giunta C, Steinmann B. Automated HPLC assay for urinary collagen cross-links: effect of age, menopause, and metabolic bone diseases. Clin Chem 2008 Sep;54(9):1546-53.
28. Szulc P. Bone turnover: Biology and assessment tools. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 2018 Oct;32(5):725-38.
29. Meier C, Nguyen TV, Center JR, Seibel MJ, Eisman JA. Bone resorption and osteoporotic fractures in elderly men: the dubbo osteoporosis epidemiology study. J Bone Miner Res 2005;20(4):579-87.
30. Johansson H, Odén A, Kanis JA, McCloskey EV, Morris HA, Cooper C, et al. A meta-analysis of reference markers of bone turnover for prediction of fracture. Calcif Tissue Int 2014 May;94(5):560-7.
31. Meier C, Eastell R, Pierroz DD, Lane NE, Al-Daghri N, Suzuki A, et al. Biochemical Markers of Bone Fragility in Patients With Diabetes. J Clin Endocrinol Metab 2023 May 8.
32. Vestergaard P, Rejnmark L, Mosekilde L. Diabetes and its complications and their relationship with risk of fractures in type 1 and 2 diabetes. Calcif Tissue Int 2009 Jan;84(1):45-55.
33. Tsourdi E, Langdahl B, Cohen-Solal M, Aubry-Rozier B, Eriksen EF, Guanabens N, et al. Discontinuation of Denosumab therapy for osteoporosis: A systematic review and position statement by ECTS. Bone 2017 Dec;105:11-7.
34. Mäkinen VN, Solling AS, McClung M, Langdahl BL. Romosozumab for the treatment of osteoporosis – a systematic review. J Endocrinol Invest 2024 Nov 2.
35. Naylor KE, McCloskey EV, Jacques RM, Peel NFA, Paggiosi MA, Gossiel F, et al. Clinical utility of bone turnover markers in monitoring the withdrawal of treatment with oral bisphosphonates in postmenopausal osteoporosis. Osteoporos Int 2019 Apr;30(4):917-22.
36. Cavalier E, Lukas P, Bottani M, Aarsand AK, Ceriotti F, Coşkun A, et al. European Biological Variation Study (EuBIVAS): within- and between-subject biological variation estimates of β-isomerized C-terminal telopeptide of type I collagen (β-CTX), N-terminal propeptide of type I collagen (PINP), osteocalcin, intact fibroblast growth factor 23 and uncarboxylated-unphosphorylated matrix-Gla protein-a cooperation between the EFLM Working Group on Biological Variation and the International Osteoporosis Foundation-International Federation of Clinical Chemistry Committee on Bone Metabolism. Osteoporos Int 2020 Aug;31(8):1461-70.
37. Christensen GL, Halgreen JR, Milenkovski M, Kose A, Quardon N, Jorgensen NR. Bone turnover markers are differentially affected by pre-analytical handling. Osteoporos Int 2019 May;30(5):1137-41.
38. Henriksen K, Leeming DJ, Christiansen C, Karsdal MA. Use of bone turnover markers in clinical osteoporosis assessment in women: current issues and future options. Womens Health (Lond Engl ) 2011 Nov;7(6):689-98.

More of the same …

J’ ai décidé de partager avec vous cette histoire, malheureusement encore si courante, que l’ on m’ a rapportée récemment. Elle me navre profondément tant elle illustre, une nouvelle fois (more of the same …), le fatalisme qui colore encore aujourd’ hui l’ évaluation et la prise en charge des troubles cognitifs chez les personnes (très) âgées.

«Madame M a dû être hospitalisée en urgence hier, elle avait perdu beaucoup de poids. En fait, il semble qu’ elle oubliait carrément de manger ces derniers temps! (…) Cela faisait d’ ailleurs un moment qu’ elle se plaignait de sa mémoire. (…) Pourtant, encore récemment son médecin lui avait dit qu’ il la trouvait en pleine forme».

Largement passé ses 85 ans, cette veuve vivait seule et avait gardé jusque-là son indépendance au quotidien. Soignée, elle donnait suffisamment le change pour que ses soucis de mémoire, pourtant exprimés explicitement, soient banalisés par son entourage comme par son médecin traitant.

Bien sûr, on connaît les obstacles et l’ on peut excuser les réticences au diagnostic pour les proches: minimalisation des déficits, difficultés à tracer la frontière entre simple déclin et troubles cognitifs, parfois anxiété face au diagnostic. Je peine, en revanche, à trouver une quelconque justification à l’ absence de toute évaluation cognitive au cours des dernières années de la part de notre confrère. On pourrait évoquer le fatalisme (après tout, c’ est son destin …), le nihilisme (de toute façon, on ne peut rien y faire …), ou alors, comme j’ y aurais personnellement tendance, une forme d’ âgisme s’ apparentant en fait à du je-m’ en-foutisme. En 2025, on ne peut justifier de banaliser une plainte mémoire et de ne pas évaluer à minima la nature et l’ étendue des déficits cognitifs chez une personne de plus de 85 ans!

Au final, une hospitalisation en urgence qui aurait pu être évitée, avec à la clé des décisions concernant le maintien à domicile qui devront se prendre dans la relative urgence d’ un séjour hospitalier forcément bref … Mauvais et navrant pour la première concernée qui risque fort d’ y perdre ses maigres repères cognitifs, stressant pour son entourage qui doit faire face dans l’ urgence à une situation largement anticipable, et exaspérant pour un système de santé hospitalier chroniquement engorgé! More of the same, je vous l’ avais dit.

Pr hon Ch Büla

PS (qui ne fait pas vraiment sourire): son permis de conduire avait été ­renouvelé il y a tout juste plus d’ un an …

Pr Christophe Büla

Service de Gériatrie et réadaptation gériatrique,
Centre hospitalier universitaire vaudois
Ch. de Mont Paisible 16
1011 Lausanne

Journal Watch de nos experts

Xanoméline/Trospium, un nouveau médicament contre la schizophrénie

La combinaison de la xanoméline, un agoniste sélectif des récepteurs muscariniques à action centrale avec le trospium (KarXT), un antagoniste muscarinique périphérique qui atténue les effets secondaires de la xanoméline, a convaincu la FDA d’approuver ce nouveau médicament pour la schizophrénie.

Le tableau clinique de la schizophrénie se caractérise par trois séries de symp- tômes: Les symptômes positifs se ma- nifestent par des idées délirantes et des hallucinations ainsi que par une pensée et un discours perturbés, les symp- tômes négatifs se traduisent par un manque de motivation et une absence d’expression émotionnelle/d’affect plat avec un retrait social et le troisième do- maine comprend les troubles cognitifs tels que des troubles de l’attention, des déficits de mémoire, de concentration et de décision.

Les médicaments utilisés jusqu’à pré- sent agissaient sur les récepteurs de la dopamine (blocage des récepteurs D2 de la dopamine) et donc principalement sur les symptômes positifs de la schizo- phrénie tels que les délires et les hallu- cinations. L’effet de la xanoméline est dû à la stimulation sélective des récep- teurs muscariniques 1 et 4.

Dans l’étude EMERGENT-2, les 126 participants du groupe traité ont reçu 50 mg de xanoméline et 20 mg de trospium deux fois par jour pendant les deux premiers jours, puis 100 mg de xanoméline et 20 mg de trospium deux fois par jour pendant les jours 3 à 7. A partir du jour 8, la posologie de KarXT était flexible avec une augmentation op- tionnelle à 125 mg de xanoméline et 30 mg de trospium deux fois par jour et l’option de revenir à 100 mg de xano- méline et 20 mg de trospium en fonc- tion de la tolérance. Le critère d’évaluation primaire (primary endpoint) était la modification de l’échelle «Positive and Negative Syndrome Scale» (PANSS, 1 à 7 points pour 7 symptômes positifs et 7 symptômes négatifs ainsi que 16 symptômes psychopathiques généraux). Après 5 semaines, le PANSS était de –21.2 points dans le groupe KarXT contre –11.6 points pour le placebo (p < 0.0001). Tous les critères d’évaluation secondaires (secondary endpoints) ont également été atteints et parlaient en faveur de KarXT par rapport au placebo. Les événements indésirables les plus fréquents sous KarXT par rapport au placebo étaient la constipation (21 % vs 10 %), la dyspepsie (19 % vs 8 %), les céphalées (14 % vs 12 %), les nausées (19 % vs 6 %), les vomissements (14 % vs 1 %), l’hypertension (10 % vs 1 %), les vertiges (9 % vs 3 %), le reflux gastro-œsophagien (6 % vs 0 %) et la diarrhée (6 % vs 3 %). Les taux d’événements indésirables liés au traitement concernant les symptômes moteurs extrapyramidaux (KarXT 0 % vs. placebo 0 %), l’akathisie (1 % vs. 1 %), la prise de poids (0 % vs. 1 %) et la somnolence (5 % vs. 4 %) étaient similaires entre le groupe KarXT et le groupe placebo, de même que les taux d’interruption du traitement pour événe- ments indésirables (7 % vs. 6 %).

L’étude EMERGENT-3 a porté sur 256 participants (125 dans le groupe xano- méline-trospium et 131 dans le groupe placebo). A la semaine 5, KarXT a réduit significativement le score total PANSS (KarXT –20.6 vs placebo –12.2, p < 0.001). Les taux d’abandon en raison d’événements indésirables liés au traitement (TEAE) étaient similaires dans les deux groupes (KarXT 6.4 % vs placebo 5.5 %). Les TEAE les plus fréquents sous KarXT vs. placebo étaient les nausées (19.2 % vs. 1.6 %), la dyspepsie (16.0 % vs. 1.6 %), les vomissements (16.0 % vs. 0.8 %) et la constipation (12.8 % vs. 3.9 %). Les symptômes extrapyramidaux, la prise de poids et la somnolence étaient similaires dans les deux groupes.

Conclusion: la combinaison de sub-stances nouvellement développées est prometteuse et peut améliorer la qualité de vie des personnes schizophrènes. A ne pas sousestimer le profil des effets secondaires (nausées, vomissements, diarrhée, transpiration et salivation accrue), qui a entraîné étonnamment peu d’interruptions de traitement dans les deux études; il pourrait en être autrement dans la pratique quotidienne. Des résultats à long terme ne sont malheureusement pas encore disponibles. L’utilisation aux États-Unis nous permettra d’avoir un meilleur aperçu de la xanoméline avec trospium (KarXT) pour le traitement de la schizophrénie.

Dr Marcel Weber

Références
Kaul I. et al. Efficacité et sécurité de l’agoniste du récepteur muscarinique KarXT (xanomeline-trospium) dans la schizophrénie (EMERGENT-2) aux États-Unis: résultats d’un essai randomisé, en double aveugle, contrôlé par placebo, flexible-dose phase 3. Lancet 2024;403(10422):160-170. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38104575/
Kaul I. et al. Efficacité et sécurité du chlorure de xanoméline-trospium dans la schizophrénie: un essai clinique randomisé. [EMERGENT-3] JAMA Psychiatry 2024;81(8):749-756. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2024.0785. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38691387/

La musculation et la perte de poids sont favorables à la gonarthrose

Récemment, deux études ont été publiées qui confirment le vieux truisme selon lequel l’exercice physique et la perte de poids ont un effet bénéfique sur l’arthrose des articulations porteuses de poids.

Dans le cadre de l’étude d’observation longitudinale prospective de l’Osteoarthritis Initiative’ (OAI), des patients présentant des données complètes sur l’entraînement en force, les douleurs au genou et la preuve radiologique de l’arthrose du genou ont été examinés dans 4 centres. 2607 participants (44 % d’hommes; âge 64 ans; IMC 28,5) ont rempli un questionnaire concernant la participation à un entraînement de force à l’âge de 12–18, 19–34, 35–49 et ≥ 50 ans. Les critères d’évaluation étaient l’arthrose radiologique (ROA), l’arthrose radiologique symptomatique (SOA) et les douleurs fréquentes au genou. Les odds ratios pour la ROA, la SOA et les douleurs fréquentes au genou étaient respectivement de 0.83, 0.77 et 0.82 chez les personnes ayant participé à un entraînement de musculation à un moment donné de leur vie, par rapport à la population totale. Indépendamment du moment de l’entraînement de musculation, l’évolution de la gonarthrose a été influencée favorablement et aucune influence néfaste n’a pu être documentée.

La deuxième étude, financée par Novo Nordisk, a porté sur 407 participants (82 % de femmes, âgées de 56 ans, IMC moyen de 40.3 kg/m2 et score moyen de douleur WOMAC de 71) qui ont reçu au hasard, dans un rapport 2:1, du semaglutide sous-cutané (2.4 mg) ou un placebo une fois par semaine. La variation du poids corporel à la semaine 68 était de –13.7 % sous semaglutide et de –3.2 % sous placebo (p<0,001). La variation du score de douleur WOMAC à la semaine 68 était de –41,7 points avec le semaglutide et de –27.5 points avec le placebo (p < 0.001). Les participants du groupe semaglutide ont connu une plus grande amélioration de leur fonction physique dans le cadre du 36-item Short Form Health Survey (SF-36) que les participants du groupe placebo (12 points contre 6.5 points; p < 0.001). On peut donc en conclure que la perte de poids a permis de réduire la douleur et d’améliorer la fonction dans la gonarthrose grâce à la prise de sémaglutide, un agoniste du récepteur du peptide 1 similaire au glucagon.

Ces deux études nous donnent le soutien scientifique nécessaire pour donner de bons conseils fondés à nos patients atteints de gonarthrose: La perte de poids et l’augmentation de l’activité physique sont efficaces contre la gonarthrose.

Dr Marcel Weber

Références
Lo G.H. et al. Strength Training Is Associated With Less Knee Osteoarthritis: Data From the Osteoarthritis Initiative. Arthritis Rheumatol 2024;76:377-383. doi: 10.1002/art.42732. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37870119/
Bliddal H et al. Once-Weekly Semaglutide in Persons with Obesity and Knee Osteoarthritis. N Engl J Med 2024;391(17):1573-1583. doi: 10.1056/NEJMoa2403664. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39476339/

Sie kennen die Silvester- Neujahr-Komplikation – oder nicht?

Sie kennen sie bestimmt, aber vielleicht nicht unter diesem Namen. Sie geht so: an Silvester werden tapfer gute Vorsätze gefasst; vielfach solche, welche schon früher mehrmals auf ihre Dringlichkeit evaluiert wurden und nun im nächsten Jahr unbedingt und mit einem kategorischen «das muss nun getan werden!» zur Pflicht erhoben werden.

Im Januar geht’s los, definitiv. Nur: das neue Jahr gleicht verdächtig dem vergangenen – dem Neujahrsmorgen fehlt der Impetus des Silvesterabends. Und so plant man die Umsetzung des guten Vorsatzes auf den nächsten, auf den übernächsten und den …Tag. Vielleicht erreicht mich dann die Gnade des Vergessens, welche bis zum nächsten Dezember anhält. Und dann kann ich es ja nochmals versuchen.

Ja, es ist schwierig, eine theoretische Einsicht, den guten Vorsatz, in die Tat umzusetzen. Zu sehr halten vertraute Gewohnheiten davon ab, die gewünschte Kehrtwendung zu vollziehen. Als Beispiel soll die Änderung des Lebensstils hin zu einem gesunden Leben dienen. Nur schon das Gewicht zu reduzieren oder zu halten und die Bewegung zu intensivieren, sind für manche eine gewaltige Herausforderung. Spritzen und Pillen können mithelfen, das Gym ebenfalls. Aber umsetzen muss man es dennoch selbst. Wie soll das gehen? In kleinen Schritten, dafür aber konstant, andauernd. In kleinen Schritten soll es geschehen, damit der Austausch von ungesunden in gesunde Gewohnheiten nicht schwerfällt, sondern auch noch Spass macht. Ohne gute Gefühle gelingt eine Änderung nicht. Zudem: sollen die Änderungen des Lebensstils Bestand haben, sind diese auch nicht in einem Monat zu erreichen. In 66 Tagen soll der Turnaround, der Wechsel der Gewohnheiten, geschafft sein; so wenigstens wird berichtet. Also bis zur Frühlingssaison. Und wenn dies alles nicht klappt? Dann braucht es Verständnis für die Lebensgewohnheiten, welche eine Veränderung blockieren. Gewohnheiten «wohnen» im Menschen, sie betreffen nicht nur das Äussere. Sie bedeuten auch Heimat, Vertrautheit und Liebgewordenes. Und vielleicht gelingt es mit einem erneuten guten Vorsatz nächsten Silvester … oder man akzeptiert es.

Dr. med. Christian Häuptle
Gossau

Dr. med. Christian Häuptle

Gossau

haeuptle@hin.ch

Journal Watch von unseren Experten

Impfstoffe gegen Erkältungen

Die Erkältung ist eine spontan wiederkehrende Infektion der oberen Atemwege, die durch eine laufende und verstopfte Nase, Niesen, Husten, Unwohlsein, Halsschmerzen und Fieber (normalerweise < 37.8 ºC) gekennzeichnet ist. Erkältungskrankheiten sind zwar in der Regel harmlos, verursachen aber durch Fehlzeiten in der Schule und am Arbeitsplatz wirtschaftliche Schäden. In den Vereinigten Staaten wird der wirtschaftliche Schaden durch Erkältungskrankheiten auf über 40 Mrd. USD pro Jahr geschätzt, einschliesslich geschätzter 70 Mio. verpasster Arbeitstage von Arbeitnehmern, 189 Mio. verpasster Schultage von Kindern und 126 Mio. verpasster Arbeitstage von Eltern, die sich um erkältete Kinder kümmern. Darüber hinaus zeigen Daten aus Europa, dass die Gesamtkosten pro Episode bis zu 1102 EUR betragen können. Auch die unsachgemässe Verschreibung antimikrobieller Mittel verursacht hohe Kosten. Die Entwicklung von Impfstoffen gegen Erkältungskrankheiten ist aufgrund der Antigenvariabilität von Erkältungsviren schwierig; auch Bakterien können als Infektionserreger fungieren. Über die Wirksamkeit und Sicherheit von Massnahmen zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten bei gesunden Menschen besteht nach wie vor Unsicherheit. Aus diesem Grund wurde eine Aktualisierung des 2011 erstmals veröffentlichten und 2013 sowie 2017 aktualisierten Cochrane Reviews durchgeführt. Ziel war es, die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen zur Vorbeugung von Erkältungen bei gesunden Menschen zu bewerten.

Methodik

Die Autoren durchsuchten das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL) (April 2022), MEDLINE (1948 bis April 2022), Embase (1974 bis April 2022), CINAHL (1981 bis April 2022) und LILACS (1982 bis April 2022). Zusätzlich wurde in drei Studienregistern nach noch laufenden Studien und auf vier Websites nach weiteren Studien gesucht (April 2022). Es gab keine Einschränkungen bezüglich Sprache oder Datum.

Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) zu einem beliebigen Virusimpfstoff im Vergleich zu Placebo zur Prävention von Erkältungen bei gesunden Personen. Auswahlkriterien waren randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) zu einem beliebigen Virusimpfstoff im Vergleich zu Placebo zur Vorbeugung von Erkältungen bei gesunden Personen.

Datenerfassung und -analyse

Für die Bewertung der ersten Suchergebnisse wurde der Screen4Me-Workflow von Cochrane verwendet. Vier Autoren führten unabhängig voneinander ein Titel- und Abstract-Screening durch, um potenziell relevante Studien zu identifizieren. Die Volltexte der als potenziell relevant eingestuften Studien wurden von den Review-Autoren unabhängig voneinander für den Einschluss in den Review gesichtet und die Gründe für den Ausschluss der Studien festgehalten. Mögliche Unstimmigkeiten wurden durch Diskussion oder ggf. durch Rücksprache mit einem dritten Autor geklärt. Zwei Review-Autoren trugen die Daten unabhängig voneinander in ein Datenextraktionsformular ein und klärten Unstimmigkeiten im Konsens oder durch Hinzuziehen eines dritten Review-Autors.

Wichtigste Ergebnisse

Wir haben keine neuen RCTs identifiziert, die in diese Aktualisierung aufgenommen werden sollten. Diese Überprüfung umfasst eine 1965 durchgeführte RCT mit einem insgesamt hohen Risiko der Verzerrung. Die RCT umfasste 2307 gesunde junge Männer in einer Militäreinrichtung, die alle in die Analysen einbezogen wurden, und verglich die Wirkung von drei Adenovirus-Impfstoffen (Lebendimpfstoff, inaktivierter Typ 4 und inaktivierter Typ 4 und 7) mit einem Placebo (Injektion von physiologischer Kochsalzlösung oder Gelatinekapsel). In der Impfstoffgruppe traten bei 1139 Teilnehmern 13 (1.14 %) Ereignisse auf, in der Placebogruppe bei 1168 Teilnehmern 14 (1.19 %). Insgesamt wissen wir nicht, ob es einen Unterschied zwischen dem Adenovirus-Impfstoff und Placebo in Bezug auf die Verringerung der Häufigkeit von Erkältungen gibt (Risikoverhältnis 0.95, 95 % Konfidenzintervall 0.45 bis 2.02; Evidenz mit sehr geringer Sicherheit). Ausserdem wurde kein Unterschied bei den unerwünschten Ereignissen beim Vergleich des Lebendimpfstoffpräparats mit Placebo festgestellt. Wir stuften die Sicherheit der Evidenz auf sehr niedrig herab, weil das Risiko einer Verzerrung unklar ist, weil die Population dieser Studie nur aus jungen Männern bestand und weil die Konfidenzintervalle breit waren und die Zahl der Ereignisse gering war. In der eingeschlossenen Studie wurde die impfstoffbedingte oder die Gesamtmortalität nicht untersucht.

Schlussfolgerungen der Autoren

Dieser Cochrane-Review basierte auf einer Studie mit sehr geringer Evidenz, die zeigte, dass es möglicherweise keinen Unterschied zwischen dem Adenovirus-Impfstoff und Placebo bei der Verringerung der Häufigkeit von Erkältungen gibt. Wir haben festgestellt, dass es einen Bedarf an gut konzipierten, ausreichend aussagekräftigen RCTs zur Untersuchung von Impfstoffen gegen Erkältungen bei gesunden Menschen gibt. Künftige Studien zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten sollten eine Reihe von Virusimpfstoffen für diese Erkrankung untersuchen und Ergebnisse wie die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten, die Sicherheit des Impfstoffs und die Sterblichkeit (alle Ursachen und im Zusammenhang mit dem Impfstoff) messen.

Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

Quelle: Montesinos-Guevara C et al. Vaccines for the common cold. Cochrane Acute Respiratory Infections Group PMCID: PMC9749450 PMID: 36515550.
Dieser Artikel ist ein Update von «Vaccines for the common cold» im Band 2017, CD002190.

Umstellung von Einweg- auf Mehrweg-Schutzkleidung

Wiederverwendbare Schutzkleidung ist nachweislich ebenso sicher, kostengünstig und nachhaltig wie Einwegkleidung. Eine Ökobilanz von der Wiege bis zur Bahre, die von einem unabhängigen Forschungsunternehmen für medizinische Geräte durchgeführt wurde, ergab, dass wiederverwendbare Mäntel im Vergleich zu Einwegmänteln 30 % weniger Treibhausgas­emissionen verursachen und 28 % weniger Energie verbrauchen. Möglicherweise muss dieser Vergleich für verschiedene geografische Regionen neu bewertet werden, um festzustellen, wie die Emissionen je nach Energiemix in den einzelnen ­Ländern variieren. Eine kürzlich durchgeführte Studie, in der die Leistung von Mehrweg- und Einwegkitteln verglichen wurde, ergab, dass Mehrwegkittel sicherer sind: Unabhängig davon, wie oft sie gewaschen wurden, erfüllten Mehrwegkittel die PB70-Leistungsspezifikationen (von der Association of the Advancement Instrumentation) besser als Einwegkittel und wiesen eine höhere Nahtfestigkeit und eine vergleichsweise höhere Widerstandsfähigkeit gegen Reißen, Brechen und Knötchenbildung auf. Darüber hinaus konnten durch die Verwendung von Mehrwegkitteln in großen medizinischen Zentren in den USA Hunderte von Tonnen Deponieabfall vermieden und Kosteneinsparungen von fast 50 % pro Kittel erzielt werden, was im Laufe der Jahre zu Einsparungen in Millionenhöhe führte, ohne dass sich dies auf die Infektionsraten auswirkte.

Kommentar: Mehrweg-Schutzkleidung ist genauso sicher wie Einweg-Schutzkleidung, wenn nicht sogar sicherer in Bezug auf mechanische Eigenschafteninsbesondere Reissfestikeit. Die Wegwerfmentalität verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern belastet unsere Ressourcen in vielerlei Hinsicht. Entsprechende finanzielle Anreize, wie z. B. Selbstbehalte ( wie bei Medikamenten/Generika), wären hier sowohl für Patienten als auch für Ärzte/Spitäler hilfreich. Solange die Kosten von der Allgemeinheit getragen werden, wird sich hier nicht viel ändern. Offenbar ist weiterhin zu viel Geld im System, bei diesen Beispielen gerade bei den Spitälern: Wie uns die Werbung für die Produkte sagt, schätzen alle Beteiligten die Anwenderfreundlichkeit, d.h. hier Einwegkleidung und OP-Besteck aus poliertem Stahl als Hauptgrund für die Verwendung von Einwegutensilien, nach Gebrauch wegwerfen. Die Kosten tragen letztlich die Krankenkassen und die Allgemeinheit über die Defizitdeckung der Spitäler.

Prof. Dr. med. Beat Thürlimann

Quelle:
Bromley-Dulfano R et al. Switching from disposable to reusable PPE BMJ 2024; 384 doi: https://doi.org/10.1136/bmj-2023-075778
(Published 18 March 2024) Cite this as: BMJ 2024;384:e075778

Vitamin K2 reduziert die Häufigkeit nächtlicher ­Wadenkrämpfe bei älteren Menschen

Hintergrund
Etwa die Hälfte der vorwiegend älteren Menschen haben ­gelegentlich nächtliche Wadenkrämpfe. Bei einigen treten
die Krämpfe häufig auf und diese Menschen suchen medizinische Hilfe. Empfohlen werden oft Magnesium oder Kalzium-Kanal-Blocker, wobei die Wirksamkeit fraglich ist. Wegen schweren Nebenwirkungen wird Quinin nicht mehr empfohlen.
In einer Studie bei Dialysepatienten zeigte sich, dass Vitamin K2 (rezeptfrei erhältlich) wirksam ist und im Vergleich zu ­Plazebo deutlich weniger Wadenkrämpfe auftraten. Wenn Wadenkrämpfe auftraten, dauerten sie weniger lang.
In dieser Studie wurde die Wirksamkeit von Vitamin K2 bei Nicht-Dialysepatienten untersucht.

Einschlusskriterien
• Personen älter als 65 Jahre mit zwei oder mehr Episoden von nächtlichen Wadenkrämpfen in den vergangenen zwei Wochen.

Ausschlusskriterien
• Personen mit Wadenkrämpfen aufgrund metabolischer Krankheiten (z.B. Hypothyreose, Hypoglykämien, ­Hämodialyse) und von Neuropathien (z.B. Alkoholismus, ­Parkinson, amyotrophe Lateralsklerose)
• Einnahme von Diuretika oder Vitamin K-Antagonisten
• Hämodialyse

Studiendesign und Methode
Multizentrische, verblindete, randomisierte Studie

Studienort
In verschiedenen Spitälern einer chinesischen Provinz wurde Werbung für die Teilnahme an der Studie gemacht.

Interventionen
• Gruppe 1: Vitamin K2 (Menaquinon) 180 µg/Tag für acht Wochen
• Gruppe 2: Plazebopräparat für acht Wochen

Outcome
Primärer Outcome
• Mittlere Anzahl nächtlicher Wadenkrämpfe pro Woche

Sekundäre Outcomes
• Dauer der Wadenkrämpfe in Minuten
• Schweregrad der Wadenkrämpfe auf einer Skala von
1 bis 10

Resultat
• 310 Personen wurden für die Eignung an der Studie teilzunehmen untersucht, 199 wurden randomisiert (weniger als zwei Wadenkrämpfe war der häufigste Grund Personen nicht einzuschliessen); das mittlere Alter lag bei 72 Jahren, 54 % waren Frauen, 70 % hatten eine Hypertonie und knapp 50 % einen Diabetes.
• In den zwei Wochen vor Einschluss in die Studie lag die mittlere Frequenz von nächtlichen Wadenkrämpfen bei 2.6/Woche in der Vitamin K2-Gruppe und bei 2.71/Woche in der Plazebo-Gruppe.
• Mittlere Häufigkeit von nächtlichen Wadenkrämpfen ­während der Studie: 0.96/Woche in der Vitamin K2-Gruppe und 3.63/Woche in der Plazebogruppe. Statistisch signifikanter Unterschied.
• Auch die mittlere Dauer der Krämpfe als auch der ­Schweregrad wurden von Vitamin K2 positiv beeinflusst.
• Nebenwirkungen wurden keine registriert.

Kommentar
• Diese Studie liefert Hinweise, dass Vitamin K2 bei älteren Menschen die Häufigkeit, die Dauer und den Schweregrad von nächtlichen Wadenkrämpfen reduziert.
• Nebenwirkungen sind keine beschrieben und die Substanz ist ohne Rezept erhältlich.
• Ungeklärt ist der doch markante Anstieg der Häufigkeit von nächtlichen Wadenkrämpfen von 2.71/Woche in den zwei Wochen vor Einschluss in die Studie auf 3.63/Woche während der Studie. In der Diskussion der Ergebnisse gehen die Autoren auf diesen Anstieg nicht ein.
• Die Wirkungsweise von Vitamin K2 ist nicht bekannt.

Prof. em. Dr. med. Johann Steurer

Literatur
Tan j et al. Vitamin K2 in managing nocturnal leg cramps. A randomized clinical trial. JAMA Intern Med. Doi:10.1001/jamainternmed. 2024.6726.