Rund- und Höhenweg der Superlative

Schon oft hatten wir die Rundtour um den Grand Chavalard im Sinn, und trotzdem bekam immer wieder eine andere Route den Vorrang. Schliesslich gibt uns unsere Tochter Julia mit einer Foto des Mont Blanc-Massivs, aufgenommen auf dem Col de Fenestral, den endgültigen Anstoss. Da es unsere erste Tour der Sommerferien ist, ersparen wir uns mit Hilfe des Sessellifts den Auf- und Abstieg durch den Wald zwischen Ovronnaz und der Bergstation Jorasse.

Nach einem stärkenden Kaffee wenden wir uns oberhalb des Restaurants nach Süden und erreichen über einen breiten Weg schon nach kurzer Zeit die Alp Petit Pré, kleine Wiese. Gegen Westen gelangen wir über einen schmaleren Pfad zum Grand Pré, der grossen Alpwiese, wo früher, eingebettet zwischen Grand Chavalard und Dent Favre ein glazialer Restsee gelegen haben dürfte, der mittlerweile verlandet ist. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Col de Fenestral und der gleichnamigen Berghütte, die sich jenseits der Passhöhe befindet (Abb. 1). Die grossen Panoramafenster der modernen Hütte ermöglichen es auch bei stürmischen Wind, den herrlichenBlick auf das Mont Blanc-Massiv und die Walliser Alpen zu geniessen.
Die gesamte Rundwanderung verläuft in einem geologisch äusserst interessanten Gebiet, sind hier doch, ähnlich wie in Derborence, die Deckenschichten des Jura, der Kreide und des Tertiärs aufgeschlüsselt. Die obersten, über dem Flysch des Tertiärs liegenden Felswände bilden den Verkehrtschenkel der Morcles-Decke und stammen aus der älteren Kreidezeit. Entsprechend sollten sie eigentlich unter den Gesteinsmassen des Tertiärs liegen, wären sie nicht als Deckenfalte überschoben worden. Die zahlreichen Faltenbildungen und Verdoppelungen der Schichten lassen unschwer und auch ohne geologisches Kartenmaterial nicht nur die Komplexität, sondern auch die Gewalt der alpinen Gebirgsbildung erahnen.

Für den Abstieg nach Sorgno und den Lac Inférieur de Fully lohnt es sich, den Bergpfad entlang der Westflanke des Grand Chavalard und nicht denjenigen durch den Talgrund und entlang des Lac Supérieur de Fully zu wählen. Er ist nicht nur kürzer, sondern auch aussichtsreicher. Anfangs Juli durchwandert man hier einen prächtigen Blumenrasen mit gelbem punktierten sowie Purpurenzian, Männertreu und Türkenbund, um nur einige wenige der vielen Pflanzen zu nennen (Abb. 3). Wer bereits wieder durstig ist, findet in der Alpwirtschaft von Sorgno genügend Tranksame. Von hier aus bietet sich für Nimmermüde die Möglichkeit einer kleinen Rundtour über den Col du Demècre, wo sich ebenfalls eine Schutzhütte befindet, und um den Diabley sowie die Tête du Portail.
Wir lassen es gemütlich angehen und folgen dem Fahrsträsschen über dem Ostufer des
Lac Inférieur de Fully bis zum breiten, nach Osten abzweigenden Bergweg, der in wenigen Kehren in die steile Südostwand des Grand Chavalard hinaufführt. Hier erwartet uns ein gut ausgebauter, aber luftiger Höhenweg 1700 Meter über dem Rhonetal (Abb. 2). Der schwindelerregende Tiefblick auf das Flechtwerk der Felder und Plantagen sowie die Stadt Martigny, aber auch die Weitsicht auf die Walliser Riesen Grand Combin und Mont Vélan sowie das bereits erwähnte Mont Blanc-Massiv mit Aiguille du Tour, Aiguille du Chardonet, Aiguille d’Argentière und Tour Noir, um nur einige der zahlreichen Gipfel aufzuführen, ist einmalig und atemberaubend. Sie brauchen keinen Vergleich mit irgend einem anderen Höhenweg der Schweizer Alpen zu scheuen. Immer wieder bleiben wir stehen und können uns trotz der vielen Wolken am heutigen Tag nicht genug satt sehen.
Auf der Alp Erié erreichen wir die Fahrstrasse, die vom Rhonetal in ungezählten und abenteuerlichen Kehren bis auf 1850 Meter hinaufführt. Hier stehen zwar viele Autos, uns ist aber kaum eine Menschenseele begegnet. Wenige Schritte unterhalb des Parkplatzes zweigt in der ersten Strassenkehre ein schmaler Pfad nach Norden ab, der geschickt die Gras- und Waldabsätze zwischen den untersten Felsbändern der Ostwand des Grand Chavalard nutzt und über den wir leicht ansteigend die lang gezogene Alphütte von Lui d’Août erreichen, wo erneut die Möglichkeit zur Einkehr besteht. Verdursten braucht man auf dieser Rundwanderung wahrlich nicht. Von hier aus schliesst sich auf kurzem Weg der Kreis auf der Alp Petit Pré, von wo wir auf dem zu Beginn benutzten Weg zur Bergstation der Sesselbahn zurückkehren (Abb. 4). Wer sich von den Anstrengungen dieser Rundwanderung erholen möchte, dem sei das Thermalbad in Ovronnaz empfohlen.

Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo

Riedstrasse 9
6430 Schwyz

christian.besimo@bluewin.ch

Kardioprotektion dank Nephroprotektion

Typ 2-Diabetes geht mit erheblichem Risiko für Gefässerkrankungen einher, und Typ 2-Diabetiker sterben zwei- bis viermal häufiger an kardiovaskulären Ereignissen (1). Kardiovaskuläre Erkrankungen sind für 70% der Todesfälle bei Typ 2-Diabetes verantwortlich (2). Die Niere ist in der Regel das erste Endorgan, das durch Diabetes geschädigt wird (3). Dabei spielen zwei in der Praxis einfach zu messende Parameter, welche früh im Krankheitsverlauf erfasst werden sollen, eine prognostisch entscheidende Rolle: Mikroalbumin und Serum-Kreatinin.

Le diabète de type 2 est associé à un risque important de maladie vasculaire et les diabétiques de type 2 meurent deux à quatre fois plus souvent d’événements cardiovasculaires (1). Les maladies cardiovasculaires représentent 70 % des décès dus au diabète de type 2 (2). Le rein est habituellement le premier organe terminal endommagé par le diabète (3). Deux paramètres, faciles à mesurer dans la pratique et qui doivent être enregistrés tôt dans l’évolution de la maladie, jouent un rôle déterminant dans le pronostic : la microalbumine et la créatinine sérique.

Die Mikroalbuminurie (MAU) ist bei Typ 2-Diabetikern primär ein Marker des ubiquitären Endothelschadens, so wie auch bei nicht-diabetischen kardiovaskulären Patienten (4). «Harte» kardiovaskuläre Endpunkte wie Gesamtmortaliät, kardiovaskuläre Mortalität, Myokardinfarkt und Hirnschlag nehmen bei progredient ansteigender MAU kontinuierlich zu (5). Bei Typ 2-Diabetes ist die MAU zudem eng mit den Komponenten des bei Typ 2-Diabetikern häufigen metabolischen Syndroms assoziiert (6).
Eine hohe Albuminurie/Proteinurie ist zudem direkt nephrotoxisch (7). Eine renale Dysfunktion wirkt enorm atherogen und ist mit signifikant erhöhtem kardiovaskulärem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko assoziiert (zitiert in 7, 8). In einer Studie mit mehr als 1 Million Amerikanern stieg das Mortalitätsrisiko pro 100 Patientenjahre von 0.76 bei einer eGFR > 60 auf 4.76 bei eGFR 30-44 und erreichte 14.1 bei einer eGFR < 15 ml/min./1.73 m2 (9). Damit öffnet uns die Niere über die Parameter Serumkreatinin und MAU den Blick auf das integrale kardiovaskuläre Risiko (Abbildung 1).
In neuerer Zeit sind mit den SGLT2-Hemmern Medikamente zur Therapie des Typ 2-Diabetes verfügbar, welche überwiegend via Nephroprotektion kardioprotektiv wirken und entsprechende «harte» kardiale Endpunkte in randomisierten Studien signifikant vermindern. Die Wirkmechanismen und therapeutischen Effekte werden im Folgenden genauer dargestellt.

SGLT2-Hemmer

Pathophysiologie

SGLT2 steht für Sodium-GLucose-Co-Transporter 2. Diese Transportproteine vermitteln in den proximalen Nierentubuluszellen die Rückresorption von glomerulär filtriertem Natrium und von Glukose (10). Eine entscheidende Wirkung dieser Co-Transporter ist die Beeinflussung der renalen Haemodynamik via tubulo-glomerulären Feedback (TGF). Wie in Abbildung 2A dargestellt, liegen die Zellen der Macula densa im frühen distalen Tubulus dem zuführenden Blutgefäss (afferente Arteriole) der Glomerula direkt an. Sie wirken als Chemorezeptoren, welche die Natrium- und Chloridkonzentration im frühen distalen Tubulus sensen und dementsprechend den Tonus der afferenten Arteriole regulieren. Bei Diabetes mellitus mit konstant vermehrter Filtration von Glukose wird im frühen Stadium SGLT2 hochreguliert, was zu einer gesteigerten Rückresorption sowohl von Glukose als auch Natrium führt (Abbildung 2B). Damit sinkt im frühen distalen Tubulus die Natriumkonzentration, was als «Natriumstau» gesenst wird. Zur Steigerung der Natriumausscheidung wird via TGF der Tonus der afferenten Arteriole gesenkt, so dass der intra-
glomeruläre Druck und die Filtration zunehmen – Hyperfiltration und intraglomeruläre Hypertonie (11, 12). Wie seit den Arbeiten von Brenner et al. (13) bekannt, führt dies langfristig zur Vernarbung/Schädigung der Glomerula mit Zunahme von Niereninsuffizienz und Proteinurie.
SGLT2-Hemmer sind die ersten Antidiabetika, die primär renal wirken. Durch Hemmung der proximal-tubulären Natriumrückresorption wird mehr Natrium nach distal angeliefert. Die Macula densa-Zellen nehmen dies als «Natriumverlust» wahr mit Folgen für den Kreislauf (Blutdruckabfall). Via TGF wird der Tonus der afferenten Arteriole hochreguliert, so dass der intraglomeruläre Druck abgesenkt und die schädigende Wirkung der Hyperfiltration reduziert wird (12).
Die Situation bezüglich Glukose ist in Abbildung 3 dargestellt: normalerweise werden 97% der Glukose proximal-tubulär durch SGLT2, die restlichen 3% weiter distal durch SGLT1 rückresorbiert (11). Unter SGLT2-Hemmung wird die Rückresorption proximal vollständig gehemmt, so dass mehr distal SGLT1 hochreguliert und ca. 40% der filtrierten Glukose rückresorbiert werden. Somit scheiden die Nieren jetzt 60% der filtrierten Glukose aus (11). Anhand eines hypothetischen Fallbeispiels zeigt Abbildung 3 auf, was dies konkret bedeutet und wie die in Studien beobachtete Gewichtsreduktion erklärt werden kann.

Halten randomisierte Studien den pathophysiologischen Erwartungen stand?

Bis März 2019 sind 3 grosse, prospektive, doppelblind-randomisierte Studien zur Therapie mit SGLT2-Hemmern bei Typ 2-Diabetes publiziert worden (14-16). Insgesamt wurden 34322 Typ 2-Diabetiker eingeschlossen, davon 35% Frauen; das Durchschnittsalter in allen Studien betrug 63.5 Jahre (17). Alle Patienten erhielten zusätzlich zur etablierten medikamentösen Therapie entweder Placebo oder einen SGLT2-Hemmer, die mittlere Beobachtungsdauer lag zwischen 2.4 und 4.2 Jahren (17). Der primäre Endpunkt in allen 3 Studien war MACE (major adverse cardiovascular events, d.h. Herzinfarkt, Hirnschlag, kardiovaskulärer Tod).
In der EMPA-REG-Studie (14) wurden 7020 Typ 2-Diabetiker entweder mit 10 oder 25 mg Empagliflozin pro Tag oder Placebo behandelt. Alle Patienten hatten bei Studieneinschluss etablierte kardiovaskuläre Krankheiten, womit eine sekundärpräventive Situation vorlag. Im CANVAS-Studienprogramm (15) wurden 10142 Typ 2-Diabetiker mit 100 oder 300 mg Canagliflozin pro Tag oder Placebo behandelt. Kardiovaskuläre Krankheiten lagen bei 66% vor, so dass die Intervention bei 34% primärpräventiv war (15). In der DECLARE-TIMI 58-Studie (16) wurden 17160 Typ 2-Diabetiker mit Placebo oder 10 mg Dapagliflozin pro Tag behandelt. Bei 41% lag bereits eine kardiovaskuläre Krankheit vor, womit 59% primär-präventiv behandelt wurden (16).
Die Tabelle 1 fasst die untersuchten Endpunkte für alle 3 Studien zusammen. Der primäre MACE-Endpunkt wurde in der DECLARE-TIMI 58 - Studie nur tendenziell vermindert. Eine Meta-Analyse aller 3 Studienprogramme wies nach (17), dass der MACE-Endpunkt nur bei sekundärpräventiv behandelten Typ 2-Diabetikern signifikant reduziert wurde, nicht aber in der primärpräventiven Situation. Der Einschluss von primärpräventiv behandelten Diabetikern erklärt auch, warum Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Mortalität im CANVAS-Programm und in der DECLARE-TIMI 58-Studie im Gegensatz zu EMPA-REG nur tendenziell vermindert wurden.
In allen 3 Studien verminderten SGLT 2-Hemmer die Anzahl Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz, wobei diese Pathologie bei schon stärker fortgeschrittener Niereninsuffizienz (eGFR < 60 ml/min./ 1.73 m2) mit 40% am meisten reduziert wurde (17). Der kombinierte sekundäre renale Endpunkt (Verschlechterung der Nierenfunktion, terminale Niereninsuffizienz, renaler Tod) trat unter SGLT2-Hemmern signifikant weniger häufig auf, am ausgeprägtesten – Reduktion um 56% – bei frühzeitiger Intervention (eGFR > 90 ml/ml/1.73 m2) (17). Die neulich publizierte CREDENCE-Studie an 4401 Typ 2-Diabetikern mit manifest proteinurischer Nephropathie (eGFR 30-90 ml/min./1.73 m2) wies erstmals nach, dass der kombinierte primäre, spezifisch renale Endpunkt (terminale Niereninsuffizienz, Verdoppelung des Serumkreatinins, renaler Tod) durch Canagliflozin um 34% gesenkt werden kann (18). Eine jüngst publizierte, auf den Wirkmechanismus ausgerichtete Analyse von Blutproben eines früheren Trials wies nach, dass Canagliflozin im Vergleich zum Sulfonylharnstoff Glimepirid zu einer signfikanten Senkung proinflammatorischer (TNF1-Rezeptor, Interleukin-6) und fibrotischer (Matrix-Metalloproteinase 7, Fibronectin 1) Marker führt (19), so dass auch direkte molekulare Effekte zur Nephroprotektion beizutragen scheinen.
In EMPA-REG, CANVAS und DECLARE (14-16) waren als schwer beurteilte Nebenwirkungen unter SGLT2-Hemmern seltener als unter Placebo. Signifikant gehäuft gegenüber Placebo waren demgegenüber Genitalinfekte bei Männern und Frauen, nicht aber Harnwegsinfekte (14-16). Seltener als unter Placebo waren Episoden von akuter Niereninsuffizienz (14-16).

Fazit SGLT2-Hemmer

Die Effekte von SGLT2-Hemmern lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• in grossen prospektiven, doppelblind-randomisierten Studien reduzieren SGLT2-Hemmer den primären Endpunkt (MACE) bei Typ 2-Diabetikern mit etablierten kardiovaskulären Krankheiten (Sekundärprävention), nicht aber ohne etablierte
kardiovaskuläre Krankheiten (primäre Prävention) (17).
• SGLT2-Hemmer sind im Vergleich zu andern oralen Antidiabetika besonders geeignet bei Typ 2-Diabetikern mit Herzinsuffizienz und bei bestehender Albuminurie/Nephropathie (20). Canagliflozin reduziert spezifisch bei vorbestehender proteinurischer Nephropathie das Risiko von terminaler Niereninsuffizienz und renalem Tod (18).
• Gemäss Verma et al. (19) sollten SGLT2-Hemmer sogar grossmehrheitlich bei Typ 2-Diabetikern nach Metformin als First-Line-Therapie eingesetzt werden, unabhängig vom Vorhandensein von Atherosklerose, chronischer Nephropathie oder Herzinsuffizienz.

PD Dr. med. Bernhard Hess

Innere Medizin & Nephrologie/Hypertonie
NierensteinZentrumZürich
Klinik Im Park
Bellariastrasse 38
8038 Zürich

bernhard.hess@hirslanden.ch

Der Autor deklariert, Vortragshonorare von Mundipharma erhalten zu haben.

  • Mikroalbuminurie und Nierenfunktion (eGFR) definieren das integrale kardio-renale Risiko bei Typ 2-Diabetes und müssen früh erfasst/jährlich kontrolliert werden.
  • SGLT2-Hemmer bewirken als primär renal angreifende Antidiabetika eine stark vermehrte Glukosurie, was die Gewichtsreduktion fördert und den HbA1c-Wert senkt.
  • SGLT2-Hemmer wirken natriuretisch, was 1) via tubulo-glomerulären Feedback den intraglomerulären Druck senkt und die Nierenfunktion länger erhält (Nephroprotektion) und 2) Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz bei Typ 2-Diabetikern vermindert.
  • SGLT2-Hemmer reduzieren bei Typ 2-Diabetikern mit etablierten kardiovaskulären Krankheiten, nicht aber bei jenen mit lediglich kardio-renalen Risikofaktoren, den primären MACE-Endpunkt (Herzinfarkt, Hirnschlag, kardiovaskulärer Tod).
  • Der prognostisch wichtige kombinierte renale Endpunkt (Verschlechterung der Nierenfunktion, terminale Niereninsuffizienz, renaler Tod) wird durch alle bisher untersuchten SGLT2-Hemmer signifikant reduziert.

Messages à retenir

  • La microalbuminurie et la fonction rénale (eGFR) définissent le risque cardio-rénal intégral dans le diabète de type 2 et doivent être saisies tôt ou vérifiées annuellement.
  • Les inhibiteurs de la SGLT2, en tant qu’antidiabétiques rénaux primaires, provoquent une forte augmentation de la glucosurie, ce qui favorise la réduction du poids et abaisse la valeur de l‘HbA1c.
  • Les inhibiteurs de SGLT2 agissent de façon natriurétique, ce qui 1) par rétroaction tubulo-glomérulaire diminue la pression intra-glomérulaire et maintient la fonction rénale plus longtemps (néphroprotection) et 2) réduisent l’hospitalisation pour insuffisance cardiaque chez les diabétiques de type 2.
  • Les inhibiteurs SGLT2 réduisent le paramètre MACE primaire (infarctus du myocarde, accident vasculaire cérébral, décès d’origine cardiovasculaire) chez les diabétiques de type 2 atteints de maladies cardiovasculaires établies, mais pas chez ceux qui présentent uniquement des facteurs de risque cardio-rénal.
  • Tous les inhibiteurs de la SGLT2 étudiés jusqu’à présent réduisent de façon significative le critère d’évaluation combiné rénal (dégénérescence rénale, insuffisance rénale terminale, mort rénale), qui est important sur le plan pronostique.

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Ablation von ventrikulären Extrasystolen bei Herzinsuffizienz

Ventrikuläre Extrasystolen (VES) sind eine häufige Rhythmusstörung bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Die klinische Relevanz einer Suppression von ventrikulären Extrasystolen in dieser Population ist komplex und die prognostische Bedeutung kontrovers. Der nachfolgende Artikel bildet eine Übersicht über die Bedeutung der Radiofrequenzablation bei Patienten mit ventrikulären Extrasystolen und Herzin-suffizienz.

Les extrasystoles ventriculaires (VES) sont un trouble fréquent du rythme cardiaque chez les patients atteints d’ insuffisance cardiaque. La pertinence clinique de la suppression des extrasystoles ventriculaires dans cette population est complexe et la signification pronostique est controversée. L’  article suivant donne un aperçu de l’ importance de l’ ablation par radiofréquence chez les patients atteints d’ extrasystoles ventriculaires et d’ insuffisance cardiaque.

VES Epidemiologie und Ätiologie

VES sind eine sehr häufige Rhythmusstörung mit einer geschätzten Inzidenz von 75% in der Gesamtbevölkerung und 95% bei Patienten mit Herzinsuffizienz (1-3). Die Prävalenz und Häufigkeit steigen mit dem Alter, kardiovaskulärem Risikoprofil und den assoziierten Komorbiditäten (4-6). Bei Erstdiagnose sollten strukturelle Herzerkrankungen ausgeschlossen werden, da sich VES bei diesen Patienten wesentlich von den idiopathischen VES ohne zugrundeliegende Herzerkrankung unterscheiden. Bei Ersteren treten VES oft im Zusammenhang mit einem Substrat auf und sie sind häufiger im linken Ventrikel lokalisiert mit resultierender Rechtsschenkelblock-Morphologie (7). Ist der Ursprungsort der Ausflusstrakt, dann ist es häufiger der linksventrikuläre oder auch anatomisch benachbarte Strukturen (8). Im Gegensatz dazu treten die idiopathischen VES ohne strukturelle Herzerkrankung durch die Mechanismen der getriggerten Aktivität oder Automatizität auf, insbesondere bei Frauen im jungen Erwachsenenalter. Bei diesen Patienten entstammen die VES in circa 70-80% aus dem Ausflusstrakt (9, 10) und dabei typischerweise aus dem unmittelbar subvalvulären Myokard des rechtsventrikulären Ausflusstraktes (RVOT) oder der myokardialen Extensionen bis knapp oberhalb der Taschenklappen der Pulmonalklappe (11). Klassischerweise zeigen RVOT-VES eine inferiore Achse mit Linksschenkelblock-Morphologie, aufgrund der Proximität anderer Strukturen können VES mit Ursprung im linksventrikulären Ausflusstrakt aber eine ähnliche Morphologie aufweisen (12). Hinweise für eine RVOT-Ätiologie im Oberflächen-EKG ist ein präkordialer R/S-Umschlag nach V3 oder später als im Sinusrhythmus, sowie eine QS-Morphologie in V1. Leider findet sich der R/S-Umschlag oft in V3 (Abb. 1) oder zeitgleich mit dem Sinusrhythmus (13), sodass der Ursprung letztlich nur während einer elektrophysiologischen Untersuchung genau lokalisiert werden kann. Bei einem R/S-Umschlag vor V3 kann jedoch nicht-invasiv das R-Zacken-Transitionsverhältnis in V2 (RVOT ≤ 0.6) zur weiteren Unterscheidung zwischen rechts- und linksventrikulärem Ursprung verwendet werden (14); dabei wird der Anteil der R-Zacke am gesamten vertikalen Vektor des QRS-Komplexes verglichen zwischen VES- und Sinus-QRS-Komplex. Ebenfalls prädiktiv für eine linksventrikuläre Lokalisation einer Ausflusstrakt-VES sind Alter>50 Jahre, männliches Geschlecht, kardiovaskuläres Risikoprofil und systolische Herzinsuffizienz (HFrEF) als Marker für eine strukturelle Herzerkrankung (15). Mittels Holter-EKG können VES durch Angabe des «Burden» (Prozentanzahl VES aller QRS-Komplexe) quantifiziert werden, allerdings kann damit die tatsächliche VES-Last aufgrund zeitlicher Variabilität der VES unterschätzt werden (16).

VES und Herzinsuffizienz

Für Patienten mit struktureller Herzerkrankung oder Herzinsuffizienz ist eine Assoziation von gehäuften VES mit erhöhter Morbidität und Mortalität hinreichend bekannt (17-20). Retrospektive Daten zeigen aber auch für herzgesunde Patienten mit VES ein signifikant höheres Risiko für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz, unabhängig von kardiovaskulären Risikofaktoren und mit proportional zur VES-Häufigkeit ansteigendem Risiko (21). Das Konzept einer durch VES induzierten Herzinsuffizienz wurde erstmals 1998 postuliert, basierend auf der Normalisierung der LVEF nach medikamentöser Suppression der ventrikulären Extrasystolie (22). Im Anschluss zeigten mehrere Fallserien mit Patienten ohne strukturelle Herzerkrankung aber gehäuften VES (meist > 10 000/24h) nach erfolgreicher Radiofrequenzablation (RFA) der VES eine Verbesserung der LVEF, der kardialen Dimensionen und klinischen Parameter (23-27). In den nachfolgenden Jahren konnte auch eine Verbesserung der LVEF nach RFA bei vorbestehender ischämischer oder nicht-ischämischer Herzerkrankung und erst sekundär aufgetretener VES nachgewiesen werden (28-30). Die daraus resultierende kontroverse Diskussion, ob VES bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung nur Ausdruck letzterer sind oder einen kausalen Bestandteil der Kardiomyopathie darstellen, dauert bis heute an (31). Immerhin ist mittlerweile bekannt, dass sich der positive Effekt einer erfolgreichen VES-RFA auf die LVEF und Herzinsuffizienz-Symptomatik unabhängig der zugrundliegenden Erkrankung auswirkt (32, 33). Bis zu 50% aller Patienten mit ätiologisch unklarer HFrEF und relevanter ventrikulärer Extrasystolie scheinen dabei eine rein VES-induzierte Kardiomyopathie mit kompletter Normalisierung der LVEF nach erfolgreicher RFA aufzuweisen, während bei den anderen «nur» eine Verbesserung ohne Normalisierung der LVEF erzielt werden kann im Sinne einer durch VES akzentuierten Kardiomyopathie (34). Diese reproduzierbaren Beobachtungen prägten die aktuelle «Definition» einer VES-assoziierten Kardiomyopathie: eine linksventrikuläre Dilatation und eingeschränkte LVEF mit oder ohne zugrundeliegende strukturelle Herzerkrankung bei Patienten mit gehäuften VES und Besserung der linksventrikulären Dysfunktion nach pharmakologischer oder interventioneller Suppression der VES (35). Die linksventrikuläre Funktion scheint proportional mit dem VES-Burden abzunehmen (36), eine absolute Grenze mit sicherer Prädiktion für die Entwicklung einer VES-induzierten Kardiomyopathie existiert aber nicht; Anhand verschiedener retrospektiver Analysen wurden unterschiedliche Grenzwerte (> 10% Burden, > 24% Burden, > 10 000 VES/24h) vorgeschlagen (36-38). Interessanterweise tritt bei den einen Patienten mit sehr hohem VES-Burden keine Kardiomyopathie auf, während andere Patienten mit vergleichsweise wenig VES eine linksventrikuläre Dysfunktion entwickeln. Dies suggeriert eine individuelle Suszeptibilität der Entwicklung einer VES assoziierten Kardiomyopathie, welche aktuell noch unklar ist – bekannt sind bisher einige Patienten- und VES-spezifische Einflussfaktoren (Tab. 1) (24, 39, 40).

VES Therapie

Eine Therapie-Indikation von VES besteht bei hoher Symptomlast, systolischer Herzinsuffizienz ohne eindeutig therapierbare andere Ursache, anhaltenden ventrikulären Tachykardien oder insuffizienter biventrikulärer Stimulation einer kardialen Resynchronisationstherapie. Bei asymptomatischen Patienten mit normaler LVEF und hohem VES-Burden empfiehlt sich ein expektatives Verhalten mit regelmässigen echokardiographischen Verlaufskontrollen, um die Entwicklung einer VES-assoziierten Kardiomyopathie rechtzeitig zu erkennen (41) – allerdings scheint das Intervall bis zur Abnahme der LVEF bei asymptomatischen Patienten mit gehäuften VES teilweise mehrere Jahre zu dauern und insgesamt einen sehr kleinen Anteil (geschätzte Inzidenz 5-7%) dieser Gesamtpopulation zu betreffen (36, 42). Lebensstil-Modifikationen im Sinne von reduziertem Alkohol-, Koffein- und Nikotinkonsum haben nur einen geringen Effekt auf die VES-Häufigkeit (43, 44). Ungefähr 25% der Patienten mit VES scheinen aber auf eine Kalium- oder Magnesiumsubstitution anzusprechen, wobei keine Daten bezüglich dem Effekt bei Herzinsuffizienz verfügbar sind (45). Betablocker können den VES-Burden gegenüber Plazebo signifikant senken (46), gleiches gilt für Amiodaron und Mexiletin, welche aber aufgrund des Nebenwirkungspotentials zurückhaltend eingesetzt werden (47). Klasse I Antiarrhythmika sind bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung seit dem Nachweis einer erhöhten Mortalität von Flecainid in der CAST-Studie formal kontraindiziert, wobei das Resultat vermutlich primär durch eine heute obsolete Indikationsstellung (6VES/h = 144VES/24h) bei Patienten nach Myokardinfarkt zustande kam (48). Die elektrophysiologische Untersuchung mit RFA stellt eine interventionelle Alternative dar und muss bezüglich Eingriffsrisiko, Erfolgsaussicht und Eingriffsnutzen abgewogen werden. Die letzten zwei Jahrzehnte zeichneten sich durch enorme technische Fortschritte aus durch Entwicklung von dreidimensionalen Mapping-Verfahren mit Integration von Activation- und Pace-Mapping (Abb. 2, 3) und neue Erkenntnisse über den Effekt der RFA auf die langfristige Symptomlast, Morbidität und Mortalität. Entsprechend ist die Radiofrequenztherapie gemäss den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie eine Klasse I Indikation für die Behandlung von VES aus dem RVOT (49). Ernsthafte Komplikationen sind mit < 1% selten (39, 50). Gegenüber der pharmakologischen Therapie ist eine Ablationstherapie deutlich effizienter und anhaltender (Abb. 3) (51, 52). Der Erfolg einer RFA reicht von > 90% bei monomorphem Auftreten und Lokalisation im RVOT bis circa 60% bei Polymorphie, epikardialer oder Papillarmuskel-Lokalisation (39). Grundsätzlich ist eine RFA im Ausflusstrakt gegenüber anderen Lokalisationen mit einer grösseren Erfolgsaussicht verbunden, und ein Ursprung aus dem RVOT mit der besten Erfolgsaussicht überhaupt (Abb. 4) (53).

Nach erfolgreicher VES-RFA bei Patienten mit HFrEF zeigt sich eine Verbesserung der LVEF, sowie funktioneller, laborchemischer und klinischer Parameter in 60-75% der Patienten, abhängig vom VES-Burden und Erfolg der RFA (29, 32, 33, 54, 55). Weitere Prädiktoren für eine Verbesserung der LVEF nach VES-RFA sind wenig Fibrose im Herz-MRI, ein intrinsischer QRS<130ms und eine fehlende linksventrikuläre Dilatation – Parameter, welche als Indikatoren für eine noch nicht weit fortgeschrittene Kardiomyopathie verwendet werden können (34, 56). Ähnlich wie bei der Vorhofflimmern-RFA scheint also die VES-RFA primär in frühen Stadien der Herzinsuffizienz erfolgversprechend zu sein. Eine kürzliche Meta-Analyse mit 712 Patienten mit HFrEF und VES zeigte eine mittlere Verbesserung der LVEF nach VES-RFA um 12.4%, was deutlich höher ist gegenüber dem geschätzten Effekt von ACE-Hemmer, Betablockern oder sogar einer kardialen Resynchronisations-Therapie (54, 57, 58). Erst kürzlich konnte auch ein positiver Effekt der VES-RFA bei HFrEF auf klinische Endpunkte (kardiale Mortalität, Transplantation, Hospitalisation) nachgewiesen werden (59). Bezüglich VES-Burden und Indikation für eine RFA bei HFrEF konnte bereits bei einem Burden > 4% in Patienten mit schwer eingeschränkter linksventrikulärer Funktion eine RFA zur anhaltenden Verbesserung der LVEF führen, sodass 42 von 66 Patienten nach einem Jahr nicht mehr für eine ICD-Implantation qualifizierten (60).

Abkürzungen:
VES – Ventrikuläre Extrasystole
LVEF – Linksventrikuläre systolische Funktion
RVOT – Rechtsventrikulärer Ausflusstrakt
HFrEF – Systolische Herzinsuffizienz
RFA – Radiofrequenz-Ablation

Dr. med. Daniel Hofer
PD Dr. med. Ardan M. Saguner
PD Dr. med. Alexander Breitenstein
Prof. Dr. med. Firat Duru
Prof. Dr. med. Corinna B. Brunckhorst

Dr. med. Daniel Hofer

– Rhythmologie, Klinik für Kardiologie, Stadtspital Triemli
Birmensdorferstrasse 497, 8063 Zürich
– Rhythmologie, Klinik für Kardiologie, Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100, 8091 Zürich

Prof. Dr. med. Corinna B. Brunckhorst

Universitäres Herzzentrum Zürich
Klinik für Kardiologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse100, 8091 Zürich

corinna.brunckhorst@usz.ch

Dr. Hofer erhielt Educational Grants, Speaker Fees oder Fellowship Support von Abbott (SJM), Medtronic, Biotronik, Boston Scientific, Biosense Webster, Novartis, Bayer. Dr. Saguner erhielt Educational Grants von Abbott (SJM), Medtronic, Biotronik, Boston Scientific, Biosense Webster und Pfizer-BMS sowie ein Vortragshonorar von BostonScientific. PD Dr. med. Alexander Breitenstein gibt an, Beratungshonorare von BMS/Pfizer, Biotronik, Medtronic, Daiichy Sankio, Boston Scientific und Bayer Health Care erhalten zu haben sowie Forschungsstipendien von Biosense Webster, Biotronik und Actelion und Referentenhonorare von BMS/Pfizer, Bayer Health Care, Abbott, Spectranetics, Biotronik und Medtronic.

  • Gehäufte VES können eine linksventrikuläre Dysfunktion induzieren oder aggravieren, aber auch Ausdruck einer strukturellen Herzerkrankung sein.
  • Nach Ausschluss spezifischer Erkrankungen mit kausalen Therapiemöglichkeiten zeigt letztlich nur der klinische und echokardiographische Verlauf nach erfolgreicher medikamentöser oder interventioneller VES-Suppression den kausalen Anteil der VES an der systolischen Herzinsuffizienz.
  • Der Krankheitswert von VES in Patienten mit HFrEF und der prognostische Nutzen einer RFA wird aber vermutlich unterschätzt.
  • Die VES-RFA ist in dieser Population eine effektive Therapie mit positivem Effekt auf Morbidität und Mortalität, die Komplikationsrate der Intervention ist niedrig.
  • Der Erfolg der Ablation ist abhängig von der Morphologie der ventrikulären Extrasystolie und damit der Lokalisation, dem VES-Burden und Krankheitsstadium.
  • Es existiert kein allgemein gültiger Grenzwert bezüglich Häufigkeit der VES zur Therapie-Indikation, sodass diese Entscheidung individualisiert werden muss.

Messages à retenir

  • L’ accumulation d’ extrasystoles ventriculaires peut induire ou aggraver le dysfonctionnement du ventricule gauche, mais peut aussi être l’ expression d’ une maladie cardiaque structurelle.
  • Après l’ exclusion de maladies spécifiques avec options thérapeutiques causales, seule l’ évolution clinique et l’  échocardiographique après une suppression médicamenteuse ou une suppression interventionnelle d’ extrasystoles ventriculaires réussie montre la contribution causale de l’ extrasystole ventriculaire à l’ insuffisance cardiaque systolique.
  • Cependant, la valeur de maladie de l’ extrasystole ventriculaire chez les patients atteints de HFrEF et le bénéfice pronostique d’ une
    ablation par radiofréquence sont probablement sous-estimés.
  • L’ ablation par radiofrèqunece de l’ extrasystole ventriculaire dans cette population est une thérapie efficace avec un effet positif sur
    la morbidité et la mortalité, le taux de complication de l’ intervention est faible.
  • Le succès de l’ ablation dépend de la morphologie de l’ extrasystole ventriculaire et donc de la localisation, de la charge de l’ extrasystole ventriculaire et du stade de la maladie.
  • Il n’ y a pas de limite généralement valable pour la fréquence de l’ extrasystole ventriculaire pour l’ indication thérapeutique ; cette décision doit donc être individualisée.

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PD-L1 Status: ein prädiktiver Biomarker in der Onkologie

Immuncheckpunkt-Inhibitoren (ICI) haben sich als wirksame Therapiemodalität bei Tumorerkrankungen etabliert. Am besten ist aktuell der Programmed cell death ligand 1 (PD-L1) Status des Tumors als prädiktiver Biomarker für ein Ansprechen auf PD-1/PD-L1 Inhibitoren validiert. In der Schweiz ist aktuell eine PD-L1 Testung allerdings nur für die Anwendung von Pembrolizumab und Atezolizumab in bestimmten Indikationen erforderlich.

Les inhibiteurs immunitaires de points de contrôle (ICI) ont été établis comme une modalité thérapeutique efficace dans les maladies tumorales. Actuellement, le meilleur biomarqueur prédictif actuellement validé pour la réponse aux inhibiteurs du PD-1/PD-L1 est le statut du Programmed Cell Death 1 (PD-L1) de la tumeur. En Suisse, cependant, le test PD-L1 n’ est actuellement requis que pour l’  utilisation du pembrolizumab et de l’ atézolizumab dans certaines indications.

Immuncheckpunkte wirken als Schlüsselregulatoren des Immunsystems. Es handelt sich um Oberflächenrezeptoren auf T-Lymphozyten, die durch spezifische Liganden aktiviert werden und bei Aktivierung die T-Zell-Funktion hemmen oder steigern können. Die Beseitigung einer Checkpunkt-vermittelten Immunhemmung kann als therapeutisches Wirkprinzip bei onkologischen Erkrankungen eingesetzt werden. In der klinischen Anwendung sind aktuell Inhibitoren gegen PD-1, PD-L1 und CTLA-4 (1).
Derzeit sind in der Schweiz sechs Inhibitoren des PD-1/PD-L1 Immuncheckpunkts zugelassen (PD-1 Inhibitoren: Nivolumab, Pembrolizumab, Cemiplimab; PD-L1 Inhibitoren: Atezolizumab, Avelumab, Durvalumab). Diese werden als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Therapiemodalitäten wie Chemo- und Radiotherapie eingesetzt. Indikationen sind vor allem Erst- und Zweitlinientherapien bei soliden Tumoren in einem fortgeschrittenen Stadium. In klinischen Studien werden ICI aktuell in adjuvanten und neoadjuvanten Therapiekonzepten evaluiert.
Bei rund 20% der Patienten ist mit einem Ansprechen auf eine ICI Therapie zu rechnen. Verschiedene tumorbasierte prädiktive Biomarker (u.a. PD-L1 Expression, Tumor-infiltrierende T-Lymphozyten und andere Immunzelltypen in der Tumormikroumgebung, Veränderungen im Tumorzellgenom wie Mikrosatelliten-Instabilität, Tumormutationslast, und bestimmte Mutationen) sind mit einem Ansprechen bzw. einer Resistenz auf PD-1/PD-L1 Inhibitoren assoziiert (2). Der nachfolgende Beitrag fokussiert auf die dia­gnostischen Aspekte des PD-L1 Status.

Grundlagen

PD-L1 bildet zusammen mit seinem Rezeptor PD-1 einen hemmenden Immuncheckpunkt. PD-1 wird vor allem auf der Oberfläche von aktivierten T-Lymphozyten exprimiert. Die Bindung der Liganden PD-L1 oder PD-L2 an den PD-1 Rezeptor hemmt die Aktivität des Lymphozyten. Neben Immunzellen der Tumormikroumgebung (u.a. Makrophagen) können auch die Tumorzellen selbst PD-L1 exprimieren und so die anti-tumorale Aktivität von T-Lymphozyten unterdrücken. Durch gegen PD-1 oder PD-L1 gerichtete Antikörper lässt sich die immuninhibitorische Wirkung des PD-1/PD-L1 Immuncheckpunkts aufheben.

Methodische Aspekte der PD-L1 Immunfärbung

Der PD-L1 Status eines Tumors wird mittels immunhistochemischer Expressionsanalyse des PD-L1 Proteins ermittelt (Abb. 1). In klinischen Studien wurden vor allem vier kommerzielle PD-L1 Testkits verwendet: PD-L1 IHC 28-8 pharmDx (28-8), PD-L1 IHC 22C3 pharmDx (22C3), Ventana PD-L1 SP142 (SP142), und Ventana PD-L1 SP263 (SP263). Bei diesen Testkits handelt es sich um geschlossene Reagenzien-Systeme, die nur auf den Geräteplattformen der entsprechenden Hersteller eingesetzt werden können. Die in den Testkits verwendeten Primärantikörper (22C3, 28-8, SP142, SP263) sind allerdings auch als Einzelreagenzien verfügbar, so dass Pathologie-Institute mit diesen auch sog. Labor-entwickelte Tests (LDT) etablieren können. Weitere, häufig deutlich kostengünstigere PD-L1 Primärantiköper (u.a. E1L3N) stehen zur Verfügung, die bisher jedoch nur in wenigen klinischen Studien evaluiert wurden. Technisch kann eine PD-L1 Immunfärbung an Gewebeproben und zytologischem Probenmaterial durchgeführt werden. Bei jedem Färbedurchgang sollte ein positives Kontrollgewebe (bevorzugt Tonsillengewebe) als On-slide-Kontrolle zur internen Qualitätskontrolle mitgeführt werden. Für die Auswertung muss das Probenmaterial eine ausreichende Anzahl von Tumorzellen und/oder Immunzellen enthalten.

Auswertung (Scoring) des PD-L1 Status

Für die Beurteilung der PD-L1 Status wurden verschiedene Scoring-Systeme entwickelt (Tab. 1). Alle Scoring-Systeme basieren auf der Bestimmung relativer (prozentualer) Anteile gefärbter Zellen, bezogen auf die gesamte Tumorzellpopulation oder die Tumorfläche. Je nach Auswertescore wird die PD-L1 Positivität von Tumorzellen und/oder Immunzellen beurteilt. Bei der Beurteilung wird das Färbemuster, aber nicht die Intensität einer positiven Färbung berücksichtigt. In der klinischen Diagnostik werden je nach Studien- und Zulassungslage sowie geplanter ICI Therapie ein oder mehrere PD-L1 Scores für einen Tumortyp bestimmt und berichtet. PD-L1 Scores müssen einzeln und unabhängig voneinander ermittelt werden, ein Umrechnen ist aufgrund der unterschiedlichen Score-Definitionen nicht möglich. Auch wenn es Versuche gibt, den PD-L1 Status eines Tumors mittels digitaler Bildanalyse zu ermitteln, erfolgt die Auswertung nach wie vor ausschliesslich durch einen geschulten Pathologen.

Tumor Proportion Score
Der Tumor Proportion Score (TPS) entspricht dem relativen (prozentualen) Anteil der Tumorzellen mit PD-L1 Positivität. Als PD-L1 positiv werden Tumorzellen mit einer kompletten oder inkompletten PD-L1 Färbung der Tumorzellmembran beurteilt, unabhängig von der Färbeintensität.

Combined Positive Score
Der Combined Positive Score (CPS) berücksichtigt die PD-L1 Expression von Tumorzellen und tumorassoziierten Immunzellen (Makrophagen, Lymphozyten, dendritische Zellen). Zur Ermittlung des CPS wird in mehreren Gesichtsfeldern (bei 200-facher Vergrösserung) die Zahl der positiven Tumorzellen und Immunzellen bestimmt. Bei Tumorzellen gilt eine membranäre Anfärbung unabhängig von der Intensität als positiv, bei Immunzellen nur eine zytoplasmatische Anfärbung. Die Summe der PD-L1 positiven Zellen wird durch die Anzahl der Tumorzellen in den Gesichtsfeldern dividiert und der Quotient mit 100 multipliziert. Es entsteht ein dimensionsloser Wert, der dem CPS entspricht.

Immune Cell Score
Beim Immune Cell (IC)-Score wird der von PD-L1 positiven Immunzellen eingenommene Flächenanteil (intra- und unmittelbar peritumoral) in Beziehung zum gesamten Tumorareal beurteilt. Zum Tumorareal zählen die Tumorzellverbände selbst sowie das intratumorale und das unmittelbar peritumorale Stroma. Auszuwertende Immunzellen sind Lymphozyten, Makrophagen, dendritische Zellen und Granulozyten. Plasmazellen werden nicht berücksichtigt. Der PD-L1 positive Flächenanteil wird in 4 Score-Kategorien angegeben: IC 0: <1%, IC 1: >1 bis <5%, IC 2: > 5 bis < 10% und IC3 > 10%.

Inter-Assay-Variation der PD-L1 Testergebnisse

In zahlreichen Studien wurden kommerzielle PD-L1 Tests untereinander und mit LDT verglichen (3, 4). Als Beispiel sei die Blueprint-Studie genannt, in der NSCLC mit fünf verschiedenen kommerziellen PD-L1 Testkits (22C3, 28-8, SP142, SP263, 73-10) gefärbt und das Färbeergebnis mittels TPS und IC-Scoring verglichen wurden (5, 6). Für die PD-L1 Expression auf Tumorzellen ergab sich eine hohe Konkordanz der Testergebnisse, falls die Klone 28-8, 22C3, SP263 und 73-10 als Primärantikörper verwendet wurden. Hingegen war die Konkordanz deutlich geringer für die PD-L1 Expression auf Immunzellen. Eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse kommt zu der Schlussfolgerung, dass LDT und kommerzielle Testkits vergleichbare Ergebnisse liefern können, falls die Validierung des LDT mit geeigneten Referenzmaterialien erfolgt (4).

Qualitätssicherung

Wichtige qualitätssichernde Verfahren für die PD-L1 Testung sind die Standardisierung der Präanalytik, die Validierung von Färbeprotokollen, und die Verwendung von On-slide Kontrollen (Tonsillengewebe) zur internen Qualitätskontrolle. Besondere Bedeutung kommt der Teilnahme an Ringversuchen zur externen Qualitätssicherung zu. Die Beurteilung des PD-L1 Status unterliegt einer gewissen Interobserver-Variabilität (3). Gezielte Schulungen fördern die einheitliche Anwendung der verschiedenen Scoring-Systeme unter Berücksichtigung von tumortypspezifischen Besonderheiten.

Regulatorische Bedeutung des PD-L1 Status

Bei vielen Tumortypen besteht eine Korrelation zwischen PD-L1 Status und Ansprechen auf ICI. Aus regulatorischer Sicht ist eine PD-L1 Testung jedoch nur für einen Teil der in der Schweiz zugelassenen ICI in ausgewählten Indikationen erforderlich. Während Nivolumab, Durvalumab, Avelumab und Cemiplimab in den zugelassenen Indikationen unabhängig vom PD-L1 Status eingesetzt werden können, ist die Verwendung von Pembrolizumab (bei nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) und bei Kopf-Hals-Karzinom (HNSCC)) und von Atezolizumab (bei NSCLC und triple-negativem Mammakarzinom) an ein bestimmtes PD-L1 Testergebnis gebunden (Tab. 2). Die für die jeweilige Indikation genannten PD-L1 Schwellenwerte wurden in Zulassungsstudien ermittelt und klinisch validiert (7-13).

Herausforderungen in der klinischen Routinediagnostik

Tumoren zeigen häufig eine heterogene PD-L1 Expression. Am besten ist diese bei NSCLC dokumentiert (14, 15). Aufgrund der intratumoralen Heterogenität ist die Repräsentativität des für die PD-L1 Testung verwendeten Probenmaterials besonders wichtig. Weiterhin ist die PD-L1 Expression eines Tumors vermutlich dynamisch und kann sich im Krankheitsverlauf sowie durch Therapieeffekte ändern.
Bei den in klinischen Studien verwendeten PD-L1 Tests handelt es sich mehrheitlich um geschlossene Testkits. Diese können nur auf der Immunfärbeplattform des jeweiligen Testlieferanten eingesetzt werden. Da Pathologie-Institute in der Regel nur ein oder zwei Geräteplattformen verwenden, ist ein Vorhalten aller verfügbaren PD-L1 Tests aus betriebsorganisatorischen und wirtschaftlichen Gründen nicht möglich.

Schlussfolgerungen

Bei verschiedenen onkologischen Erkrankungen haben sich Inhibitoren des PD-1/PD-L1 Immuncheckpunks als Therapieoption etabliert. Trotz vieler mit der Testung und Auswertung verbundenen Herausforderungen ist der Tumor PD-L1 Status aktuell der am häufigsten verwendete und am besten klinisch validierte Biomarker, um ein Ansprechen auf PD-1/PD-L1 ICI vorherzusagen.

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Zweitabdruck des in «der informierte arzt» 12-2020 erschienen Originalartikels.

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Diana Born

Institut für Pathologie
Kantonsspital St. Gallen
9007 St. Gallen

Prof. Dr. med. Wolfram Jochum

Institut für Pathologie
Kantonsspital St. Gallen
9007 St. Gallen

wolfram.jochum@kssg.ch

Die Autoren haben in direktem Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenkonflikte deklariert. WJ hat für Beratertätigkeit Honorare von MSD und Roche erhalten und von Roche und Astra Zeneca Unterstützung für Fortbildungen und Kongresse.

  • Der PD-L1 Status eines Tumors beschreibt die PD-L1 Proteinexpres-sion der Tumorzellen und/oder der Immunzellen des Tumorstromas.
  • Die Analyse des PD-L1 Status erfolgt mittels Immunhistochemie.
    Zur Auswertung werden verschiedene Scoring-Systeme (TPS, CPS,
    IC Score) verwendet.
  • Ein positiver PD-L1 Status ist bei verschiedenen Tumortypen mit einem Ansprechen auf PD-1/PD-L1 Immuncheckpunkt-Inhibitoren assoziiert.
  • Die Verwendung von PD-1/PD-L1 Immuncheckpunkt-Inhibitoren ist in bestimmten Indikationen an einen positiven PD-L1 Status gebunden.

Messages à retenir

  • Le statut PD-L1 d’ une tumeur décrit l’ expression de la protéine PD-L1 des cellules tumorales et/ou des cellules immunitaires du stroma tumoral.
  • L’ analyse de l’ état du PD-L1 est effectuée par immunohistochimie.
    Différents systèmes de notation (TPS, CPS, IC Score) sont utilisés pour l’ évaluation.
  • Un statut PD-L1 positif est associé à une réponse aux inhibiteurs du point de contrôle immunitaire PD-1/PD-L1 dans divers types de tumeurs.
  • L’ utilisation des inhibiteurs de points de contrôle immunitaires PD-1/PD-L1 est liée à un statut PD-L1 positif dans certaines indications.

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Lungenfachgesellschaften warnen vor E-Zigaretten

Die Tabakepidemie und deren Folgen sind weltweit das grösste Gesundheitsproblem. Im letzten Jahrzehnt haben sich E-Zigaretten auf dem Markt etabliert. Diese bieten Rauchern eine nach heutiger Einschätzung weniger schädliche Alternative. Ihr Erfolg beim Rauchstopp ist jedoch gering und wenig nachhaltig. Zu einer nachhaltigen Tabakprävention gehört die konsequente Umsetzung der WHO-Tabakkonvention – auch in der Schweiz. Um zu verhindern, dass die Prävention mit an Jugendliche vermarkteten Produkten wie E-Zigaretten, Wasserpfeifen oder Snus unterlaufen und die Nikotinabhängigkeit wieder zur Norm wird, braucht es einen engagierten Einsatz aller Ärzte.

Gemäss dem aktuellen Tobacco Atlas der American Cancer Society rauchen weltweit mehr als 1.1 Milliarden Menschen, davon sterben jährlich 6 Millionen an dessen Folgen, was weltweit > 500 Milliarden Dollar pro Jahr kostet (1). Die Tabakepidemie und deren Folgen sind weltweit das grösste Gesundheitsproblem (2, 3). Mit der zunehmenden Verbreitung von E-Zigaretten, Wasserpfeifen, Snus und Cannabis ist die Tabakepidemie aber deutlich komplexer geworden (4-7).
Im letzten Jahrzehnt haben sich E-Zigaretten, die das Rauchen mit technischen Mitteln simulieren, ohne dabei Tabak zu verbrennen, auf dem Tabakmarkt etabliert (8). Dabei unterschiedet man zwischen E-Zigaretten, die eine nikotinhaltige Flüssigkeit mittels einer Heizspirale verdampfen («Electronic Nicotin Delivery Systems», ENDS), und solchen, die Tabak erhitzen, aber nicht verbrennen («Heat not Burn Devices»). Die Entwicklung der E-Zigarette wird dem chinesischen Apotheker Hon Lik zugeschrieben, der nicht wie seine Eltern an Lungenkrebs sterben wollte. Zwar bieten E-Zigaretten für Raucher nach heutiger Einschätzung eine weniger schädliche Alternative; ihr Erfolg bei den Rauchstopp-Bemühungen ist jedoch gering und wenig nachhaltig (9-13).

E-Zigaretten – neuer Einstieg in die Nikotinabhängigkeit

Inzwischen haben sich E-Zigaretten – auch E-Shishas genannt – bei den Jugendlichen rasant verbreitet. Gemäss Sucht Schweiz hat ein Drittel der 15- bis 24-Jährigen bereits einmal zu einer E-Zigarette gegriffen (14). Kinderärzte betrachten E-Zigaretten inzwischen als das «neue Gesicht des Nikotins» und Einstieg für Tabakzigaretten (15). Eine Metaanalyse zeigte, dass Kinder und Jugendliche, die E-Zigaretten «dampfen», ein 3- bis 4-faches Risiko haben, mit dem Tabakrauchen zu beginnen (16). E-Zigaretten werden von Kindern und Jugendlichen nicht als Tabakprodukte, sondern als harmlose «Verdampfer» wahrgenommen, die im Aussehen kaum mehr Tabakzigaretten ähnlich sind (Abb 1). Inzwischen gibt es bereits > 450 Marken und > 7500 Geschmacksrichtungen (17). Dank intensivem Marketing, attraktiven Aromen und speziellem Design liegen sie im Trend und stellen eine neue Gefahr für Kinder dar (18). Jugendliche sind oft «dual users», das heisst sie verwenden verschiedene Tabakprodukte wie Snus und E-Zigaretten (19). Sehr beliebt sind multifunktionelle Geräte (eGOS, Mods), mit denen man auch alkoholische Getränke verdampfen kann. Hinzufügen chemischer Substanzen wie synthetische Cannabinoide kommt in Mode – offenbar besonders in Frankreich – und führte in den USA schon zu Todesfällen (20, 21).
Vor wenigen Jahren wurde in den USA die neue E-Zigarette «Juul» lanciert, die sich dank des trendigen Aussehens wie ein USB-Stick (Abb. 2) und einer neuen hochkonzentrierten salz-gebundenen Form des Nikotins unter den amerikanischen Jugendlichen rasch verbreitet hat. In den USA sind Nikotinkonzentrationen bis 50 mg / ml im Handel erhältlich, in Europa sind nur 20mg/ml zugelassen. Bereits 2/3 der jugendlichen E-Zigarettenraucher in den USA benützen «Juul»: Man spricht nicht mehr vom «Dampfen», sondern vom «Juulen». Nun ist die amerikanische Firma – das am schnellst wachsende Start-up in der Firmengeschichte – daran, mit «Juul» den europäischen Markt zu erobern (22). In den USA «dampfen» inzwischen bereits mehr Jugendliche E-Zigaretten als dass sie Zigaretten rauchen, und die Prävalenz nimmt stetig zu: 2018 betrug sie 25% bei den 17- bis 18-Jährigen und 20% bei den 15- bis 16-Jährigen (23, 24).

Verkauf auch an Minderjährige möglich

Nachdem in der Schweiz nur nikotinfreie E-Zigaretten zugelassen waren, dürfen nikotinhaltige – nach einer vom Bundesverwaltungsgericht gutgeheissener Beschwerde – seit Mai 2018 auch bei uns und wegen einer Gesetzeslücke sogar an Minderjährige, verkauft werden (25). Der Verband der Schweizer Händler und Hersteller für elektronische Dampfgeräte (Swiss Vape Trade Association, SVAT) hat sich freiwillig verpflichtet, keine Geräte an Minderjährige abzugeben und an diese keine Werbung zu richten (http://www.svta.ch/kodex/). Ob dieser freiwillige Kodex die Jugend wirksam schützt, ist aufgrund der Erfahrungen über die «Selbstkontrolle» der Tabakindustrie fraglich. Damit werden Kinder früh der Gefahr einer Nikotinabhängigkeit ausgesetzt, von der sich später viele nicht mehr lösen können und sichern damit die Profite der Tabak- und E-Zigaretten-Industrie (18).

Schädlichkeit der E-Zigaretten

Gemäss aktuellem Wissensstand enthält der Dampf von E-Zigaretten bzw. das Aerosol von erhitzten Tabakprodukten zwar etwas weniger giftige und krebserregende Schadstoffe als der Tabakrauch, aber E-Zigaretten können deshalb nicht als bedenkenlos eingestuft werden (5, 26, 27). Public Health England geht zurzeit davon aus, dass das «Dampfen» von E-Zigaretten «95% weniger belastend» sei als Zigaretten rauchen. Dies beruht nicht auf einer wissenschaftlichen Messung, sondern geht zurück auf 12 Experten, die im Jahre 2014, in einer Multikriterien-Entscheidungsanalyse, ihre Auffassungen harmonisieren wollten (28, 29). Angesichts der zunehmenden Produktevielfalt bei dünner Datenlage ist diese Einschätzung nicht gesichert. So hat eine Schweizer Studie im Aerosol von erhitztem Tabak («IQOS») die gleichen Stoffe wie im herkömmlichen Tabakrauch nachgewiesen und daraus den Schluss gezogen, dass dieser «Dampf» nicht «ungefährlich» sei (30). Bei den ENDS-Produkten variieren die Aerosol-Untersuchungen beträchtlich, da es unzählige E-Zigaretten-Produkte gibt und die Herstellung nicht geregelt ist (31). So hängt es zum Beispiel von der Energiequelle ab, wie hoch die Formaldehyd-Konzentration im Aerosol ist (32). Ausserdem lassen sich im Aerosol von E-Zigaretten zahlreiche Schwermetalle finden, wobei als Quelle die erhitzten Heizspiralen vermutet werden (33). Unabhängige Studien berichten von Wirkungen auf die Lunge wie bronchiale Hyperreaktivität, verminderte Immunabwehr, vermehrte Nekrosen und Zytotoxizität (34). Und in Laborversuchen konnte nachgewiesen werden, dass der Dampf von E-Zigaretten zu den gleichen Gen-Expressionen bei menschlichen Lungenzellen führt wie beim Tabakrauch (35). Bis heute fehlen systematische toxikologische Daten zu Substanzen, die mittels eines mit Propylenglykol oder Glyzerin erzeugten Nebels inhaliert werden (8).

Internationale Lungenfachgesellschaften warnen vor E-Zigaretten

Die bisherigen Erkenntnisse reichten den Internationalen Lungenfachgesellschaften, um vor E-Zigaretten zu warnen (5, 13, 36, 37).
Das Forum of International Respiratory Societies (FIRS) warnt in seinem Positionspapier mit klaren Worten vor den gesundheitsschädlichen Folgen von E-Zigaretten bei jungen Menschen (37). 37 FIRS weist darauf hin, dass Kinder und Jugendliche sehr anfällig für eine Nikotinabhängigkeit sind, was die Hirnentwicklung relevant beeinträchtigt. In der Stellungnahme von FIRS wird betont, dass E-Zigaretten als Einstieg für das Tabakrauchen zu betrachten sind und Kinder ein höheres Risiko haben, lebenslang tabakabhängig zu werden. Nicht alle Jugendlichen, die mit Nikotin experimentieren, werden abhängig, aber das jugendliche Hirn ist gegenüber psychoaktiven Substanzen empfindlicher als das Erwachsener (38). Die E-Zigaretten sind so gemacht, dass sie sehr attraktiv für Kinder und Jugendliche sind (und dementsprechend beworben und vermarktet werden), was zu einer neuen Generation von Nikotinabhängigen führen wird. Die Lungenfachgesellschaften fordern deshalb strenge Regelungen wie für Tabakprodukte: Verkaufsverbot an Minderjährige, Verbot von Aromastoffen, gleiche Regeln wie für den Passivrauchschutz sowie ein umfassendes Werbeverbot.
Die European Respiratory Society (ERS) hält in ihrem Positionspapier zu den erhitzen Tabakprodukten («heat not burn devices») unmissverständlich fest, dass keinen durch die Tabakindustrie bezahlten Studien vertraut werden kann (36). Unabhängige Studien hätten gezeigt, dass auch im Aerosol dieser Produkte zahlreiche giftige und krebserregende Stoffe gefunden wurden, teilweise sogar in beinahe identischer Konzentration wie in den herkömmlichen Tabakprodukten, und dass die von der Tabakindustrie gemachten Behauptungen, dass ihre Produkte 90-95% weniger Schadstoffe enthielten, einer unabhängigen Prüfung nicht standhält. Vor kurzem hat die ERS in einer neuen Stellungnahme «ERS Position Paper on Tobacco Harm Reduction» der sogenannten «Schadenverminderung»-Strategie eine klare Absage erteilt und sie als Strategie der Tabakindustrie charakterisiert, um Menschen weiterhin in der Nikotinabhängigkeit zu behalten (13). Die ERS betont, dass sie kein Produkt empfehlen kann, das für die Lunge und die menschliche Gesundheit schädlich ist. Zusätzlich hält sie fest, dass E-Zigaretten die bisherigen Anstrengungen der Tabakprävention unterlaufen und damit im Konflikt mit der WHO-Tabakrahmenkonvention (www.who.int/fctc) stehen.

Tabakindustrie investiert in E-Zigaretten

Das Tabakgeschäft bleibt eine der lukrativsten Branchen der Welt (39). So ist auch für Beverley Spencer, ehemalige CEO der British American Tobacco (BAT) Schweiz, «Rauchen keine Frage der Moral», sondern ein «gigantisches Geschäft» (40). Der BAT-Konzern hat über eine halbe Milliarde Pfund in die Entwicklung einer E-Zigarette («Glo») investiert, denn das Gesamtmarktpotenzial liegt im Milliardenbereich. Der grösste Zigarettenhersteller Philip Morris (PM) hat mit «IQOS» sein eigenes «heat not burn device» entwickelt und zusätzlich für 12.8 Milliarden US-Dollar Anteile der Firma «Juul» gekauft (41). Damit hat PM sicher nicht den Rauchstopp seiner Marlboro-Konsumenten im Sinne, sondern will die Erschliessung des Marktes einer kommenden Generation von Nikotinabhängigen sicherstellen. Mit dem Lancieren von E-Zigaretten und anderen «reduced risk products» versucht die Tabakindustrie sich ein sauberes Image zu geben und als Partner der öffentlichen Gesundheit aufzutreten. So werden E-Zigaretten mit Slogans wie «Kein Feuer», «Keine Asche» und «Kein Zigarettengeruch» als «Eine bessere Alternative zur Zigarette» beworben. Philip Morris ist mit der von ihr finanzierten «Foundation for a smoke-free world» noch ein Stück weiter gegangen (42, 43). Für PM besteht eine «rauchfreie Welt» in Zukunft nur noch aus Benützern ihres neusten Produktes «IQOS» («I Quit Ordinary Smoking»), das nach eigenen Angaben keinen schädlichen Rauch, sondern nur «ungefährlichen Dampf» produziert. Die ERS hat am 12. Februar 2018 ihre Mitglieder von einer Zusammenarbeit mit dieser Stiftung gewarnt. Und die Laienpresse charakterisiert die jüngsten Aktivitäten der Tabakindustrie als «Neue Tricks und alte Lügen» (44).

Schlussfolgerung

Das Tabakgeschäft beruht auf dem Verkauf von Nikotin, einer süchtig machenden Substanz. Für die Tabakindustrie spielt es keine Rolle, ob junge Menschen via E-Zigaretten, erhitzte Tabakprodukte oder Zigaretten nikotinabhängig werden. Zu einer nachhaltigen Tabakprävention gehört die konsequente Umsetzung der WHO-Tabakkonvention – auch in der Schweiz. Um zu verhindern, dass die Prävention mit an Jugendliche vermarkteten Produkten wie E-Zigaretten, Wasserpfeifen oder Snus unterlaufen werden und die Nikotinabhängigkeit wieder zur Norm wird, braucht es einen engagierten Einsatz aller Ärzte. Neben der Erfassung der Nikotinabhängigkeit und Passivrauchexposition, der Rauchstopp-Beratung in Sprechstunde und am Krankenbett, ist die standespolitische Positionierung zur Umsetzung der FCTC notwendig. Öffentlich glaubwürdig auftretende Ärztegesellschaften werden auch unsere Parlamentarier bei der Debatte zum Tabakproduktegesetz von den Gesundheitsargumenten überzeugen. Andernfalls müssten sich unsere Volksvertreter den Vorwurf gefallen lassen, sich zum Handlanger der Tabakindustrie zu machen, die ihre Interessen bisher mittels ubiquitärer Einflussnahme und Bekämpfung von Public-Health-Massnahmen verteidigen konnte (45-48).

Prof. Dr. med. Jürg Barben

Leitender Arzt Pneumologie/Allergologie & CF-Zentrum
Ostschweizer Kinderspital
Claudiusstr. 6
9006 St. Gallen

juerg.barben@kispisg.ch

Der Autor hat in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

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Übersicht und Expertenkommentar zu 6 klinischen Fragestellungen

Die amerikanische Gesellschaft für klinische Onkologie (ASCO) hat kürzlich im Journal of Clinical Oncology (JCO) ihre aktualisierten Empfehlungen zur Verhinderung und Behandlung von venösen Thromboembolien bei Patienten mit Krebs publiziert. Es handelt sich hierbei um eine Aktualisierung der Empfehlungen von 2015, die damals gegenüber den Empfehlungen von 2013 im Wesentlichen unverändert waren. Die jetzige Aktualisierung der Empfehlungen gegenüber der publizierten Version von 2015 unterscheidet sich vor allem durch den Einschluss der direkten oralen Antikoagulantien (DOACs), von denen in der Schweiz als Thrombin-Inhibitor das Dabigatran (Pradaxa) und als F Xa-Inhibitoren das Rivaroxaban (Xarelto), Apixaban (Eliquis) und Edoxaban (Lixiana) kommerziell verfügbar sind. Daher wird sich diese Übersicht vor allen Dingen mit der Anwendung von DOACs in Situationen beschäftigen, die durch sechs klinische Fragen beschrieben werden, auf denen die Empfehlungen der ASCO beruhen.

L’  American Society for Clinical Oncology (ASCO) a récemment publié dans le Journal of Clinical Oncology (JCO) ses recommandations actualisées pour la prévention et le traitement de la thromboembolie veineuse chez les patients atteints de cancer. Il s’ agit d’ une mise à jour des recommandations de 2015 qui étaient essentiellement inchangées par rapport aux recommandations de 2013. La mise à jour actuelle des recommandations diffère de la version publiée de 2015 principalement par l’ inclusion des anticoagulants oraux directs (DOAC), dont le dabigatran (Pradaxa) est disponible sur le marché suisse en tant qu’ inhibiteur de la thrombine et le rivaroxaban (Xarelto), l’ apixaban (Eliquis) et l’ edoxaban (Lixiana) sont disponibles comme inhibiteurs F Xa. Par conséquent, cet aperçu portera principalement sur l’ utilisation des DOAC dans des situations fondées sur six questions cliniques sur lesquelles se fondent les recommandations de l’ ASCO.

1. Sollten hospitalisierte Patienten mit aktivem Malignom eine Thromboembolie Prophylaxe erhalten?

Hospitalisierte Patienten mit aktivem Malignom sollten immer eine Thromboembolie-Prophylaxe erhalten, wenn keine Blutungsneigung oder unmittelbare Kontraindikationen bestehen. Dieser Grundsatz wird auch von der ASCO-Expertengruppe aufrechterhalten. Allerdings lassen die Experten offen, ob hospitalisierte Patienten ohne zusätzliche Risikofaktoren bei aktivem Malignom zwingend eine Thromboembolie-Prophylaxe erhalten sollten. Nach den ASCO-Guidelines brauchen Patienten mit aktivem Malignom keine Thromboembolie-Prophylaxe, wenn sie lediglich zu kleineren Prozeduren oder zur Chemotherapie hospitalisiert werden bzw. eine Stammzelltransplantation durchführen lassen.

Quintessenz und Kommentar: Bei hospitalisierten Patienten mit aktivem Malignom sollte bei Abwesenheit von Komplikationen oder Kontraindikationen die Thromboembolie-Prophylaxe die Regel sein. Ausnahmen davon sollten aktiv begründet werden müssen. Eine Datenerhebung in der Schweiz (Kucher et al., Ann Oncol, 2010) zeigte, dass Patienten, die nach einer Hospitalisation eine Thromboembolie entwickelt haben, zu einem relevanten Teil während der Hospitalisation keine adäquate Thromboembolie-Prophylaxe erhalten haben. Dies spricht dafür, dass hospitalisierte Patienten mit aktivem Malignom auch ohne zusätzliche Risikofaktoren eine Thromboembolie-Prophylaxe erhalten sollten, solange keine Kontraindikationen oder Blutungsneigung bestehen. Bei Patienten mit kleinen Prozeduren scheint das vorgeschlagene Vorgehen dann sinnvoll, wenn vorher keinerlei Thromboembolie nachgewiesen worden ist. War hingegen eine Thromboembolie in der Vergangenheit bekannt, dann sollte auch bei kleinerem Risiko eine Thromboembolie-Prophylaxe durchgeführt werden, wenn keine Komplikationen oder Kontraindikationen bestehen.

2. Sollten ambulante Patienten mit aktivem Malignom, die sich einer systemischen Chemotherapie unterziehen, während dieser Zeit eine Thromboseprophylaxe erhalten?

Ambulante Patienten mit aktivem Malignom benötigen keine pharmakologische Thromboembolie-Prophylaxe. Hier sind allerdings die wichtigen, später in den ASCO-Empfehlungen formulierten Ausnahmen zu berücksichtigen. Dazu gehören Patienten mit hohem Risiko (Khorana Score ≥ 2, Tabelle 1). Diese können in Abwesenheit von Komplikationen und Kontraindikationen mit niedrigmolekularem Heparin (NMH) oder DOACs therapiert werden. Eine weitere, möglicherweise noch wichtigere Ausnahme stellt die Behandlung mit Thalidomid- oder Lenalidomid-haltiger Therapie beim multiplen Myelom dar. Hier sollte auf jeden Fall eine antithrombotische Prophylaxe durchgeführt werden, wobei diese aus meiner Sicht primär mit NMH durchgeführt werden sollte. Erste Beobachtungen zeigen, dass eine solche Prophylaxe auch mit DOACs möglich ist. Die entsprechenden prospektiven kontrollierten Studien dazu fehlen jedoch noch.

Quintessenz und Kommentar: Ambulante Patienten mit aktivem Malignom benötigen generell keine medikamentöse Thromboembolie-Prophylaxe, mit zwei Ausnahmen: bei hohem Risiko (Khorana score ≥ 2) oder Myelombehandlung mit einem Thalidomid- oder Lenalidomid-haltigen Präparat.

3. Sollten Patienten mit aktivem Malignom, die sich einem chirurgischen Eingriff unterziehen müssen, eine perioperative Thromboseprophylaxe erhalten?

Alle Patienten mit aktivem Malignom, die sich einem chirurgischen Eingriff mittleren bis grösseren Ausmasses unterziehen müssen, sollten eine perioperative pharmakologische Thromboembolie-Prophylaxe erhalten. Diese sollte mittels NMH durchgeführt werden, wenn keine Komplikationen im Sinne eines erhöhten Blutungsrisikos oder Kontraindikationen bestehen. Dabei sollte die perioperative Prophylaxe präoperativ begonnen werden. Die pharmakologische Thromboembolie-Prophylaxe ist die Behandlung der Wahl, kann aber durch mechanische Kompressionsmethoden ergänzt werden (und zeigt dann möglicherweise sogar eine erhöhte Effizienz). Mechanische Kompressionsmethoden sollten aber niemals als alleinige Behandlungsmodalität verwendet werden, es sei denn, die pharmakologische Thromboembolie-Prophylaxe wäre kontraindiziert. Die pharmakologische Thrombose-Prophylaxe bei Patienten mit aktivem Malignom und mittlerem bis grösserem chirurgischen Eingriff sollte postoperativ mindestens für 7-10 Tage fortgeführt werden, Patienten mit grösserer abdominaler oder pelviner Chirurgie sollten bis zu vier Wochen postoperativ behandelt werden.

Quintessenz und Kommentar: Die perioperative Thromboembolie-Prophylaxe bei Malignom-Patient mit chirurgischen Eingriffen sollte präoperativ beginnen und postoperativ eine Woche bzw. vier Wochen nach abdominaler oder pelviner Chirurgie fortgesetzt werden. Dabei sollte die Behandlungsindikation bei fehlenden Komplikationen und Kontraindikationen eher liberal gestellt werden.

4. Welche ist die beste Methode, bei Patienten mit aktivem Malignom und nachgewiesener Thromboembolie ein Thromboembolie-Rezidiv zu verhindern?

Die initiale Behandlung einer nachgewiesenen Thromboembolie bei einem Patienten mit aktivem Malignom kann mit einer der entsprechend zugelassenen Medikationen (inkl. DOACs) durchgeführt werden. Bei Verwenden von Heparin sollte niedrigmolekulares Heparin bevorzugt eingesetzt werden. Zu längerfristiger Antikoagulation im Sinne der Rezidivprophylaxe empfiehlt die ASCO-Expertengruppe die Gabe von NMH, Edoxaban oder Rivaroxaban vor der Gabe von Vitamin-K-Antagonisten. Eine langfristige Antikoagulation sollte bei Patienten mit weiter bestehendem, aktivem Malignom bzw. über längere Zeit verabreichte Chemotherapie in Betracht gezogen werden. Die Verwendung von Vena Cava Filtern sollte laut ASCO-Guidelines nur bei Vorliegen einer absoluten Kontraindikation zur Antikoagulation bei akuten Thromboembolien innerhalb der letzten vier Wochen in Betracht gezogen werden. (In einer kürzlich veröffentlichten, randomisierten Studie bei Trauma-Patienten (Kwok et al, NEJM, 2019) zur Fragestellung der Vena Cava Filter führte deren früher Einsatz nicht zu einer Reduktion der symptomatischen Lungenembolien oder von Todesfällen bis 90 Tage nach Filtereinsatz. Ein möglicher Benefit zeigte sich nur bei Patienten, die nicht innerhalb von sieben Tagen nach Filtereinsatz antikoaguliert werden konnten.)
Patienten mit primären oder sekundären ZNS-Malignomen und bestehender Thromboembolie wie auch Patienten mit inzidentell festgestellter Thromboembolie sollten auch so wie andere Malignom-Patienten behandelt werden.
Bei Patienten mit isolierten subsegmentalenLungenembolien oder viszeralen venösen Thrombosen sollte nach spezifischer Beurteilung eine antithrombotische Therapie in Betracht gezogen werden; bei solchen Krankheitsbildern ist insbesondere auch an die Möglichkeit myeloproliferativer Erkrankungen zu denken.

Quintessenz und Kommentar: Die Behandlung einer akuten Thromboembolie mit einem der zugelassenen Antithrombotika stellt, unabhängig von der Genese der Thromboembolie, immer eine On-label-Behandlung dar (dies gilt ebenso für die Rezidivprophylaxe). Thromboembolien bei Tumorpatienten (auch bei ZNS-Befunden, wobei hier potentielle Blutungskomplikationen immer in die differenzialtherapeutischen Überlegungen einzubeziehen sind) können heute auch mit DOACs behandelt werden, wobei die aktuelle Datenlage vor allem Edoxaban oder Rivaroxaban präferiert, allerdings ist dabei von einem Klasseneffekt auszugehen. Bei ausgeprägten und/oder grossvolumigen Befunden sollte weiterhin, mindestens initial, die Behandlung mit NMH in Betracht gezogen werden, da hier (im Gegensatz zu den DOACs) sowohl ein anti-Xa wie auch ein anti-IIa Effekt zum Tragen kommt. Nach allen verfügbaren Daten ist der Einsatz von Vena Cava Filtern bei Tumorpatienten nicht mit einem besseren Outcome, jedoch mit einer (potentiell) höheren Komplikationsrate vergesellschaftet.

5. Sollten Patienten mit aktivem Malignom, aber ohne nach-gewiesene Thromboembolie, eine antithrombotische Therapie erhalten um zu versuchen, das Überleben zu verlängern?

Antikoagulantien sollten bei Patienten mit Malignomen ohne Thromboembolien nicht eingesetzt werden, um zu versuchen, das Ansprechen auf eine Chemotherapie zu verbessern oder eine Lebensverlängerung zu erreichen.

Quintessenz und Kommentar: Es liegen bisher keine überzeugenden Daten vor, die den Einsatz von Antikoagulantien als Zusatz zu einer Chemotherapie oder als Primärprophylaxe unterstützen. Hingegen sollte nicht vergessen werden, dass der Einsatz von Antikoagulantien in der Rezidivprophylaxe tatsächlich zu einer Verbesserung des klinischen Verlaufes beiträgt.

6. Was ist bekannt über den Sinn einer Risikostratifizierung bei Patienten mit aktivem Malignom und was ist bekannt über das Bewusstsein der Patienten zu dieser Problematik?

Bei Tumorpatienten variiert das Thromboembolie-Risiko innerhalb der Population substantiell. Daher sollte eine periodische Beurteilung des Thromboembolie-Risikos erfolgen, insbesondere bei «Meilensteinen» der Behandlung wie Beginn einer Chemotherapie oder einer Hospitalisation. Individuelle Risikofaktoren (zum Beispiel Biomarker, Tumortyp) können ein individuell erhöhtes Risiko nur ungenügend identifizieren. Im ambulanten Bereich können validierte Scores wie zum Beispiel der Khorana Score (Tabelle 1) verwendet werden, um einen Entscheid über eine prophylaktische Behandlung zu unterstützen.
Dabei sollten Patienten durch das Behandlungsteam im Hinblick auf das Thromboembolie-Risiko, insbesondere zusätzliche Risikofaktoren wie grössere chirurgische Eingriffe und Immobilisation, aufgeklärt werden.

Quintessenz und Kommentar: Im stationären Bereich ist insbesondere die stringente, konsequente Vorgehensweise des vorgegebenen Procedere für die Prophylaxe relevant. Solange keine Prophylaxe durchgeführt wird, sollte bei allen Tumorpatienten konsequent eine repetitive Risikobeurteilung erfolgen; im Zweifelsfalle sollte die Indikation zur Prophylaxe bei Tumorpatienten liberal gestellt werden.

Prof. Dr. med. Wolfgang Korte

Zentrum für Labormedizin
Frohbergstrasse 3
9001 St. Gallen

wolfgang.korte@zlmsg.ch

Beyer, BMS, Daiichi Sankyo, Boehringer Ingelheim, Pfize