Psychisch kranke Eltern und ihre Kinder

In der Schweiz lebt eine hohe Zahl von Erwachsenen mit psychischen Problemen. Ein erheblicher Teil hat Kinder, die von ihnen betreut werden. Die Kinder psychisch kranker Eltern sind eine Risikogruppe für Entwicklungsbeeinträchtigungen und psychische Störungen. Um Familien mit psychisch belasteten Elternteilen wirksam helfen zu können, braucht es Fachpersonen, die um die Belastungen und Bedürfnisse wissen, diese adäquat adressieren und den Betroffenen weitere Unterstützungsangebote zugänglich machen.

Je nach Studie wird davon ausgegangen, dass zwischen 30% und 75% der psychisch erkrankten Personen Kinder haben (1). Psychisch kranke Elternteile erleben ihre Elternschaft häufig als ambivalent und den familiären Alltag als überfordernd (2). Zunehmend gibt es Befunde, die starke Wechselwirkungsprozesse zwischen erwachsener und kindlicher Psychopathologie bestätigen (3). Dabei wird Elternschaft auch als Resilienzfaktor für psychisch kranke Eltern (u.a. geringere Suizidrate) sowie als Motivation für deren psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung (4) betrachtet. Die Belastung durch die Elternschaft steht aber bei den meisten psychisch kranken Eltern im Vordergrund. So zeigen Studien, dass das Erleben mangelnder Selbstwirksamkeit bzw. elterlicher Hilflosigkeit psychische Erkrankungen bei den Eltern mit-auslösen oder verstärken können (5). Zusätzlich können kindliche Verhaltensweisen vorhandene elterliche Traumata «triggern» und in Form von co-traumatischen Zirkeln hochschaukeln (6), was zu einer Verschlechterung des psychischen Zustandes des Erwachsenen führen kann.

Situation der Kinder

In der Schweiz wird – in Anlehnung an die statistischen Erhebungen in Deutschland – davon ausgegangen, dass ca. 20% der Kinder mit psychisch belasteten oder erkrankten Eltern aufwachsen, d.h. ca. 300 000 Kinder und Jugendliche sind betroffen (7). Die Lebenssituation von Kindern psychisch kranker Eltern ist zum einen durch unmittelbare Probleme, die sich direkt aus dem Erleben der Krankheit der Eltern ableiten lassen, charakterisiert. Dies können emotionale Mangelerfahrungen, Scham- und Schuldgefühle, Ängste, Desorientierung und Isolation sein. Die Probleme werden dadurch hervorgerufen, dass Kinder die Krankheitssymptome und Probleme der Eltern oftmals nicht verstehen und nicht einordnen können. Ausserdem ist die elterliche Erkrankung oft ein Familiengeheimnis, was den betroffenen Kindern den Zugang zu möglichen Ressourcen ausserhalb der Familie erschwert oder sogar verunmöglicht. Zum anderen bringt die psychische Erkrankung eines Elternteils stets Folgeprobleme mit sich, wie die indirekt durch die Krankheit veränderte soziale Situation (u.a. Armut, unzureichende Wohnverhältnisse) und familiäre Konstellation (u.a. Trennungen, Betreuungsdefizite). Gehäuft kommt es seitens der Eltern zu Verantwortungsverschiebungen gegenüber den Kindern (Parentifizierungen), die zur Missachtung kindlicher Bedürfnisse und zu Entwicklungsstörungen führen können.
Kinder von psychisch kranken Eltern haben je nach Studie ein 3- bis 13-fach erhöhtes Risiko, selbst auffällig zu werden (8). Da dies auf das Zusammenwirken von protektiven (u.a. gute Beziehungserfahrungen) und belastenden Faktoren zurückzuführen ist, sind resilienzfördernde Angebote für die Kinder besonders sinnvoll und wirksam.

Was braucht es?

Obwohl die Fachpersonen mittlerweile wissen, dass diese Eltern und ihre Kinder häufig einen Hilfebedarf aufweisen, wird dies nach wie vor zu wenig berücksichtigt und die Inanspruchnahme bestehender Angebote durch die belasteten Familien ist gering (9). Um dies zu ändern, braucht es bei den Fachpersonen einen Perspektivenwandel von der Fokussierung auf den Einzelnen hin zu einer Generationenperspektive, die das (familiäre) Beziehungsfeld stärker berücksichtigt.
Der Arzt, insbesondere der Hausarzt, der häufig eine wichtige Bezugsperson für die Familien ist, kann die mit ihm verbundenen positiven Beziehungserfahrungen nutzen, um die Belastung in der Eltern-Kind-Beziehung und die Frage nach Hilfen für die Eltern anzusprechen. Klaus Dörner beschreibt seine Haltung als Arzt in dieser Hinsicht folgendermassen: «Wenn ich einem neuen Patienten in der Praxis oder auf der Station zur Begrüssung die Hand gebe, muss ich wissen, dass dies schon mein erster Irrtum ist. In Wirklichkeit gebe ich damit einer Familie die Hand, für die ich damit Zuständigkeit und Verantwortlichkeit in unterschiedlicher, aber noch unbekannter Intensitätsverteilung übernehme.» (10)
In der Arbeit mit psychisch belasteten Elternteilen wäre es deshalb sinnvoll, wenn der Arzt mit ihnen nicht nur über ihr Befinden, ihre Bedürfnisse und ihren Zugang zu Unterstützungsangeboten (z.B. Psychotherapie) spricht, sondern auch die Lebenssituation der Kinder sowie deren Bedürfnisse und Unterstützungsbedarf abklärt. Der gesunde Elternteil und das weitere soziale Umfeld sind mitzudenken und gegebenenfalls einzubeziehen. Die klinisch-psychotherapeutische Erfahrung zeigt, dass Partner von psychisch kranken Elternteilen ebenfalls unserer Aufmerksamkeit und Unterstützung bedürfen und dass die unreflektierte Erwartung, dass diese immer als eine Art «Co-Therapeuten» verstanden und eingesetzt werden können, nicht selten zu deren Überforderung beiträgt. Damit die psychisch belasteten Eltern sich öffnen und Hilfe annehmen können, ist eine Beziehungsgestaltung notwendig, die durch eine wertschätzende und dialogische Haltung charakterisiert ist (7).
Die Präventionsforschung der letzten Jahrzehnte hat aufgezeigt, dass Familien mit psychosozialen Belastungen von massgeschneiderten, niederschwelligen, möglichst nah an ihrer Lebenswelt angesiedelten Angeboten am besten profitieren können (aufsuchende Familienarbeit, Patenschaften, Elterngruppen). Obwohl es zunehmend Angebote gibt, sind diese in der breiteren Fachöffentlichkeit nicht immer bekannt. Neuere Untersuchungen verweisen aber auch auf die Schwierigkeit von psychisch kranken Eltern, geeignete Hilfen selbständig in Anspruch zu nehmen (2). Hinzu kommen grosse Ängste, dass Hilfe anzufordern zu einer Stigmatisierung und letztlich zum Sorgerechtsentzug führen könnte. Deshalb ist es wichtig, dass Fachpersonen über vorhandene Angebote informiert sind und psychisch belastete Eltern proaktiv ansprechen. Die Implementierung von Hilfen bedarf einer guten Vernetzung und der Bereitschaft, interdisziplinär zu denken und zu handeln.

Welche Angebote gibt es für die Kinder psychisch kranker Eltern?

In der Schweiz bestehen nach wir vor – regional unterschiedlich – deutliche Angebotslücken. Dennoch gibt es zunehmend Bemühungen, belasteten Familien früh und passend Hilfen zukommen zu lassen.
In der Tabelle sind verschiedene Angebote in unterschiedlichen Regionen aufgelistet.

Ein konkretes Beispiel: Die Spezialsprechstunde für Fachpersonen in den KJPD St. Gallen

Neben dem Versorgungsauftrag ist die indizierte Prävention ein zentrales Anliegen der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienste St. Gallen. In diesem Zusammenhang bieten diese u.a. eine Spezialsprechstunde für Fachpersonen (Ärzte, Lehrpersonen und Fachpersonen aus dem Sozialbereich) an. Die Fachpersonen können sich telefonisch von Expertinnen beraten lassen sowie Informationen bezüglich Materialien, Vorgehen etc. einholen (siehe auch Website der KJPD St. Gallen).

Dr. phil. Maria Teresa Diez Grieser

Forschungsleitung
Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste St. Gallen
Brühlgasse 35 / 37
9004 St. Gallen

mariateresa.diez@kjpd-sg.ch

Die Autorin hat keinen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Psychisch kranke Eltern brauchen Hilfe im Alltag und Unterstützung in der Beziehungsgestaltung mit ihren Kindern
  • Kinder psychisch kranker Eltern sind eine Risikogruppe
  • Niederschwellige Angebote, die möglichst nahe an der Lebenswelt der Familien angesiedelt sind, helfen wirksam
  • Der Arzt kann als niederschwellige Anlaufstelle und Vertrauensperson psychisch kranke Eltern darin unterstützen, Hilfen selber anzufordern oder diese gegebenenfalls einleiten und begleiten
  • Die Erfassung des Bedarfs braucht eine proaktive Ansprache seitens des involvierten Arztes.

Literatur:
1. Mattejat F., Remschmidt H. The children of mentally ill parents. Deutsches Ärzteblatt International. 2008;105:413-418
2. Hefti S, Kölch M, Di Gallo A, Stierli R, Roth B, Schmid M. Welche Faktoren beeinflussen ob psychisch belastete Kinder mit einem psychisch kranken Elternteil
Hilfen erhalten? Kindheit und Entwicklung. 2016:25(2):89-99
3. Sellers RF, Hammerton G. Antecedents of new-onset major depressive disorder in children and adolescents at high familial risk. JAMA Psychiatry.2016;3140
4. Qin P, Agerbo E, Mortensen PB. Suicide risk in relation to socioeconomic, demographic, psychiatric, and familial factors: a national register-based study of all
suicides in Denmark, 1981-1997.Am J Psychiatry. 2003;160:765-772
5. Bonfils KA, Adams EL, Firmin RL, White LM. Parenthood and Severe Mental Illness: Relationships With Recovery. Psychiatric Rehabil J. 2014;37(3):186-193
6. Pleyer KH. Co-traumatische Prozesse in der Eltern-Kind-Beziehung. Systhema. 2004;18(2):132–149
7. Diez Grieser MT. Kinderpsychisch belasteter Eltern. Frühzeitig erfassen und
passende Unterstützung anbieten. Pädiatrie. 2017;6(17):21-25
8. Hosman CMH, van Doesum KTM, van Santvoort F. Prevention of emotional problems and psychiatric risk in children of parents with a mental illness in the Netehrlands: I. The scientific basis to a comprehensive approach. Australian
J. Adv. Ment. Health. 2009;250–263:1924.
9. Kühnis R, Müller-Luzi S, Schröder M, Schmid M. Zwischen Stuhl und Bank –
Hindernisse bei der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten für Familien mit einem psychisch kranken Elternteil. Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 2016; 65:249-265
10. Döner K. Der gute Arzt. Lehrbuch der ärztlichen Grundhaltung. Schattauer
Verlag. 2001:145.

Kardiovaskuläre Primärprävention

In diesem Beitrag sollen ernährungsmedizinische Primärpräventions-Massnahmen auf einige wenige umsetzbare und wirksame Empfehlungen niedergebrochen werden: Prioritär soll ein bedarfsgerechtes, mehrheitlich pflanzenbasiertes, Nahrungsmittelstruktur-erhaltendes Ernährungsmuster praktiziert werden. Ernährungsmassnahmen sind wirksam und effizient, aber die klassischen Risikofaktoren (wie z.B. Hypertonie) sollen vor lauter «gesunder Ernährung» nicht vergessen werden.

Prävention ist immer gut. Wie wir aber aus dem Praxisalltag wissen, ist Primärprävention (PP) schwierig und selten nachhaltig. Der Begriff «Prävention» leitet sich vom lateinischen «praevenire» = «zuvorkommen»/«verhüten» ab. Prävention beinhaltet also ein proaktives Handeln durch ein Individuum, bei allerdings fehlenden Beschwerden. In letzterem Umstand liegt die Krux. Primäre Prävention muss also zu einem Zeitpunkt stattfinden, zu dem noch kaum Pathologie und im Besonderen auch keine klinischen Symptome vorhanden sind. Handeln in solch einem Setting erfordert ein hohes Mass an Gesundheitskompetenz (d.h. ein hohes pathophysiologisches Verständnis). Unter Gesundheitskompetenz versteht man die Fähigkeit eines Individuums, im Alltag Entscheidungen mit positiven Gesundheitseffekten zu fällen. Nach einer BAG Erhebung weisen 46% der Schweizer eine ausreichende oder ausgezeichnete Gesundheitskompetenz auf (dies beinhaltet, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine unzureichende Gesundheitskompetenz hat) (1). Der Praxisalltag lehrt uns, dass zur konsequenten erfolgreichen Umsetzung von PP-Massnahmen eine gute bis ausgezeichnete Gesundheitskompetenz notwendig wäre – «ausreichend» ist tatsächlich nicht «ausreichend». Innovative einfach verständliche und einfach umsetzbare Strategien und Massnahmen zur PP sind also mehr denn je angezeigt. Die seit Jahren gepredigten Empfehlungen der Primärprävention sind bekannt und sollen hier nicht wiederholt werden, sondern es sollen ein paar ausgewählte – und für die meisten Leser auch neue – Aspekte gezielt in Erinnerung gerufen werden.

Was kann mit Primärprävention erreicht werden?

Idealerweise findet PP im Praxisalltag und auf Populationsebene statt. Mittlerweile klassische Daten aus Finnland zeigen, dass durch eine langfristige und nachhaltige PP auf Populationsebene die Koronarmortalität um bis zu 80% reduziert werden konnte (2). Eindrückliche Zahlen, welche zum Teil dadurch bedingt sind, dass in Finnland die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren extrem verbreitet waren. Eine interessante Beobachtung war, dass der grösste Teil der Risikoreduktion in den ersten 10 Jahren der Intervention beobachtet wurde (2). Interessant ist zudem, dass diese Risikoreduktion zum grössten Teil durch die Kontrolle von drei Risiken – Rauchen, Plasma Cholesterinspiegel und Blutdruck – erreicht wurde. Die meisten von uns werden sich sagen, dass es ja «klar ist, dass durch die Kon-trolle dieser Risikofaktoren das kardiovaskuläre Risiko reduziert wird – nichts Neues». Dem ist tatsächlich so, aber warum sind bei einem grossen Anteil der Patienten diese drei Risikofaktoren immer noch ungenügend kontrolliert?
Der Stellenwert von Primärprävention wird oftmals unterschätzt: wir wissen, dass sich die Atherosklerose über Jahrzehnte langsam entwickelt und dass sich dann ein akuter Myokardinfarkt in 40-50% der Fälle als Erstmanifestation perakut in Erscheinung tritt. Dann allerdings eine klare Indikation – sofern der Patient das Ereignis überlebt – für Sekundärprävention. Viele dieser Patienten waren sich des Risikos nicht bewusst und hatten wohl auch einen eher tiefen Risikoscore. Neue vielversprechende Studien zeigen, dass durch die Kombination von einem Risikoscore wie beispielsweise dem Framingham Risk Score (FRS), zusammen mit einem durch Imaging erhobenen Koronar-Kalzium Score eine synergistische (bessere) Risikoprädiktion erreicht werden kann (3). Es ist noch nicht bekannt, ob durch ein derartig kombiniertes Risiko-Assessment eine bessere und nachhaltigere Risikomodulation mittels einer konsequenteren Umsetzung von Lifestyle-Massnahmen erreicht werden kann. Aus der klinischen Sprechstunde wissen wir, dass Individuen mit einem erhöhten Kalzium-Score allenfalls «diszipliniertere» Umsetzer der Primärprävention werden können. Aber auch hier braucht es die entsprechende Gesundheitskompetenz.

Illusionäre Unverwundbarkeit

Mittlerweile wurden weit mehr als 500 verschiedene Atherosklerose und KHK Riskofaktoren indentifiziert. Die Mehrheit dieser Faktoren ist lediglich akademisch interessant. Zudem zeigen viele dieser Risikofaktoren – im Vergleich zu den oben erwähnten «Drei Klassikern» – relativ wenig bis keinen Effekt in randomisierten Studien. Zu diesen vielen Faktoren gehören auch diverse Ernährungsfaktoren (z.B. bestimmte Vitamine, Spurenelemente, ungesättigte Fette etc.). Eine schlechte bis fehlende Evidenz ist vielen dieser Faktoren gemeinsam. Trotzdem konsumieren viele Menschen zur Kardioprotektion die verschiedensten Supplemente, was u.U. sogar in einem erhöhten Risiko resultieren kann (4). Der Konsum von Supplementen provoziert u.a. eine «illusionäre Unverwundbarkeit». In einer Studie von Chiou et al. (5) wurde gezeigt, dass die Konsumenten von verschiedensten Nährstoffsupplementen eine ungünstige Veränderung in ihrem Gesundheitsverhalten aufwiesen, wie z.B. eine geringere körperliche Aktivität, weniger präventive Aktivitäten und Verhaltensweisen oder auch Bevorzugung einer weniger kardioprotektiven Ernährung. Es scheint, dass der Konsum von Supplementen die Wahrnehmung proatherogener Verhaltensweisen harmloser erscheinen liess. Eine interessante Beobachtung, welche längerfristig unvermeidlich in einem höheren Risiko resultiert. In Analogie dazu zeigen Patienten, bei denen eine Statin-Therapie begonnen wurde, im Verlaufe der Zeit eine grössere Gewichtszunahme, als eine Kontrollpopulation ohne Statine (6). Die Statineinnahme induziert scheinbar ebenfalls ein falsches Sicherheitsgefühl: «Ich nehme Statine ein, also bin ich geschützt und brauche mich nicht um mein Gewicht zu kümmern». Eine trügerische Schlussfolgerung wie wir bestens wissen. Diese Beispiele zeigen die Komplexität der PP und zunehmends werden wir uns bewusst, dass wir den Determinanten der Selbstregulation eine vermehrte Aufmerksamkeit schenken müssen.

Einzelne Nährstoffe vs. Ernährungsmuster

In den letzten Jahren zeigte sich, dass nicht einzelne Nährstoffe krankheitsprotektive Effekte haben, sondern vielmehr das ganze Ernährungsmuster («dietary pattern») – d.h. der Mix vieler verschiedener nutritiver und nicht-nutritiver Komponenten. Epidemiologische Studien zeigen eine Assoziation zwischen Atheroskleroserisiko und Essmuster (direkt Assoziation durch hohe Zufuhr an Fett, Fleisch und prozessierten Nahrungsmitteln versus einer inversen Assoziation durch ein mehrheitlich pflanzenbasiertes und bedarfsgerechtes Ernährungsmuster). In der Literatur finden sich auch die Begriffe «westliches Ernährungsmuster» versus «healthy pattern». In Anbetracht der Globalisierung der modernen prozessierten Ernährung ist der Begriff «westliches Ernährungsmuster» wohl nicht mehr zeitgerecht, vielmehr soll von einem durch einen hohen Konsum an prozessierten Nahrungsmitteln, Fleisch und wenig Früchten und Gemüse charakterisierten Muster gesprochen werden. Das eher protektive Essmuster ist ein «pflanzenbasiertes Muster mit minimaler Verarbeitung». Ein etabliertes und durch viele Studien supportiertes Essmuster ist die sogenannte DASH-Ernährung. DASH ist die Abkürzung für «dietary approaches to stop hypertension» (8), eine Ernährung charakterisiert durch eine vermehrte Zufuhr von Früchten und Gemüse, fettreduzierten Milchprodukten, Vollkornprodukte und generell weniger Fleisch und Fleischprodukte und geringe Mengen einfacher Zucker. Am Anfang wurde das DASH Muster auch als «Kombinations-Ernährung» propagiert, d.h. das Ziel war es, ein vielseitiges, bedarfsgerechtes pflanzenbasiertes Essmuster mit Milchprodukten und mit wenig prozessierten Nahrungsmitteln zu etablieren. Die Wirksamkeit dieser Ernährungsempfehlung liegt in der «Kombination verschiedener Nahrungsmittel» – ähnlich einem modernen pharmakologischen Kombinationspräparat. Die seit bald 20 Jahren propagierte DASH Diet stellt einen Kontrapunkt zu der modernen hoch-prozessierten, früchte- und gemüsearmen modernen Ernährung dar. Eine derartige Diät enthält per definitionem weniger NaCl («Salz»), weniger gesättigten Fette, weniger einfache Kohlenhydrate («Zucker») und deutlich mehr Kalium, Kalzium, Nahrungsfasern. Kein Wunder, dass dadurch eine hochrelevante Blutdrucksenkung erreicht werden kann. Ein Charakteristikum des DASH Musters ist auch der geringe oder fehlende Anteil an prozessierten Nahrungsmitteln.

«Strukturbelassenes Essen»

«Wie und was soll ich denn Essen?» – eine immer wiederkehrende Frage im Praxisalltag, die viele von uns bei der verwirrenden Vielfallt an konträren und wenig evidenzbasierten marktgesteuerten Empfehlungen nur mit Mühe beantworten können. Im Rahmen dieses kurzen Beitrags sollen keine extensiven Empfehlungen formuliert werden, sondern es soll lediglich ein – allerdings sehr zentrales – einfaches Prinzip in Erinnerung gerufen werden. Es handelt sich dabei um ein Konzept, welches auch ohne grosse Gesundheitskompetenz verstanden und umgesetzt werden kann.
Die einzige Sicherheit, welche die Mehrzahl der Menschen hat, ist, dass sie im Verlaufe der Zeit älter und schwerer werden. Übergewicht und Adipositas sind die wichtigsten Krankheitsmodulatoren weltweit, die im Moment nur primärpräventiv kostengünstig behandelt werden können. Die Genetik als mögliche Mitursache des Übergewichts können wir nicht wegdenken, wir dürfen diese aber auch nicht überbewerten. Letzteres wird dadurch supportiert, dass das Übergewicht und Adipositas eine Pandemie darstellt, welche unabhängig von spezifischen genetischen Faktoren in allen Population und allen Weltregionen aufgetreten ist. Dies deutet darauf hin, dass die Ursache exogen und scheinbar modifizierbar und beeinflussbar ist. Die konsistenteste epidemiologische Assoziation zwischen einem Ernährungsfaktor und dem Körpergewicht zeigt sich zwischen Konsum von (hoch-) prozessierten Nahrungsmitteln und Prävalenz und Inzidenz von Übergewicht (8, 9). Ein gewisses minimales Food-Processing (mehrheitlich aus Konservierungszwecken) ist in der modernen Gesellschaft nicht wegzudenken. Unter hochprozessierten («ultra-processed food») Nahrungsmitteln versteht man Nahrungsmittel, welche billig herzustellen sind, eine hohe Energie- und in der Regel geringe Nährstoffdichte haben, und aufgrund der veränderten Nahrungsstruktur und verschiedenster Zusatzstoffe (z.B. Aromastoffe, Farbstoffe, Taste-Blockern etc.) hochpalatabel sind. Zudem werden diese Produkte disproportional stark beworben und entsprechend auch konsumiert. In vielen Ländern wird mehr als 50% der Energiezufuhr durch hochprozessierte Nahrungsmittel eingenommen. Es handelt sich dabei nicht nur um die klassischen Fastfood Nahrungsmittel und Snacks, sondern um verschiedenste Produkte (wie z.B. die meisten Fertigprodukte, Kuchen und Backwaren). Viele Studien zeigten eine direkte Beziehung zwischen dem Konsum dieser Produkte und dem Körpergewicht. Ein nicht-beachtetes Charakteristikum der hochprozessierten Nahrungsmittel ist, dass die ursprüngliche Struktur der verwendeten Nahrungsmittel durch die Verarbeitung verloren gegangen ist und eine neue Struktur sozusagen «rekonstituiert» wurde. Am einfachsten lässt sich dieser Strukturverlust anhand von Vollkornprodukten aufzeigen: Sobald die naturgegebene Struktur von einem Getreidekorn zerstört wird, folgt die Pathologie. Ein klassisches Auszugsmehlprodukt, wie z.B. ein Weissmehlprodukt, liefert nur nährstoffarme Kalorien und bewirkt einen hohen glykämischen Index. Das Ausgangsprodukt von Weissmehl, nämlich ein vollständiges Getreidekorn, ist ernährungsphysiologisch gerade das Gegenteil: eine nährstoffdichte, blutzuckerstabilisierende und sättigende Energiequelle. Ein elektronenmikroskopisches Bild eines Getreidekorns zeigt diesen Sachverhalt auf eindrückliche Art und Weise: die Stärke ist in viele kleine Kompartimente verpackt, was in einer nur verzögerten Freisetzung der Bestandteile (auch der Glukose) resultiert. Letzteres ist mit den bekannten gesundheitlichen Vorteilen verbunden. Es wird vermutet, dass ein grosser Anteil der gesundheitlichen Effekte von Vollkornprodukten durch Effekte auf das Mikrobiom bedingt ist. In diesem Zusammenhang ist die Struktur des Vollkorns ebenfalls ein zentraler Modulator der Effekte auf das Mikrobiom in den verschiedenen Darmabschnitten, die Biozugänglichkeit und Bioverfügbarkeit der verschiedenen Komponenten. Die «Natur» wusste, warum sie die Struktur der Zellwände derart komplex gestaltete. Eine Imitation der Natur durch den Menschen ist bisher noch nie gelungen. Nicht umsonst findet im wahrsten Sinne des Wortes ein Kampf um die Definition des Begriffs Vollkorn statt. Primärprävention in der Ernährung wird relativ einfach, wenn möglichst nicht-prozessierte Nahrungsmittel konsumiert werden. Möglichst eine strukturbelassene mehrheitlich pflanzliche Ernährung ist eine einfache und wirksame primärpräventive Strategie für die meisten chronischen Erkrankungen.

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Zweitabdruck des in info@herz+gefäss 2018:8(3);4-6 erschienen Originalartikels.

Prof. Dr. med. Paolo M. Suter

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8044 Zürich

paolo.suter@usz.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Prioritär soll ein bedarfsgerechtes, mehrheitlich pflanzenbasiertes, Nahrungsmittelstruktur-erhaltendes Ernährungsmuster praktiziert
    werden.
  • Ernährungsmassnahmen sind wirksam und effizient, aber die klassischen Risikofaktoren (wie z.B. Hypertonie) sollen vor lauter «gesunder Ernährung» nicht vergessen werden.

Literatur:
1. Faktenblatt Gesundheitskompetenz in der Schweiz. BAG 2017. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/
gesundheitskompetenz.html
2. Jousilahti P et al. Primary prevention and risk factor reduction in coronary heart disease mortality among working aged men and women in eastern Finland over 40 years: population based observational study. BMJ 2016;352:i721
3. Rozanski A. et al. Primary Prevention of CVD. The Role of Imaging Trials. J AM Coll Cardiol 2017;10:304-16
4. Moyer VA et al. Vitamin, Mineral, and Multivitamin Supplements for the Primary Prevention of Cardiovascular Disease and Cancer: U.S. Preventive Services Task Force Recommendation Statement. Ann Intern Med 2014;160:558-64
5. Chiou WB et al. Ironic effects of dietary supplementation: illusory invulnerability created by taking dietary supplements licenses health-risk behaviors. Psyhol
Sci 2011;22(8):1081-6
6. Sugiyama T et al. Is There Gluttony in the Time of Statins? Different Time Trends of Caloric and Fat Intake between Statin-users and Non-users among US Adults. JAMA Intern Med 2014;174(7):1038–45
7. Satija A et al. Plant-based diets and cardiovascular health. Trends in cardiovascular medicine. (2018 in press)
8. Sacks FM et al Effects on Blood Pressure of Reduced Dietary Sodium and the Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) Diet. N Engl J Med 2001;344:3-1
9. Monteiro CA et al. Household availability of ultra-processed foods and obesity in nineteen European countries. Public Health Nutr 2018;21(1):18-26
10. Fiolet T et al. Consumption of ultra-processed foods and cancer risk: results from NutriNet-Santé prospective cohort. BMJ 2018;360:k599

Anenhütte im Lötschental

Diese kleine Rundwanderung beginnt zuhinterst im Lötschental beim grossen Parkplatz vor den Hütten des Gletscherstafels. Wir überqueren gleich am Ende der früheren Alpsiedlung die Lonza und folgen für den Aufstieg zur Anen-Hütte vorerst dem Weg in Richtung Langgletscher. Wir bewegen uns aus geologischer Sicht im Aare-Massiv, dem kristallinen Sockelbereich der Alpen, der etwa 260 Millionen Jahre alt ist. Im Lötschental herrschen Gneise mit Einlagerungen von Augengneisen vor. Der im Norden anschliessende Petersgrat besteht aus Graniten des kleinen Gastern-Massivs, das ebenfalls zum Sockel aus dem Erdaltertum gehört, genauso wie die Granitpyramide des Bietschhorns auf der Südseite des Tales. Beeindruckend sind auch die glazialen Veränderungen der Alpen, die wir auf dieser Wanderung beobachten können. Wir verwenden Kartenmaterial aus den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts, die gegenüber dem Gelände eine noch wesentlich grössere Ausdehnung der Gletscher am Talende aufzeigen. Die verschiedenen im Gletschervorfeld kreisförmig verlaufenden Moränenzüge lassen unschwer den Rückzug des Eises erkennen. Entsprechend instabil ist der vom Eisdruck befreite Moränenhang an der Gandegga. Aber nicht nur der Gletscherrückzug destabilisiert die Berghänge, sondern auch der abnehmende Permafrost. Während der Wanderung begleiten uns ständig Stein- und Eisschlag aus den Wänden des Breit- und der Lonzahörner.
Die reiche Flora im Bereich des Gletschervorfeldes wird rarer, je mehr wir uns dem Langgletscher nähern. Trotzdem ist es erstaunlich, wie selbst Lärchen dem Eis auf dem Fusse zu folgen scheinen und selbst auf über 1900 Metern Höhe in den Geröllfeldern von Ganderre Wurzeln schlagen, wohl auch begünstigt durch die allmähliche Erwärmung unserer Atmosphäre.
Auf fast 2000 Metern Höhe wendet sich der Pfad gegen Norden und quert die Lonza auf einer Brücke. Wild schäumt das Wasser, als würde der Gletscher in Strömen schwitzen. Wir erklimmen die Geländerippe südlich des Anunbachs und folgen dieser bis zur Hütte (Abb. 1).
Die alte Anenhütte wurde 2007 durch eine mächtige Staublawine vollständig zerstört. Ihr Besitzer, der Bergführer und Ingenieur Peter Tscherrig liess sich dadurch nicht entmutigen und begann umgehend mit Planung und Bau der neuen, in ihrer Bauweise einmaligen Hütte. Diese stellten grosse Herausforderungen. Vorerst mussten die über zwei Kilometer verstreuten Trümmer der alten Hütte aufgesammelt und ausgeflogen werden. Danach konnte mit dem Aushub und dem Rohbau des neuen Gebäudes begonnen werden. Dieses besteht aus einem massiven Stahlbetonbau, der einem erneuten Lawinenniedergang zu widerstehen vermag. Die bergseitigen Glasfenster weisen deshalb eine Dicke von sieben Zentimetern auf! Auch das Dach besteht aus Stabilitätsgründen aus Stahlbeton. Trotzdem wirkt die Hütte wie aus einem organischen Guss erstellt und fügt sich harmonisch in das Landschaftsbild ein. Der geräumige und geschickt mit viel Holz gestaltete Innenausbau strahlt Wärme und Geborgenheit aus.
Nach dem ausgezeichneten Mittagessen auf der Südterrasse steigen wir noch gegen den Anengletscher auf, bevor wir den Weg über die Gugginalp zum Guggistafel unter die Füsse nehmen (Abb. 2). Dieser beginnt an der Nordostecke der Hütte und führt zum Anunbach hinunter. Danach folgt er der Hangschulter mit seinen zahlreichen Moränenbuckeln am Fuss des Gugginbärgs. Vor dem Guggisee zweigt ein Weg ab, der direkt zum Gletscherstafel zurückführt. Wir leisten uns den Umweg über den malerisch gelegenen Guggistafel, von wo man weiter Richtung Westen oder mit einem Schlenker nach Osten zum Ausgangspunkt der Rundwanderung im Gebiet des UNESCO-Kulturerbes zurückkehren kann (Abb. 4). Einmal mehr beeindruckte uns der rasante Gletscherschwund der letzten Jahrzehnte, der diese einmalige Gebirgslandschaft weiter dramatisch verändern und destabilisieren wird. Wie zur Mahnung zieht zum Schluss ein mächtiges Gewitter auf, das die Landschaft in ein gespenstisch wildes Licht taucht (Abb. 3).

 

Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo

Riedstrasse 9
6430 Schwyz

christian.besimo@bluewin.ch

Hépatite C

L’ Organisation mondiale de la santé (OMS) estime que 1,34 million de personnes sont décédées d’ une hépatite virale en 2015 et que 1,75 million ont été nouvellement infectées par le VHC (1). De plus, 71 millions de patients sont infectés par le VHC dans le monde selon l’ OMS. En Suisse, le nombre de personnes chroniquement infectées est estimé actuellement à 36 000-43 000 personnes, ce qui correspond à une prévalence de 0,7 %. Cependant, seul un peu plus de la moitié des porteurs du virus ont été testés. Il faut donc supposer qu’ un grand nombre de patients n’ aient pas encore été diagnostiqués. La morbidité et la mortalité de l’ hépatite C chronique ont dépassé celles du VIH depuis le tournant du millénaire (2). Cet article présente, à travers une perspective historique, les recommandations pour le diagnostic et pour le traitement de l’ hépatite C.

Bien que la prévalence de l’ hépatite C virémique soit en baisse depuis 2000, le pic de morbidité et de mortalité ne sera atteint qu’  en 2030 (3) en raison de l’ évolution naturelle de la maladie et de sa possibilité de séquelles tardives (cirrhose et ses complications, ainsi que carcinome hépatocellulaire). Jusqu’ à l’ introduction des nouveaux traitements appelés antiviraux à action directe (directly acting antivirals, DAA) en 2011 resp. 2014, nous n’ étions pas en mesure de faire face à ce scénario. Toutefois, en 2014, seuls les patients atteints de fibrose avancée (F3) ou de cirrhose (F4) ont pu être traités. Grâce à la collaboration entre le Groupe d’ experts suisse sur l’ hépatite virale (SEVHep), l’ Office fédéral de la santé publique, les associations médicales et les personnes concernées ainsi que les ajustements de prix, une nouvelle ère a pu débuter en octobre 2017. En effet, tous les patients peuvent désormais être traités quel que soit le degré de fibrose. Ainsi, il sera maintenant possible d’ avoir une influence efficace sur les nouvelles infections et les maladies secondaires de l’ hépatite C. La coopération des différents acteurs a conduit à la mise en place de la « Stratégie suisse contre l’ hépatite » visant à réduire à 0 % d’ ici 2030 les nouvelles infections par l’ hépatite C, les carcinomes hépatocellulaires ainsi que les transplantations liées à l’ hépatite C.

Historique de la thérapie de l’ hépatite C

Au début des années 1990, le traitement de l’ hépatite C consistait en une monothérapie à l’ interféron alpha (3 injections par semaine pendant 24-48 semaines), avec des effets secondaires prononcés dans certains cas et un faible taux de guérison (10 %) (4). Depuis la combinaison avec la ribavirine en 1998, le taux de guérison est passé à 30-40 %. La pégylation de l’ interféron en 2001 a prolongé la demi-vie de la substance, facilitant ainsi le traitement et augmentant à nouveau le taux de guérison (45 %). En 2011, les inhibiteurs de la protéase de première génération (bocéprévir et télaprévir) ont été lancés. Ceux-ci inhibent certaines protéines virales du virus de l’ hépatite C (protéase virale NS3-4A) étant importantes pour sa réplication. Il a donc fallu combiner les inhibiteurs de la protéase de première génération avec l’ interféron pégylé et la ribavirine. Ceux-ci ont été limités au génotype 1 et ont parfois entraîné des effets secondaires cutanés graves. Toutefois, le taux de guérison a été amélioré (65 à 75 %). L’ approbation d’ autres substances (inhibiteurs de la polymérase virale NS5B et de la protéine NS5A) a finalement marqué la percée dans le traitement du VHC. En effet, pour la première fois, des thérapies sans interféron pouvaient être appliquées en combinant 2 à 3 agents du type DAA (5). En comparaison avec les thérapies à base d’ interféron, ces thérapies permettent une durée de traitement nettement plus courte (12-24 semaines), avec des taux de guérison considérablement améliorés de 90-100 % et un profil d’ effets secondaires faible.

Diagnostic de l’ hépatite C

Avec la découverte du virus de l’ hépatite C par Qui-Lim Choo, George C. Kuo et Michael Houghton en 1989, le premier test de détection des anticorps a été mis au point et, en 1990, le test de dépistage du virus de l’ hépatite C a également été introduit en Suisse (6). Cela a permis de tester les produits sanguins et de les rendre plus sûrs. L’ hépatite C, tout comme l’ hépatite B et l’ infection par le VIH, est une maladie à déclaration obligatoire en vertu de la Loi sur les épidémies (rapport de laboratoire). Le diagnostic d’ une infection active par le virus de l’ hépatite C est basé sur le test de dépistage des anticorps anti-VHC ainsi que la détection de l’ ARN du VHC dans le sérum par l’ amplification en chaîne par polymérase (« polymerase chain reaction », PCR). La détection des anticorps seule ne suffit pas pour diagnostiquer l’ hépatite C chronique. En effet, environ 20 % des personnes infectées éliminent le virus après la phase aiguë de l’ infection : il s’ agit de l’ hépatite C vécue. Au cours de l’ infection initiale, les anticorps anti-VHC deviennent détectables après sept à huit semaines en moyenne. Le test de détection des anticorps de l’ hépatite C devrait être effectué chez les personnes à risque accru. Il s’ agit notamment des personnes ayant un taux élevé de transaminases ou d’ autres maladies du foie, ayant déjà consommé ou continuant à consommer des drogues par voie intraveineuse ou intranasale, des personnes en hémodialyse, des personnes ayant reçu des produits sanguins ou des transfusions avant juillet 1992, des personnes tatouées, ayant des piercings ou ayant été soumises à des procédures invasives dans des conditions d’ hygiène précaires ainsi que des personnes atteintes du VIH ou de l’ hépatite B. Cela inclut également les partenaires de patients infectés par le VHC, les enfants de mères positives au VHC, les hétérosexuels avec plusieurs partenaires sexuels, les hommes ayant des rapports sexuels avec d’ autres hommes (HSH) ainsi que les personnes ayant des contacts professionnels étroits avec le sang humain. La stratégie suisse de dépistage des hépatites B et C a été révisée en 2013 (7).
Une fois le diagnostic du VHC posé, le patient devrait être dirigé vers un spécialiste pour obtenir des éclaircissements. Les examens complémentaires comprennent des examens de laboratoire, une échographie du foie, une élastographie du foie et éventuellement une biopsie du foie. Ces examens servent à la détermination de la fibrose hépatique (stadification de la fibrose avec F0 à F4) et de la fonction hépatique qui décident de l’ urgence du traitement du VHC. En outre, les patients seront examinés pour détecter la présence de manifestations dites extrahépatiques de l’ hépatite C (p.ex. fatigue prononcée, douleurs articulaires, cryoglobulinémie mixte et vasculite leucocytoclastique, maladies lymphoprolifératives associées au VHC et maladies rénales, etc.), pouvant survenir indépendamment du stade de la fibrose et influencer la décision thérapeutique.

Traitement de l’ hépatite C

Dans le cas de l’ hépatite C, contrairement au VIH et au VHB (objectif thérapeutique : suppression de la virémie), l’ élimination du virus peut être visée. L’ ARN négatif du VHC, 12 semaines après la fin du traitement, est appelé « réponse virologique soutenue », SVR12 (« sustained virologic response »). 99 % des patients ayant atteint le résultat SVR12 restent guéris même 5 ans après. C’ est pour cette raison que le SVR12 a été accepté comme marqueur de substitution pour la guérison de l’ hépatite C par les autorités d’ enregistrement. Avant le traitement du VHC, il faut toujours exclure la présence d’ une co-infection par le VHB ou le VIH. Tout abus d’ alcool et tout syndrome métabolique doivent être recherchés et traités. Au cours du traitement de l’ hépatite C chez des patients co-infectés par le VHC et le VHB, des réactivations de l’ hépatite B en partie fatales ont parfois été rapportées. Un patient positif à l’ AgHBs doit donc aussi être accompagné par un spécialiste expérimenté durant le traitement de l’ hépatite C. En effet, le traitement de l’ infection à VHB est en général nécessaire. Les patients qui ne sont que des anti-HBc positifs (constellation « anti-HBc-only ») doivent être strictement surveillés, puisque que la réactivation du VHB est également possible dans cette situation. Tous les patients n’ étant pas immunisés contre le VHA / VHB doivent être vaccinés (8). Des recommandations thérapeutiques actualisées peuvent être trouvées auprès des sociétés spécialisées en hépatologie et infectiologie (SASL / SSI) sous forme de recommandations d’ experts (9). Une application (sous forme d’ App) très pratique pour la recherche rapide d’ options thérapeutiques se trouve sur le site www.hcv-advisor.com. Les interactions médicamenteuses peuvent être facilement extraites du Liverpool Interaction Checker à l’ adresse www.hep-druginteractions.org. Le tableau 1 montre les médicaments antiviraux directs actuellement homologués en Suisse pour l’ hépatite C (DAA).
La combinaison choisie pour la durée du traitement dépend du génotype, de la résistance virale, de la fonction rénale, de l’ étendue de la fibrose hépatique, du score de CHILD dans la cirrhose hépatique et de toute tentative de traitement antérieure. Le génotype doit être réévalué si l’ évaluation date depuis longtemps, car l’ anticorps contre l’ hépatite C ne protège pas contre de nouvelles infections.
Les patients atteints d’ insuffisance rénale importante peuvent être traités avec du grazoprevir / elbasvir ou paritaprevir / ombitasvir / dasabuvir (tous éliminés principalement par voie hépatique). Les patients atteints de cirrhose hépatique décompensée (CHILD B / C) peuvent être traités sans inhibiteurs de protéase (9).

Avènement de nouvelles thérapies

D’ autres nouvelles thérapies seront enregistrées dans les mois qui suivent et permettront de guérir les personnes n’ ayant pas pu être guéries du fait de leur résistance aux DAA existants. Les médicaments disponibles en Suisse et les indications actuelles sont continuellement évalués par des experts de SSI, SGG et SASL et sont mis à jour ainsi que publiés sur le site www.sasl.ch

Suivi après un traitement efficace contre l’ hépatite C

La présence d’ anticorps contre le virus de l’ hépatite C ne protège pas contre la réinfection. En effet, les réinfections après une thérapie réussie peuvent être observées en particulier chez les hommes ayant des rapports sexuels avec des hommes et chez les personnes consommant des drogues injectables. Elles peuvent être évitées par une information et une prévention appropriées. Les personnes atteintes d’ hépatite C souffrent souvent d’ autres maladies du foie, telles que la consommation excessive d’ alcool et leurs maladies du foie associées ou la stéatohépatite non alcoolique, doivent être correctement examinées et traitées. Les patients atteints de fibrose avancée ou même de cirrhose avant le traitement doivent probablement être suivis par échographie ou autre imagerie appropriée tous les 6 mois pour le reste de leur vie, car le risque de carcinome hépatocellulaire demeure même après l’ élimination du virus de l’ hépatite C dans cette population (10, 11).

Dr Daniel Hagara

Fondazione Epatocentro Ticino
Via Soldino 5
6900 Lugano

daniel.hagara@hin.ch

Prof. em. Dr. med.Thomas Cerny

Rosengartenstrasse 1d
9000 St. Gallen

thomas.cerny@kssg.ch

Les auteurs ont déclaré avoir aucun conflit d’ intérêts en relation avec cet article.

  • Près de 30 ans après la découverte du virus de l’ hépatite C, l’ hépatite C chronique est aujourd’ hui quasiment guérissable à 100 % grâce à une thérapie orale, dont la durée habituelle est de 12 semaines et généralement exempte d’ effets secondaires.
  • Avec cette thérapie, la progression de la maladie peut être évitée chez de nombreux individus.
  • Il reste le défi de repérer et de traiter en temps opportun les cas pas encore diagnostiqués. La Stratégie suisse contre l’ hépatite (www.hepatitis-schweiz.ch), soutenue par la Confédération suisse, tente de s’ attaquer à ce problème avec l’ objectif à long terme d’ éliminer complètement les hépatites B et C chroniques.
  • Le médecin de famille est en charge de la mise en œuvre de la stratégie de dépistage existante, du diagnostic et du traitement des patients avec le spécialiste ainsi que de l’ élimination du virus de l’ hépatite C.
  • Il est important d’ assurer un suivi adéquat commençant par des informations individualisées au patient et surveillant en particulier le risque de réinfection, le développement de carcinomes hépatocellulaires et les pathologies hépatiques existantes.

Rérérences :
1. WHO | Global hepatitis report, 2017. Available from: http://www.who.int / hepatitis / publications / global-hepatitis-report2017 / en /
2. Situationsanalyse zu Hepatitis B und C in der Schweiz. 2017. Available from: https://www.bag.admin.ch / bag / de / home / service / publikationen / forschungsberichte / forschungsberichte-uebertragbare-krankheiten / situationsanalyse-hepatitis.html
3. Müllhaupt B et al. Modeling the Haelth and Economic Burden of Hepatitis C Virus in Switzerland. PLoS ONE 10(6): e0125214. https://doi.org / 10.1371 / journal.pone.0125214
4. Davis G L et al. Treatment of chronic hepatitis C with recombinant interferon α. A multicenter randomized, controlled trial. Hepatitis Interventional Therapy Group. N Engl J Med 1989; 321(22):1501-6
5. Solbach P, Wedemeyer H The New Era of Interferon-Free Treatment of Chronic Hepatitis C Viszeralmedizin 2015; 31(4):290-6
6. Choo QL, et al. Isolation of a cDNA Clone Derived from a Blood-borne Non-A, Non-B Viral Hepatitis Genome, Science 1989; 244: 359–362
7. Fretz R et al. Hepatitis B and C in Switzerland – healthcare provider initiated testing for chronic hepatitis B and C infection. Swiss Med Wkly. 2013; 143:w13793.
8. David Semela. Hepatitis C – Diagnostik und Therapie. Therapeutische Umschau (2017), 74(3), 101-108
9. Müllhaupt B et al. Treatment of Chronic Hepatitis C – November 2017 Update, SASL-SSI Expert Opinion Statement. Available from:
https://sasl.unibas.ch / guidelines / SASL-SSI_HepC_EOS20.Nov17.pdf
10. Baumert TF et al. Hepatitis C-related hepatocellular carcinoma in the era of new generation antivirals. BMC Med. 2017; 15: 52-62
11. Cerny A. Screening for liver cancer in high risk patients in Switzerland: Yes, it works, but No, we do not do it systematically! Swiss Med Wkly. 2015;145:w14231
https://doi.org / 10.23785 / Gazette.2019.01.00X

Refraktive Chirurgie

Unter refraktiver Chirurgie versteht man alle Augenoperationen, welche die Gesamtbrechkraft des Auges verändern und das Ziel haben, konventionelle Korrekturen wie Brillen oder Kontaktlinsen möglichst überflüssig zu machen. Die Fehlsichtigkeiten (Ametropien) können durch verschiedene Methoden therapiert werden. Es kommen Lasereingriffe an der Hornhaut oder Implantationen von Intraokularlinsen zum Einsatz. Welche Technik bei einem bestimmten Patienten gewählt wird hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dieser Artikel ist der Laserbehandlung der Kurzsichtigkeit gewidmet.

Der wichtigste Punkt ist die Art der zu behandelnden Ametropie, aber auch Alter und die Ausmessungen des Auges jenseits der Fehlsichtigkeit spielen eine Rolle. Grundsätzlich ist mit zunehmendem Alter und Weitsichtigkeit eher eine Linsenoperation indiziert und bei jüngeren, kurzsichtigen Patienten eher eine Laserbehandlung erste Wahl. Die Excimertechnologie steht den Ophthalmochirurgen seit anfangs 90er-Jahre zur Verfügung.

Anatomische Grundlagen

Ein kurzsichtiges Auge ist im Verhältnis zur optischen Brechkraft der Hornhaut und der Linse zu lang. Die Myopie entsteht in der Jugend durch ein zu starkes Längenwachstum des Augenbulbus. Dadurch liegt der Fokus der gebrochenen Strahlen nicht auf der Netzhaut, sondern im Glaskörper des Auges und es entsteht ein unscharfes Bild auf der Retina. Ein weitsichtiges Auge ist zu kurz und die gebrochenen Strahlen treffen sich hinter der Netzhaut, es entsteht auch ein unscharfes Bild.
Die Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) ist bedingt durch verschiedene Krümmungen in verschiedenen Meridianen. Das Auge sieht quasi nicht wie ein Fussball, sondern wie ein Rugbyball aus. Diese Patienten sehen ohne optische Korrektur in keiner Distanz scharf.

Refraktive Laserbehandlung der Myopie

Bei der Myopie muss man aus den oben beschriebenen Gründen die Brechkraft des Auges reduzieren, um den Fokus der einfallenden Strahlen auf die Netzhaut zu bringen. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen. Wenn der Patient noch jung ist und die Akkommodation noch vollständig funktioniert, ist die Behandlung mit dem Excimerlaser die am weitesten verbreitete Methode. Dabei trägt der Laser Gewebe von der Hornhaut ab und flacht diese zentral ab, wobei die Brechkraft in gewünschtem Ausmass abnimmt. Es gibt zwei verschiedene Excimerlaserbehandlungstypen. Die eine trägt das Gewebe direkt auf der Oberfläche ab, die andere in tieferen Schichten.

Oberflächenbehandlung

Diese wird heute vorwiegend als C-Ten (Customized transepithelial no touch Ablation) oder Trans-PRK (transepitheliale Photorefraktive Keratektomie) durchgeführt. Dabei sind die Topographie der Hornhaut und die klinischen Daten, die präoperativ erhoben wurden die Basis für die Berechnung des Abtragungsprofils (siehe Fig 1). Ältere Behandlungen sind die PRK (Photorefraktive Keratektomie) bei der das Epithel manuell entfernt wird, Lasek (Laser epitheliale Keratomileusis), hier wird das Epithel mit verdünntem Alkohol weggelöst. Zu guter Letzt gibt es auch noch die Epi-Lasik (Epitheliale Laser-in-situ-Keratomileusis) bei der das Epithel mittels eines Keratoms abgetragen wird.

Tiefe Excimerlaserbehandlung

Diese Methode ist die Lasik (Laser-in–situ-Keratomileusis). Hierbei muss zuerst mit dem Femtolaser ein oberflächenparalleler Lappen geschnitten werden, um die tieferen Hornhautschichten freizulegen. Früher musste dieser Schnitt mit einem Messer (Keratom) durchgeführt werden. Anschliessend wird mit dem Excimerlaser die nötige Korrektur abgetragen und der Lappen wieder zurückgelegt. Der Femtolaser ist ein Laser, welcher mit ultrakurzen Impulsen hohe Energien freisetzt, die zum Trennen von Gewebe genutzt werden können und auf diese Weise einen sehr genauen Schnitt gewährleistet (siehe Abb. 2).
Eine neuere Behandlung ist SMILE (Small Incision Lenticule Extraction). Hier wird mit dem Femtolaser im Inneren der Cornea ein Scheibchen ausgeschnitten, welches dann durch einen kleinen «Tunnel» aus dem Gewebe entfernt werden kann. Dies führt zu einer Abflachung der Oberfläche mit gleichem Resultat wie oben beschrieben. Es soll die Vorteile der Lasik und der Oberflächenbehandlung vereinen, ist aber eine neuere Technik bei welcher Langzeiterfahrungen noch fehlen (Abb. 3).

Vor- und Nachteile der Methoden

Die Oberflächentechnik hat den Nachteil, dass nach der Operation für 2-3 Tage leichte bis mittelstarke Schmerzen auftreten können, danach ist das Epithel zugewachsen und der Patient schmerzfrei. Der Visusanstieg ist langsamer und erreicht üblicherweise nach 1 Woche zirka 80% vom Maximum. In der Zeit nach der Lasertherapie muss noch für 1-2 Monate mit Antibiotika-Steroid-Tropfen behandelt werden, um eine möglichst reibungslose Heilung zu garantieren. Nach 1 Monat ist das Resultat bereits ziemlich stabil und die Korrektur ändert sich nicht mehr wesentlich. Es können bei dieser Art der Behandlung Hornhauttrübungen auftreten. Mit den richtigen Medikamenten und entsprechender Operationstechnik können störende Trübungen aber in den meisten Fällen verhindert werden.
Bei der tiefen Methode (Lasik) entstehen keine Schmerzen und der Visus ist sofort gut (intaktes Epithel). Leider hat diese Methode auch Nachteile gegenüber der Oberflächenbehandlung. Durch den Schnitt verliert die Hornhaut zirka einen Viertel der Stabilität und der Lappen wächst nicht mehr so gut an, wie präoperativ, stellt also bei Verletzungen immer ein Restrisiko für Ablösung dar. Ausserdem leiden die Patienten viel länger an trockenen Augen und die Augendruckmessung im späteren Leben ist deutlich verfälscht. Letzteres ist zwar auch bei Oberflächenlaserbehandlungen ein Problem, aber weniger ausgeprägt. Die maximal behandelbare Kurzsichtigkeit ist mit der Lasik kleiner als bei der Oberflächenbehandlung, da die Hornhautstabilität bereits durch den Schnitt deutlich leidet.
SMILE ist eine neuere Methode, welche Vorteile der Oberflächenbehandlung und der Lasik aufweist. So sollen die biomechanische Stabilität besser sein und weniger Siccaprobleme auftreten. Die Chirurgie an sich ist aber schwieriger und komplizierter und damit auch störanfälliger. Nachkorrekturen sind problematischer als bei der Lasik und Oberflächenbehandlungen.

Resultate:

Wie viele Dioptrien mit welcher Methode behandelt werden können hängt von vielen Faktoren ab. Mit der Lasik ist die maximal mögliche Korrektur, wie bereits erwähnt, kleiner. Meistens kann man nicht mehr als 6 Dioptrien behandeln. Bei Trans-PRK oder C-Ten können im Extremfall Kurzsichtigkeiten über 10 Dioptrie behandelt werden. SMILE liegt dazwischen.
Grundsätzlich gilt: je dünner die Hornhaut und je grösser die Pupille in schlechten Lichtverhältnissen ist, desto kleiner wird die maximal mögliche Korrektur. Der Grund dafür liegt darin, dass nur Lichtstrahlen auf die Netzhaut einfallen sollten, die durch behandelte Corneaoberfläche gebrochen werden. Ist dies nicht erfüllt, entstehen in schlechten Lichtverhältnissen optische Störphänomene. Die optische Zone des Abtragungsprofils muss diesem Umstand Rechnung tragen und entsprechend angepasst werden. Nur wenige Lasersysteme haben ein Programm dazu die Pupillenmotorik exakt zu dokumentieren und die optische Zone entsprechend anzupassen.
Die Resultate der Excimer Laserbehandlung sind sehr zielgenau und über Jahre hinweg stabil. Wenn man sich an die Vorgaben in der Literatur hält sind kaum Langzeitprobleme bekannt. Man sollte allerdings die Hornhauttopographie genau studieren, damit keine Auffälligkeiten übersehen werden. Eine nicht ganz seltene Konstellation ist ein abortiver Keratoconus, den man in der Topographie meist erkennen kann. Hier muss unbedingt von jeder Laserbehandlung abgesehen werden.
Trotzdem sind die Resultate nie 100% genau, denn das Gewebe regeneriert und diese Heilung kann Restkorrekturen zur Folge haben. Je nach Studie müssen 2-10% der Patienten noch eine Restkorrektur nachbehandeln. Bei Patienten über 45 Jahren muss daran gedacht werden, dass diese nach einer Laserbehandlung auf beidseits Normalsichtigkeit eine Lesebrille benötigen. Es empfiehlt sich daher in diesen Situation ein Auge leicht in der Myopie zu belassen. Man nennt dies Monovision. Dies verbessert die Zufriedenheit häufig, da weiterhin noch eine gewisse Zeit ohne Sehhilfe gelesen werden kann.

Dr. med. Urs Thomann

Augenzentrum Willisau-Huttwil
Ettiswilerstrasse 12/14
6130 Willisau

u.thomann@gmx.ch

Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.

  • Myopie ist mittels Excimerlaser sehr gut behandelbar. Je nach Ausmessungen des Auges sind Korrekturen über 10 Dioptrien möglich. Die Resultate sind stabil, das Restrisiko für gravierende Komplikationen ist minim.
  • Man unterscheidet Oberflächenbehandlungen und Behandlungen in der Tiefe, bei denen zuerst ein Lappen geschnitten werden muss. Die neueste Technik ist SMILE, bei dem in der Hornhaut ein Scheibchen mittels eines Femtolasers heraus-geschnitten wird, welches durch eine kleine Öffnung entfernt werden kann.
  • Die Excimer Laserbehandlungen sollten am besten nur bei Myopie angewendet werden, da hier die besten Resultate erreicht werden. SMILE könnte sich auch im unteren Hyperopiebereich etablieren. Die Studien dazu laufen noch.

33. Jahrestagung für Phytotherapie

Die 33. Schweizerische Jahrestagung für Phytotherapie vom 22.11.18 in Baden wurde von der Schweizerischen Medizinischen Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP) in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Wädenswil, dem Institut für komplementäre und integrative Medizin des UniversitätsSpitals Zürich sowie dem Forschungsinstitut für Biologischen Landbau FibL in Frick durchgeführt. Die grosse Beteiligung von interessierten Ärzten, Tierärzten, Apothekern und weiteren Fachpersonen aus In- und Ausland (total etwa 420 Teilnehmende) zeigten es deutlich: Die Phytotherapie hat in der Human- und Veterinärmedizin einen hohen komplementären Stellenwert, und dies ist auch durch wissenschaftliche Studien belegt.

Die zahlreichen prämierten Zertifikats-Arbeiten für die Erlangung des Fähigkeitsausweises für Phytotherapie beweisen den hohen Anspruch an die kompetente Anwendung dieser Therapieform.
Die Tagung stand unter dem Motto «Ätherische Öle und ihr therapeutisches Potential» und war deshalb vor allem der oftmals belächelten Aromatherapie gewidmet. Natürlich fanden die Besucher in der begleitenden Ausstellung ein sehr grosses Angebot an Substanzen in verschiedenster galenischer Form und Anwendungshilfen.
Der erste Hauptvortrag von Prof. Dr. mult. H. Hatt (Bochum) wies schon im Titel «Das Potential der Aromatherapie – Riechrezeptoren nicht nur in der Nase» darauf hin: die Riechrezeptoren wirken nicht nur in der Nase, und das Potential der Aromatherapie ist offenbar viel grösser als vom Laien angenommen. Im hochwissenschaftlichen und doch praxisnahen Referat konnte man erfahren, dass der Mensch ca. 350 verschiedene Riechrezeptor-Proteine besitzt, und zwar in jeder Körperzelle; ca. 10% davon sind schon genau aufgeschlüsselt und können entweder potenziert oder blockiert werden, was therapeutisch und bald auch diagnostisch immer mehr genutzt wird. Diese extranasalen olfaktorischen Rezeptoren finden sich auch in grösserer Menge in vielen Tumorzellen (so Blasen-, Mamma- und Prostata-Karzinom). Interessanterweise nimmt der «chemische Sinn» mit zunehmendem Alter deutlich ab.
Der zweite Referent, Prof. Dr. M. Melzig (Berlin) betonte unter dem Motto «Zusammen geht es besser» überzeugend die Bedeutung der Ätherischen Öle und anderer pflanzlicher Naturstoffe (allein und kombiniert mit Antibiotika) in der antimikrobiellen Therapie und in der Desinfektion, ganz besonders im Hinblick auf das stets wachsende Resistenzproblem. Die additive und synergistische Wirkung von Ätherischen Ölen gegen bakterielle und auch pilzverursachte Biofilmbildung ist erwiesen; eine Resistenzbildung wurde nicht gefunden, die Bioverfügbarkeit ist sogar in Körperhöhlen nachweisbar und eine Negativwirkung auf das Mikrobiom des Darmes besteht nicht. Allergische Reaktionen kommen nur bei sehr hoher Konzentration vor. Die therapeutische Dosierung liegt aber bei einer Konzentration von 0,5–3%.
Die Fachärztin für Labor- und Zytodiagnostik, Dr. med. univ. G. Dorfinger (Wien) verstand es, die mikrobiologische Diagnostik mittels Aromatogramm und Reihenverdünnungstest (beide mit Vor- und Nachteilen) auch für die Testung von Naturstoffen plausibel darzulegen und dies mit instruktiven Fällen aus der Urologie («therapieresistente» rezidivierende Harnwegsinfekte) zu dokumentieren.
In der ersten Nachmittags-Präsentation wurde von Frau R. Rudolf von Rohr (Psychiatrische Kliniken Basel UPK) as Augenmerk vor allem auf die Ätherischen Öle in der Psychiatrie gelegt. Die Referentin hat die Aromatherapie bereits 1996 in den UPK eingeführt und seither mit Erfolg weiterentwickelt. Duftstoffe unterstützen die Patienten im Umgang mit den Folgen psychiatrischer Erkrankungen. Die Indikation und Auswahl der Ätherischen Öle muss individuell erfolgen.
Prof. Dr. R. Saller (SMGP Zürich) eferierte in einem sehr engagierten Vortrag über die Anwendung der Ätherischen Öle in der Schmerzbehandlung. Viele davon wären möglich, aber nur wenige werden häufig gebraucht (so vor allem das Rosen-, Lavendel- und das «Wildkräuter»-Öl). Eine speziell gute Wirkung (z. B. bei Spannungs-Kopfschmerzen, mehr als bei Migräne) haben sie bei der Applikation auf den myofaszialen Triggerpunkten. Sie bewähren sich zudem als Koanalgetika, um den Teufelskreis von chronischen Schmerzen und seinen Folgen zu durchbrechen (olfaktorisch bedingte Beruhigung, Angstlinderung, Entspannung).
Später lobte Prof. Dr. Ch. Schempp (Freiburg i.Br.) das Potential des Korianderöls als natürliches Antiseptikum und damit breit angewendetes Mittel in der Dermatologie (muss als 1%-Zusatz in Unguentum leniens rezeptiert werden).
Dr. med. Ch. Imboden, EMBA (Münchenbuchsee) propagierte Lavendelöl (Lasea®, Dosis 80 mg/die, ev. 160 mg) als wirksame Therapie bei generalisierter Angststörung und gehäuften Panikattacken. Der Wirkungseintritt ist nicht vor 4 Wochen zu erwarten, kann dann aber verblüffend sein. Sowohl Korianderöl als auch Lavendelöl sind sehr gut verträglich und zeigen keine Interaktionen und auch kein Suchtpotential.
Schliesslich stellte die Apothekerin K. Fotinos-Graf (Bern) ihr Referat unter den humoristischen Titel «Schmieren und Salben hilft allenthalben − oder doch nicht?» und sprach dabei über die mannigfaltigen Applikationsformen der Ätherischen Öle. Das Referat richtete sich vorab an die Apotheker, gab aber auch interessierten Ärzten wertvolle Hinweise. Je nach Pathologie kommen unterschiedliche Wirkstoffe und galenische Formen zum Einsatz.
Die Diskussionen nach jeder Präsentation und die Zusammenfassung am Schluss ergab eine sehr positive Bilanz der Tagung. Auch ein kritischer Teilnehmer musste zugeben: Allfällige Vorbehalte und Zweifel gegen die Phytotherapie müssen hinterfragt werden. Ihre Wirksamkeit bei richtiger Indikation und korrekter Anwendung scheint erwiesen und wird auch wissenschaftlich unterstützt. Die gut organisierte Tagung, die interessanten Vorträge und Diskussionsbeiträge liessen es erkennen: der Wert dieser komplementären Therapieformen ist unbestritten.

Dr. med. Hans-Ulrich Kull

Küsnacht