- Akute und chronische Diarrhoe
Die akute Diarrhoe ist definiert als mindestens 3 ungeformte Stuhlgänge innert 24h von weniger als 14 Tagen Dauer. Wichtig in der Primärerfassung der akuten Diarrhoe sind Zeichen der Krankheitsdauer wie Dehydratation, Fieber, hohe Entzündungswerte, starke Abdominalsymptome sowie blutige (dysenterische) Diarrhoe. Die Therapieempfehlungen für akute Diarrhoe bestehen vor allem in Rehydrierung, wobei das empfohlene WHO-Rezept aus 7 Teelöffeln Zucker, 1 Teelöffel Salz und einem halben Teelöffel Backpulver, alles aufgelöst in 1 Liter Wasser besteht. Die chronische Diarrhoe ist ebenso definiert als mindestens 3 ungeformte Stuhlgänge innert 24h, aber länger als 30 Tage dauernd. Die häufigste Ursache ist das Reizdarmsyndrom. Weitere Ursachen sind chronische Infekte, Malabsorptionssyndrome oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulzerosa). Die chronische Diarrhoe sollte stets abgeklärt werden. Zu den Laborbestimmungen gehören Differentialblutbild, Entzündungswerte, Kreatinin, Albumin, Elektrolyte, Eisen, Vitamin B12, Schilddrüsenfunktion, Screening auf Zöliakie sowie fäkales Calprotektin. Die Therapie der chronischen Diarrhoe richtet sich grundsätzlich nach der Ursache.
Acute diarrhea is defined as at least 3 unformed bowel movements within 24 hours of less than 14 days’ duration. Important in the primary assessment of acute diarrhea are signs of disease duration such as dehydration, fever, high levels of inflammation, severe abdominal symptoms and bloody (dysenteric) diarrhea. Treatment recommendations for acute diarrhea are mainly rehydration, with the recommended WHO recipe consisting of 7 teaspoons of sugar, 1 teaspoon of salt and half a teaspoon of baking soda, all dissolved in 1 litre of water.
Chronic diarrhea is also defined as at least 3 unformed bowel movements within 24 hours, but lasting longer than 30 days. The most common cause is irritable bowel syndrome. Other causes are chronic infections, malabsorption syndromes or chronic inflammatory bowel diseases (Crohn’s disease or ulcerative colitis). Chronic diarrhea should always be clarified. Laboratory tests include differential blood count, inflammatory values, creatinine, albumin, electrolytes, iron, vitamin B12, thyroid function, screening for coeliac disease and faecal calprotectin.
The therapy of chronic diarrhoea basically depends on the cause.
Key Words: Diarrhea, dehydration, irritabel bowel syndrome, Crohn’s disease, calprotectin
Die akute Diarrhoe ist definiert als mindestens drei ungeformte Stuhlgänge innert 24 Stunden von weniger als 14 Tagen Dauer. Eine chronische Diarrhoe ist ebenso definiert als mindestens drei ungeformte Stuhlgänge innert 24 Stunden, aber länger als 30 Tage bestehend. Bei anhaltender Diarrhoe zwischen Tag 15 bis 30 spricht man von einer persistierenden Diarrhoe.
Akute Diarrhoe
Die akute Diarrhoe ist in den allermeisten Fällen durch eine virale oder bakterielle Infektion bedingt. Bei gesunden Personen verlaufen diese Infektionen meist nicht bedrohlich, weshalb eine weiterführende stuhlbakteriologische Abklärung nicht notwendig ist.
Hingegen ist bei immunsupprimierten Personen (krankheitsbedingt oder medikamentös), Personen > 70 Jahre alt oder bei Patientinnen und Patienten mit einer vorbestehenden Systemerkrankung (beispielsweise Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus) eine weiterführende bakteriologische Abklärung empfohlen. Sinnvoll ist eine allgemeine Stuhlbakteriologie mit Testung auf Yersinien, Escherichia coli-Subtypen, Salmonellen, Shigellen und Campylobacter (Kostenpunkt 80-150 CHF je nach negativem oder positivem Befund). Ergänzend wäre bei negativer Stuhlbakteriologie eine Koloskopie mit Biopsien zur Suche eines Cytomegalievirus-Infektes (CMV) zu diskutieren.
Kommt es zu Diarrhoe nach einem Spitalaufenthalt oder nach einer erfolgten Antibiotikabehandlung, ist auch die Suche nach Clostridium difficile empfohlen. Ebenfalls sinnvoll ist eine mikrobiologische Stuhluntersuchung, falls die betroffenen Personen in Lebensmittelbetrieben arbeiten (erkennen von meldepflichtigen Erkrankungen und Infektionsquellen).
Bei Diarrhoe nach Auslandsaufenthalt sollte zudem noch an einen Protozoeninfekt (Lamblien, Amöben) gedacht werden, gegebenenfalls bei weiteren Symptomen auch eine Malaria und/oder ein Dengue-Fieber ausgeschlossen werden.
Wichtig in der Primärerfassung von Patienten und Patientinnen mit akuter Diarrhoe sind Zeichen der Krankheitsdauer wie Dehydrationen, Fieber, hohe Entzündungswerte, starke Abdominalsymptome sowie blutige (dysenterische) Diarrhoe.
Die Therapieempfehlungen für die akute Diarrhoe bestehen vor allem in oraler (oder wenn notwendig auch intravenöser) Rehydrierung. Das empfohlene WHO-Rezept zur Rehydrier
ung besteht aus 7 Teelöffeln Zucker, 1 Teelöffel Salz und einem halben Teelöffel Backpulver, alles aufgelöst in 1 Liter Wasser.
Ein häufiger Grund für etwas anhaltende Diarrhoe ist die postinfektiöse Malabsorption, insbesondere die Laktoseintoleranz. Es sollte deshalb auf eine Lactosekarenz während 1-2 Wochen nach einem Infekt geachtet werden.
Eine antibiotische Therapie sollte nach Möglichkeit nach erfolgter stuhlbakteriologischer Analyse und resistenzgerecht verabreicht werden. Die häufigsten eingesetzten Antibiotika sind Ciprofloxacin 2x500mg/d für je nach Schwere des Infektes 3-7 Tage, Azithromycin 1g 1x/d für 3 Tage oder bei einer Infektion mit Clostridium difficile Metronidazol 3x500mg/d, Vancomycin 1g alle 6 Stunden für 10 Tage oder das neuere Fidaxomicin 2x200mg/d für 10 Tage.
Loperamid sollte zu Beginn einer Diarrhoe nicht eingenommen werden, ist aber eine sehr gute Therapieoption für postinfektiös-bedingte persistierende Diarrhoe nach Abklingen der Akutsymptomatik (kein Fieber mehr, keine blutige Diarrhoe mehr). Loperamid kann in einer Dosierung von 4-8mg/d eingenommen werden.
Chronische Diarrhoe
Bei über 30 Tage anhaltenden, ungeformten Stuhlgängen spricht man von einer chronischen Diarrhoe. Die mit Abstand häufigste Ursache der chronischen Diarrhoe ist das Reizdarmsyndrom. Weitere Ursachen sind chronische Infekte, Malabsorptionssyndrome oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulzerosa).
Eine chronische Diarrhoe sollte immer weiter abgeklärt werden. Im Labor sind die Bestimmung eines Differentialblutbildes, der Entzündungswerte, des Kreatinins, des Albumins, der Elektrolyte, von Eisen und Vitamin B12 als Malabsorptionsparameter, die Messung der Schilddrüsenfunktion sowie ein Screening auf Zöliakie (minimal Anti-Transglutaminase-Antikörper und Gesamt-IgA) empfohlen.
Ein wichtiger Wert ist die Bestimmung des fäkalen Calprotektins im Stuhl. Calprotektin ist ein Enzym der neutrophilen Granulozyten, welches bei einer gastrointestinalen Entzündung im Stuhl nachgewiesen werden kann. Calprotektinwerte < 50ug/g schliessen eine Entzündung aus und sprechen für ein Reizdarmsyndrom oder eine Malabsorption. Eine Ausnahme bildet die mikroskopische Kolitis, hier besteht eine lymphozytäre Entzündung und das Calprotektin kann negativ sein. Insbesondere bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr sollte bei einer chronischen Diarrhoe an eine mikroskopische Kolitis gedacht werden. Zur Diagnostik muss eine komplette Koloskopie mit Entnahme von Stufenbiopsien erfolgen.
Calprotektinwerte zwischen 50 ug/g und etwa 400ug/g sind «Graubereiche». Je nach klinischen Beschwerden kann noch zugewartet und das Calprotektin verlaufskontrolliert werden. Calprotektinwerte > 400 ug/g sollten sicher endoskopisch weiter abgeklärt werden. Solch erhöhte Calprotektinwerte sprechen für entzündliche Veränderungen, lassen aber keinen Rückschluss auf die Genese der Entzündung zu (häufige Ursache sind: chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, ischämische, infektiöse oder eine medikamentös-bedingte Kolitis).
Eine chronische Diarrhoe kann durch chronisch verlaufende Infekte, insbesondere durch Protozoen (Amöben, Lamblien) bedingt sein. Diese sollten (gegebenenfalls auch nochmalig) mittels Stuhluntersuchung gezielt gesucht und ausgeschlossen werden.
Eine exokrine Pankreasinsuffizienz als Ursache einer chronischen Diarrhoe kann mittels Bestimmung der Pankreaselastase im Stuhl diagnostiziert oder ausgeschlossen werden.
Wichtig ist natürlich immer auch die gründliche Anamnese und Erfassung von allfälligen Voroperationen. Eine Ileumresektion kann zu einer chologenen Diarrhoe (durch fehlende oder ungenügende Rückresorption von Gallebestandteilen) führen. Häufig besteht dabei ein gelblich-grünlicher Stuhlgang. Bei Verdacht auf eine chologen-bedingte chronische Diarrhoe kann probatorisch Colestyramin (Quantalan®) 2 x ½ Sachet zu den Mahlzeiten versucht werden. Ein Therapieansprechen zeigt sich bereits nach wenigen Tagen.
Das Reizdarmsyndrom vom Diarrhoe-Typ ist die häufigste Ursache einer chronischen Diarrhoe. Von einem Reizdarmsyndrom darf gesprochen werden, wenn andere Ursachen ausgeschlossen wurden (Ausschlussdiagnose).
Eine gezielte Anamnese ist wichtig zur Erfassung einer Nahrungsmittelintoleranz. Intoleranzen treten häufig 30-180min nach Mahlzeiteneinnahme auf. Meist besteht nebst Diarrhoe noch Meteorismus und abdominales Unwohlsein. Verdächtige Nahrungsmittel könnten probatorisch weggelassen werden (Auslassversuch), ansonsten könnte ein Ernährungstagebuch und/oder eine weiterführende Ernährungsberatung hilfreich sein.
Die Therapie der chronischen Diarrhoe richtet sind grundsätzlich nach der Ursache.
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Der Autor hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
◆ Eine akute Diarrhoe ist meist infektiös bedingt und muss bei Gesunden nicht zwingend weiter abgeklärt werden. Als wichtigste Therapie der akuten Diarrhoe gilt die Rehydrierung.
◆ Eine chronische Diarrhoe sollte immer weiter abgeklärt werden. Das Calprotektin im Stuhl ist ein wichtiger Marker zur Unterscheidung funktioneller oder entzündlicher Genese. Die Therapie richtet sich nach der Ursache.
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- Vol. 13
- Ausgabe 6
- Juni 2023