- Antibiotika-Resistenz und neue Antibiotika
Die auf übermässigen und unsachgemässen Einsatz von Antibiotika zurückzuführenden Probleme mit Antibiotika-Resistenzen stellen eine wachsende Bedrohung für die globale Gesundheit dar. Prof. Dr. med. Nina Khanna vom Universitätsspital Basel betonte auf dem SGAIM-Frühjahrskongress die Dringlichkeit eines rationalen Antibiotikaeinsatzes und die Entwicklung neuer Medikamente. Die WHO klassifiziert Antibiotika in die Gruppen Access, Watch und Reserve ein, um deren angemessene Nutzung zu fördern. Multiresistente Erreger wie Carbapenemase-produzierende Bakterien erfordern innovative Lösungen, da die aktuellen therapeutischen Optionen zunehmend versagen.
Prof. Nina Khanna, Chefärztin Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene Universitätsspital Basel, den Fall eines 84-jährigen Patienten, der von einer geriatrischen Klinik in Basel wegen eines septischen Schocks eingeliefert wurde. Er war empirisch mit Piperacillin/Tazobactam behandelt worden, ohne dass eine Besserung eintrat. In der Blutkultur wurden Carbapenemase und ESBL nachgewiesen. Im Antibiogramm erwiesen sich sämtliche Medikamente als resistent. Man entschied sich für eine palliative Therapie und der Patient starb innerhalb von 4 Stunden.

Carbepenemase-produzierende Bakterien
Die Referentin zitierte eine Studie zur Epidemiologie von Patienten mit Carbapenemase-produzierenden Bakterien im Vergleich mit Patienten, bei denen Beta-Lactamase-produzierende Enterobacteriaceae mit erweitertem Spektrum nachgewiesen wurden. Die Studie zeigte, dass Carbapenemase-produzierende Bakterien (CPB) zwar immer noch hauptsächlich aus Gebieten mit höherer Endemie eingeschleppt werden, jedoch vermehrt Fälle einer Ansteckung mit lokal kursierenden CPB-Stämmen bei Patienten mit engem und/oder häufigem Kontakt mit Gesundheitsdiensten auftreten. Dieser Trend ähnelt der Epidemiologie von Extended-Spectrum Beta-Lactamase (ESBL) K. pneumoniae-Stämmen, die hauptsächlich durch Übertragung im Gesundheitswesen unterstützt wird (Vock I et al. Epidemiology of patients harboring carbapenemase-producing bacteria and comparison with patients with detection of extended-spectrum beta-lactamase-producing Enterobacterales-A retrospective cohort study. Infect Control Hosp Epidemiol 2023 Dec;44(12):1959-1965).
Globale Last bakterieller Resistenz
Gemäss einer in Lancet publizierten Übersichtsstudie (Antimicrobial Resistance Collaborators Lancet 2022; 399: 629–55) ist die Antimikrobielle Resistenz (AMR) eine der häufigsten Todesursachen auf der ganzen Welt, mit den höchsten Belastungen in ressourcenarmen Umgebungen. Das Verständnis der Belastung durch AMR und der mutmasslich hier hauptverantwortlichen Erreger-Arzneimittel-Kombinationen ist entscheidend, um fundierte und standortspezifische politische Entscheidungen zu treffen, insbesondere in Bezug auf Programme zur Antibiotikakontrolle. In vielen einkommensschwachen Gebieten gibt es gravierende Datenlücken bei der Erfassung von Antibiotika-Resistenzen, was die Notwendigkeit unterstreicht, die mikrobiologischen Laborkapazitäten und Datenerfassungssysteme zu erweitern, um das Verständnis für diese wichtige Bedrohung für die menschliche Gesundheit zu verbessern.
WHO AWaRe-Klassifizierung
Antibiotika wurden von der WHO in 3 Gruppen kategorisiert: Access, Watch und Reserve, unter Berücksichtigung der Asuwrikungem verschiedener Antibiotika und Antibiotikaklassen auf die Antibiotikaresistenz, um die Bedeutung ihrer angemessenen Verwendung hervorzuheben.
Zu Access gehören Cefiderocol, Ceftalzidim-Avibactam, Fosfomycin, Colistin. Linezolid. Dies sind die letzten Möglichkeiten zur Bekämpfung multiresistenter Erreger.
zu Watch Azithromycin, Clarithromycin, Ceftriaxon, Piperacillin Tazobactam, Meropene, Ciprofloxazin, zu Reserve Amoxicillin, Co-Amoxicillin, Penicillin, Doxycyclin, Cefazolin, Amikacin. Watch und Reserve sind oft erste oder zweite Wahl bei häufigen Infektsyndromen.
Gefordert ist ein rationaler und verantwortungsvoller Einsatz von Antibiotika mit dem Ziel Patienten auf die bestmögliche Art zu behandeln und gleichzeitig in Bakterien vorkommende Selektionsprozesse und Resistenz zu verhindern.
Schritt 1: Sind Antibiotika indiziert? Infektionen, die primär keine Antibiotika-Therapie erfordern:
– Otitis media
– Harnwegsinfektionen
– Verdacht auf Harnwegsinfekionen ist einer der häufigsten Gründe für Antibiotikaverschreibungen im Spital. Falsches Antibiotikum, falsche > Person (asymptomatische Bakteriurie), falsche Dauer.
Rationaler und verantwortungsvoller Einsatz – wenn Antibiotika indiziert sind, dann
RICHTIG:
Medikament so wenig wie möglich, Dosierung, Gabe von i.v. zu p.o. wenn immer möglich), Dauer (so kurz wie möglich).
MDR-Pathogene und neue Medikamente
Enterobacteriaceae – die wichtigsten ss-Lactame
– Antibiotika-Resistenzen sind weltweit auf dem Vormarsch
– Die Verhinderung und Bekämpfung von Erregern mit Multiresistenz (MDR) erfordert einen multifaktoriellen Ansatz
– Bedeutung der Antibiotika-Stewardship
– Fortschritte in der Antibiotika-Pipeline seit 2017, aber Schwierigkeiten bei der Entdeckung neuartiger antibakterieller Wirkstoffe mit selektiver Aktivität, gegen MDR-Bakterien, die nicht toxisch sind und geeignete pharmakokinetische und pharmakdynamische Eigenschaften aufweisen, insbesondere mit neuen Wirkmechanismen
– Derzeitiger ungedekcter medizinischer Bedarf an neuen Medikamenten zur Behandlung von arzneimittelresistentenm A. baumannii- (z. B. CRAB) und P. aeruginosa (z. B. CRPA)-Infektionen
– Entwicklung effizienter Entwicklungswege für nicht traditionelle antibakterielle Kandidaten durch die Herstellungs-, klinischen Versuchs- und Zulassungsverfahren
– Schwierigkeiten beim optimalen Studiendesign und bei der Auswahl der relevanten Zielpopulationen
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