- Chronische Nierenkrankheit und Nierenersatztherapie
Wie kann man einer chronischen Nierenkrankheit vorbeugen?
Die primäre Prävention der chronischen Nierenkrankheit (CKD) umfasst die Identifizierung von Risikofaktoren, die Bewältigung der Fettleibigkeit, eine verbesserte Kontrolle des Blutzuckers und des Blutdrucks, Vermeidung eines hohen Salzkonsums, gesunde Ernährung und gesunder Lebensstil, stellte PD Dr. med. Pietro Crippà, Lugano, fest.
Die Ziele der sekundären Prävention sind Verlangsamung der CKD Progression, Verzögerung der Dialysebehandlung, Korrektur der Risikofaktoren (Vermeidung unkontrollierter Hypertonie, kein hoher Protein- und Salzkonsum, Vermeidung von Azidose und akuten koronaren Ereignissen.
Die Tertiärprävention hat die Vermeidung urämischer Symptome und Komorbiditäten zum Ziel, und zwar durch massgeschneiderte kardiovaskuläre und Ernährungstherapie und Pharmakotherapie. Die Mortalität nimmt bei zu niedrigem aber auch bei zu hohem eGFR-Wert zu.
Das bescheidene Organ
Der Referent zitiert eine Kolumne von Milan Moser «Genau das ist es ja» sagt Victor «Die Niere ist bescheiden. Sie macht kein Theater, wenn sie leidet. Sie begehrt nicht auf wie das Herz oder die Lunge. Erst wenn’s schon fast zu spät ist, wenn sie gar nicht mehr kann, macht sie sich bemerkbar» (www.faszinierend.swiss).
Nierenerhaltende Pflege
- Diät und Lebensstil
Pflanzliche, eiweissarme und salzarme Ernährung. Körperliche Aktivität, Gewichtsabnahme und Raucherentwöhnung.
- Pharmakotherapie
- Für Krankheitsprogression: RAAS Blocker, SGLT2-Inhibitoren, MR Antagonisten, Krankheitsspezifische Medikamente
- Für kardiovaskuläres Risikomanagement: Blutdrucksenker, Glucose-senkende Medikamente, Lipidsenker, Diuretika
- Für andere Komorbiditäten: Azidose-Management, Kaliumbinder, Anämie-Management, Aufrechterhaltung der Knochengesundheit, schrittweiser Übergang zu Dialyse.
Der Referent präsentierte die hauptsächlichen klinischen Studien mit ACE-Inhibitoren und ARB bei CKD, die REIN Stratum 2 (Ramipril vs Placebo), die RENAAL (Losartan vs. Placebo), die ASASK Studie (Ramipril vs. Metoprolol vs. Amlodipin) und die IDNT (Irbesartan vs Placebo vs Amlodipin).In der REIN Stratum 2 war der renoprotektive Effekt vor allem durch die Reduktion der Proteinurie bedingt. Bei Patienten mit Background ACE-Hemmer-Therapie ergab die intensivierte Blutdruckkontrolle keine Wirkung auf die Proteinurie und schien mit einer schnelleren Proteinurie einherzugehen. In RENAAL war der Basis-systolische Blutdruck ein stärkerer Prädiktor für Nierenergebnisse als der diastolische Blutdruck. Diejenigen Patienten mit dem höchsten Ausgangs SBP hatten das höchste Risiko für Nephropathie- Progression, erzielten aber auch die grösste Risikoreduktion wenn der SBP auf weniger als 140mmHg gesenkt wird. In der ASASK-Studie scheinen die ACE-Inhibitoren bei der Verlangsamung des GFR -Rückgangs wirksamer zu sein als der Kalziumkanalblocker Amlodipin (Ramipril 22% Risikoreduktion vs Metoprolol, 38% vs. Amlodipin). IDNT zeigte eine relative Risikosenkung für Irbesartan vs Placebo von 19%, und von 24% vs Amlodipin. Der Mineralkortikoidrezeptor Antagonist Finerenone ergab in der FIDELIO DKD Studie eine Risikosenkung des primären Outcomes (Nierenversagen, anhaltende Senkung der eGFR von mindestens 40% oder Tod infolge renaler Ursachen) um 18%.
SGLT2 Inhibitoren
Die Meta-Analyse der Studien CREDENCE, DECLARE-TIMI58, CANVAS Program, EMPA-REG Outcome ergab bezüglich End Stage Kidney Disease eine Overall Relative Risikoreduktion von 35%, Bezogen auf einen substanziellen Verlust der Nierenfunktion, End Stage Kidney Disease oder Tod eine relative Risikoreduktion von 42% und bezüglich substanziellen Verlust der Nierenfunktion End Stage Kidney Disease oder Tod infolge kardiovaskulärer oder Nierenkrankheit um 29%. Die DAPA-CKD-Studie mit Dapagliflozin bei Patienten mit oder ohne Typ 2 Diabetes, die unter ACEi/ARB bei max. Dosierung während 24 Wochen stabil waren, zeigte eine relative Risikoreduktion von 39%.
Neue Perspektiven für die Nierenersatztherapie
Nierentherapieoptionen: Organreparatur
- In situ
– Faktoren, die die Reparatur auslösen/verbessern - Ex vivo Modelle
– Adulte Nierenstammzellen
– Humane pluripotente Stammzellen
– Krankheitsmodelle für die Arzneimittelentwicklung - De novo
– Biotechnologisch hergestelltes Nierengewebe für die Ersatztherapie
– Neuartige Geräte für die Ersatztherapie
Der Wegbereiter?
Der Referent erwähnt zum Schluss die erfolgreiche Schweinenierentransplantation an menschlichen Patienten. Viele der Hindernisse, die bisher den Fortschritt in der Xenotransplantation hemmten, wurden durch die Entwicklung von CRISP / Cas9 basierten Gen Editing Methoden überwunden. Damit wurden die Organe von Schweinen besser mit dem menschlichen Immunsystem kompatibel gemacht. Selbst mit dieser Modifikation ist noch nicht klar, ob die Anwendung ein ähnliches Überleben wie die Allotransplantation ermöglichen kann. Gezielte Kombinationen von Wirtsimmunität und der gentechnischen Veränderung von Schweinespendern werden wahrscheinlich zu einem klinischen Erfolg der Xenotransplantation in naher Zukunft führen.
Der Patient zeigte keine Anzeichen einer Abstossung des genetisch modifizierten Organs, litt aber an vielen Komplikationen (Zeichen von tierischem Virus) vor dem Tod.
Es stellt sich die Frage: bahnbrechend? – gefährlich? – ethisch akzeptabel?
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