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SGAIM Herbstkongress

Chronischer Husten



An der Herbsttagung der SGAIM berichtete Prof. Dr. med. Jörg D. Leuppi, Liestal, über den chronischen Husten und über seine Wahrnehmung unter Schweizer Hausärzten und Pneumologen.
Die verschiedenen Arten von Husten werden klassifiziert nach:

Akut:
Dauer ≤2 Wochen
Aetiologie «kalt» = virale
Infektion der oberen und/oder unteren Luftwege

Subakut
Dauer 2-8 Wochen
Aetiologie Anhaltender Husten nach viraler Infektion

Chronisch
Dauer ≥ 8Wochen
in ca. 20% der Fälle kann kein Grund gefunden werden (chronischer unerklärbarer Husten)

Chronischer Husten beeinflusst die Lebensqualität. Er ist eine häufige und unterschätzte Erkrankung, die das allgemeine Wohlbefinden und die täglichen Aktivitäten beeinträchtigt. Chronischer Husten hat erhebliche negative Auswirkungen auf den psychologischen Status des Patienten (Schlaf, Beziehungen, Ängste), seine Lebensqualität, seine soziale und berufliche Situation (insbesondere während der COVID-19-Pandemie) und stellt eine erhebliche Belastung für das Gesundheitssystem dar. Die Frequenz des chronischen Hustens wurde in der Schweizer Sappaldia-Erhebung untersucht. Nie-Raucher wiesen eine Prävalenz von 3.3% (2.8-3.8), ehemalige Raucher eine Prävalenz von 3.0% (2.3-3.7) und derzeitige Raucher eine Prävalenz von 9.2 (8.2-10.2) auf.

Die demographischen Daten des chronischen Hustens zeigen einen Peak im Alter von 60-69 Jahren, wobei Frauen fast doppelt so häufig an einem chronischen Husten leiden als Männer.
Die Ursachen eines chronischen Hustens sind

  • Häufig (>80%):
    Nicht-Raucher
    – Hustensyndrom der oberen Atemwege
    – post-infektiöser Husten
    – Asthma
    – Gastroösophagealer Reflux
    Raucher
    – Chronische Bronchitis/COPD
    – Plus die obigen
  • SelteN
    – ACE-Hemmer
    – Aspiration
    – Bronchiektasen
    – Lungenkrebs
    – Herzinsuffizienz
    – Interstitielle Lungenkrankheit
    – Eosinophile Bronchitis
    – Psychogener Husten?

Für chronischen Husten gibt es multiple Ursachen: In 53% liegt eine Ursache vor (postnasales Drip Syndrom (PND) (33%), Asthma 14%, GER 3%). Zwei kombinierte Ursachen kommen in 36% vor (PND+Asthma in 22%, PND + GER in 11%, Asthma + GER in 3%) und 3 Ursachen in 11% (PND+Asthma + GER); der psychogene Husten wird mit 2% beziffert.

Chronisch refraktärer Husten versus chronisch unerklärten Husten

Husten persistiert trotz adäquater Behandlung der zugrunde liegenden Krankheit (>2 Monate).

Chronisch refraktärer Husten, mögliche zugrunde liegende Krankheiten:

  • Rhinosinusitis (Husten der oberen Atemwege)
  • Gastroösophagealer Reflux (GERD)
  • Asthma
  • Allergie
  • COPD

Diagnostischer Ausschluss von möglichen Ursachen (Ausschlussdiagnostik)

Chronisch unerklärter Husten (Diagnostik zur Klärung der zugrunde liegenden Krankheiten

  • Lungenfunktionstest
  • Radiologie (Röntgen, CT-Scans
  • ENT-Diagnostik
  • EKG
  • Neurologie
  • Mögliche Medikamente als Ursache (z.B. ACE-Hemmer, …)
  • Diagnostik von GERD
  • Bronchoskopie

Diagnostische Schritte bei chronischem Husten

Schritt 1: Anamnese: Länge des Hustens >8 Wochen, Anamnese & körperliche Untersuchung, Beachte Red Flags, Frage nach Rauchen, Suche mögliche Trigger, schliesse offensichtliche Diagnosen wie z. B. kardiologische (EKG, Echo) und neurologische Diagnosen aus, Untersuchung auf Medikamente wie z. B. ACE-Blocker, Thorax-Röntgen, Lungenfunktion.

Schritt 2: Grunderkrankungen: Falls keine Diagnose gestellt werden kann, weil Nichtraucher und/oder keine ACE-Hemmer, normale körperliche Untersuchung und normale radiologische Befunde, dann sollte eine andere mögliche zugrunde liegende Krankheit gesucht werden (auch mögliche Kombinationen von) Asthma, Sinubronchiales Syndrom, GERD, UACS (upper airway cough syndrome) oder NAEB (non-asthmatic eosinophilic bronchitis).

Schritt 3: Der Husten bleibt: Chronisch refraktäres Hustensyndrom. Zugrunde liegendes Leiden diagnostiziert und optimal behandelt (gemäss Guidelines), aber der chronische Husten persistiert: Chronisch unerklärter Husten.

Wissen und Wahrnehmung über chronischen Husten von Ärzten in der Schweiz

Um das Wissen und die Wahrnehmung von chronischem Husten zu verstehen und zu beschreiben, führte der Referent zusammen mit Kollegen und der Firma MSD kürzlich eine Studie unter Schweizer Hausärzten und Pneumologen durch (Leuppi JD et al Curr Med Res Op 2022). Während bei den Pneumologen 73% chronischen Husten als länger als 8 Wochen dauernd definierten, war dies nur bei 38% der Hausärzte der Fall. Hausärzte berichteten COPD als häufigste (60%), Rauchen (37%) und Asthma (40%) als gelegentlich zugrunde liegende Ursache für chronischen Husten. Unter den Pneumologen betrug dies 70%, 24% und 36%. Es gab keinen Konsensus für persistierenden Husten. Hausärzte tendierten dazu, ihn als «chronisch persistierenden Husten» zu bezeichnen, während Pneumologen eher zur Bezeichnung «chronisch refraktärer Husten» tendierten. Wenn der Verdacht auf eine Grunderkrankung bestand, führte die überwiegende Mehrheit der Hausärzte bei neuen Patienten mit chronischem Husten ein Blutbild, eine einfache Spirometrie und eine Thorax-Röntgenuntersuchung durch. Die Pneumologen berichteten, dass sie bei einem neuen Patienten, der sich mit chronischen Husten-Symptomen präsentiert und der Verdacht auf eine zugrunde liegende Krankheit besteht, häufig FeNO (Fraktioniertes Exhaliertes Stickstoffmonoxid) (94%) testen und eine Körper Plethysmographie (94%) durchführen. Ein Blutbild (inkl. Eosinophile) führen Pneumologen in 91% durch.

Die Behandlung mit inhalierten Kortikosteroiden, allein oder in Kombination mit Bronchodilatatoren wurde als häufigste verschriebene Therapie zitiert. Opioid Derivative wurden häufiger von Pneumologen als von Hausärzten verschrieben.

Zusammenfassung

  • Chronischer Husten ist häufig
  • Chronischer Husten reduziert die Lebensqualität
  • Wenn eine zugrunde liegende Krankheit gefunden werden kann, muss diese gemäss den Richtlinien behandelt werden
  • Wenn der Husten bestehen bleibt, wird der chronische Husten in chronisch refraktären und chronisch unerklärten Husten unterteilt

Quelle: SGAIM Herbstkongress, Davos, 23.9.2022.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

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  • Vol. 12
  • Ausgabe 11
  • November 2022