- COPD 2020 Leitlinien – Was ist neu und warum?
Das neue Jahr bricht mit neuen Leitlinien an. Die Global Initiative for Obstructive Lung Disease (GOLD 2020) hat einige grosse und wenige kleine Änderungen für das Management der COPD zu bieten. Zu den wesentlichen Änderungen gehören die Definition der Rolle von inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und der Vitamin-D-Spiegel (1).
Definition
Die Definition bleibt unverändert: «Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine häufige, vermeidbare und behandelbare Erkrankung, die durch anhaltende Atemwegssymptome und eine Einschränkung des Luftstroms gekennzeichnet ist, die auf Anomalien der Atemwege und/oder der Alveolen zurückzuführen sind, die in der Regel durch eine signifikante Exposition gegenüber schädlichen Partikeln oder Gasen verursacht werden.»
Es kann jedoch auch eine signifikante Lungenpathologie (Emphysem) vorliegen, ohne dass eine Atemwegsobstruktion vorliegt, was eine detaillierte Beurteilung rechtfertigt. Dies geht auf das alte Konzept von GOLD 0 zurück, bei dem es zwar strukturelle Veränderungen, aber keine Obstruktion gab. Da dies ein klinisch häufiges Szenario ist, wurde die Entität des Emphysems ohne Obstruktion wieder eingeführt.
Epidemiologie
Die für 2030 prognostizierte Sterblichkeit von 4,5 Mio. Todesfällen pro Jahr durch COPD und verwandte Erkrankungen wurde bis 2060 auf über 5,4 Mio. Todesfälle pro Jahr extrapoliert (2). Unter den Risikofaktoren ist die dokumentierte Pseudomonas-Infektion ein Neuzugang. Hintergrund ist eine grosse Beobachtungsstudie, die dokumentiert, dass eine Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa ein erhöhtes Risiko für einen Krankenhausaufenthalt wegen Exazerbation und Gesamtmortalität vorhersagt (3).
Die Nützlichkeit von Biomarkern bei COPD hat einen neuen Kommentar. Die Leitlinien befürworten die Verwendung von Serum-C-reaktivem Protein (CRP) und Procalcitonin bei der Einschränkung des Antibiotikaeinsatzes während Exazerbationen (1). Die beobachtete Sputumfarbe bleibt jedoch hochsensitiv und spezifisch für eine hohe bakterielle Belastung während solcher Episoden. Die SUMMIT-Studie konnte den Nutzen der Verwendung von CRP, SPD, sRAGE, CC-16 und Fibrinogen zur Vorhersage der Abnahme des forcierten expiratorischen Volumens in der ersten Sekunde (FEV1), der Hospitalisierung oder der Exazerbation nicht zeigen (4). Es ist weiterhin eine vorsichtige und realistische Interpretation der Rolle von Biomarkern bei der Behandlung von identifizierten klinischen Merkmalen erforderlich.
In den neuen Leitlinien wird Vorsicht bei der Verwendung von E-Zigaretten mit dem Hinweis auf einen Mangel an Sicherheitsdaten erwähnt. Eosinophile Pneumonien, akute Lungenverletzungen, diffuse alveoläre Blutungen und respiratorische Bronchiolitis wurden mit dem Gebrauch von E-Zigaretten in Verbindung gebracht (5). Die CDC und die FDA untersuchen dies. Bis Oktober 2019 wurden rund 1604 Erkrankungen und 34 Todesfälle gemeldet. Einige Länder, darunter Indien, haben kürzlich die Verwendung von E-Zigaretten mit dem Hinweis auf ein unbewiesenes Sicherheitsprofil verboten.
Diagnose und Behandlungsplan
Der Behandlungsalgorithmus legt den Schwerpunkt auf die Verwendung der ABCD-Beurteilung, um nur die Erstbehandlung zu bestimmen. Bei der Folgebehandlung wird der Managementzyklus je nach Dyspnoe oder Exazerbation geändert, ähnlich wie in den Leitlinien von 2019. Die Behandlung von anhaltender Dyspnoe mit zusätzlichen Bronchodilatatoren und von rezidivierenden Exazerbationen mit zusätzlichen inhalativen Steroiden ist identisch mit den GOLD-Leitlinien 2019 (1).
Die Rolle von inhalativen Steroiden (ICS) in den GOLD 2020-Leitlinien wurde geklärt. Die Anamnese von ≥ 2 moderaten Exazerbationen oder Hospitalisation(en), die auf eine Exazerbation zurückzuführen sind, Eosinophilie (> 300 Zellen/µL) oder begleitendes Asthma sind Faktoren, die den Einsatz von ICS stark unterstützen. Die Faktoren, die für den Einsatz von ICS ungünstig sind, sind rezidivierende Lungenentzündungen, eine Mykobakterieninfektion in der Vorgeschichte und Eosinophilie (< 10 ng/mL oder < 25 nM), gefolgt von einer Supplementierung, falls erforderlich. Das Grundprinzip ist ähnlich wie bei allen chronischen Erkrankungen.
Die Vitamin-D-Spiegel sind bei COPD niedriger als bei Gesundheit. Eine kürzlich durchgeführte Meta-Analyse zeigte, dass eine Vitamin-D-Supplementierung die Exazerbationsrate bei Patienten mit niedrigem Ausgangs-Vitamin-D-Spiegel reduziert (8). Bei ungesunden Patienten ist der Rückgang jedoch nicht dokumentiert.
Der Einsatz von Theophyllin bei COPD hat eine unveränderte Empfehlung. Eine Studie aus dem Jahr 2018, in der Theophyllin in niedriger Dosierung eingesetzt wurde, fand keinen Nutzen bei der Reduktion der Exazerbationsrate, und daher bleibt die Wirksamkeit für dieselbe zweifelhaft (9). Die Leitlinien weisen auf die Bedeutung der Phänotypisierung von COPD-Patienten hin. Vier Phase-3-Studien untersuchten die Wirksamkeit von Mepolizumab und Benralizumab bei Patienten mit schwerer COPD. Die Einschlusskriterien waren rezidivierende Exazerbationen und der Nachweis einer eosinophilen Entzündung im peripheren Blut trotz hochintensiver inhalativer Therapie. Es zeigte sich eine 15-20%ige Reduktion der Rate an schweren Exazerbationen, die jedoch in den vier Studien und den jeweiligen Dosierungen variierte. Es gab keinen Effekt auf FEV1 oder Lebensqualitäts-Scores und keinen konsistenten Zusammenhang zwischen dem Ansprechen auf die Behandlung und der Anzahl der Eosinophilen im peripheren Blut. Eine Post-hoc-Analyse der Mepolizumab-Studie zeigte einen signifikanteren Vorteil gegenüber mit oralen Kortikosteroiden behandelten Exazerbationen (10, 11). Somit besteht die Möglichkeit, dass diese Behandlung eine Rolle in einer ausgewählten Untergruppe von Patienten mit eosinophiler COPD und häufigem Bedarf an oralen Kortikosteroiden gewinnt. Weitere Studien sind erforderlich, um dies zu untersuchen.
Nicht-medizinisches Management
Interventionelle Verfahren sind z.B. Endobronchialklappen, die bei entsprechender Indikation empfohlen werden. Die Rationale ergibt sich aus der EMPROVE-Studie, die von einem signifikanten Nutzen in Bezug auf FEV1, Hyperinflation, Dyspnoe und Gesundheitsstatus berichtet (12). Die Möglichkeit eines beträchtlichen Pneumothorax rechtfertigt jedoch, dass das Verfahren nur in Expertenzentren durchgeführt werden sollte. Die aktuellen Leitlinien dokumentieren die zusätzliche Rolle der pulmonalen Rehabilitation bei der Reduzierung von Angst und Depression.
Die Klassifizierung und das Managementprotokoll der akuten Exazerbationsepisoden sind unverändert. Der klinische Verdacht und die Erhebung der Differentialdiagnose einer Exazerbation sind in den vorliegenden Leitlinien aufgeführt. Bei der Diagnose steht die Bewertung systemischer Erkrankungen und Komorbiditäten somit explizit im Vordergrund.
Klinische Auswirkungen und zukünftige Richtlinien
Das GOLD 2020 Dokument stellt eine globale Ressource als evidenzbasierte Übersicht und Leitfaden für die Diagnose, das Management und die Prävention der COPD dar. Die Bedeutung der COPD wird durch die zunehmende globale Belastung durch diese Krankheit mit einer geschätzten erhöhten Sterblichkeit bis 2060 noch verstärkt. Die neuen Richtlinien anerkennen die Rolle von ICS als eine individuelle Entscheidung mit einer detaillierten Bewertung von Risiken und Nutzen. Die Position der inhalativen Dreifachtherapie, der Biologika, der Lungenvolumenreduktion, der Notwendigkeit von Biomarkern und der Beurteilung des Vitamin-D-Mangels wurden explizit genannt. Auch wenn diese Unterschiede subtil sind, geben sie die zukünftige Richtung der Forschung vor. Zu den Einschränkungen gehört die Vorgabe, dass für die Diagnosestellung persistierende Symptome erforderlich sind, was dazu führt, dass ambulante Patienten von Tag zu Tag unterschiedliche Merkmale aufweisen. Zusätzliche Aktualisierungen in Bezug auf keine pharmakotherapeutischen Optionen, den Asthma-COPD-Überlappungsphänotyp, Empfehlungen zum Umgang mit E-Zigaretten und weitere Leitlinien für die Überweisung zur Lungentransplantation sind ein Bedarf für die Zukunft.
Quelle: Gupta N et al. COPD 2020 Guidelines – what is new and why?
Adv Respir Med. 2020;88:38-40.
riesen@medinfo-verlag.ch
1. Global Strategy for Diagnosis, Management and Prevention of COPD. The Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Diseases (GOLD). 2020 report. Available from: https://goldcopd. org/gold-reports/ [Access: 01.01.2020].
2. World Health Organization. Projections of mortality and causes of death, 2016 and 2060. Available from: www.who.int/ healthinfo/global_burden_disease/projections/en/ [Access: 14.10.2019].
3. Eklöf J et al. Pseudomonas aeruginosa and risk of death and exacerbations in patients with chronic obstructive pulmonary disease: an observational cohort study of 22 053 patients. Clin Microbiol Infect. 2020; 26(2): 227–234.
4. Celli BR et al. Serum biomarkers and outcomes in patients with moderate COPD: a substudy of the randomised SUMMIT trial. BMJ Open Respir Res. 2019.
5. Layden JE et al. Pulmonary illness related to e-cigarette use in Illinois and Wisconsin — preliminary report. N Engl J Med. 2020 indexed in Pubmed PMID 31491072.
6. Cazzola M et al. Triple therapy single and dual long-acting bronchodilator therapy in COPD: a systematic review and meta-analysis. Eur Respir J. 2018; 52(6).
7. Lipson DA et al. Once-daily single-inhaler triple versus dual therapy in patients with COPD. N Engl J Med. 2018; 378(18): 1671–1680.
8. Jolliffe DA et al. Vitamin D to prevent exacerbations of COPD: systematic review and meta-analysis of individual participant data from randomised controlled trials. Thorax. 2019; 74(4): 337–345.
9. Devereux G et al. Effect of theophylline as adjunct to inhaled corticosteroids on exacerbations in patients with COPD: a randomized clinical trial. JAMA. 2018; 320(15): 1548–1559.
10. Pavord ID et al. Mepolizumab for eosinophilic chronic obstructive pulmonary disease. N Engl J Med. 2017; 377(17): 1613–1629.
11. Criner GJ et al. Benralizumab for the prevention of COPD exacerbations. N Engl J Med. 2019; 381(11): 1023–1034.
12. Criner GJ et al. Improving lung function in severe heterogenous emphysema with the spiration valve system (EMPROVE). A multicenter, open-label randomized controlled clinical trial. Am J Respir Crit Care Med. 2019; 200(11): 1354–1362.
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- Vol. 11
- Ausgabe 3
- März 2021