Editorial

«Don’t Die»



Die Zukunft der Medizin? Oder längst Gegenwart? Oder doch nur Populismus?

Wer Netflix schaut oder in sozialen Medien stöbert, kommt nicht daran vorbei: Anti-Aging, Verjüngung, «Don’t Die». Auch sehen die Hollywood Stars von Jahr zu Jahr jünger aus – zum Teil so sehr, dass es gespenstisch wirkt. Nun ja, gewisse übertreiben es. Doch die Tendenz ist eindeutig: Altern war früher.

Da wäre zum Beispiel Bryan Johnson. Auf Netflix sieht man ihn in seiner Dokumentation «Don’t Die». Sein ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, dem Alter zu trotzen. 120 Pillen am Tag, eine Stunde Sport, Lichttherapien, vegetarische Ernährung – aber nur bis 11 Uhr morgens, danach fastet er bis zum nächsten Tag. Er geht um 20 Uhr schlafen, steht um 4.30 Uhr auf, schläft auf einer temperaturregulierenden Matratze und investiert anscheinend jährlich zwei Millionen Dollar in seinen Kampf gegen die Vergänglichkeit. Ende 2024 hat er sogar eine unerprobte Gentherapie, die Follistatin freisetzt, an sich selbst getestet. Wohin das führt? Wir werden sehen.
Doch im Grunde begann diese Entwicklung lange vor Bryan Johnson – mit der modernen Medizin. Der Tod wurde aus unserem Alltag verbannt. Verstorbene werden diskret aus Heimen und Spitälern abtransportiert , wir sprechen nicht über das Sterben. Wir schieben es mit aller Wissenschaft hinaus, verstecken und verdrängen es. Sterben ist tabu. Und Altern damit ebenso.

Wieso erstaunt es da, dass die Medizin immer teurer wird, wenn man erstens älter wird und zweitens alles macht, um jung zu bleiben oder zumindest jünger auszusehen? Was wäre, wenn Werbung und Filme nicht mehr von makellosen Models, sondern von ganz normalen Menschen bevölkert wären – von Dir und mir, von uns allen? Dann hätten wir andere Ideale als heute. Nämlich die Realität.

Dr. med. Dr. sc. nat. Andreas Bäbler

Herrliberg

der informierte @rzt

  • Vol. 15
  • Ausgabe 2
  • Februar 2025