60 Jahre jung und immer noch aktuell

Ein Pflanzenpräparat feiert Geburtstag

Die symptomatische Behandlung von Menopausebeschwerden ist auch heute noch kontrovers. Während auf der einen Seite ein grosszügigerer kurzfristiger Einsatz von Östrogenen wieder befürwortet wird, mahnen viele Experten weiterhin vor potentiellen Nebenwirkungen. Insbesondere bei Frauen mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und/oder mässigem bis hohem Risiko für Brustkrebs (5-Jahresrisiko über 1.67%) wird zu einer nicht-hormonbasierten Therapie geraten.



Extrakte aus dem Wurzelstock von Cimicifuga racemosa (CR, Traubensilberkerze) haben zur Therapie von Menopausebeschwerden weltweit an Bedeutung gewonnen. Aus Anlass des 60. Geburtstags des ersten kommerziellen Präparates mit CR wurde in einer Übersicht die Geschichte dieser ursprünglich aus der Volksmedizin Nordamerikas stammenden Arznei aufgearbeitet.
1956 kam in Deutschland das erste Präparat Remifemin® auf den Markt, die Wirksamkeit wurde anhand von Dokumentationen zur klinischen Erfahrung beurteilt. Nachdem das Arzneimittelgesetz 1976 die Pflicht zum Nachweis der Wirksamkeit auferlegte, folgten in den 1980er Jahr die ersten kontrollierten klinischen Studien. Die erste Good Clinical Practice (GCP)-konforme klinische Studie zu CR widmete sich 1995 der Fragestellung zur Dosis-Wirksamkeits-Beziehung. Ab 2003 folgte eine Reihe von Plazebo-kontrollierten Studien, die sich neben dem Nachweis der Wirksamkeit auch zunehmend Sicherheitsfragen annahmen, so 2007 eine klinische Studie zur Sicherheit in Brustgewebe und 2011 eine Meta-Analyse zur Sicherheit in Bezug auf Leber. 2013 Publikation eines systematischen Reviews mit Nachweis der Wirksamkeit von lizenzierten Qualitätsprodukten in 18 Studien und der Sicherheit in 35 Studien. In der letzten Plazebo-kontrollierten Studie 2015 konnte auch eine Verbesserung der Schlafqualität dokumentiert werden. Anlässlich des „Geburtstags“ konnten 11 073 Patientinnen, die seit dem Jahr 2000 in kontrollierten Studien behandelt wurden, überblickt werden.
Der Autor kommt zum Schluss, dass die Wirksamkeit bei Wechseljahresbeschwerden, sofern zugelassene Qualitätspräparate zum Einsatz kommen, nachgewiesen werden konnte. Dass diese Präparate bereits bei symptomatischen prämenopausalen Erkrankungen nützlich und anwendbar sind, keinen negativen Effekt auf östrogenempfindlichen Geweben wie Brust, Gebärmutter oder Tumore ausüben und in der Langzeitanwendung sicher sind, Tamoxifen oder Aromatase-Inhibitoren nicht beeinträchtigen, in klinischen Studien keine Hepatotoxizität aufweisen und schlussendlich auch einen Einfluss haben auf ZNS-Areale, die für die Thermoregulation, die Stimmung und den Schlaf verantwortlich sind.

Quelle: 60 years of Cimicifuga racemosa medicinal products. Clinical research milestones, current study findings and current development. Henneicke-von
Zepelin HH. Wien Med Wochenschr 2017;167:147–159

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

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  • Vol. 8
  • Ausgabe 10
  • November 2018