- Impfen ja, aber so nicht mit uns!
Erstaunlicherweise erhielt dann im Februar nur ich 100 Moderna-Impfdosen zugesprochen, Johann musste sich nochmals anmelden und wurde erst Monate später mit 100 Impfdosen beliefert. Der Aufwand für die Durchführung der ersten 100 Impfungen war riesig. Wir wurden förmlich überrannt von über 75-Jährigen und Hochrisikopatienten: Auf unserer Warteliste hatten sich innert 2 Tagen 600 Patienten angemeldet! Ein Gerangel entstand und viel Druck wurde auf uns ausgeübt, wer geimpft werden dürfe. Wir suchten die 100 Ältesten und alle Hochrisikopatienten heraus, doch die anderen fragten uns: «Wieso ich nicht?».
Nach Zustellung dieser ersten 100 Impfdosen wurden alle weiteren Bestellungen für Hausarztpraxen abgesagt und die ÄrztInnen vertröstet, denn wegen Lieferengpässen gingen nun spontan die Moderna-Impfdosen statt der Pfizer-Impfstoff in die Pflegeheime. So kamen meine ArztkollegInnen in die unangenehme Lage, 100 Personen kurzfristig den zugeteilten Termin ohne Verschiebedatum absagen zu müssen. Dies trug zum Unmut bei.
Der Aufwand, das Administrative zu bewältigen und die vielen Fragen der Patienten zu beantworten war enorm. Die Termin-Organisation und das Erfassen der 100 Patienten im Ärztefon-Tool benötigte 3 Arbeitstage. Die Vergütung war noch offen, es wurde verhandelt. Unglücklicherweise waren unter den 100 PatientInnen noch 3, welche auch zu einer anderen Hausärztin gehen, was zu einem interkollegialen Konflikt führte, zumal die Impftermine bei der Kollegin abgesagt wurden. Parallel musste ich die PatientInnen der Pflegeheime impfen, die ich ärztlich betreue, denn die Aufgabe des Impfens wurde den Heimärzten überantwortet. Ich erfuhr jeweils nur einige Tage zuvor den Termin der Heimlieferungen, so dass ich kurzfristig einen gefüllten Sprechstundentag umorganisieren musste.
Im weiteren Verlauf wurde das Ärztefon-Tool obligatorisch durch die kantonale Plattform VacMe ersetzt und wir mussten einige Patienten nochmals neu erfassen.
Einmal fiel meinem Kollegen aus Versehen ein Fläschchen zu Boden, es zerbrach – und 10 geplante Impfungen waren weg. Ersatz zu besorgen, bedeutete 3 Stunden Aufwand einschliesslich Weg. Wir Ärzte und unsere MPAs waren am Limit, denn all dies lief zusätzlich zum normalen Praxisbetrieb.
Nach 1000 Impfungen zogen wir die Notbremse. Wir sind raus! Von all meinen KollegInnen höre ich dasselbe. Zumal nun die Mindestbestellung auf 400 Dosen angewachsen ist. Gewünscht hätte ich mir eine Handhabung wie bei allen anderen Impfungen, mit Tarmed und Einzelspritzen. Impfen Ja, aber so nicht mit uns!
Dr. med. Dr. sc. nat. Andreas Bäbler
praxis.baebler@hin.ch
Herrliberg