- Invasive Pneumokokken-Erkrankungen bei Kindern und Erwachsenen in Frankreich während der Ära der Pneumokokken-Konjugatimpfung:
Die Autoren haben eine quasi-experimentelle unterbrochene Zeitreihenanalyse mit Daten aus einem nationalen prospektiven französischen Überwachungssystem durchgeführt. Es wurden alle Fälle invasiver Pneumokokkenerkrankungen bei Kindern und Erwachsenen aus mehr als 250 teilnehmenden Krankenhäusern zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2017 einbezogen. Das primäre Ergebnis war die Inzidenz invasiver Pneumokokkenerkrankungen (Meningitis und Nicht-Meningitis) im Zeitverlauf, die mittels segmentierter Regression mit autoregressivem Fehler analysiert wurde. Die Isolate wurden durch Latexagglutination mit Antiserumproben serotypisiert.
Resultate
75 903 Patienten mit invasiver Pneumokokkenerkrankung wurden eingeschlossen, darunter 4302 (5-7 %) Kinder unter 2 Jahren und 37 534 (49-4 %) Erwachsene im Alter von 65 Jahren oder älter. Vor der Einführung von PCV7 lag die geschätzte monatliche Inzidenz invasiver Pneumokokkenerkrankungen bei 0-78 Fällen pro 100’000 Einwohner, was sich bis Mai 2010 nicht wesentlich änderte. Auf die Einführung von PCV13 im Jahr 2010 folgte ein deutlicher Rückgang der Inzidenz invasiver Pneumokokkenerkrankungen (-1.5 % pro Monat, 95 % CI -2.2 bis -0.8), der im Dezember 2014 eine geschätzte monatliche Inzidenz von 0.52 Fällen pro 100 000 Einwohner erreichte. Ab Januar 2015 stieg die Inzidenz allerdings wieder an (1.8 % pro Monat, 95 % KI 1.0 bis 2.6) und erreichte im Dezember 2017 eine geschätzte monatliche Inzidenz von 0.73 Fällen pro 100’000 Einwohner. Die geschätzte monatliche Inzidenz stieg von 0.93 Fällen pro 100’000 Einwohner im Dezember 2014 auf 1.73 Fälle pro 100’000 Einwohner im Dezember 2017 für Kinder unter 2 Jahren und von 1.54 Fällen pro 100’000 Einwohner im Dezember 2014 auf 2.08 Fälle pro 100’000 Einwohner im Dezember 2017 für Erwachsene im Alter von 65 Jahren oder älter. Die wichtigsten Nicht-PCV13-Serotypen, die an diesem Anstieg beteiligt waren, waren 24F bei Kleinkindern und 12F, 22F, 9N und 8 bei Erwachsenen im Alter von 65 Jahren oder älter.
Schlussfolgerungen
Die Einführung von PCV13 führte zu einem deutlichen Rückgang der Inzidenz invasiver Pneumokokkenerkrankungen. Ein erneuter Anstieg der Fälle bei Kindern und Erwachsenen seit 2015, der auf mehrere neu auftretende Nicht-PCV13-Serotypen zurückzuführen ist, gefährdet jedoch den langfristigen Nutzen von PCV. Sollten sich diese Erkenntnisse in den kommenden Jahren bestätigen, sollten sie bei der Entwicklung von PCV der nächsten Generation berücksichtigt werden und könnten den politischen Entscheidungsträgern bei der Auswahl künftiger Pneumokokken-Impfstoffe als Orientierung dienen.
Quelle: Ouldali N et al. Invasive Pneumococcal Disease Incidence in Children and Adults in France During the Pneumococcal Conjugate Vaccine Era: An Interrupted Time-Series Analysis of Data From a 17-Year National Prospective Surveillance Study. Lancet Infect Dis 2021; 21:137–47
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