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Kardiovaskuläre Sicherheit von CGRP-monoklonalen Antikörper zur Migräneprophylaxe
Fragestellung
Ziel der retrospektiven, sequentiellen Kohortenstudie war es, in einem «Real-World-Setting» zu prüfen, ob die Anwendung von monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor zur Migräneprophylaxe mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden ist.
Monoklonale Antikörper gegen CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) oder den CGRP-Rezeptor werden zunehmend zur Migräneprophylaxe eingesetzt. Dennoch gab es bisher Bedenken bezüglich der Sicherheit, insbesondere bei Risikopatienten, da eine Blockade von CGRP möglicherweise das kardiovaskuläre Risiko steigern könnte.
Diese Bedenken stützen sich auf Ergebnisse aus tierexperimentellen Studien. Metaanalysen früherer randomisierter Studien zeigten jedoch keinen negativen Effekt der CGRP-Blockade. Allerdings wurden in diesen Studien häufig ältere Patienten sowie solche mit schweren kardiovaskulären Vorerkrankungen ausgeschlossen, sodass eine «Real-World»-Evidenz bislang fehlte.
Studiendesign
Eine retrospektive Kohortenstudie aus den USA schließt nun diese Lücke. Zwischen Mai 2018 und Dezember 2020 wurden Patienten (über 18 Jahre) mit Migräne untersucht, die entweder Anti-CGRP-Antikörper oder Onabotulinumtoxin A erhielten. Patienten mit einer Vorgeschichte von Myokardinfarkt (MI), Schlaganfall, Clusterkopfschmerz, bösartigem Krebs oder Hospizdienst innerhalb eines 1-Jahres-Zeitraums vor Behandlungsbeginn wurden ausgeschlossen. Der primäre Endpunkt war das Auftreten von Myokardinfarkten oder Schlaganfällen. Sekundäre Endpunkte umfassten hypertensive Krisen, periphere Revaskularisationen und das Raynaud-Syndrom.
Ergebnisse
Von insgesamt 266 848 Migränepatienten erhielten 5153 Patienten (Durchschnittsalter 57.8 Jahre, 83.6 % weiblich) Anti-CGRP-Antikörper, während 4000 Patienten (Durchschnittsalter 61.9 Jahre, 83.8 % weiblich) Onabotulinumtoxin A erhielten.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Behandlung mit Anti-CGRP-Antikörpern nicht mit einer höheren Rate schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse assoziiert war (bereinigte Hazard Ratio [aHR], 0.88; 95 % CI, 0.044–1.77). Zudem führte die Therapie nicht zu einer höheren Inzidenz hypertensiver Krisen.
Auch Subanalysen nach Alter (über und unter 65 Jahre) oder vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen zeigten kein erhöhtes Risiko.
Die Autoren betonen, dass diese Ergebnisse wichtige Hinweise für die klinische Praxis liefern, jedoch auch mehrere Limitationen bestehen, insbesondere die insgesamt geringe Anzahl kardiovaskuläre Ereignisse und die relativ kurze nach Beobachtungszeit.
Dr. med. Roland Backhaus
Quelle:
Yang S, Orlova Y, Park H et al. Cardiovascular Safety of Anti-CGRP Monoclonal Antibodies in Older Adults or Adults with Disability With Migraine. JAMA Neurol. 2025 Jan 6.
https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/article-abstract/2828333
Der Zusammenhang zwischen MASLD, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes
Die mit metabolischer Dysfunktion assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD) ist ein neues globales Gesundheitsproblem, und sie ist nicht nur die wichtigste Vorstufe einer möglichen leberbedingten Morbidität, sondern setzt die Patienten auch einem erheblich höheren kardiovaskulären Risiko aus, das nach wie vor eine der Haupttodesursachen bei diesen Patienten ist. Die wichtigsten gemeinsamen pathophysiologischen Mechanismen, die diesen Erkrankungen zugrunde liegen, hängen in erster Linie mit Insulinresistenz, chronischer Entzündung und oxidativem Stress zusammen. Das Vorhandensein von MASLD mit kardiovaskulären Erkrankungen und Typ-2-Diabetes mellitus (T2DM) erhöht das Risiko für schlechte Ergebnisse. Angesichts der Verflechtung von MASLD, T2DM und CVD besteht ein dringender Bedarf an therapeutischen Strategien, die alle drei Erkrankungen berücksichtigen. Obwohl Änderungen des Lebensstils für die Behandlung wichtig sind, spielen Medikamente eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle der Hyperglykämie, der Verbesserung der Leberfunktion und der Senkung des kardiovaskulären Risikos. Die Entstehung und das Fortschreiten von MASLD sollte durch einen vielseitigen therapeutischen Ansatz angegangen werden, der neben den Behandlungstrategien für T2DM auch auf Entzündungs-, Immun-, Stoffwechsel-, oxidativen Stress-, Hormon- und Darmaxis-Wege abzielt. In einer kürzlich veröffentlichten Übersicht wurden die Auswirkungen von Antidiabetika auf die Leberwerte und das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit MASLD, T2DM und CDV diskutiert (1). Im Folgenden wird auf die Inhibition von SGLT2 eingegangen.
SGLT2-Inhibitoren haben sich als wichtige Therapeutika für die Behandlung verschiedener Stoffwechselkrankheiten erwiesen, darunter die mit metabolischer Dysfunktion assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD), Typ-2-Diabetes mellitus (T2DM) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (2). Diese Wirkstoffe hemmen die Rückresorption von Glukose in den proximalen Nierentubuli und erleichtern so die Glukoseausscheidung im Urin. Diese gute Kontrolle des Blutzuckerspiegels in Verbindung mit zusätzlichen positiven Effekten auf das Körpergewicht und das Herz-Kreislauf-System haben dazu geführt, dass diese Wirkstoffe als Teil unserer Behandlungsstrategien bei Patienten, die mit diesem tödlichen Dreigestirn von miteinander verbundenen Erkrankungen konfrontiert sind, eine unverzichtbare Bedeutung haben (3). Die pathophysiologischen Wirkungen der SGLT2-Inhibitoren auf MASLD sind vielfältig und komplex. Einer der wichtigsten ist, dass sie die Insulinempfindlichkeit verbessern. Da MAFLD mit Insulinresistenz verbunden ist (4,5), bedeutet ihre Fähigkeit, die Insulinsensitivität zu verbessern, auch, dass SGLT2-Inhibitoren die hepatische Glukoseproduktion verringern und die zirkulierenden freien Fettsäurespiegel senken können (6). Diese Senkung ist wichtig, da ein Übermaß an freien Fettsäuren zu einem erheblichen hepatischen Fettüberschuss und zu Entzündungen führt (7). Die Einnahme von SGLT2-Inhibitoren kann auch erhebliche extrahepatische entzündungshemmende Wirkungen auf die Leber haben. In klinischen Studien zu pro-inflammatorischen Zytokinen und systemischen Entzündungsmarkern wird die Entzündung ebenfalls stark reduziert (8).
Schlussfolgerungen
Die Behandlung von Patienten mit MASLD, CVD und T2DM erfordert eine vielseitige und ganzheitliche Strategie, die Lebensstilinterventionen, Pharmakotherapie und eine sorgfältige Überwachung der kardiovaskulären Risikofaktoren umfasst. Indem sie die Zusammenhänge zwischen diesen Erkrankungen berücksichtigen, können Gesundheitsdienstleister die Ergebnisse für die Patienten deutlich verbessern, das Risiko von Komplikationen verringern und die Lebensqualität der Menschen verbessern, die mit diesen chronischen Krankheiten zu kämpfen haben. In der sich ständig weiterentwickelnden Welt dieser eng miteinander verflochtenen Gesundheitsprozesse ist es von größter Bedeutung, dass wir unsere Wachsamkeit im Hinblick auf die Entwicklung optimaler integrierter Versorgungspfade aufrechterhalten, um die vielschichtige Natur unserer Patientenpopulation anzugehen und zu verwalten. Entsprechende Studien sind gerechtfertigt, da diese Krankheiten hinsichtlich der ihnen zugrunde liegenden strukturellen Veränderungen und der gemeinsamen Entzündungswege eine beträchtliche Anzahl von Ähnlichkeiten aufweisen. Da die Herausforderungen, die MASLD, CVD und T2DM mit sich bringen, sehr groß und anspruchsvoll sind, ist eine multidisziplinäre und sektorübergreifende Strategie erforderlich, um Vorkehrungen zu treffen, die Veränderungen für eine bessere langfristige Gesundheit der Patienten mit sich bringen würden.
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Riesen
Quelle: Michalopoulu E et al. The Triad of Risk: Linking MASLD, Cardiovascular Disease and Type 2 Diabetes; From Pathophysiology to Treatment. J Clin Med 2025;14:428. doi: 10.3390/jcm14020428
Literatur:
1. Michalopoulu E et al. The Triad of Risk: Linking MASLD, Cardiovascular Disease and Type 2 Diabetes; From Pathophysiology to Treatment. J Clin Med 2025;14:428. doi: 10.3390/jcm14020428
2. Umemura A et al. Potential Therapeutic Targets and Promising Agents for Combating NAFLD. Biomedicines. 2022;10:901. doi: 10.3390/biomedicines10040901. [
3. Li Bet al. Effects of Canagliflozin on Fatty Liver Indexes in Patients with Type 2 Diabetes: A Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. J. Pharm. Pharm. Sci. 2018;21:222–235. doi: 10.18433/jpps29831.
4. Mo M et al. The safety and efficacy evaluation of sodium-glucose co-transporter 2 inhibitors for patients with non-alcoholic fatty liver disease: An updated meta-analysis. Dig. Liver Dis. 2022;54:461–468. doi: 10.1016/j.dld.2021.08.017. [
5. Chino Y et al. SGLT2 inhibitor lowers serum uric acid through alteration of uric acid transport activity in renal tubule by increased glycosuria. Biopharm. Drug Dispos. 2014;35:391–404. doi: 10.1002/bdd.1909
6. Khaznadar F et al. Biomarkers for Assessing Non-Alcoholic Fatty Liver Disease in Patients with Type 2 Diabetes Mellitus on Sodium-Glucose Cotransporter 2 Inhibitor Therapy. J. Clin. Med. 2023;12:6561. doi: 10.3390/jcm12206561
7. Androutsakos T et al. SGLT-2 Inhibitors in NAFLD: Expanding Their Role beyond Diabetes and Cardioprotection. Int. J. Mol. Sci. 2022;23:3107. doi: 10.3390/ijms23063107.
8. Amjad W.et al. Sodium-glucose cotransporter-2 inhibitors improve liver enzymes in patients with co-existing non-alcoholic fatty liver disease: A systematic review and meta-analysis. Prz. Gastroenterol. 2022;17:288–300. doi: 10.5114/pg.2021.112365.