- Mehr Krebsfälle aber auch mehr Leben!
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in der Schweiz und die häufigste bei Frauen zwischen 25 und 84 und bei Männern zwischen 45 und 84 Jahren. Kürzlich veröffentlichte das Bundesamt für Statistik neue Krebsstatistiken. Es zeigt sich, dass die Krebsfälle bei Männern erstmals abnehmen, jedoch nicht bei Frauen. Besonders ausgeprägt ist der Rückgang der Mortalitätsrate bei Männern. Bei Frauen ist dieser Erfolg noch nicht zu verzeichnen. Hier sind wir alle gefordert, sowohl in unserer täglichen Arbeit mit den Patientinnen und ihren Familien, mit unseren Mitarbeiterinnen wie auch auf der gesundheitspolitischen Ebene.
Die starke Abnahme der Krebs-Mortalitätsrate bei Männern ist hauptsächlich auf die Reduktion tabakassoziierter Krebsfälle zurückzuführen. Neue Immuntherapien und Lungenkrebs-Screenings für Hochrisiko-Raucher könnten diesen positiven Trend weiter verstärken.
Pioniere in verschiedenen Kantonen begannen vor über 50 Jahren mit der Dokumentation von Krebsfällen, was regionale Versorgungslücken aufzeigte. Heute verfügen wir über ein nationales Krebsregister, das verlässliche Daten für die gesamte Bevölkerung liefert. Ein bedeutender Erfolg ist der im Frühjahr angenommene Nationale Krebsplan Schweiz (www.oncosuisse.ch), der durch eine koordinierte Strategie die Früherkennung, Prävention, Behandlungsqualität und Ausbildung verbessert und eine gerechtere Versorgung im ganzen Land ermöglicht.
Wir alle wissen um die enormen Kosten neuer Krebstherapien und es ist ein Gebot der Stunde, behandlungsbedürftige Krebsfälle wo möglich durch effiziente Prävention und Früherkennung zu verhindern. Laut BAG gehen über die Hälfte der Zunahme der totalen Medikamentenkosten in unserem Land auf Krebsmedikamente zurück. So sind die Kosten pro versicherte Person von knapp 60 CHF im Jahr 2015 auf über 140 CHF im Jahr 2023 angestiegen! Das Potential wird heute auf ca. 40% vermeidbare Krebstodesfälle geschätzt, eine unglaubliche grosse Zahl! Diese Vermeidung in 26 Kantonen mit kantonalen Strategien zu erreichen ist ineffizient und auch klar gescheitert. Deshalb hat das Bundesparlament endlich grünes Licht gegeben für eine Nationale Krebsstrategie der Schweiz. Die Krebsliga Schweiz und Oncosuisse mit all ihren Verbündeten haben mit dem Nationalen Krebsplan NKP 1 und NKP 2 und der Nationalen Strategie gegen Krebs NSK über die letzten Jahrzehnte unermüdlich dafür gekämpft und sind nun belohnt worden.
Die zur Diskussion stehende nationale Präventionsstrategie ist de facto deckungsgleich mit z.B. auch kardiovaskulären, pneumologischen, diabetologischen, gynäkologischen oder auch orthopädischen präventiven Massnahmen, da es schlicht um die Förderung einer gesunde Lebensweise geht: also regelmässige Bewegung, Kontrolle des Körpergewichts, gesunde Ernährung sowie Nichtrauchen bzw. Rauchstopp und limitierter oder kein Alkoholkonsum als wichtigste Massnahmen, aber auch um protektive Impfungen wie gegen Hepatitis-B oder HPV.
Die Lebenserwartung in der Schweiz liegt gemäss Bundesamt für Statistik für Frauen bei 85,9 und für Männer bei 82,3 Jahren. Alterforscher gehen heute davon aus, dass eine Lebenserwartung von 90 Jahren für eine gut informierte Bevölkerung mit guter Gesundheitsversorgung ein realistisches Ziel ist. Da Krebs eine stark altersabhängige Inzidenz aufweist, werden wir in den nächsten 20 Jahren viele neue Krebsfälle erwarten müssen. Nun geht es darum, hier Prioritäten zu setzten und griffige nationale Strategien zu entwickeln. Wir sind gespannt, wie die Umsetzung der nationalen Strategie gegen Krebs erfolgen wird und welche Prioritäten hier vom Bund gesetzt werden. Hoffen wir, dass die Umsetzung erfolgreich sein wird und machen Sie bitte mit, wo immer sie einen Hebel haben. Viel unnötiges Leid und viele vorzeitig verlorene Lebensjahre könnten gerettet werden und das Ganze ist ein kosteneffizientes Unterfangen mit einem hohen «Return of Investment».
Prof. em. Dr. med. Thomas Cerny
Rosengartenstrasse 1d
9000 St. Gallen
thomas.cerny@kssg.ch