Diabetes Sprechstunde

Nicht-alkoholische Fettleber und Diabetes

Prof. Roger Lehmann, Zürich, referierte an der Jahrestagung der SGAIM in Basel zum Thema «nichtalkoholische Fettleber». Motiviert dazu ist er durch die hohe Prävalenz dieser Erkrankung in der westlichen Welt und durch die Erkenntnis, dass die Kombination von Diabetes und Fettleber überzufällig häufig ist.



Professor Roger Lehmann nimmt einleitend Stellung zur Frage nach der Prävalenz des Formenkreises von nichtalkoholischer Fettleber. Dabei ist zu beachten, dass die reine Fettleber (NAFL) meistens eine gutartige, stabile Erkrankung ist, während die nichtalkoholische Fettleberkrankheit (NAFLD) in eine nichtalkoholische Steatosehepatitis (NASH) übergehen kann, welche ihrerseits zu Leberzirrhose und zum hepatozellulären Karzinom führen kann. Die Prävalenz der NAFLD beträgt in der westlichen Welt rund 25%, und man kann davon ausgehen, dass etwa ¼ davon an einer NASH leiden.
Bei der klinischen Abgrenzung zu einer alkoholischen Leberkrankheit sprechen die Befunde eines erhöhten Körpergewichts, eines erhöhten Nüchternblutzuckerspiegels respektive eines erhöhten HbA1c und einer Erhöhung von ALT eher für eine nichtalkoholische Fettleberkrankheit, während die Angabe eines Alkoholkonsums von mehr als 20 g für Frauen um mehr als 30 g für Männer, eine erhöhte AST, ein erhöhtes Verhältnis von AST: ALT über 1,5, eine deutlich erhöhte GGT, ein hohes HDL Cholesterin und ein hohes MCV eher für eine alkoholische Leberkrankheit sprechen. Ist der Verdacht gestellt, gilt es Differenzialdiagnosen auszuschliessen, wie eine Hepatitis insbesondere vom Typ B und C anhand einer entsprechenden Serologie, eine HIV-Erkrankung und eine Erkrankung aus dem Formenkreis der autoimmunen Hepatopathien. Weiter gilt es, den Verdacht zu erhärten, in 1. Linie mit einem Ultraschall, welcher das typische hyperechogene Leberparenchym zeigt, oder einer Computertomografie, in welcher die typische Fettleber hypodens erscheint im Vergleich zu Milz und Lebervenen. Im weiteren ist abzuklären, ob bereits eine fortgeschrittene Fibrose bestehe. Dabei ist die Existenz eines Diabetes mellitus der stärkste prädiktive Faktor für eine fortgeschrittene Fibrose mit einer OR von 18,2. Übergewicht mit einem BMI über 30 sagt eine Fibrose mit einer OR von 9,1 voraus. Hoher Blutdruck und Alter stellen diesbezüglich per se keine prädiktiven Faktoren dar. Weiter lässt sich das Fibroserisiko anhand verschiedener typischer Laborkonstellationen berechnen, erwähnt wird der Fibrosis-4-Index, welcher sich aus Alter, AST, ALT und Thrombozyten berechnet sowie der NAFLD-Fibrosis-Score, zu dessen Berechnung zusätzlich Albumin, BMI und das Vorhandensein eines Diabetes berücksichtigt werden. Dazu stehen heute Apps und Online-Rechner zur Verfügung. Weiter lassen sich Existenz und Ausmass einer Fibrose nicht invasiv mit dem Fibroscan oder einer MR Elastographie abschätzen und der Goldstandard ist nach wie vor die Leberbiopsie, anhand welcher sich das Fibrosestadium in die Stadien F0 bis F4 einteilen lässt in dem Sinn, dass F0 keine Fibrose bedeutet, F1 portale Fibrose ohne Septen, F2 Portalfibrose mit wenig Septen, F3 zahlreiche Septen ohne Zirrhose, F4 Leberzirrhose.
Aufgrund dieser Abklärung lassen sich Patienten mit einer Lebersteatose in 3 Profile einteilen, ein niedriges Risiko haben junge Patienten ohne Übergewicht und ohne Diabetes, bei welchen die nicht invasiven Teste keine Hinweise für eine Fibrose aufweisen. Diese können beobachtet werden mit Reevaluation bei Veränderung des Risikofaktorprofils. Ein mittelgradiges Risiko weisen Patienten auf, welche übergewichtig sind, über 40 Jahre alt, vielfältige Zeichen eines metabolischen Syndroms und bezüglich Fibrose Grenzwerte aufweisen. Bei diesen kann eine Leberbiopsie erwogen werden. Patienten mit hohem Risiko weisen ein deutlich erhöhtes AST auf gegenüber ALT, eine Thrombopenie und zeigen in den nicht invasiven Abklärungen Zeichen einer Leberfibrose. Diese sollen weiter abgeklärt werden (Abb. 1).

1/5 aller Patienten mit Leberfibrose im Stadium F3 und F4 entwickeln über 2 Jahre eine Progression. Patienten mit dem Vollbild einer NASH haben ein 8-fach erhöhtes Risiko, ein HCC zu entwickeln.
Das Management der Fettleber umfasst Lifestyle Modifikationen, insbesondere Gewichtsreduktion um 8-10%, Kontrolle der übrigen Risikofaktoren, insbesondere Statine falls indiziert, und bei Erfolglosigkeit dieser Massnahmen kann eine bariatrische Chirurgie in Betracht gezogen werden. Falls eine NASH vorliegt, werden in medikamentöser Hinsicht Liraglutid als GLP-1 Rezeptor Agonist sowie SGLT-2 Hemmer eingesetzt. Von Pioglitazon ist ebenfalls ein Effekt nachgewiesen, diese Substanz als Insulinsensitizer wird heute in der Schweiz aber praktisch nicht mehr verwendet. Zusammenfassend erweist es sich, dass der Algorithmus zur Behandlung von Patienten mit Prädiabetes / Typ 2 Diabetes mit einer NASH sich nicht grundsätzlich unterscheidet von der modernen Diabetestherapie (Abb. 2).

Dr. med. Hans-Kaspar Schulthess

Facharzt FMF Innere Medizin und Gastroenterologie
Neuhausstrasse 18
8044 Zürich

Schulthess_hk@swissonline.ch

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  • Vol. 9
  • Ausgabe 10
  • Oktober 2019