Editorial

NOTA



In der Schweiz sind aktuell 936 Produkte von 326 betroffenen ATC-Gruppen nicht lieferbar. Betroffen sind insbesondere Schmerzmittel, Lipid- und Blutdrucksenker sowie Antibiotika. Unter drugshortage.ch gibt es bekanntlich laufend aktualisierte Informationen zu allen nicht lieferbaren Artikeln in der Schweiz.

Die Gründe für die Lieferengpässe sind mehr oder weniger bekannt, die Begründungen aber nicht immer nachvollziehbar. «Coming soon» sind Bezeichnungen für Medikamente, die in absehbarer Zeit wieder lieferbar sind.

Einige unserer pAVK, COPD-Patientinnen und -Patienten sind nach gescheiterten Rauchstopp-Versuchen mit Nikotin-Ersatz-Präparaten, Hypnose und gutem Zureden immer wieder auf die erfolgversprechenden Therapeutika Champix® (Vareniclin) und Zyban® (Bupropion) vertröstet worden – Coming soon! Zwischenzeitlich wurde die Lieferung auf das Jahr 2025 angesetzt. Ob dann mein Patient noch…
Das Scheitern von Präventionsmassnahmen hat verschiedene Gründe. Dennoch bleiben wir optimistisch und motivierend, ansonsten könnte Bupropion als Wellbutrin® off label versucht werden.

NOTA wurde in den letzten Monaten zu einer zusätzlichen, kleinen und gemeinen Herausforderung im hausärztlichen Alltag. Fragen wie, was können wir als Ersatz abgeben? Verträgt sich das? Ist die Dosierung gleich? etc. stören den getakteten Terminkalender. Zugegebenermassen helfen uns die MPAs und Apotheken bei diesen Unsicherheiten geduldig weiter. Schwieriger sind die Anfragen zu eh unpassender Zeit von Heimen und Spitex, wenn Klientinnen und Klienten nach dem letzten noch lieferbaren Temesta® schon nur wegen der Tatsache des Lieferengpasses drohen zu dekompensieren. Auch hier ist Geduld gefragt wie auch im Aushalten der Lieferengpässe. Die Zurückhaltung bei der Verschreibung von Benzodiazepinen zeigt Erfolg, so guten, dass die Herstellung dieser Präparate kaum noch rentabel ist.
Gut für den Süchtigen, schlecht für den Angstpatienten, welcher mit dem Pocket–Temesta seit Jahren keine Panikattacke mehr erlebte.

Etwas heikler wird es, wenn Marcoumar® für unsere Herzpatienten mit mechanischer Herzklappe nicht zur Verfügung steht. Alternativen mit Heparin oder eine Umstellung auf Sintrom® ist weder für uns Hausärzte/innen noch für die Patienten/innen angenehm. Immerhin sind es in der Schweiz 50’000 Personen, die täglich Marcoumar® einnehmen. Berechnungen zeigen Mehrkosten von 43 Millionen Franken.

Klagen auf hohem Niveau! Es könnte noch viel schlimmer kommen. Immerhin wird uns wieder bewusst, dass nicht alles selbstverständlich zu haben ist und wir stets flexibel und anpassungsfähig bleiben müssen. Die Oldies unter uns merken vielleicht, dass gewisse alte NOTA-Gewohnheits-Medikamente nach dem Einstampfen gar nicht gross fehlen.

Dr. med. Manfred Wicki

Dr. med.Manfred Wicki

Willisau

m.wicki@hin.ch

der informierte @rzt

  • Vol. 13
  • Ausgabe 12
  • Dezember 2023