- Polyarthrose der Hände
Die Polyarthrose des Sattel- und der Interphalangealgelenke ist vor allem bei postmenopausalen Frauen der häu gste Grund für Schmerz und Funktionsbeeinträchtigung an der Hand. Die konservative Behandlung beinhaltet Ergotherapie, topische Entzündungshemmer und intraartikuläre Injektionen von Depotsteroiden. Operativ wird in der Regel an den PIP Gelenken eine Arthroplastik, an den DIP Gelenken eine Arthrodese und am Sattelgelenk eine Trapezektomie kombiniert mit einer Suspension-Interposition durchgeführt.
Die Polyarthrose des Sattel- und der Interphalangealgelenke ist vor allem bei postmenopausalen Frauen der häu gste Grund für Schmerz und Funktionsbeeinträchtigung an der Hand. Die konservative Behandlung beinhaltet Ergotherapie, topische Entzündungshemmer und intraartikuläre Injektionen von Depotsteroiden. Operativ wird in der Regel an den PIP Gelenken eine Arthroplastik, an den DIP Gelenken eine Arthrodese und am Sattelgelenk eine Trapezektomie kombiniert mit einer Suspension-Interposition durchgeführt.
Die Polyarthrose der Fingergelenke ist eine der häufigsten zu Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen führende Krankheit an der Hand. Sie vermindert zwar nicht die Mobilität, reduziert aber die Lebensqualität deutlich. Die Prävalenz von radiologischen Zeichen einer Polyarthrose mit Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten und subchondraler Sklerose ist insgesamt hoch, schwankt aber regional stark (von 21% in den USA bis 92% in Japan). Die symptomatische Polyarthrose ist allerdings mit einer Prävalenz von 3-16% deutlich seltener. Das lebenslange Risiko an einer symptomatischen Polyarthrose zu erkranken liegt im Alter von 85 Jahren bei 47% für Frauen und 25% bei Männern mit einem Gipfel für Frauen im Alter von 50 Jahren (1).
Die Pathogenese der Fingerpolyarthrose ist multifaktoriell, im Detail aber noch unbekannt. Die Arthrose der Finger ist mit ca. 60% am meisten hereditär geprägt. Die im Vergleich zur rheumatoiden Arthritis vorhandene aber viel moderater ablaufende Entzündungsreaktion bleibt als pathogenetischer Faktor umstritten und wird auch als Folge der Gelenkdestruktion betrachtet. Neben der Genetik ist die übermässige mechanische Belastung wohl der wichtigste bekannte Faktor, was sich an der häufiger betroffenen, dominanten Hand zeigt. Die Destruktion des Knorpels geht mit einer Bildung von Randosteophyten einher, welche die Gelenkkapsel reizen und Schmerz verursachen können. Im Endstadium schleifen sich die Gelenkpartner mit teils tiefen Furchen gegenseitig ein (Abb. 1) wobei die Beweglichkeit mehr als die Stabilität beeinträchtigt wird. Die erosive Form der Polyarthrose hingegen zeigt eine schnellere Destruktion auch der ossären Anteile, was häufiger zu einer Gelenk-
instabilität führt (1).
Klinisch zeigen sich Schwellungen, Deformitäten und dorsolaterale Knotenbildung multipler Fingerend- (Heberden) und Mittelgelenke (Bouchard), ganz selten kann isoliert ein Grundgelenk betroffen sein. An den Endgelenken können Ganglien (Mukoidzysten) auftreten, welche selten perforieren und gallertige Flüssigkeit entleeren. Im fortgeschrittenen Stadium, vor allem der erosiven Form, können Instabilitäten, Subluxation und Luxation, aber auch Spontanfusion resultieren, was eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigungen zur Folge hat. Bei der Daumensattelgelenksarthrose (Rhizarthrose) steht der Schmerz beim Zangen- oder Pinzettengriff im Vordergrund. Palapatorisch sind Schmerzen am leichtesten im palmar-radialen Gelenksbereich auslösbar, ein deutlich sensitiverer Test als der Mahltest. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer Subluxation im Sattelgelenk nach radial-dorsal, einer Adduktionskontraktur des Metakarpale I und einer kompensatorischen Hyperextension im Grundgelenk kommen (Z-Deformität), was mit einer starken Funktionsbeeinträchtigung verbunden ist, da die 1. Kommissur kaum mehr geöffnet werden kann. Die Rhizarthrose geht oft mit einer STT Gelenksarthrose einher, ist aber weniger häufig symptomatisch und kann mit einer schmerzhaften Handgelenksextension und Radialduktion von ersterer differenziert werden. Symptome und Schmerzen korrelieren nur mässig mit dem radiologischen Ausprägungsgrad der Arthrose. Geht es um eine Operationsindikation und Planung sind konventionelle Röntgenbilder in 2 Ebenen (Finger, Daumen exakt pa seitlich) sowie Handgelenk pa seitlich für die Beurteilung des STT Gelenkes angezeigt.
Konservative Therapie
Die konservative Therapie beinhaltet den Funktionserhalt, die Reduktion der Schmerzen und die längerfristige Begleitung und Aufklärung des Patienten. Die nachhaltigsten Massnahmen um die Funktion der Hand zu erhalten ist die Ermutigung des Patienten die Hände möglichst vielfältig und regelmässig zu gebrauchen, sei dies im Alltag, für Handwerksarbeiten, aber auch für Sport oder Gartenarbeiten. Ergotherapie (ergonomische Beratung, Hilfsmittelabgabe, Anpassung von stabilisierenden Schienen und Orthesen, Abb. 2) vermag eine vorübergehende Verschlechterung zu kompensieren oder Funktionen wiederherstellen, ist aber oft nicht längerfristig verfügbar. Deshalb ist die Motivation des Patienten selbständig und aktiv zu bleiben, ein überschaubares täglich selber durchführbares Übungsprogramm (Mobilisation und Kräftigung mit Knetmasse/Schaumgummiball) beizubehalten sehr wichtig und hat einen wesentlichen Einfluss auf die Selbständigkeit und Lebensqualität (2).
Der Verlauf einer Polyarthrose ist meist wellenförmig mit längeren symptomarmen Intervallen. Schmerzhafte Episoden gehen mit einer Zunahme der Steifigkeit und Schwellung der Fingergelenke einher, welche es durch nächtliches Tragen von Kompressionsfingerlingen zu reduzieren und die Beweglichkeit mit weichen Quengelbandagen sowie Silikonknetmassen zu behandeln gilt. Lokale Applikation von NSAR und Kapsaicin -haltigen Salben sollten der systemischen Verabreichung vorgezogen werden (2, 3).
tison Präparates unterbrochen werden. Obschon in der Literatur der Effekt umstritten ist (4), sind unsere Erfahrungen diesbezüglich sehr gut. Die Infiltration eines schmerzhaften Sattelgelenkes wirkt bereits nach 2-3 Tagen und erzielt eine Wirkung oft über mehrere Monate. Viele Patienten kommen längerfristig mit 2-3 Infiltrationen jährlich zurecht. Etwas weniger Wirksamkeit zeigen Infiltrationen an den DIP und PIP Gelenken sowie mit Hyaluronsäurepräparaten (Abb. 3).
Operative Therapie
Die konservativ ausgeschöpfte Behandlung von Schmerzen ist neben ausgeprägter Destruktion und folgender Instabilität der Gelenke (oft erosive Form) die Hauptindikation für eine Operation. Gelenkganglien/Mukoidzysten werden nur exzidiert, wenn sie schmerzhaft, sehr gross sind oder perforieren. Kombiniert kann dies werden mit einer Synovektomie, Abtragung von Osteophyten und einer Denervation. In der Regel wird am PIP Gelenk eine Arthroplastik (Gelenkersatz) durchgeführt. Am meisten Erfahrungen liegen mit den seit den 1960er Jahren eingesetzten Silastikprothesen vor; flexible, einteilige Scharniere aus Silikon, welche ohne Osteointegration in die angrenzenden Markhöhlen gesteckt werden (Abb. 1). Sie haben eine niedrige Komplikationsrate, erlauben durchschnittlich eine Beweglichkeit von 60° (stark abhängig vom präoperativen Bewegungsumfang) und haben eine 10-Jahresüberlebensrate von ca. 90% (5, 6). Der Prothesenersatz ist einfacher als bei den Oberflächenersatzprothesen (2-teilig, PE-Metall oder Pyrocarbon Gleitpaarung) da keine feste Verbindung zum Knochen besteht. Der einzige Vorteil der Oberflächenersatz Prothese ist eine höhere (vor allem seitliche) Stabilität, weshalb sie besonders am PIP Gelenk des Zeige- oder Mittelfingers eingebaut werden. Die Revisionsrate ist etwas höher, die Beweglichkeit und Überlebensrate etwas schlechter als bei den Silastikprothesen (7). Bei hohem Belastungsprofil (Handwerker) kann auch eine Arthrodese in Betracht gezogen werden, welche sehr stabil ist und eine niedrige Revisionsrate aufweist (8). Am DIP Gelenk wird meistens eine Arthrodese in 0° durchgeführt, bei speziellem/hohem Belastungsprofil (Handwerker) kann diese in leichter Flexion von 10-30° erfolgen. Bei der Notwendigkeit einer Beweglichkeit im DIP Gelenk (Musiker, Saiteninstrument) kann auch eine Silastikprothese verwendet werden. Die Haltbarkeit ist ähnlich gut wie beim PIP Gelenk, die Beweglichkeitsamplitude bei gut 30° (9).
Am Sattelgelenk ist die Trapezektomie meist in Kombination mit einer Suspension und Interpositionen mit einer autologen Sehne der häufigste Eingriff mit zuverlässiger Schmerzreduktion und niedriger Revisionsrate (10). Im Gleichen kann eine koexistente STT Gelenksarthrose mitbehandelt werden. Der mögliche Nachteil der Trapezektomie ist die verbleibende Reduktion der Pinzetten- und Zangengriffkraft. Sattelgelenksprothesen verschiedenster Art (2-teilige Kugelgelenke, Pyrocardan Interposition, Trapeziumersatz) können initial zwar eine gute Funktion haben, sind aber aufgrund der höheren Revisionsrate nach wie vor noch nicht Standard (11). Liegt eine schwere Rhizarthrose mit Subluxation und Z-Deformität vor muss diese zusätzlich mit einer Kapsulodese oder Arthrodese im MP Gelenk stabilisiert werden (Abb.3). Bei hohem Belastungsprofil (Handwerker, Landwirt) wird oft auf die robuste Sattelgelenksarthrodese ausgewichten. Bezüglich der klinischen Resultate konnten bislang keine wesentlichen Unterschiede zwischen den genannten Techniken gefunden werden (10). Im Anfangsstadium der Rhizarthrose kann durch eine extendierende Basisosteotomie des Os metacarpale I (Abb. 4) der Gelenkflächenkontakt vergrössert und so eine Schmerzreduktion erreicht werden (12). Ein ähnlicher Effekt zur Verbesserung der Gelenkkongruenz hat die Bandstabilisierung (Lig. Intermetacarpale I-II) des Gelenkes. Trotz guter Resultate sind diese Eingriffe wenig verbreitet, da sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt werden müssen .
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Der Autor gibt an, von der Firma Medacta ein fallbasiertes Beraterhonorar für 3d geplante Osteotomien zu bekommen.
- Schmerzen und Funktionseinschränkung an den Fingergelenken aufgrund einer Polyarthrose werden in erster Linie konservativ behandelt.
- Zum Einsatz kommen lokale Antiphlogistika, Schienen, abschwellende Kompressionsbandagen und ergotherapeutische Massnahmen.
- Operative Möglichkeiten beinhalten die Arthroplastik, Arthrodese und Weichteileingriffe, erstere ist vor allem am PIP und Sattelgelenk, zweite am DIP Gelenk indiziert.
1. Marshall M, Watt FE, Vincent TL et al. Hand osteoarthritis: clinical phenotypes, molecular mechanisms and disease management. Nat Rev Rheumatol, 2018 Nov;14(11):641-656.
2. Kloppenburg M, Kroon FP, Blanco FJ et al. 2018 update of the EULAR recommendations for the management of hand osteoarthritis. Ann Rheum Dis 2019 Jan;78(1):16-24.
3. Valdes K, Marik T. A systematic review of conservative interventions for osteoarthritis of the hand. J Hand Ther, 2010 Oct-Dec;23(4):334-50.
4. Kroon FP, Rubio R, Schoones JW et al. Intra-Articular Therapies in the Treatment of Hand Osteoarthritis: A Systematic Literature Review, Drugs Aging. 2016 Feb;33(2):119-33.
5. Bales JG, Wall LB, Stern PJ. Long-term results of Swanson silicone arthroplasty for proximal interphalangeal joint osteoarthritis. J Hand Surg Am. 2014 Mar;39(3):455-61.
6. Takigawa S, Meletiou S, Sauerbier M et al. Long-term assessment of Swanson implant arthroplasty in the proximal interphalangeal joint of the hand. J Hand Surg Am. 2004 Sep;29(5):785-95.
7. Yamamoto M, Malay S, Fujihara Y et al. A Systematic Review of Different Implants and Approaches for Proximal Interphalangeal Joint Arthroplasty. Plast Reconstr Surg. 2017 May;139(5): 1139e-1151e.
8. Vitale MA, Fruth KM, Rizzo M et al. Prosthetic Arthroplasty Versus Arthrodesis for Osteoarthritis and Posttraumatic Arthritis of the Index Finger Proximal Interphalangeal Joint. J Hand Surg Am. 2015 Oct;40(10):1937-48.
9. Sierakowski A, Zweifel C, Sirotakova M et al. Joint replacement in 131 painful osteoarthritic and post-traumatic distal interphalangeal joints. J Hand Surg Eur Vol. 2012 May;37(4):304-9.
10. Wajon A, Vinycomb T, Carr E et al. Surgery for thumb (trapeziometacarpal joint) osteoarthritis. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Feb 23;2015(2):CD004631.
11. Gay AM, Cerlier A, Iniesta A et al. Surgery for trapeziometacarpal osteoarthritis. Hand Surg Rehabil. 2016 Sep;35(4):238-249.
12. Wilson JN. Basal osteotomy of the first metacarpal in the treatment of arthritis of the carpometacarpal joint of the thumb. Br J Surg 1973;60:854–8.
der informierte @rzt
- Vol. 11
- Ausgabe 4
- April 2021